TE Vwgh Beschluss 2021/9/29 Ra 2021/01/0303

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Veröffentlicht am 29.09.2021
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Staatsbürgerschaft

Norm

StbG 1985 §28 Abs2
VwGG §30 Abs2
VwGG §42 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Wiener Landesregierung der gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 19. Mai 2021, Zl. VGW-152/090/10782/2020-23, betreffend Staatsbürgerschaft (mitbeteiligte Partei: L, vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien wurde dem Mitbeteiligten gemäß § 28 Abs. 2 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) für den Fall des Erwerbs der Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation die Beibehaltung der Staatsbürgerschaft unter der Bedingung, dass die Staatsangehörigkeit der Russischen Föderation binnen zwei Jahren erworben wird, bewilligt.

2        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, mit der ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist.

3        Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers der Revision die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

4        Auch gemäß § 30 Abs. 2 VwGG idF des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetzes 2013, BGBl. I Nr. 33, ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Amtsrevision zulässig. Als „unverhältnismäßiger Nachteil“ für den Revisionswerber ist hier eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Erkenntnisses in die Wirklichkeit zu verstehen. Insoweit treten diese öffentlichen Interessen im Falle einer Amtsrevision bei der vorzunehmenden Interessenabwägung an die Stelle jener Interessenlage, die sonst bei einem „privaten“ Revisionswerber als Interesse am Aufschub des sofortigen Vollzugs des angefochtenen Erkenntnisses in die Abwägung einfließt. Der Revisionswerber hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre, wobei die diesbezüglichen Anforderungen an die Konkretisierungspflicht streng sind (vgl. etwa VwGH 4.5.2017, Ra 2017/01/0122, Rn. 3, mwN).

5        Die Amtsrevision begründet das Vorliegen einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen damit, dass der Mitbeteiligte während des anhängigen Verfahrens die fremde Staatsangehörigkeit annehmen könnte. Im Fall der Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses durch den Verwaltungsgerichtshof würde der Beibehaltungsbescheid wegfallen. Würde der Mitbeteiligte in der Zwischenzeit die fremde Staatsangehörigkeit annehmen, wäre fraglich, ob ein Fall des § 27 StbG vorliege, weil zum Zeitpunkt der Annahme ein Beibehaltungsbescheid bestanden habe. Da diese Rechtsfrage nicht geklärt sei, sei eine aufschiebende Wirkung notwendig, „weil ansonsten die Revision ad absurdum geführt wird, weil das Ziel - die doppelte Staatsbürgerschaft - bereits erreicht“ worden wäre.

6        Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG wirkt die Aufhebung eines Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts durch den Verwaltungsgerichtshof „ex tunc“. Das bedeutet, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. etwa VwGH 8.3.2021, Ra 2019/14/0587, Rn. 27; 24.4.2013, 2011/01/0254, jeweils mwN).

7        Ausgehend davon zeigt die Amtsrevision keinen unverhältnismäßigen Nachteil konkret auf.

8        Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 29. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021010303.L00

Im RIS seit

04.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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