TE Bvwg Beschluss 2021/7/28 G307 2236623-7

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Veröffentlicht am 28.07.2021
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Entscheidungsdatum

28.07.2021

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
VwGVG §29

Spruch


G307 2236623-7/10Z

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über den Antrag des XXXX , geb. XXXX , StA.: Afghanistan alias Pakistan auf Erstellung einer schriftlichen Ausfertigung des am 08.07.2021 mündlich verkündeten Erkenntnisses in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft beschlossen:

A)

Der Antrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

Begründung:

1. Im Zuge der 7. amtswegigen Prüfung der Anhaltung des bis dato unvertretenen Antragstellers (im Folgenden: AS) in Schubhaft wurde am 08.07.2021 vor dem BVwG, Außenstelle Graz, eine mündliche Verhandlung durchgeführt.

2. Am Ende dieser mündlichen Verhandlung verzichteten nach Verkündung der – für den AS negativen – Entscheidung sowohl dieser als auch der Vertreter des Bundesamtes nach Rechtsmittelbelehrung (in Bezug auf den AS auch in dessen Muttersprache Dari) auf die Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof als auch einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

3. Da der AS seine Meinung weder innerhalb von 3 Tagen rückgängig machte noch die Erstellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragte, wurde diesem die mit 14.07.2021 datierte gekürzte Ausfertigung am 15.07.2021 um 08:19 Uhr persönlich zugesellt. Darin wurde unter anderem festgehalten, dass sowohl der AS als auch das Bundesamt auf die Erhebung eines Rechtsmittels an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich verzichtet und eine Erstellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses bis dato nicht begehrt hätten.

4. Am 15.07.2021, somit am selben Tag, um 23:41 Uhr begehrte der AS die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus den unter Punkt I. getroffenen Ausführungen.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und von den Parteien nicht beanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Der mit „Verkündung und Ausfertigung der Erkenntnisse“ betitelte § 29 VwGVG lautet:

§29 (1) Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen. Sie sind zu begründen.

(2) Hat eine Verhandlung in Anwesenheit von Parteien stattgefunden, so hat in der Regel das Verwaltungsgericht das Erkenntnis mit den wesentlichen



Entscheidungsgründen sogleich zu verkünden.

(2a) Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer mündlichen Verkündung der Niederschrift den zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen auszufolgen oder zuzustellen. Der Niederschrift ist eine Belehrung anzuschließen:

1.       über das Recht, binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift eine Ausfertigung gemäß Abs. 4 zu verlangen;

2.       darüber, dass ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof darstellt.

(2b) Ist das Erkenntnis bereits einer Partei verkündet worden, kann ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 bereits am dem Zeitpunkt gestellt werden, in dem der Antragsteller von dem Erkenntnis Kenntnis erlangt hat. Ein Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 ist den übrigen Antragsberechtigten zuzustellen.

(3) Die Verkündung des Erkenntnisses entfällt, wenn

1.       eine Verhandlung nicht durchgeführt (fortgesetzt) worden ist oder

2.       das Erkenntnis nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung gefasst werden kann und jedermann die Einsichtnahme in das Erkenntnis gewährleistet ist.

(4) Den Parteien ist eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses zuzustellen. Eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses ist in den in Art 132 Abs. 1 Z 2 B-VG genannten Rechtssachen auch dem zuständigen Bundesminister zuzustellen.

(5) Wird auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof von den Parteien verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt, so kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie den Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Dazu hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 27.08.2020, Zahl Ra 2020/21/0269 unter anderem erwogen, dass die Revision – im Hinblick auf den aktenkundigen, iSd § 29 Abs. 4 iVm Abs. 5 VwGVG 2014 fristgerecht gestellten Antrag – nicht gemäß § 25a Abs. 4a VwGG (absolut) unzulässig sei. Sie sei aber – entgegen dem gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG nicht bindenden Ausspruch des VwG – auch unter dem Gesichtspunkt des Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil das VwG nicht rechtskonform vorgegangen sei; die Revision sei daher auch berechtigt.

§ 29 Abs. 5 VwGVG eröffne – außer bei einem Verzicht der Parteien auf eine Revision beim VwGH und auf ein eine Beschwerde beim VfGH – nur für den Fall, dass nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift über die Verhandlung eine (vollständige) Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses von mindestens einem hiezu Berechtigten beantragt werde, die Möglichkeit, das Erkenntnis in gekürzter Form auszufertigen.

Wie bereits oben erwähnt, verzichteten sowohl der Antragsteller als auch die Behördenvertretung – nach Rechtsbelehrung – in der mündlichen Verhandlung auf die Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof sowie einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Die am 14.07.2021 erstellte gekürzte Erkenntnisausfertigung wurde dem AS am 15.07.2021 um 08:19 Uhr persönlich zugestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren die drei Tage, innerhalb der BF seinen Rechtsmittelverzicht hätte revidieren können, bereits verstrichen und wurde beim BVWG auch (noch) kein Antrag auf Erstellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses eingebracht. Erst am 15.07.2021 um 23:41 Uhr begehrte der BF die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

Aus dem oben zitierten VwGH-Erkenntnis ergibt sich, dass gerade in einer derartigen Fallkonstellation (Rechtsmittelverzicht an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und fehlendes, zeitgerechtes Begehren einer schriftlichen Ausfertigung) die vom AS beantragte Vorgangsweise ausgeschlossen ist. Vor diesem Hintergrund war der Antrag zurückzuweisen.

Abschließend sei bemerkt, dass der von einer Partei gestellte Antrag auf Erstellung einer schriftlichen Ausfertigung zur Verfassung derselben allein – ohne Hinzutreten von Gründen – wohl vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen sein kann, zumal eine solche (ausschließlich) darauf abzielt, eine Beschwerde beim Verfassungs- oder Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Dies ergibt sich auch dem Zusammenhang von § 29 Abs. 2a mit Abs. 5 VwGVG.

3.2 Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Im gegenständlichen Verfahren konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil das Bundesverwaltungsgericht die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Z 1 Halbsatz VwGVG als gegeben erachtet, zumal bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der besagte Antrag zurückzuweisen war.

Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH jeweils vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021 und Ra 2016/21/0144, insbesondere zur geltenden Rechtslage des § 76 FPG (im Zusammenhalt mit unionsrechtlichen Bestimmungen) und der Zulässigkeit eines Kostenzuspruchs und eines „Kostenrisikos“ nach § 35 VwGVG. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen ist, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Antrag auf schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses mangelnder Anknüpfungspunkt Voraussetzungen VwGH

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G307.2236623.7.00

Im RIS seit

03.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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