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GesundheitswesenNorm
ApG 1907 §10 Abs3Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Borotha und die Hofräte Dr. Kadecka, Dr. Rath, Dr. Jurasek und Dr. Schima als Richter, im Beisein des Schriftführers Administrationsrat Dohnal, über die Beschwerde des Mr. pharm. JK in K, vertreten durch Dr. Heinrich Orator, Rechtsanwalt in Wien I, Gußhausstraße 8, gegen den Bescheid des Bundesministeriums für soziale Verwaltung vom 13. September 1967, Zl. V-81.108-G 2/42-1967 (mitbeteiligte Partei: Mr. pharm. GH in W, vertreten durch Dr. Karl Völkl, Rechtsanwalt in Wien IX, Wasagasse 2), betreffend Apothekenkonzession, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid, der, soweit durch ihn die Berufung der Inhaber der Apotheke „A“ abgewiesen wurde, als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren des Beschwerdeführers wird wegen verspäteter Geltendmachung zurückgewiesen.
Begründung
Frau Mr. GH, die Mitbeteiligte dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, suchte am 30. Juni 1961 beim Abt der Niederösterreichischen Landesregierung um Erteilung einer Apothekenkonzession mit einem näher bezeichneten, im Gemeindegebiet von K gelegenen Standort an. Im Zuge des über dieses Ansuchen eingeleiteten Verfahrens erhoben die Inhaber der beiden in K bereits bestehenden Apotheken Einspruch im Sinne des § 48 Abs. 2 des Apothekengesetzes, RGBl. Nr. 5/1907 (ApG). Mr. JK, Inhaber der Realpotheke J und nunmehriger Beschwerdeführer, brachte vor, daß nicht nur kein Bedarf nach Errichtung einer dritten Apotheke in K bestehe, sondern daß durch diese auch die Existenzfähigkeit seiner eigenen Apotheke gefährdet würde. Der Landeshauptmann von Niederösterreich gab dem Ansuchen der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 9. März 1962 statt, wies den Einspruch des Beschwerdeführers, soweit er sich auf die Bedarfsfrage bezog, als unzulässig zurück und, soweit darin Existenzgefährdung geltend gemacht worden war, als unbegründet ab.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung trat der Beschwerdeführer zunächst der in der Begründung zum Ausdruck gebrachten Annahme entgegen, daß eine Existenzgefährdung seiner Apotheke nicht eintreten werde, und bezeichnete die von der Behörde in diesem Zusammenhang vorgenommenen Berechnungen und Schätzungen als völlig unrichtig. Des weiteren rügte er, daß die Behörde seiner Ansicht nach auf die Frage des Vorliegens eines Bedürfnisses der Bevölkerung überhaupt nicht eingegangen sei, wies allerdings ausdrücklich darauf hin, daß sein Mitspracherecht als Partei in diesem Verfahren auf die Frage der Existenzgefährdung beschränkt sei, und legte nur in Form eines „Hinweises“ zwecks amtswegiger Berücksichtigung im Berufungsverfahren die nach seinem Dafürhalten gegen das Vorliegen eines Bedarfes, sprechenden Umstände dar.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 3. März 1964 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen, gleichzeitig aber der Standort der der mitbeteiligten Partei bewilligten Apotheke von Amts wegen eingeschränkt. Dieser Bescheid wurde auf Grund der vom Beschwerdeführer erhobenen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde mit hg. Erkenntnis vom 10. November 1964, Zl. 1064/64, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Die Begründung des Erkenntnisses weist darauf hin, daß eine Auseinandersetzung mit den die Bedarfsfrage betreffenden Feststellungen und Rechtsansichten der belangten Behörde ungeachtet des Umstandes, daß sie der Beschwerdeführer bekämpft habe, unterbleiben könne, weil das Gesetz den Nachbarapothekern im Verfahren über die Verleihung einer Apothekenkonzession nur eine auf die Geltendmachung der Existenzgefährdung beschränkte Parteistellung einräume und daher eine Verletzung subjektiver Rechte des Beschwerdeführers durch den angefochtenen Bescheid lediglich im Bereiche dieses Fragenkomplexes in Betracht komme. Zur Aufhebung des Bescheides kam es deshalb, weil die Unterlassung der Feststellung entscheidungswichtiger Umstände seitens der belangten Behörde sowie Mängel in der Begründung es dem Verwaltungsgerichtshof unmöglich machten, die Ansicht der belangten Behörde, daß eine Existenzgefährdung der Apotheke des Beschwerdeführers nicht eintreten werde, auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.
In dem daraufhin fortgesetzten Berufungsverfahren gab der Beschwerdeführer der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 5. Jänner 1966 bekannt, daß er den bisher von ihm geteilten Standpunkt nicht mehr aufrechterhalten könne, wonach ihm im gegenständlichen Verfahren nur eine auf die Geltendmachung der Existenzgefährdung eingeschränkte Parteistellung zukomme. Die Grundlage des Apothekenbetriebes des Beschwerdeführers sei nämlich das „verkäufliche Apothekengewerbe mit dem Schild ‚J‘ (eingetragen im Anschreibe- und Vormerkbuch über verkäufliche Apothekengewerbe in Wien, Abteilung K)“. Das verkäufliche Realgewerbe sei eine stärkere Befugnis als das konzessionierte persönliche Gewerbe. Es schließe die Berechtigung zum Betriebe innerhalb der Ortschaft, für welche es errichtet wurde, in sich. Daher dürfe der Beschwerdeführer sein Realgewerbe im gesamten Bereich der Stadtgemeinde K ausüben und einer beabsichtigten Verlegung des Betriebes könnte die behördliche Genehmigung nur insoweit versagt werden, als die neue Betriebsstätte sich als ungeeignet erweisen sollte. Durch die Bewilligung einer neuen Apotheke mit einem innerhalb des Gebietes von K gelegenen Standort würde das Recht des Inhabers der Realapotheke auf Verlegung derselben innerhalb der Gemeinde zumindest in gleicher Weise eingeschränkt werden, wie das eines Inhabers einer konzessionierten öffentlichen Apotheke, als deren Standort das Gebiet der Gemeinde K bestimmt worden wäre. Die Rechtsstellung des Inhabers der Realapotheke werde dadurch in einem solchen Maße geschmälert, daß er dies nur dann hinzunehmen verpflichtet sei, wenn die Voraussetzungen für die Verleihung einer Konzession zur Errichtung und zum Betriebe einer neuen öffentlichen Apotheke in jeder Hinsicht gegeben erscheinen. Es hätten daher die Erwägungen in analoger Weise Anwendung zu finden, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt ihren Ausdruck gefunden hätten und die dahin gingen, daß der Inhaber einer bestehenden öffentlichen Apotheke, sofern der Standort einer neu zu bewilligenden Apotheke in denjenigen seiner Apotheke eingreife, vermöge eines Rechtsanspruches bzw. eines rechtlichen Interesses an der Sache des Verwaltungsverfahrens derart beteiligt sei, daß ihm die Stellung als Partei des Verwaltungsverfahrens auch bezüglich der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung der Konzession im Sinne des § 10 Abs. 1 und Abs. 2 des Apothekengesetzes zukomme. Ausgehend von dieser neuen Rechtsansicht erklärte der Beschwerdeführer, sein bisher unter dem Gesichtspunkt von „Anregungen“ zur Frage des Bedarfes gemachtes Vorbringen als Parteienvorbringen aufrecht zu erhalten, und bezog diesen Fragenkomplex auch in seine weiteren Äußerungen, Stellungnahmen und Anträge ein.
Die belangte Behörde beschränkte das Ermittlungsverfahren im wesentlichen auf die ihrer Ansicht nach für die Frage der Existenzgefährdung maßgeblichen Umstände - auf die Ergebnisse dieser Erhebungen wird später noch eingegangen werden - und wies mit Bescheid vom 13. September 1967 die Berufung des Beschwerdeführers, soweit darin Existenzgefährdung geltend gemacht worden war, als unbegründet ab, und soweit sie sich auf die Voraussetzungen des Bedarfes bezogen hatte, als verspätet und unzulässig zurück.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Erkenntnis des genannten Gerichtshofes vom 1. März 1968 wurde die Beschwerde mit der Begründung abgewiesen, daß der Beschwerdeführer in keinem verfassungsgesetzlich gewährleisten Recht verletzt worden sei, und zur Entscheidung darüber, ob er in einem sonstigen Recht verletzt worden sei, gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG, an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.
Ehe auf die Begründung des angefochtenen Bescheides im einzelnen eingegangen wird, ist die Frage zu prüfen, ob der Verwaltungsgerichtshof befugt und verpflichtet ist, den Bescheid im-gesamten Umfange des Beschwerdevorbringens, d. h. also sowohl was die Frage der Existenzgefährdung der Apotheke des Beschwerdeführers als auch was die Frage des Bedürfnisses der Bevölkerung nach einer neuen Apotheke anlangt, zu überprüfen. Die Beantwortung dieser Frage hängt primär davon ab, ob dem Beschwerdeführer als Inhaber einer Realapotheke im Verfahren über die Konzessionserteilung für eine neue öffentliche Apotheke innerhalb des Gebietes, in dem er seine Gerechtsame ausüben darf, die volle Parteistellung zukommt, welche Ansicht in der Beschwerde nachhaltig vertreten wird.
Über diese Frage hat der Verwaltungsgerichtshof nachstehendes erwogen:
Schon im Erkenntnis vom 3. Dezember 1910, Slg. Budw. Nr. 7767/A, hat der Verwaltungsgerichtshof den Grundsatz ausgesprochen, daß die Nachbarapotheker einen Bescheid, der die Errichtung einer neuen Apotheke bewilligt, nur mit der Begründung anfechten können, ihre auf Grund des § 48 Abs. 2 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 des Apothekengesetzes erhobenen Einsprüche seien nicht berücksichtigt worden. Auch späterhin hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur daran festgehalten, daß den Nachbarapothekern grundsätzlich nur eine auf die Geltendmachung der Existenzgefährdung ihrer Apotheke beschränkte Parteistellung zukommt. Im Erkenntnis vom 27. September 1954, Slg. N. F. Nr. 3505/A, hat der Verwaltungsgerichtshof eine Ausnahme von diesem Grundsatz für den Fall anerkannt, daß durch die begehrte Standorterweiterung einer Apotheke in den Standort der Nachbarapotheke eingegriffen wird. Er hat dies damit begründet, daß ein solcher Eingriff in den Standort eine Beschränkung der dem Apotheker anläßlich der Konzessionserteilung durch die Standortbestimmung eingeräumten Rechte bedeute, seine eigene Apotheke allenfalls auch in das nunmehr seinem Nachbarn als Standort zugewiesene Gebiet zu verlegen. In einem solchen Fall, so führte der Verwaltungsgerichtshof in der Begründung des genannten Erkenntnisses aus, habe der Beschwerdeführer einen Anspruch darauf, daß dieser Eingriff in seine Rechtssphäre nur bei Zutreffen aller gesetzlichen Voraussetzungen, also auch nur bei Vorliegen eines wirklichen Bedarfes, erfolge. Daraus ergebe sich die volle Parteistellung desjenigen Apothekers, dessen Apothekenstandort eingeschränkt wird, im Verwaltungsverfahren und sein uneingeschränktes Beschwerderecht gegen den seine Berufung abweisenden Bescheid. Dieselben Erwägungen greifen, wie in den Erkenntnissen vom 27. Jänner 1958, Zl. 996/57, vom 20. Oktober 1960, N. F. Nr. 5397/A, und vom 5. November 1963, Zl. 181/63, ausgesprochen wurde, auch im Verfahren zur Verleihung einer neuen Apothekenkonzession Platz, wenn der Standort der neu zu bewilligenden Apotheke in den Standort einer bestehenden Apotheke eingreift.
Der Beschwerdeführer meint, daß dem Eigentümer einer Realapotheke die gleiche unbeschränkte Parteistellung im Verfahren über die Neuerrichtung einer Apotheke zukomme, sofern der Standort der neuen Apotheke innerhalb des territorialen Bereiches liege, für das die Berechtigung zum Betriebe der Realapotheke gelte. Richtig ist, daß gemäß § 21 Abs. 1 des Apothekengesetzes die Realeigenschaft der zu Recht bestehenden radizierten und verkäuflichen Apotheken (Realapotheken) durch das Inkrafttreten des Gesetzes keine Änderung erfuhr. Ähnliches hatte schon im Jahre1859 Art. VII des Kundmachungspatentes zur Gewerbeordnung hinsichtlich der Realeigenschaft der zu Recht bestehenden radizierten und verkäuflichen Gewerbe bestimmt. Wenn auch Realapotheken gemäß § 21 Abs. 2 ApG nicht mehr begründet werden dürfen, gelten doch hinsichtlich der bestehenden derartigen Apotheken die früheren Vorschriften weiter (§ 61 ApG), soweit sie nicht ausdrücklich aufgehoben oder durch neue Vorschriften verdrängt wurden.
Hinsichtlich der Standortwahl und der Freizügigkeit der Gewerbeausübung ließen die Hofkanzleidekrete vom 20. August 1807, PGS. Band 29, Nr. 27, vom 7. Dezember 1815, PGS. Band 43, Nr. 137, und vom 19. Juni 1816, PGS. Band 44, Nr. 81, den Gewerbeinhabern, sofern ihnen nicht etwa schon bei Verleihung der Berechtigung eine bestimmte Gegend zur Ausübung zugewiesen worden war, freie Hand, das Gewerbe innerhalb des Gebietes jener Obrigkeit (Grundherrschaft, Ortsobrigkeit) auszuüben, welche die Gewerbebefugnis verliehen hatte. Die Gewerbeinhaber wurden lediglich verpflichtet, jede Änderung des Standortes innerhalb dieses Gebietes der Ortsobrigkeit anzuzeigen, damit diese die Übersicht über die Gewerbe behalte und die in Betracht kommenden polizeilichen Belange wahrnehmen könne. Diese Vorschriften beziehen sich auch auf Realgewerbe im allgemeinen (vgl. zu dieser Frage die Ausführungen auf Seite 116 ff. in der Monographie „Die Realgewerbe“ von Dr. Pelikan) und auf Realapotheken im besonderen (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1905, Slg. Budw. Nr. 3258). Es ist daher auch heute noch die Rechtslage so, daß die Eigentümer einer Realapotheke ihre Betriebsstätte innerhalb des Gebietes, das ihnen ursprünglich zugewiesen worden ist oder auf das sich die Herrschaftsrechte der betreffenden Obrigkeit, von der das Realgewerbe verliehen worden war, bezog, verlegen können.
Wenn nun auch der Eigentümer einer Realapotheke den Sitz seines. Betriebes innerhalb der dargelegten Grenzen verlegen kann, läßt sich doch seine rechtliche Stellung nicht vorbehaltslos mit der eines konzessionierten Apothekers innerhalb des seiner Apotheke zukommenden Standortes vergleichen. Bei konzessionierten Apotheken - und nur solche können zumindest seit dem Inkrafttreten des Apothekengesetzes neu begründet werden - ist der Standort gemäß § 9 Abs. 2 ApG in der Konzessionsurkunde zu bestimmen. Durch die Standortbestimmung soll, wie es im Motivenbericht zum Apothekengesetz (1912 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Abgeordnetenhauses, XVII. Session, 1903) auf Seite 41 heißt, im Interesse der öffentlichen Sanitätspflege eine zweckmäßige Verteilung der Apotheken unter Berücksichtigung des Bedürfnisses der Bevölkerung ermöglicht werden. Die Standortbestimmung dient daher keineswegs primär den privaten Interessen des Apothekers, wenngleich durch sie auch der örtliche Rahmen abgesteckt wird, innerhalb dessen die Konzession ausgeübt werden darf, aber auch ausgeübt werden muß. Darauf hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 1960, Zl. 2052/57, verwiesen, in dem er aussprach, daß der Zweck der Standortbestimmung in der Festlegung jenes Bereiches liege, von dem aus der bestehende Bedarf der Bevölkerung an Heilmitteln am zweckmäßigsten abgedeckt werden kann. Der bei der Organisation des Apothekenwesens, wie sie im geltenden Apothekengesetz ihre Ausprägung gefunden hat, im Vordergrund stehende Gedanke des öffentlichen Interesses und der Sicherung des allgemeinen Medikamentenbedarfes der Bevölkerung findet darüber neben zahlreichen anderen Bestimmungen - es sei hier nur beispielsweise auf § 13 (Betriebspflicht), § 17 (Genehmigungspflicht für die Verpachtung) und § 19 (Zurücknahme der Konzession) verwiesen - nicht zuletzt auch im § 9 Abs. 2 des Gesetzes seinen Ausdruck.
Hält man sich demgegenüber vor Augen, daß als Rechtsgrundlage der Realapotheken, wie überhaupt der Realgewerbe, landesfürstliche, grundherrschaftliche oder sonstige Privilegien und Verleihungen in Betracht kommen, die der damaligen Zeit entsprechend unter gänzlich anderen Gesichtspunkten erteilt worden sind (vgl. hiezu die Ausführungen von Pelikan in dem schon zitierten Blich „Die Realgewerbe“ 1910, auf Seite 10 ff.), so ist nicht zu übersehen, daß diese Art von Apotheken, wenngleich ihre Portführung geduldet wird, sich in das moderne Gefüge der auf Grund einer persönlichen Konzession betriebenen Apotheken schlecht einfügt und gewissermaßen einen Fremdkörper bildet. Dies zeigt sich auch darin, daß für diese Apotheken keine Betriebspflicht besteht (vgl. § 13 Abs. 3 ApG und die Ausführungen in dem bereits erwähnten Motivenbericht auf Seite 17) und daß die Vorschriften des Apothekehrgesetzes auf Realapotheken nur zum Teil (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 22. Jänner 1959, Slg. N. F. Nr. 4854/A, und vom 2. April 1968, Zl. 1056/67) und diejenigen des Apothekenverpachtungsgesetzes überhaupt nicht Anwendung finden. Die mit einer Realgerechtsame verbundene Befugnis, die Betriebsstätte innerhalb gewisser Grenzen zu verlegen, deckt sich daher nicht mit den Rechten und Pflichten, die sich aus der Standortbestimmung für den Inhaber einer konzessionierten Apotheke ergeben. Ihr mangelt die nicht zuletzt auch im öffentlichen Interesse wurzelnde Ausschließlichkeit, wie sie dem gemäß § 9 Abs. 2 ApG bestimmten Standort zukommt, was sich übrigens auch darin zeigt, daß verschiedene derartige Apotheken auf eng begrenztem Raum nebeneinander existieren. So gibt Dr. Hofer in seiner Monographie „Realapotheken“; Wien 1903, auf Seite 32, an, daß im ersten Bezirk von Wien nicht weniger als zehn Realapotheken bestehen, die zum Teil ihre Betriebsstätte innerhalb dieses Bezirkes mehrmals verlegt haben. Auch in Wr. Neustadt befinden sich, wie a. a. O. Seite 41 ausgeführt wird, zwei aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammende Realapotheken.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt aus diesen Erwägungen die Ansicht, daß eine analoge Anwendung seiner Judikatur betreffend die volle Parteistellung des Inhabers einer konzessionierten Apotheke, deren Standort durch eine neu zu bewilligende Apotheke beschränkt wird, auf die Inhaber einer Realgerechtsame nicht gerechtfertigt ist.
Im vorliegenden Falle kommt noch hinzu, daß der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem in derselben Konzessionssache ergangenen Vorerkenntnisse vom 10. November 1964, Zl. 1064/64, ausgesprochen hat, daß mit Rücksicht auf die beschränkte Parteistellung des Beschwerdeführers eine Verletzung seiner subjektiven Rechte lediglich im Bereich des Fragenkomplexes der Existenzgefährdung in Betracht kommen könne. An die von ihm in derselben Sache ausgesprochene Rechtsansicht ist der Verwaltungsgerichtshof jedenfalls gebunden (vgl. die Erkenntnisse vom 3. Dezember 1964, Slg. N. F. Nr. 6513/A, und vom 24. März 1965, Slg. N. F. Nr. 6638/A).
Abschließend ist daher zu sagen, daß die Parteistellung des Beschwerdeführers im durchgeführten Verwaltungsverfahren auf die Geltendmachung der Existenzgefährdung seiner Apotheke eingeschränkt war. Daraus folgt, daß es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist, bei der Überprüfung des angefochtenen Bescheiden auf die Bedarfsfrage einzugehen.
Es bleibt sohin zu untersuchen, ob die Behauptung des Beschwerdeführers stimmt, daß die im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachte Ansicht der belangten Behörde, die Apotheke des Beschwerdeführers sei durch die Bewilligung der neuen Apotheke in ihrer Existenz nicht gefährdet, durch die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nicht gedeckt und in sich unschlüssig ist.
Der angefochtene Bescheid geht bei der Beurteilung der Existenzgefährdung der Apotheke des Beschwerdeführers nicht mehr, wie der erste Berufungsbescheid von den Erfolgsziffern des Jahres 1962, sondern von denen des Jahres 1965 aus. Diese lauten wie folgt:
„A. Erträge
I. Umsätze mit begünstigten Beziehern
S 2,256.567,96
II. Umsätze mit Privatpatienten
S 983.450,29
III. außerordentliche und sonstige Erträge
S 7.126,93
Summe der Erträge
S 3,247.145,18
B. Aufwendungen
I. Wareneinsatz
S 1,987.728,40
II. Personalaufwand
S 438.214,24
III. Steuern und Abgaben
S 154.991,45
IV. Aufwendungen auf die Betriebsanlagen
S 220.875,96
V. Vertriebs- und Verwaltungskosten
S 169.302,93
VI. Schuldzinsen
S 89.306,56
Summe der Aufwendungen
S 3,060.419,44
C. Reingewinn
S 186.725.74.“
Die belangte Behörde hat angenommen, daß infolge der Errichtung der neuen Apotheke ein Umsatzrückgang von 30 % zwar nicht wahrscheinlich, aber immerhin möglich sein werde, und auf dieser Grundlage folgende fiktive Berechnung angestellt:
A. Verbleibender Umsatz
S 2,273.000,--
B. Aufwendungen
I. Wareneinsatz (um 30 % gekürzt)
S 1,391.410,--
II. Personalaufwand
a) pharmazeutisches Personal
S 252.905,--
b) nichtpharmazeutische Angestellte
S 53.260,--
c) Arbeiter
S 25.170,--
d) Sozialversicherungsaufwand (in unverminderter Höhe)
S 40.000,--
III. Steuern und Abgaben (um 30 % gekürzt)
S 108.500,--
IV. Aufwendungen für die Betriebsanlage (um 30 % gekürzt)
S 154.600,--
V. Verwaltungs- und Vertriebskosten (um 30 % gekürzt)
S 118.500,--
VI. Schuldzinsen
0
Summe der Aufwendungen
S 2,144.345,--
Da nach dieser Berechnung der belangten Behörde ein fiktiver Reingewinn von S 128.655,-- verbliebe, woraus im Bedarfsfall die Kosten eines angestellten Apothekenleiters ohne weiteres bestritten werden könnten - im vorliegenden Falle sei ja nur die Deckung der Differenz zwischen den Kosten eines angestellten Apothekers, die im Jahre 1966 S 101.161,-- betragen hätten, und denen eines Leiters, die sich auf S 142.860,-- belaufen hätten, erforderlich -, könne, wie die belangte Behörde meint, von einer Existenzgefährdung nicht die Rede sein.
Der Beschwerdeführer vertritt dagegen in der Beschwerde die Ansicht, daß die fiktive Ertragsberechnung folgendermaßen aussehen müßte:
„Verbleibender Ertrag
S 2,273.000,--
Wareneinsatz
S 1,391.000,--
Personalaufwand
S 350.000,--
Steuern und Abgaben
S 130.000,--
Aufwendungen für die Betriebsanlage
S 165.000,--
Vertriebs- und Verwaltungskosten
S 140.000,--
Schuldzinsen
S 90.000,--
Gesamtbetrag
S 2,266.000,--.“
Da aus dem verbleibenden Gewinn von S 7.000,-- die Kosten eines angestellten Apothekenleiters (und zwar die vollen Kosten, da nach Angabe des Beschwerdeführers in seiner Aufstellung im Personalaufwand derjenige für den verantwortlichen Leiter nicht inbegriffen ist) nicht bestritten werden könnten, liege eindeutig eine Existenzgefährdung vor.
Differenzen zwischen der Ansicht der belangten Behörde und derjenigen des Beschwerdeführers ergeben sich sohin bei allen Passivposten mit Ausnahme des um 30 % geminderten Wareneinsatzes. Hiezu ist im einzelnen folgendes zu sagen:
a) Personalkosten: Um den im aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. November 1964 aufgezeigten Verfahrensmangel zu beheben, hat die belangte Behörde vor Erlassung des Ersatzbescheides Feststellungen darüber getroffen, in welchem Ausmaß pharmazeutisches und nichtpharmazeutisches Personal zur Bewältigung des reduzierten Umsatzes von S 2,273.000,-- erforderlich wäre. Sie hat auf Grund der Mitteilung der Österreichischen Apothekerkammer vom 28. Dezember 1966 angenommen, daß zur Bewältigung des genannten Umsatzes zweieinhalb pharmazeutische Fachkräfte und ebensoviele nichtpharmazeutische Angestellte nebst einer Hilfskraft im Arbeiterverhältnis ausreichen. Wenn der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, daß seine Apotheke zu gewissen Zeiten einen besonderen Stoßbetrieb aufweise und daß auch im Hinblick auf den jede dritte Woche fälligen Bereitschaftsdienst und auf mögliche Personalausfälle durch Krankheit und Mutterschaft ein höherer Beschäftigtenstand erforderlich sei, so kann ihm nicht gefolgt werden, weil jede Apotheke mit diesen Umständen zu rechnen hat. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die Problematik einer Teilbeschäftigung in Landstädten trifft auf K im Hinblick auf seine Nähe zur Bundeshauptstadt nicht zu. Insoweit sind seine Einwendungen daher unbegründet. Der Beschwerdeführer bemängelt aber auch die von der belangten Behörde der Personalkostenberechnung zugrunde gelegten Ansätze, und zwar insofern, als sie zwar grundsätzlich den in der Eingabe des Beschwerdeführers vom 30. Juni 1967 bekanntgegebenen Ansätzen gefolgt sei, jedoch zwei Komponenten, nämlich die Kosten der Taxierung im Betrage von S 25.000,-- sowie die Abfertigungsrücklage stillschweigend übergangen habe. Tatsächlich gibt die Begründung des angefochtenen Bescheides über diesen Punkt keinen Aufschluß, was als Begründungsmangel gewertet werden muß, zumal auch nicht entnommen werden kann, wie groß die Reserven sind, die sich aus dem in unveränderter Höhe von S 40.000,-- angesetzten Sozialversicherungsaufwand ergeben.
b) Steuern und Abgaben: Die belangte Behörde hat diese Ausgabenpost proportional zur Umsatzminderung auf S 108.500,-- gekürzt. Wenngleich dem Verwaltungsgerichtshof aus zahlreichen Beschwerdefällen bekannt ist, daß diese Vorgangsweise bei der fiktiven Ertragsberechnung allgemein gehandhabt wird, hätte sich die belangte Behörde doch mit der im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptung des Beschwerdeführers (Schriftsatz vom 30. Juni 1967) auseinandersetzen müssen, daß sich diese in der. Erfolgsrechnung für 1965 enthaltene Ausgabenpost von insgesamt S 154.991,-- aus verschiedenen betragsmäßig aufgeschlüsselten Komponenten zusammensetze, die nur zum Teil umsatzabhängig seien (etwa ein Drittel), während der Rest auf lohn- und gehaltsabhängige, bzw. ertrags- und vermögensabhängige sowie auf konstant bleibende Abgaben entfalle. Der Verwaltungsgerichtshof ist, da sich die belangte Behörde mit dieser Einwendung nicht auseinandergesetzt hat, nicht in der Lage, zu beurteilen, ob die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung zutrifft, daß aus diesen Gründen trotz einer 30%igen Umsatzminderung eine Reduktion der steuerlichen Abgaben nur auf den Betrag von S 130.000,-- gerechtfertigt ist.
c) Aufwendungen für die Betriebsanlage und
d) Vertriebs- und Verwaltungsaufwand: Das zu b) Gesagte gilt in ähnlicher Weise auch für diese Aufwandsposten, die die belangte Behörde ohne nähere Begründung umsatzproportional auf S 154.600,-- bzw. S 118.500,-- gekürzt hat, während der Beschwerdeführer nur eine Kürzung auf S 165.000,-- bzw. S 140.000,-- für angemessen hält. In dem schon erwähnten Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 30. Juni 1967 hat er diese beiden Passivposten näher differenziert und betragsmäßig aufgeschlüsselt. Aus dieser Aufschlüsselung hätte die belangte Behörde zweierlei entnehmen können: Erstens, daß tatsächlich nicht alle Einzelkomponenten einer gleichmäßigen, umsatzproportionalen Reduktion unterliegen können und daher entweder nicht oder doch nicht im vollen Ausmaß hätten gekürzt werden dürfen, wie etwa die Abschreibungen, die Versicherungsprämien, der Wasserzins, die Reinigungskosten und die Büroausgaben. Inwieweit eine Reduktion der Einzelposten angemessen wäre, hätte - allenfalls nach Einholung weiterer Auskünfte über die Art der „Honorare für Fremdleistungen“, der „Büroausgaben“ und der „sonstigen Aufwendungen“, welche drei Komponenten zusammen mehr als S 170.000,-- ausmachen - im einzelnen näher dargelegt werden müssen. Zweitens aber hätte die belangte Behörde aus der Aufzählung der Einzelkomponenten erkennen müssen, daß darin auch Passivposten miteingeschlossen sein könnten, die bei der Beurteilung der Existenzgefährdung von vornherein außer Betracht zu bleiben haben, wie etwa vorzeitige Abschreibungen, oder die auf längere Zeiträume aufzuteilen wären, wie z. B. Reparaturausgaben und Honorare für Fremdleistungen, soweit sie Umstände betreffen, mit deren Wiederholung nicht oder doch nur in größeren als jährlichen Zeitabständen zu rechnen ist.
Auch hier erweist sich demnach die von der belangten Behörde gegebene Begründung als unzulänglich und der Sachverhalt als ergänzungsbedürftig.
c) Schuldzinsen: Zu diesem Punkt hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Vorerkenntnis der Ansicht Ausdruck gegeben, daß nicht nur die Zinsen für die sogenannten Gründungsschulden, sondern auch diejenigen für sonstige Schulden bei der Beurteilung der Existenzgefährdung außer Betracht zu bleiben haben, soweit sie nicht mangels ausreichender Erträgnisse der Apotheke zur Aufrechterhaltung des vorschriftsmäßigen Betriebes aufgenommen werden mußten.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die gänzliche Streichung dieser Aufwandspost damit begründet, daß die „laut Angabe des Beschwerdeführers zur Finanzierung des betriebsnotwendigen Vermögens in Anspruch genommenen Bankkredite ... nicht als betriebliche Ausgaben anzusehen sind“. Diese Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides stellen allerdings nur eine These und keine echte Begründung dar; sie stehen überdies mit der im Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes niedergelegten Rechtsansicht nicht im Einklang. Wenngleich der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 30. Juni 1967 diese Passivpost nicht näher konkretisiert und lediglich die Behauptung aufgestellt hat, daß es sich dabei insgesamt um durch den Mangel an Eigenkapital bedingte betriebsnotwendige Kredite handle, so wäre die belangte Behörde dennoch gehalten gewesen, dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einzuräumen, den Nachweis für seine Behauptung zu erbringen.
Zusammenfassend ist daher zu sagen, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides wiederum nicht hinreicht, um auf dem von der Behörde eingeschlagenen Weg des Nichtvorliegens der vom Beschwerdeführer behaupteten Existenzgefährdung seiner Apotheke schlüssig darzutun. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, daß der belangten Behörde bei ihrer fiktiven Berechnung auch insofern ein allerdings nicht zum Nachteil des Beschwerdeführers ausschlagender Fehler unterlaufen ist, als sie von den seitens der pharmazeutischen Gehaltskasse bekanntgegebenen Kosten eines Apothekenleiters im Jahre 1966 ausgegangen ist, anstatt entsprechend den von ihr herangezogenen Erfolgsrechnungen für das Jahr 1965 die Leiterkosten dieses Jahres in die Berechnung einzusetzen.
Im übrigen trifft auf den vorliegenden Fall vollinhaltlich das zu, was der Verwaltungsgerichtshof bereits in der Begründung seines Erkenntnisses vom 7. Februar 1967, Zl. 1176/66, ausgeführt hat, daß sich nämlich die Behörde bei Prüfung der Existenzgefährdung dann nicht darauf beschränken darf, eine mathematisch richtige fiktive Berechnung des Gewinnes auf Grundlage der für steuerliche Zwecke erstellten Erfolgsrechnungen vorzunehmen, wenn die Ergebnisse dieser Berechnung mit den Erfahrungstatsachen in krassem Widerspruch stehen. Daß eine Apotheke mit einem S 2,000.000,-- übersteigenden Jahresumsatz (im gegenständlichen Fall hätte der um 30 % gekürzte Umsatz der Apotheke des Beschwerdeführers sogar im Jahre 1965 schon über S 2,200.000,-- betragen) nicht existenzfähig sein sollte, ist in Anbetracht des Umstandes, daß auch Apotheken mit einem Jahresumsatz von weniger als S 1,000.000,-- bestehen, kaum vorstellbar. Wie unrealistisch das Ergebnis einer bloß auf der steuerlichen Erfolgsrechnung basierenden fiktiven Rentabilitätsberechnung sein kann, zeigt sich ja mit aller Deutlichkeit an der Berechnung, die der Beschwerdeführer in der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufstellt. Er kommt bei einem angenommenen Umsatz von S 2,273.000,-- zu einem Reingewinn von S 7.000,--, was nicht einmal ein drittel Prozent ausmacht, während der durchschnittliche Gewinn der Apotheken sich erfahrungsgemäß in weit höheren Größenordnungen bewegt. Bemerkenswert ist im vorliegenden Fall auch die Entwicklung des Geschäftsganges der Apotheke des Beschwerdeführers. Wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt, betrug ihr Umsatz
im Jahre 1960 abgerundet S 2,276.000,--
im Jahre 1961 abgerundet S 2,423.000,--
im Jahre 1962 abgerundet S 2,724.000,--
im Jahre 1963 abgerundet S 2,841.000,--
im Jahre 1964 abgerundet S 2,920.000,--
im Jahre 1965 abgerundet S 3,247.000,--.
Der in den steuerlichen Erfolgsrechnungen ausgewiesene Gewinn betrug noch im Jahre 1962 ca. 12 % des Umsatzes, sank aber im Jahre 1963 auf 6 % des Umsatzes und in den folgenden Jahren auf 5,9 % und 5,7 % herunter. Daß bei einer Apotheke, deren Umsatz durch eine Reihe von Jahren ständig und stetig wächst, der Gewinn eine gegenteilige Entwicklung zeigt und nicht nur relativ, sondern auch absolut beträchtlich abnimmt, wobei der einschneidende Wendepunkt gerade in dem Jahr eintritt, das auf das Ansuchen der mitbeteiligten Partei um Bewilligung einer neuen Apotheke in K folgt, ist unter der Annahme einer gleichbleibenden sparsamen und rationellen Wirtschaftsführung kaum erklärlich. Nun ist es sicherlich das Recht jedes Kaufmannes und somit auch des Apothekers, den steuerlichen Gewinn eines Unternehmens im Rahmen der gesetzlich zulässigen Möglichkeiten niedrig zu halten. Es steht ihm beispielsweise frei, über den Rahmen des durch die Apothekenbetriebsordnung geforderten Mindestmaßes hinaus Investitionen zu tätigen, bei Neuanschaffungen und Reparaturen mehr oder weniger großzügig vorzugehen. Personal in knapp oder reichlich bemessenem Umfang einzustellen, den persönlichen Arbeitseinsatz zu forcieren oder sich auf eine formelle Zeitung zu beschränken, fremdes Kapital in größerem oder geringerem Ausmaß zur Finanzierung des Betriebes heranzuziehen, von der Möglichkeit vorzeitiger Abschreibung Gebrauch zu machen oder auf die Ausnützung der Bewertungsmöglichkeiten zu verzichten, Werbung zu betreiben oder nicht u.dgl. mehr. All dies beeinflußt die Ausgabenseite der Erfolgsrechnung und damit den ausgewiesenen Reingewinn. Die geschilderte Dispositionsfreiheit bringt es aber auch mit sich, daß die steuerliche Erfolgsrechnung keinen unbedingt zuverlässigen Gradmesser für die Ertragslage und die Existenzfähigkeit des Apothekenunternehmens bildet.
Es ist daher im Sinne des eingangs angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes notwendig, daß die Behörde, wenn die Prüfung der Existenzfähigkeit anhand der steuerlichen Erfolgsrechnungen zu einem den Erfahrungstatsachen widerstreitenden Ergebnis führt, die wirtschaftliche Gebarung nicht nur formell, sondern auch materiell untersucht und beurteilt, ob der in den Jahresabschlüssen ausgewiesene unzureichende Gewinn das Ergebnis einer objektiv rationellen Betriebsführung ist, sofern die Behörde nicht überhaupt in der Lage ist, die Frage der Existenzfähigkeit bzw. der Existenzgefährdung einer Apotheke, die nicht durch besondere atypische Verhältnisse gekennzeichnet ist, auf andere Weise, etwa ausgehend von den Umsatzziffern durch Bedachtnahme auf vergleichbare Unternehmen und auf statistisch belegte Durchschnittssätze zu beurteilen und schlüssig zu begründen.
Aus den oben angeführten Erwägungen mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden. Von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 abgesehen werden.
Das Kostenbegehren des Beschwerdeführers war, soweit es den Schriftsatzaufwand betrifft, gemäß § 59 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 VwGG 1965 zurückzuweisen. Nach der vom Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochenen Rechtsansicht ist auch bei Beschwerden, die vom Verfassungsgerichtshof an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten werden, ein Antrag auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes, der erst in einer allfälligen Verbesserung der Beschwerde außerhalb der Beschwerdefrist gestellt wird, verspätet (vgl. die Erkenntnisse vom 25. November 1966, Zl. 611/66, und vom 18. Jänner 1967, Zl. 466/66). Der Zuspruch der Barauslagen (Bundesstempelmarken) gründet sich auf §§ 47, 48 und 49 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I lit. A der Verordnung BGBl. Nr. 4/1965.
Wien, am 5. November 1968
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1968:1968000477.X00Im RIS seit
04.11.2021Zuletzt aktualisiert am
04.11.2021