TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/12 96/07/0164

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Veröffentlicht am 12.12.1996
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Index

L66501 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Burgenland;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
14/02 Gerichtsorganisation;
20/11 Grundbuch;
80/06 Bodenreform;

Norm

AllgGAV 1930 §6;
FlVfGG §35 Abs1;
FlVfLG Bgld 1970 §89 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde der 12 Beschwerdeführer, alle in W, sämtliche vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Obersten Agrarsenates beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Juni 1996, Zl. 710.993/07-OAS/96, betreffend Feststellung von Anteilsrechten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken (mitbeteiligte Parteien: 1.) Gemeinde W und 14 weitere m.P.), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Amtes der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 21. Juli 1959 wurde das Zusammenlegungsverfahren W. eingeleitet.

Auf Grund eines Beschlusses der Vollversammlung der Urbarialgemeinde W. und eines entsprechenden Antrages dieser Agrargemeinschaft sprach die AB mit Bescheid vom 18. Juli 1961 die Einleitung des Verfahrens der Spezialteilung hinsichtlich des der Urbarialgemeinde W. gehörigen Grundstückes Nr. 2154, inneliegend in der EZ. 6 des Grundbuches W., aus. Gleichzeitig wurde die gegenständliche Spezialteilung gemäß § 8 des burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes 1950, LGBl. Nr. 4/1951, mit dem auf Grund des Bescheides der AB vom 21. Juli 1959 eingeleiteten Zusammenlegungsverfahrens W. verbunden.

Mit Bescheid der AB vom 20. Mai 1968 wurde der Abschluß des Zusammenlegungsverfahrens W. und des Einzelteilungsverfahrens am agrargemeinschaftlichen Grundstück Nr. 2154 ausgesprochen.

Im Rahmen der Verbücherung der Ergebnisse dieser Verfahren wurde bei den mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (mP) die Ersichtlichmachung der mit ihren Stammsitzliegenschaften verbundenen Anteile an der gesamten EZ. 6 überhaupt gelöscht.

1992 verlangten die mP, daß diese Anteile wieder ersichtlich gemacht würden. Der dieses Begehren ablehnende Beschluß der Vollversammlung der Urbarialgemeinde W. wurde von der AB aufgehoben.

Mit Eingabe vom 20. Jänner 1994 begehrten die mP von der AB gemäß § 89 lit. c des burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. Nr. 40/1970 (FLG) die Feststellung, daß und in welchem Umfang ihren Stammliegenschaften Anteilsrechte an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ. 6, Grundbuch W., zustehen. Mit Bescheid vom 2. Mai 1994 stellte die AB unter Berufung auf § 89 lit. c FLG fest, daß bestimmten näher angeführten Stammsitzliegenschaften eine ebenfalls näher umschriebene Anzahl von Anteilen an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ. 6 zustehe. Gleichzeitig wurde verfügt, daß die Anteile bei den betreffenden Stammsitzliegenschaften ersichtlich zu machen sind.

In der Begründung wird ausgeführt, mit Bescheid der AB vom 21. Juli 1959 sei in der KG W. ein Grundzusammenlegungsverfahren eingeleitet worden. Im Zuge dieses Verfahrens sei auch ein Spezialteilungsverfahren an dem agrargemeinschaftlichen Grundstück Nr. 2154, inneliegend in der EZ. 6, durchgeführt worden. Jedem Teilhaber sei durch die Spezialteilung des Grundstückes Nr. 2154 mit einer Fläche von 14,887 ha und einem Bonitätswert von 23.032,05 Punkten ein fiktives Grundstück angerechnet worden. In dem im Zuge des Zusammenlegungsverfahrens erlassenen Zusammenlegungsplan sei bei Zuteilung der Grundabfindungen das Ergebnis des Spezialteilungsverfahrens berücksichtigt worden. Bei der Berichtigung des Grundbuches nach Abschluß des Zusammenlegungs- und Einzelteilungsverfahrens seien Anteile an der EZ. 6 gelöscht worden, obwohl auf Grund der Spezialteilung alle Teilhaber entsprechend ihren Anteilen hätten berücksichtigt werden müssen. Dem Antrag der Betroffenen auf Richtigstellung des Grundbuches auf Grund der genannten Agrarverfahren und Veranlassung der erforderlichen Eintragungen sei daher stattzugeben gewesen. Die entsprechenden Anträge auf Ersichtlichmachung, daß zu den im Spruch des Bescheides zitierten Liegenschaften die ebenfalls genannten Anteile an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ. 6 der Urbarialgemeinde W. gehörten, würden von der AB gestellt.

Dieser Bescheid wurde der Urbarialgemeinde W., nicht aber ihren einzelnen Mitgliedern zugestellt. Die Urbarialgemeinde beschloß mit Stimmenmehrheit, gegen diesen Bescheid kein Rechtsmittel einzubringen.

Berufung gegen diesen Bescheid erhoben jedoch die Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung, jeder der von der Löschung Betroffenen habe einen Beschluß über die Löschung erhalten und es sei den Beschwerdeführern nicht einsichtig, warum jetzt ohne Zustimmung der Urbarialgemeinde diese Löschung wieder rückgängig gemacht wurde. Später wurde die Berufung noch dahingehend ergänzt, daß das Ermittlungsverfahren nicht ausreiche, um den Spruch des bekämpften Bescheides zu decken.

Da der Landesagrarsenat beim Amt der Burgenländischen Landesregierung nicht innerhalb von 6 Monaten eine Entscheidung traf, stellten die Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde.

Mit Bescheid vom 5. Juni 1996 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführer als unbegründet ab.

In der Begründung setzte sich die belangte Behörde zunächst mit der Parteistellung der Beschwerdeführer und der Zulässigkeit ihrer Berufung auseinander und führte aus, es sei vom Vorliegen der Parteistellung auszugehen, da die Feststellung der Rechtsposition der mP auch einen rechtsgestaltenden Teil (Neueintragung der Rechte im Grundbuch) aufweise und damit Rechte der Beschwerdeführer zumindest berühre.

In der Sache selbst führte die belangte Behörde aus, nach Einsichtnahme in das Operat über die Ergebnisse des Zusammenlegungsverfahrens W. und die grundbücherliche Durchführung derselben ergebe sich als Erklärung für die falsche grundbücherliche Eintragung (irrtümliche Löschung einzelner Anteilsrechte an der EZ 6) folgendes:

Grundsätzlich seien in der Spalte 5 des Operates jene Parzellen angeführt worden, die in das Verfahren einbezogen und daher nach Ende des Verfahrens zu löschen waren (Altparzellen). Spalte 6 habe dafür die neu einbezogenen Grundstücke enthalten. In gleicher Weise sei vorgegangen worden, wenn neben Stammsitzliegenschaften, mit denen Anteilsrechte an der EZ. 6 verbunden waren, auch andere Grundstücke in das Zusammenlegungsverfahren einbezogen waren, wobei jedoch die zugewiesene Gesamtabfindung eine Abgeltung für die eingebrachten Grundstücke und für den Anteil aus der Spezialteilung des Grundstückes Nr. 2154 enthalten habe. In diesen Fällen seien im Operat in der Spalte 3 die EZ., in der Spalte 5 nur die einbezogenen Grundstücke angeführt worden, ohne daß ausdrücklich im Operat darauf hingewiesen worden sei, daß in dieser Gesamtabfindung auch die anteilige Abgeltung aus der Spezialteilung enthalten sei. In den Fällen, in denen nur Urbarialanteile aus der EZ. 6 eingebracht worden seien, sei in Spalte 3 des Operates die EZ. und in Spalte 5 der Hinweis auf die mit dieser EZ. verbundenen Anteilsrechte an der EZ. 6 angeführt worden. Dadurch sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß (nur) wegen der mit dieser EZ. (Stammsitzliegenschaft) verbundenen Anteile an EZ. 6 aus der Spezialteilung überhaupt eine Grundabfindung zugewiesen worden sei. In Spalte 9 des Operates ("Verordnungen in den Blättern der Grundbuchseinlage und im Verzeichnis für die grundbücherlich nicht inneliegenden Liegenschaften") sei bezüglich der Stammsitzliegenschaften aber ausdrücklich festgehalten, daß das A II-Blatt (das die Anteilsrechte an der EZ. 6 enthalten habe) unverändert zu bleiben habe. Dabei sei zum Teil der Stampiglientext, wonach die "Grundstücksbezeichnung Rubrik 5 zu löschen" wäre, durchgestrichen worden, zum Teil sei diese gar nicht aufgenommen bzw. nicht hineingestempelt worden. Dieser Hinweis sei bei der Verbücherung des Operates offensichtlich übersehen worden. Die Grundstücksbeschlüsse wiesen in den betroffenen Fällen jeweils vom Operat abweichend falsche Löschungsanordnungen auf. Trotz des Vermerks "A II - Blatt unverändert" fänden sich im Grundbuchsbeschluß sehr wohl Anordnungen, die Anteilsrechte der betroffenen Stammsitzliegenschaften an der gesamten EZ. 6 zu löschen. Damit sei für die belangte Behörde erwiesen, daß die Fehlerquelle für die Löschungen der Anteilsrechte nicht bei der AB, sondern im Bereich der grundbücherlichen Durchführung liege. Die rechtliche Gestaltung durch den Zusammenlegungsplan habe keinerlei Veränderung der Anteilsrechte vorgesehen, insbesondere nicht die Löschung der Berechtigung an der EZ. 6, was aus rechtskräftigen Zusammenlegungsplan eindeutig hervorgehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführer bringen vor, der Bescheid der AB vom 2. Mai 1994 sei ihnen als unmittelbar betroffenen Anteilseignern und Mitgliedern der Urbarialgemeinde W. nie zugestellt worden. Sie seien auch nicht von der Einleitung eines Verfahrens nach § 89 lit. c FLG in Kenntnis gesetzt worden und es sei ihnen zu keinem Zeitpunkt möglich gewesen, sich am Verfahren zu beteiligen.

Weder im Verfahren vor der AB noch in jenem vor der belangten Behörde seien konkrete Beweisergebnisse zutage getreten, die es erlaubten, die im Grundbuch verankerten Ergebnisse des Spezialteilungs- und Zusammenlegungsverfahrens für nichtig zu erklären.

Die Verbindung des Spezialteilungsverfahrens mit dem Zusammenlegungsverfahren habe nur den Zweck verfolgen können, daß jene Anteilseigner, die im Grundzusammenlegungsverfahren an sich sonst nicht beteiligt gewesen seien, auch aus der Zusammenlegung selbst Grundabfindungen hätten erhalten können. Es sei nicht nur zur Aufteilung des Grundstückes Nr. 2154 gekommen, sondern dieses sei selbst in das Zusammenlegungsverfahren eingebracht worden.

§ 89 lit. c FLG bilde keine gesetzliche Grundlage für die Erlassung des Feststellungsbescheides der AB vom 2. Mai 1994. Dieser Bescheid verstoße überdies gegen den Grundsatz der res iudicata.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 89 lit. c FLG steht der Agrarbehörde außerhalb eines Verfahrens nach § 88 die Entscheidung über die Frage zu, ob und in welchem Umfang einer Stammsitzliegenschaft oder einer Person Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken zustehen.

Im Beschwerdefall geht es um die (strittige) Frage, ob den Stammsitzliegenschaften der mP Anteilsrechte an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ. 6 zustehen. § 89 lit. c FLG bildet die Grundlage für eine Feststellung der von der AB getroffenen Art. Die Frage, welchen Stammsitzliegenschaften in welchem Umfang Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken zukommen, berührt die Rechtsstellung der Beschwerdeführer, da davon Rückwirkungen auf ihre Nutzungsrechte ausgehen können. Zu Recht hat daher die belangte Behörde die Parteistellung der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren bejaht.

Die unterbliebene Zustellung des Bescheides der AB vom 2. Mai 1994 hinderte die Beschwerdeführer nicht daran, gegen diesen Bescheid Berufung zu erheben. Sie hatten im Verfahren vor der belangten Behörde Gelegenheit, alles vorzubringen, was für ihren Standpunkt spricht. Der in der unterbliebenen Beiziehung der Beschwerdeführer zum erstinstanzlichen Verfahren gelegene Verfahrensmangel ist dadurch geheilt.

Mit dem Bescheid der AB vom 18. Juli 1961 wurde das Spezialteilungsverfahren hinsichtlich des agrargemeinschaftlichen Grundstückes Nr. 2154 der EZ. 6 eingeleitet und das Spezialteilungsverfahren mit dem Zusammenlegungsverfahren W. verbunden. Die Löschung der Anteile der mP an den nach Durchführung der Spezialteilung des Grundstückes Nr. 2154 verbleibenden agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ. 6 wäre nur dann zu Recht erfolgt, wenn die Ergebnisse des Zusammenlegungsverfahrens hiefür eine Grundlage böten.

Nach den von den Beschwerdeführern nicht widerlegten Feststellungen der belangten Behörde sehen die Ergebnisse des Zusammenlegungsverfahrens W. keine Veränderung der Anteilsrechte an der EZ. 6, insbesondere auch nicht die Löschung von Anteilsrechten an diesen agrargemeinschaftlichen Grundstücken, vor. Das Zusammenlegungsoperat sieht vielmehr sogar ausdrücklich vor, daß das A II-Blatt, welches die Anteilsrechte an der EZ. 6 enthielt, unverändert zu bleiben hat. Die Löschung der Ersichtlichmachung der mit den Stammsitzliegenschaften der mP verbundenen Anteile an der EZ. 6 durch das Grundbuchsgericht im Rahmen der Verbücherung der Ergebnisse des Zusammenlegungs- und Teilungsverfahrens erfolgte daher zu Unrecht. Durch den angefochtenen Bescheid wurde daher entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer das Ergebnis des Zusammenlegungsverfahrens nicht abgeändert; vielmehr wurde dieses Ergebnis, welches durch falsche Grundbuchsbeschlüsse abgeändert wurde, wieder hergestellt. Da im Zusammenlegungs- und Teilungsverfahren keine Entscheidung über eine Aufhebung der Anteilsrechte der Stammsitzliegenschaften der mP an den agrargemeinschaftlichen Grundstücken der EZ. 6 getroffen wurde, steht der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellung des aufrechten Bestandes dieser Anteile auch nicht entschiedene Sache entgegen. Die - wenn auch rechtskräftigen - Grundbuchsbeschlüsse vermögen die Einrede der entschiedenen Sache schon deswegen nicht zu begründen, weil sie nicht dieselbe Sache wie der angefochtene Bescheid, nämlich die Frage des Bestandes und Umfanges der Anteilsrechte, betreffen, sondern nur deren Ersichtlichmachung im Grundbuch.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996070164.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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