TE Lvwg Erkenntnis 2021/3/22 LVwG-AV-1017/001-2020, LVwG-AV-1018/001-2020

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Veröffentlicht am 22.03.2021
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Entscheidungsdatum

22.03.2021

Norm

GewO 1994 §74 Abs2
GewO 1994 §360 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Sonja Dusatko als Einzelrichterin

A)   über die Beschwerde des Herrn A, ***, vertreten durch B, Rechtsanwältin in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft

Wr. Neustadt vom 18.08.2020, ***, betreffend die Verfügung von Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes, zu Recht:

1.   Aus Anlass der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert,

-    dass Punkt 2. entfällt.

-    Im Punkt 3. entfällt die Wortfolge „bis zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung“.

2.   Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

B)   über die Beschwerde des Herrn C, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt vom 18.08.2020, ***, betreffend die Verfügung von Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes, zu Recht:

1.   Aus Anlass der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert,

-    dass Punkt 2. entfällt.

-    Im Punkt 3. entfällt die Wortfolge „bis zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung“.

2.   Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Aus den vorgelegten Verfahrensakten *** und *** ergibt sich folgender hier relevante Verfahrensablauf:

Mit Schreiben vom 07.01.2020 teilte das Magistrat der Stadt Wiener Neustadt der belangten Behörde mit, dass eine anonym eingebrachte Mitteilung eingelangt sei, worin der Verdacht geäußert worden sei, dass auf den Grundstücken Nr. *** und ***, beide KG ***, KG Nr. ***, das Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik oder das Gewerbe KFZ-Service ohne entsprechende Gewerbeberechtigung ausgeübt werde bzw. eine Betriebsanlage ohne entsprechende Genehmigung betrieben werde. Der Anzeige war eine Luftbildaufnahme des Grundstückes und eine Liste angeschlossen, auf der 28 näher genannte Fahrzeuge nach Kennzeichen, Fahrzeugtype und Datum, beginnend mit 16.10.2019 bis 12.12.2019 angeführt waren.

Am 13.01.2020 erließ die belangte Behörde gegenüber den beiden Beschwerdeführern folgende Verfahrensanordnung:

„Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt wurde dahingehend in Kenntnis gesetzt, dass Sie am Standort ***, ***, Grst. Nr. *** und Grst. Nr. ***, beide KG ***, das Gewerbe „Kraftfahrzeugtechnik“ bzw. das Gewerbe „Kfz-Service“ ohne entsprechender Gewerbeberechtigung und ohne entsprechender Betriebsanlagengenehmigung ausüben. Dieser Anzeige wurde auch eine Liste mit Marken und Kennzeichen der dort vorgefundenen Kraftfahrzeuge beigelegt.

Es besteht daher der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 GewO 1994.

Gemäß § 360 Abs. 1 dieses Gesetzes hat die Behörde den Gewerbeausübenden (bzw. den Anlageninhaber) zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern, wenn der Verdacht einer solchen Übertretung besteht.

Es geht daher seitens der Behörde nachstehende

Verfahrensanordnung

Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt fordert Sie gemäß § 360 Abs. 1 auf, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand in der Betriebsanlage im Standort ***, ***, Grst.Nr. ***, ***, beide KG ***, durch nachstehende Maßnahmen herzustellen:

1.   Die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten sind ab Erhalt dieser Verfahrensanordnung sofort einzustellen.

2.   Weiters ist das entsprechende Gewerbe bei der Bezirkshauptmannschaft

Wiener Neustadt, Fachgebiet Gewerberecht, anzumelden.

3.   Die gewerbliche Betriebsanlage ist bis zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung binnen einem Tag ab Erhalt dieser Verfahrensanordnung zu schließen.

Wenn Sie dieser Aufforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommen, so werden mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen, oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder des gesamten Betriebes verfügt werden.“

Die belangte Behörde führte die Bestimmungen des § 353 GewO (erforderliche Unterlagen für eine Betriebsanlagengenehmigung), des § 74 GewO (über die Genehmigungspflicht einer Betriebsanlage), die Strafbestimmung des § 366 Abs. 1 GewO und § 360 Abs. 1 und 1a GewO an und führte aus, dass der Verdacht einer Übertretung nach § 366 Abs. 1 Z1 und Z2 GewO bestehe.

Am 28.01.2020 sprachen die beiden Beschwerdeführer bei der Sachbearbeiterin der belangten Behörde vor. Darüber findet sich im Akt folgender Aktenvermerk:

„Die vor der Halle abgestellten Kfz sind nicht alle im Besitz der Herren A/C. Es werden den Herren eine Kopie der Kfz-Liste ausgehändigt und werden sie dazuschreiben, welche Kfz zu ihnen gehören und diese an die Behörde übermitteln. Weiters wird der Mietvertrag in Kopie überreicht.

Es werden kleinere Reparaturarbeiten in der Halle durchgeführt, aber nur auf private Kfz (Eigene und für Verwandte). Es wird kein Geld verlangt. In der Halle befindet sich eine Hebebühne, Reifenwuchtmaschine, Reifenmontiermaschine, div. kleineres Werkzeug.“

Im vorgelegten Mietvertrag ist unter anderem Folgendes angeführt:

„Zwischen D, ***, *** und Firma/Herrn/Frau _A/C, ***, *** andererseits, wurde am unten angegebenen Tage, nachstehender

MIETVERTRAG

abgeschlossen.

1.) BESTANDSOBJEKT

1.1. Herr D ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ ***. KG. ***, worauf sich verschiedene Fabriksgebäude befinden.

1.2. Herr D, in Folge kurz der Vermieter genannt, gibt der Firma/Herrn/Frau A/C und diese, in Folge kurz Mieter genannt, nimmt das, im angeschlossenen, einen integrierenden Bestandteil dieses Vertrages bildenden Plan, farbig eingezeichnetes Objekt, zu den nachstehenden Bedingungen in Bestand.

2.) BEGINN UND DAUER

2.1.Das Bestandsverhältnis beginnt mit 01.02.17 und wird auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossen.

…..

3.) BESTANDSZWECK

3.1. Der Mieter darf die Räumlichkeiten ausschließlich für den privaten Zweck verwenden.

….

5.) BESTANDZINS

5.1.Der Bestandzins beträgt je Monat € 280‚-- inklusive der hierauf entfallenden Umsatzsteuer, und ist monatlich im Vorhinein fällig und zahlbar.

…….

12.) SONSTIGES

12.1. Das Abstellen von Kraftfahrzeugen aller Art, außerhalb des Bestandobjektes

ist nur nach Rücksprache mit dem Vermieter gestattet.“

Die Polizeiinspektion *** übermittelte der belangten Behörde einen Bericht: An mehreren Terminen (20.01.2020, 09:35 Uhr; 31.01.2020, 09:00 Uhr; 10.02.2020, 09:00Uhr; 15.02.2020, 16:00 Uhr) habe die Polizei Kontrollen an der Örtlichkeit ***, ***, Grst. Nr. *** und Grst. Nr. ***, beide KG ***, durchgeführt. Dabei habe keine aktive Tätigkeit für das Gewerbe „Kraftfahrzeugtechnik“ bzw. das Gewerbe „KFZ-Service“ festgestellt werden können. Die Werkstatt sei verschlossen gewesen, das Garagentor zu, lediglich ein näher genannter Jaguar sei nächst der Werkstatt gestanden. Nach telefonischer Kontaktaufnahme mit A seien beide Brüder A (geb. ***) und C (geb. ***) am 23.01.2020, 10:00 Uhr zur Dienststellte gekommen und hätten mitgeteilt, dass die Werkstätte für keine gewerbliche Tätigkeit genützt werde. Die Werkstätte werde nicht täglich verwendet, nur bei Bedarf. Es würden mehrere Autos in der Familie betreut, 2 PKW, 1 Motorrad, 1 Motorroller und ein Anhänger. Die Fahrzeuge würden für das Pickerl serviciert. in der Werkstatt seien Reifen eingelagert. Sie hätten die Werkstatt seit Februar 2017 nur für private Zwecke in Verwendung. Vor der Werkstatt seien drei Fahrzeugabstellplätze.

Die Verfahrensanordnung sei von der Polizei an C und A am 23.01.2020 gegen Unterzeichnung ausgefolgt worden. Es sei ihnen mitgeteilt worden, dass sie das entsprechende Gewerbe bei der BH Wiener Neustadt, Fachgebiet Gewerberecht, anzumelden haben und bis zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung die gewerbliche Betriebsanlage zu schließen sei.

Laut KFZ - Zentralregister Auskunft sei ist auf C ein näher genannter PKW WV Golf, zugelassen, auf A ein näher genannter PKW Volvo V 70 TDI. Beide seien von Beruf KFZ - Mechaniker und beide seien derzeit arbeitslos gemeldet und würden keine Lenkberechtigung besitzen.

Aus einem Erhebungsbericht der technischen Gewässeraufsicht vom 16.06.2020 ergibt sich, dass diese am 10.06.2020 im Beisein von Herrn A eine örtliche Überprüfung durchgeführt hat und in der Werkstatt 2 PKW, die behördlich angemeldet und in betriebsbereitem Zustand gewesen seien, vorgefunden hat. Es habe sich um die Privatfahrzeuge von A und C gehandelt. Anzeichen auf eine gewerbliche Ausübung einer KFZ-Servicestation (Firmenschilder, Kundenfahrzeuge oder Ähnliches) seien nicht vorhanden gewesen.

Am 22.07.2020 übermittelte die Finanzpolizei der Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt folgendes Schreiben:

„Am 09.07.2020 führte die Finanzpolizei Team *** eine Kontrolle in einer als Werkstatt eingerichteten Halle in ***, *** durch.

Diese Halle wurde von A, SV *** und dessen Bruder C, SV *** gemietet.

Im Zuge der Kontrolle wurde sämtliches Werkzeug, eine Hebebühne, Ölfässer, eine Reifenwuchtmaschine und Kalendereintragungen mit Namen und Preisen gesichtet.

Am Kontrolltag wurde lediglich C angetroffen.

Da die Angaben von A/C hinsichtlich einer reinen privaten Nutzung der Halle sehr unglaubwürdig erschienen und der Verdacht einer gewerblichen Tätigkeit vorliegt, wurden C und A am 13.07.2020 niederschriftlich zu deren gemeinsam gemieteten Werkstättenhalle in ***, *** befragt.

Beide gaben an, dass sie lediglich Reparaturen im Familienkreis (Lebensgefährtin, Schwester, Tochter und an eigenen Fahrzeugen) durchführen.

Die Hebebühne und die Reifenwuchtmaschine waren eine gemeinsame Anschaffung. Das übrige Werkzeug ist im Besitz von A.

Zu den getätigten Aufzeichnungen gaben sie bekannt, dass es sich bei den Namen um Bekannte handelt die eine Auskunft zu Reparaturen wollten, oder für die ein Pickerltermin in einer Fachwerkstätte vereinbart wurde. Eine Preisaufzeichnung erfolgte lediglich aus Interesse.

...

C hat vor, noch in diesem Jahr, eine Servicestation in der Halle zu eröffnen. A gab bekannt, dass er die Pensionierung beantrag hat.“

In der Niederschrift der Finanzpolizei vom 13.07.2020 über die Einvernahme von C und A ist Folgendes angeführt:

„Sachverhalt:

Am 09.07.2020 wurde durch die Finanzpolizei Team *** eine Kontrolle nach dem § 26 AusIBG in ***, *** durchgeführt.

Im Zuge der Kontrolle konnte der österreichische StA. C, geboren am *** in seiner seit 2017 angemieteten Halle die als KFZ Werkstatt genutzt wird angetroffen werden. C hatte Arbeitskleidung an. C und sein Bruder A werden bezüglich der Nutzung der Werkstatt befragt.

Aussage der Auskunftsperson:

Frage: Haben sie die Rechtsbelehrung und den Sachverhalt verstanden.

Antwort: Ja, wir haben beide alles verstanden. Herr A führt weiter aus:“ Wir waren bereits auf der PI *** und haben den Sachverhalt erklärt. Es gab ein Schreiben von der BH, darum sind wir auch zur BH gefahren. Den Namen der Sachbearbeiterin wissen wir leider nicht mehr. Wir haben auch der Dame bei der BH erklärt, dass ich mit meinen Familienangehörigen 6 Fahrzeuge und dass wir diese Werkstatt für private Zwecke nutzen. Wir waren ein weiteres Mal bei der BH. Danach, das war vor ca. 4 Wochen war ein Herr von der BH unangemeldet bei uns. Dieser hat nichts Illegales festgestellt. Die PI *** fährt auch regelmäßig im Zuge der Streife bei uns vorbei. Ich möchte in keine Ecke mehr gedrängt werden.

Ich gehe keiner Tätigkeit nach, da ich mit dem Rücken Probleme habe. Die Halle rentiert sich auf das Jahr gesehen, wenn man Werkstattrechnungen zum Vergleich stellt.

Herr C möchte diesem nichts hinzuzufügen.

Frage: Was war am Kontrolltag dem 09.07.2020 der Grund für ihren Aufenthalt in ihrer Werkstatt?

Antwort C: Ich war mit meinem Auto dort um 2 Lampen auszutauschen. Im Zuge dessen habe ich alle Flüssigkeiten kontrolliert, darum habe ich mir das Arbeitsgewand angezogen.

Frage: Im Zuge der Kontrolle wurde ein Motor eins VW Beatle ersichtlich. Wieso war der Motor auf ihrem Gelände?

Antwort A: Das Auto ist ein Unfallfahrzeug, es gehört der Tochter von meiner Lebensgefährtin. Wir können nur Teile des Motors für unsere Autos brauchen, Herr E, unser Nachbar hat uns privat, in seiner Freizeit, unentgeltlich, das Fahrzeug abgeschleppt. Darum wurde auch vereinbart, wenn er vom Auto noch was braucht kann er was haben. Herr E kümmert sich um die Entsorgung.

Frage: Wie lange haben sie die Werkstatt schon gemietet.

Antwort C: Seit Februar 2017. Über Mundpropaganda bin ich auf die Halle gekommen.

Frage: Von wem haben sie die Werkstatt gemietet und wie hoch ist die Miete?

Antwort A: Von D, mit ihm bin ich zur Schule gegangen. Die Höhe beträgt monatlich € 280,00 da ist schon Strom, Wasser und alles dabei. Es gibt lediglich ein Gemeinschafts-WC.

Frage: Wem gehört die Ausstattung wie Hebebühne Reifenwuchtmaschine und das Werkzeug in der Werkstatt?

Antwort A: Die Hebebühne haben wir gemeinsam um € 1.700,00 gekauft. Die Wuchtmaschine haben wir um ca. € 250,00 gemeinsam gekauft. Das Werkzeug ist von mir, A. Ich habe das Werkzeug über Jahre zusammengesammelt. Ich habe mit 15 Jahren als Mechaniker angefangen zu lernen, seit dem kommt einiges zusammen.

Frage: Herr C von was bestreiten sie ihren Lebensunterhalt?

Antwort C: Ich bin auch gelernter Mechaniker. Ich lebe mit meiner Lebensgefährtin seit 17 Jahren zusammen, von ihrem Geld leben wir. Sie arbeitet in der Produktion bei F. Ich habe zwei Kinder, sie sind nicht mehr unterhaltspflichtig. Derzeit empfange ich keine finanzielle Unterstützung. Ich hatte bereits einen Bandscheibenvorfall und spiele im Moment mit dem Gedanken eine Servicestation zu eröffnen. Die würde bei uns am Gelände sein. Es sollte noch dieses Jahr funktionieren. Kundenstamm habe ich noch keinen, damit fange ich erst an wenn alles gemeldet ist.

Frage: Herr A von was bestreiten sie ihren Lebensunterhalt?

Antwort: A: Ich bin momentan im Notstandshilfebezug. Ich wurde an die Sozialstation verwiesen. 2019 habe ich mir mein Kreuz noch mehr verletzt, mir fehlen im Grunde 3 Bandscheiben, darum hat mir das AMS geraten, Pension zu beantragen. Ich war bereits zur Untersuchung in ***. Ich habe eine unterhaltspflichtige Tochter.

Frage: Im Zuge der Kontrolle am 09.07.2020 konnten in ihrer Werkstatt Aufzeichnungen gesichtet werden über diverse Arbeitsaufträge. Was sagen sie dazu?

Antwort A: Dabei handelt es sich um Namen von Bekannten. Das sind Gefälligkeitsdienste. Wir haben keine Ersatzteile gekauft. Wir haben lediglich Termine für die Bekannte bei der Firma G aus *** vereinbart. Da wir den Besitzer gut kennen, schiebt er Termine für uns ein. Die Kunden fahren dann dort hin.

Die Rechnung vom H (Türverriegelung) ist für meinen Jaguar. Die Teile der Firma I waren für meine Tochter, J, sie fährt einen Seat Ibiza.

Antwort C: Bei K handelt es sich um die älteste Schwester. L ist eine Bekannte, für sie habe ich einen Pickerltermin vereinbart. Warum eine Eintragung am Sonntag, dem 23. August im Kalender vorgenommen wurde weiß ich nicht. M ist meine Lebensgefährtin, das ist ihr Spitzname. Bei N handelt es sich um einen Bekannten. Da waren wir nicht einmal in der Werkstatt. Ich bin eine Proberunde gefahren und hab ihm gesagt er soll in eine Werkstatt fahren.

Die Aufzeichnungen von „O A4“ sind nur Aufzeichnungen was ich verlangen würde, wenn ich es machen würde.

„P“ ist der richtige Name meiner Lebensgefährtin, für sie habe ich das Auto gemacht. Die Arbeitszeit habe ich nur aufgeschrieben, da sie wissen wollte wieviel es ausmachen würde. Wegen der Höhe habe ich mit meinen Nachbarn gesprochen. Der Nachbar nimmt € 55,00/Stunde ohne Steuer. Ich habe mich bereits wegen Preise erkundigt, da ich für die Wirtschaftskammer einen Buisnessplan erstellen muss.

Antwort A: Bei Q (GG) weiß ich nicht mehr um wen es sich handelt. Bekannte sammeln sich an. Ich schreibe mir Sachen auf, dass ich auf die Auskunft nicht vergesse. Bei den Preisen erkundigen wir uns bei anderen Werkstätten, so auch bei den Aufzeichnungen von „Opel R“.

Es rufen uns rein private Freunde und Bekannte an, wir haben unsere Nummern nicht öffentlich ausgehängt.“

Es waren Kopien von Kalenderblättern für die 1.- 2., 19. -23., für die 25. 27.-28., 30. 32., - 35. - Kalenderwoche im Jahr 2020 angeschlossen, aus denen sich diverse Einträge und Aufstellungen ergeben. Weiters waren Rechnungen für diverse Autoersatzteile angeschlossen.

Konkret wurden unter anderem folgende Kalendereintragungen gefunden:

- 06.01.2020, S, Golf, Kühlmittelsensor auslesen

- 10.01.2020, Peugeot 206CC, Klima + Pickerldurchsicht

- T, gesamt € 725,--

- P, gesamt € 639,--

- O A4, gesamt € 900,--

- Nr. 7 Vorfahrer, ***, U, ca. € 320,--, 09.30 Uhr frühestens

- V Volvo € 1.915,-- plus Ölwechsel

W, + 1,5 Stunden

- 06.05.2020 X

- 14.05.2020 Y 15.30 Uhr

- 15.05.2020 X, Pickerl, 14.30 Uhr

- 15.06.2020 Z, Pickerl, Termin Volvo 10.07.2020

- 16.06.2020 X, Pickerl

- Opel, R, SN-Polieren, Bremsfl.-Wechsel, Motorwäsche, Keilriemen, Unterbodenschutz, Flexrohr, gesamt € 800,--

- 29.06.2020 Pickerl AA, 09.30 Uhr

- 30.06.2020 BB, Pickerl

- 01.07.2020 CC, Reinigung, Pickerl Termin Mercedes Ende August

- 05.07.2020, V bringt Auto Volvo

- 09.07.2020, Reifen DD,

- 10.07.2020, Pickerl, Volvo, J, 09.30 Uhr

- Mercedes A-Klasse, € 100,--

- 06.08.2020, Cabrio Pickerl

- 10.08.2020, K, Sprinta, Pickerl

- 24.08.2020, L, Pickerl“

Weiters finden sich mehrere zum Teil unleserliche Eintragungen.

In weiterer Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt mit den angefochtenen Bescheiden vom 18.08.2020, *** (adressiert an Herrn A) und *** (adressiert an Herrn C), bei der Betriebsanlage der Beschwerdeführer im Standort ***, ***, Grst.Nr. *** und ***, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes wie folgt verfügt:

1.   Die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten sind ab Zustellung dieses Bescheides sofort einzustellen.

2.   Weiters ist das entsprechende Gewerbe bei der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt, Fachgebiet Gewerberecht, anzumelden.

3.   Die gewerbliche Betriebsanlage ist bis zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung binnen einem Tag ab Zustellung dieses Bescheides zu schließen.

Als Rechtsgrundlage wurde § 360 Abs. 1, 1a und 5 der GewO angeführt. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund dieser Eintragungen davon auszugehen sei, dass die KFZ-Service- und Reparaturarbeiten jedenfalls gewerblich ausgeführt würden und es sich nicht nur um Reparaturen im Familienkreis handle. Aus dem Bericht der Finanzpolizei vom 22.07.2020 ergebe sich, dass bei einer am 09.07.2020 durchgeführten Kontrolle Werkzeuge, eine Hebebühne, Ölfässer, eine Reifenwuchtmaschine und Kalendereintragungen mit Namen und Abrechnungen für diverse Reparatur- und Servicearbeiten vorgefunden worden sei.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

A)   

Dagegen hat der Beschwerdeführer A durch seine Rechtsvertretung innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt, allenfalls die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an die belangte Behörde zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung. Jedenfalls aber werde die Aufhebung der sofortigen Vollstreckbarkeit beantragt.

Begründend führte der Beschwerdeführer A aus, dass er keiner gewerblichen Tätigkeit nachgehe. Er gebe sich hobbyweise damit ab, Reparaturen und Mängel geringen Umfanges an eigenen Fahrzeugen bzw. im Familienkreis, soweit möglich, zu beheben. Dabei handle es sich nicht um die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit. Er brauche daher weder eine Gewerbeberechtigung noch eine Betriebsanlagengenehmigung. Der Beschwerdeführer gehe lediglich seinem KFZ-technischen Hobby nach. Dabei sei weder eine Gefährdung von Leben und Gesundheit noch eine allenfalls unzumutbare Belästigung dritter Personen oder eine sonstige Beeinträchtigung gegeben, die gewerberechtlich als relevante Belästigung

anzusehen wäre. Die im Bestandobjekt vorhandenen Einrichtungen seien nicht als Betriebsanlage einzustufen. Diese Einrichtungen würden entsprechend dem Verwendungszweck ausschließlich dazu dienen, das Bestandobjekt für private Zwecke, für die es auch angemietet wurde, zu verwenden.

Wenn die belangte Behörde vermeine, dass zufolge Kalendereintragungen davon auszugehen wäre, dass er Kfz-Service- und Reparaturarbeiten gewerblich durchführe und es sich dabei nicht um Hobbytätigkeit im Familienkreis handle, sei dies unzutreffend. Selbst wenn es sich dabei um Auskünfte, Gefälligkeiten und Handreichungen im Familien- bzw. Freundeskreis handle, hätten diese aber nicht das Gewicht einer gewerblichen Tätigkeit, die des Erfordernisses einer gesonderten Betriebsanlage, oder der Anmeldung eines Kfz-Gewerbes bedurft hätten.

Soweit er gelegentlich für Familienangehörige oder Freunde, die dringend eine KFZ- Überprüfung gemäß § 57 a KFG benötigt hätten - zufolge der Corona-bedingten Einschränkungen hätten sehr lange Wartezeiten bestanden - Termine bei der Firma G in *** vereinbart habe, seien dies lediglich Gefälligkeiten gewesen.

Es treffe nicht zu, dass die Verfahrensanordnung vom 13.01.2020 nicht eingehalten worden sei. Dies lasse sich auch aus der Argumentation der belangten Behörde nicht entnehmen.

Da eine Ausübung gewerblicher Tätigkeiten vor dem Erhalt dieser Verfahrensanordnung nicht vorgelegen sei, habe weder ein Anlass, noch ein Erfordernis bestanden, dem Beschwerdeführer die Einstellung einer solchen aufzutragen. Gleiches gelte auch für den Auftrag, ein Gewerbe bei der Bezirkshauptmannschaft anzumelden. Es handle sich lediglich um eine private Nutzung; die Räumlichkeiten seien nur für private Zwecke angemietet worden.

Dies habe der Beschwerdeführer auch anlässlich seiner Vorsprache bei der belangten Behörde bekanntgegeben und dort ausdrücklich auf die private Nutzung für Hobbyzwecke hingewiesen. Auch anhand der Niederschrift vom 13.07.2020 lasse sich gegenteiliges, bei zutreffender Würdigung, nicht entnehmen.

Auch der Umstand, dass diverse Fahrzeuge vor dem Gelände *** erlaubterweise geparkt gewesen seien, könne nicht ihm zugerechnet werden.

Der Beschwerdeführer A beantragte dazu seine Einvernahme, sowie die Einvernahme von C mit näher genannter Adresse.

B)

Auch C hat Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass der Sachverhalt nicht den Tatsachen entspreche. Er betreibe keinen KFZ-Betrieb, sondern dies sei ein privater Raum. Sinngemäß beantragte er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das LVwG NÖ hat in die vorgelegten Verfahrensakten Einsicht genommen.

In einem Bericht der Polizeiinspektion *** vom 08.09.2020 ist Folgendes angeführt:

„Zu do Aufträgen vom 18.08.2020, betreffend A und C -Überprüfung ob den gegenständlichen Bescheiden (obiger Bezug) entsprochen wurde, wird berichtet, dass der Betrieb dergenannten Personen zu nachfolgenden Zeiten überprüft wurde:

24.08. 11.30 Uhr, 25.08. 09:30 Uhr, 26.08. 14.00 Uhr, 27.08. 15.00 Uhr, 27.08. 21.30 Uhr, 28.08.10.50 Uhr, 29.08.17.30 Uhr, 30.08. 22.30 Uhr, 31.08. 21.18 Uhr, 03.09. 00.10 Uhr, 03.09. 10.00 Uhr, 03.09. 21.45 Uhr, 04.09. 14.45 Uhr und 05.09. 19.45 Uhr.

Diese Überprüfungen verliefen negativ und es konnten keine Tätigkeiten bei der Betriebsanlage wahrgenommen werden.“

In einem weiteren Bericht der Polizeiinspektion *** vom 07.01.2021 ist Folgendes angeführt:

„Bezugnehmend auf die Verfahrensanordnung *** der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt betreffend C (NiA) und A (NiA) wird folgendes berichtet:

Am 7.1.2021 um 16:30 Uhr wurde durch EE, ***. und FF, ***. die Örtlichkeit ***, *** Grst Nr. *** und Grst Nr. *** aufgesucht, um an C ein RSa-Brief Zustellung durchzuführen. C hat zur Zeit keinen Wohnsitz im Bundesgebiet.

In der Werkstatt konnten C, A, GG und HH angetroffen werden. Ebenfalls wurde in der Werkstatt der rote Volvo 640/5 des GG mit offener Motorhaube festgestellt. C konnte von EE, ***. und FF, ***. wahrgenommen werden, als dieser in der Motorhaube Schrauben befestigte.“

4.   Feststellungen:

Der Verfahrensablauf ergibt sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

Es besteht der Verdacht einer unbefugten Gewerbeausübung und des Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne gewerbebehördliche Genehmigung.

5.   Beweiswürdigung:

Dass keine Betriebsanlagengenehmigung besteht, ergibt sich aus den Verfahrensakten bzw. wurde auch nicht bestritten. Dass die beiden Beschwerdeführer nicht zur Ausübung der Gewerbe KFZ-Service bzw. Kraftfahrzeugtechnik am Standort ***, ***, Grst.Nr. *** und *** ergibt sich aus dem für das LVwG NÖ online verfügbaren Gewerberegister und wurde auch von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Dass entsprechende technische Geräte und Ausrüstung zur Durchführung von Arbeiten an KFZ vorhanden sind, ergibt sich aus den zitierten Berichten der Polizeiinspektion *** und den zitierten Bericht der Finanzpolizei und wurde von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Die in den angefochtenen Bescheiden angeführten Kalendereinträge wurden im Zuge der Kontrolle der Finanzpolizei kopiert und von den Beschwerdeführern nicht bestritten. Sie führten dazu lediglich aus, dass sie diverse Arbeiten für Familienmitglieder und Freunde durchgeführt hätten.

6.   Erwägungen:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

§ 360 Abs. 1 und 1a der GewO im hier relevanten Ausmaß bestimmt Folgendes:

(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

(1a) In den Fällen des Verdachts einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 oder § 367 Z 25 hat ein Bescheid gemäß Abs. 1 nicht zu ergehen, wenn und solange im konkreten Einzelfall

1.   für die Behörde keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen oder der Vermeidung von Belastungen der Umwelt (§ 69a) hervorkommen, und

2.   innerhalb einer von der Behörde gleichzeitig mit der Verfahrensanordnung gemäß Abs. 1 bestimmten, angemessenen und nicht erstreckbaren Frist ein diesem Bundesgesetz entsprechendes Ansuchen (§ 353) um die erforderliche Genehmigung eingebracht und sodann auf Grund dieses Ansuchens ein entsprechender Genehmigungsbescheid erlassen wird.

Abs. 1a gilt nicht für in der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen.

§ 366 GewO bestimmt Folgendes:

Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3 600 € zu bestrafen ist, begeht, wer

1.   ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, und nicht Z 10 oder § 367 Z 8 anzuwenden sind;

2.   eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt;

Gemäß § 94 Z43 handelt es sich bei dem Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik um ein reglementiertes Gewerbe. Inhalt dieses Gewerbes ist die Durchführung von Wartung- und Reparaturarbeiten an Kraftfahrzeugen. Dass die Beschwerdeführer derartige Tätigkeiten durchführen, haben sie auch eingestanden. Es wurde bei den oben zitierten Überprüfungen auch entsprechendes Werkzeug und Geräte (Z.B. Hebebühne) vorgefunden. Beide haben eine facheinschlägige Ausbildung. Die Ausübung derartiger gewerblicher Tätigkeiten setzt grundsätzlich die zuvorige Erlangung einer entsprechenden Gewerbeberechtigung in einem Verfahren gemäß der §§ 339, 340 GewO voraus.

 

 

 

 

Die Beschwerdeführer haben dargestellt, dass es sich im vorliegenden Fall nur um Freundschaftsdienste für Verwandte und Familie handelt, nicht aber um eine gewerbliche Tätigkeit.

Zur Frage der Gewerbsmäßigkeit der Tätigkeit:

§ 1 GewO legt fest, wann eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird und bestimmt im hier maßgeblichen Umfang Folgendes:

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Das LVwG NÖ geht aus folgenden Gründen vom Verdacht einer Gewerbeausübung aus:

-    Beide Beschwerdeführer haben angegeben, dass sie eine facheinschlägige Ausbildung bzw. Erfahrung haben.

-    Die Beschwerdeführer haben eine Halle zu monatlichen Kosten von 280 € angemietet, was einen gewissen finanziellen Einsatz darstellt.

-    In der Halle wurde Werkzeug und Geräte vorgefunden, die für die Ausübung des Gewerbes erforderlich sind und deren Anschaffung einen gewissen finanziellen Einsatz benötigt.

-    Beide Beschwerdeführer gehen sonst keiner Beschäftigung nach. Sie haben insbesondere kein regelmäßiges Einkommen aus einem Angestelltenverhältnis. Dies bedeutet, dass sie einerseits die erforderliche Zeit für die Ausübung des Gewerbes haben und andererseits nur geringfügige sonstige Einnahmequellen (Unterstützung durch die Lebensgefährtin bzw. Arbeitslosenunterstützung oder Sozialhilfe).

-    Bei den oben dargestellten Überprüfungen wurden zeitweise die Beschwerdeführer an den beschriebenen Fahrzeugen arbeitend vorgefunden.

-    Kalenderblatteintragungen mit Namen, zum Teil Tätigkeitsumfang und Kosten legen den Verdacht nahe, dass hier nicht nur für Verwandte und enge Freunde und auch nicht nur unentgeltlich gearbeitet wurde.

-    C hat gegenüber der Finanzpolizei bei seiner Vernehmung angegeben, dass er überlegt, eine Servicestation zu eröffnen. Dies legt auch den Verdacht nahe, dass allenfalls auch zunächst ohne Gewerbeberechtigung „geprobt“ wird, ob und wie das Geschäft läuft.

Somit liegt nach Rechtsansicht des LVwG NÖ zumindest einmal der Verdacht einer unbefugten Gewerbeausübung vor.

Zum Verdacht des Betriebes einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage:

§ 74 Abs. 1 und 2 GewO bestimmt Folgendes:

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen oder des nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen eingetragenen Partners, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs. 1 Z 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.12.1994, 94/04/0162, 8.11.2000, 2000/04/0157) reicht bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage, Gefährdungen, Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO herbeizuführen, um die Genehmigungspflicht zu begrünen. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen bestehen, ist im Genehmigungsverfahren zu prüfen.

Tatbestandselement nach § 74 Abs. 2 GewO ist die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung. Im vorliegenden Fall sind die vorhandenen technischen Geräte (Hebebühne, Reifenwuchtmaschine, Reifenmontiermaschine) aufgrund ihrer Ausstattung und Funktionsweise jedenfalls geeignet, Gefahren für die Gewerbeinhaber oder Kunden herbeizuführen. Gleiches gilt in einer Halle allenfalls in Bezug auf die Fluchtwegsituation für die Beschwerdeführer als Gewerbetreibende bzw. deren Kunden (z.B. Stolperfallen, Brandschutz,...). Dazu kommt noch eine allfällige Gefährdung des Grundwassers, wenn Fahrzeuge mit Tropfverlust abgestellt sind.

Das LVwG NÖ geht daher davon aus, dass zumindest die grundsätzliche Eignung, Gefährdungen, Belästigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO herbeizuführen, gegeben ist. Der Verdacht des gewerblichen Betriebes liegt bei der Anlage, wie oben dargestellt, vor.

Normadressat und Partei ist in den Fällen des § 360 Abs. 1 bis 4 der eine gewerbliche Tätigkeit Ausübende, in den Fällen des § 360 Abs. 1 und 4 der eine Betriebsanlage Betreibende (vgl. Ennöckl/Raschauer/Wessely, GewO § 360 Rz 4 [Stand 1. Jänner 2015, rdb.at] mit Hinweis auf Rechtsprechung des VwGH); wer Eigentümer des Grundstücks ist, auf welchem das Gewerbe ausgeübt bzw. die Betriebsanlage betrieben wird, ist hingegen nicht maßgeblich. Beide Beschwerdeführer sind Mieter der Halle, waren also als Adressat der Maßnahme nach § 360 Abs. 1 GewO prinzipiell geeignet.

Da eine Genehmigungspflicht für die Errichtung und den Betrieb der Anlage vorliegt, bestand für die Behörde im Sinne des § 360 Abs. 1 GewO zumindest der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3. GewO. Da der § 360 GewO lediglich den Verdacht einer Übertretung erfordert und § 74 Abs. 2 GewO lediglich auf die Eignung, eine Gefährdung oder Belästigung herbeizuführen, abstellt, lagen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 360 Abs. 1 GewO jedenfalls vor. Gemäß § 360 Abs. 1 2. Satz GewO hat die Behörde, wenn der Gewerbeausübende bzw. Anlageninhaber der vorherigen Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt, mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen zu verfügen.

Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO, dann hat die Behörde den Anlageninhaber zunächst mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern.

Nach der herrschenden Lehre hat die Verfahrensanordnung zwei Teile zu umfassen:

1.   die Darstellung der Gesetzwidrigkeit und

2.   die Aufforderung, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand dadurch herzustellen, dass das rechtswidrige Verhalten auf Dauer eingestellt wird oder solange eingestellt wird, bis die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit dieses Verhaltens vorliegen.

Zweckmäßigerweise ist der Gewerbeausübende bzw. Anlageninhaber auch darüber zu informieren, welche Schritte zu setzen sind, damit eine Gewerbeausübung bzw. das Betreiben einer Anlage im Einklang mit der Rechtsordnung erfolgen kann.

In der Verfahrensanordnung muss nach der herrschenden Rechtsprechung nicht bereits die Maßnahme zur Erreichung eines Sollzustandes angeführt werden, sondern es ist dieser Zustand hinreichend konkret zu beschreiben (VwGH 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0062).

Nach dem Wortlaut des § 360 Abs. 1 GewO 1994 ist zwischen den vom Anlageninhaber zu setzenden Verhalten und den von der Behörde zu verfügenden Maßnahmen zu unterscheiden. Sache des Anlageninhabers ist es, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen und zwar auf die von ihm zu wählende Art und Weise, das heißt mit den von ihm zu wählenden Maßnahmen. Tut er dies nicht innerhalb der festgesetzten Frist, so hat die Behörde die zu Erreichung des Sollzustandes notwendigen Maßnahmen (bescheidmäßig) zu verfügen. In der Verfahrensanordnung sind daher nicht bereits die Maßnahmen, wohl aber der Sollzustand und zwar so hinreichend konkret zu beschreiben, dass kein Zweifel daran bestehen kann, welches Ergebnis der Anlageninhaber innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken hat (VwGH vom 16.07.1996, 96/04/0062).

Die im § 360 Abs. 1 zweiter Satz geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung („mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern“) gesetzt werden darf. Das Fehlen dieser Voraussetzung (der Aufforderung im Sinne des Gesetzes) bewirkt, dass die Maßnahme als mit dem Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses behaftet, unzulässig ist (VwGH vom 16.07.1996, 96/04/0062).

In der Verfahrensanordnung vom 13.01.2020 hat die Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt dargestellt, dass aus einer anonymen Anzeige eine Liste mit Marken und Kennzeichen der am Standort ***, ***, Grst. Nr. *** und ***, vorgefundenen Fahrzeuge die Behörde in Kenntnis gesetzt worden sei, dass dort das Gewerbe Kraftfahrzeugtechnik bzw. KFZ-Service ausgeübt werde.

Weiters hat die Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt dargestellt, dass entweder die gewerblichen Tätigkeiten des Gewerbes Kraftfahrzeugtechnik bzw. KFZ-Service einzustellen und die Betriebsanlage (also die Halle) zu schließen ist, beides ab Erhalt der Verfahrensanordnung. Als andere Alternative wurde den Beschwerdeführern die Anmeldung des Gewerbes bei der Bezirkshauptmannschaft Wr. Neustadt bzw. der Antrag auf Betriebsanlagengenehmigung (mit den dafür erforderlichen Unterlagen) dargestellt.

Die Darstellung der Konsenswidrigkeiten, nämlich die Durchführung von Servicearbeiten und Arbeiten an KFZ ohne Gewerbeberechtigung und ohne Betriebsanlagengenehmigung ist nach Rechtsansicht des LVwG NÖ ausreichend gegeben.

Die Verfahrensanordnung setzt auch die Gewährung einer ausreichend langen Frist zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes voraus. Im vorliegenden Fall ist die Frist mit „sofort“ möglich, da Reparatur- und Servicearbeiten sofort eingestellt werden können und die Halle (als Betriebsanlage) durch zusperren sofort verschlossen werden könnte.

Auch aus der Beschwerde haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die gewährte Frist nicht möglich sei.

Gemäß § 360 Abs. 1a GewO hat die Behörde die Einbringung eines Ansuchens gemäß § 353 GewO – zur Hintanhaltung eines Bescheides gemäß § 360 Abs. 1 GewO – lediglich zu ermöglichen, nicht aber die Einbringung eines solchen Ansuchens als eine bzw. einzige Maßnahme zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes anzuordnen. Im vorliegenden Fall haben die Beschwerdeführer aber jede gewerbliche Tätigkeit und den Betrieb einer Betriebsanlage in Abrede gestellt. Daher hindert § 360 Abs. 1a GewO die nachfolgende Verfügung im angefochtenen Bescheid nicht. Gleichzeitig war aber im angefochtenen Bescheid die Anordnung der Anmeldung des Gewerbes aufzuheben Da eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage erst nach Genehmigung durch die Behörde betrieben werden darf konnte dieser Satzteil im Punkt 3. des angefochtenen Bescheides entfallen.

Wie sich aus dem Bericht der Finanzpolizei vom 22.07.2020 und aus dem Bericht der Polizeiinspektion *** vom 07.01.2021 ergibt, bestand und besteht der Verdacht der Gewerbeausübung und des Betriebs einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage auch nach Erlassung der Verfahrensanordnung bzw. auch nach Erlassung des angefochtenen Bescheides bzw. auch derzeit noch.

Die Behörde kann bzw. hat Maßnahmen aufzutragen, die den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand wiederherstellen. Nach der Rechtsprechung kann die Behörde schon bei dem bestehenden Verdacht einer gesetzwidrigen (konsenslosen) Gewerbeausübung durch einen “contrarius actus” im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle begegnen. Die verfügte Maßnahme muss notwendig und geeignet sein, den – wenn auch nur im Rahmen eines Verdachtes gegebenen – rechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Der § 360 Abs. 1 GewO lässt der Behörde keinen Raum für eine Interessensabwägung im Sinne einer Vermeidung von Härten (vergleiche dazu sinngemäß VwGH 18.09.1984, Zl. 84/04/0095, VwGH 24.08.1995, Zl. 95/04/0069).

Die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen stellen grundsätzlich eine zum bisherigen Zustand geeignete Gegenmaßnahme dar.

7.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Rechtsfrage; der Sachverhalt war hinreichend geklärt. Insbesondere setzt ja die Anordnung von Maßnahmen nach 3 360 Abs. 1 GewO nur den Verdacht von näher genannten Übertretungen voraus. Die Verdachtslage ist aber – wie oben dargestellt – gegeben. Die mündliche Erörterung lässt eine weitere Klärung der Rechtssache – insbesondere in Bezug auf die gegebene Verdachtslage - nicht erwarten und einem Entfall der Verhandlung steht weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsanlage; Gewerbeberechtigung; Verfahrensanordnung; Maßnahme; gesetzmäßiger Zustand;

Anmerkung

VwGH 12.10.2021, Ra 2021/04/0111-3, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.1017.001.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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