TE Bvwg Beschluss 2021/9/15 W116 2236796-2

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Veröffentlicht am 15.09.2021
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Entscheidungsdatum

15.09.2021

Norm

BDG 1979 §117 Abs2
BDG 1979 §243 Abs1
B-VG Art130 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1

Spruch


W116 2236796-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario Dragoni über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch LTAR RECHTSANWÄLTE, gegen die als „Kostenbeschluss“, Zl. 01 097/7-DK/20, (zugestellt am 09.10.2020) bezeichnete Erledigung der „Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat I“, datiert mit 28.09.2020, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.09.2021 beschlossen:

A)       

Die sich gegen einen Nichtbescheid richtende Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und VwGVG, Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG als unzulässig zurückgewiesen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Zulässigkeit der rechtzeitigen Beschwerde erwogen:

1.       Feststellungen:
Mit schriftlichem Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim BMF, Senat I, vom 28.09.2020, GZ 01 097/6-DK/20 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, mit konkret dargestellten Handlungen schuldhaft gegen seine Dienstpflichten gemäß § 44 BDG 1979 verstoßen zu haben. Über ihn wurde die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von 800 Euro verhängt und festgestellt, dass er gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 die Kosten des Disziplinarverfahrens (Reiseaufwand der Senatsmitglieder zur mündlichen Verhandlung am 25.09.2020) zu ersetzten habe. Diese Kosten würden in einem gesonderten Bescheid festgesetzt werden. Das Disziplinarerkenntnis wurde dem rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers nachweislich am 30.09.2020 zugestellt.
Mit beschwerdegegenständlichem Kostenbeschluss der Disziplinarkommission beim BMF, Senat I, vom 28.09.2020, Zl. 01 097/7-DK/20, wurden die Kosten des Disziplinarverfahrens gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 mit 160,30 Euro festgesetzt. Der Beschluss wurde dem rechtlichen Vertreter zugestellt. Ein Zustellnachweis lag im Akt nicht auf. Dem Disziplinaranwalt beim BMF wurde der Beschluss nachweislich am 12.10.2020 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 05.11.2020 brachte der Beschwerdeführer über seinen rechtlichen Vertreter binnen offener Frist eine Beschwerde gegen den oben genannten Kostenbeschluss ein. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschluss dem rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 09.10.2020 zugestellt worden sei

Mit Schreiben vom 02.12.2020 legte die Bundesdisziplinarbehörde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

Am 09.09.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht in der Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durch. Auf Vorhalt, dass betreffend den Kostenbeschluss kein Nachweis über die Zustellung an den Beschwerdeführer im Akt aufliege, legte die Disziplinaranwältin den Zustellnachweis vor. Daraus ergibt sich eine nachweisliche Zustellung an den rechtlichen Vertreter des Beschwerdeführers am 09.10.2020. Eine Kopie des vorgelegten Zustellnachweises wurde zum Akt genommen.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der eindeutigen und unbestrittenen Aktenlage. Hinsichtlich des Zustellungszeitpunkts des Kostenbeschlusses an den Beschwerdeführer ergeben sich die Feststellungen aus dessen Angaben in der Beschwerde und dem schließlich im Zuge der mündlichen Verhandlung vorgelegten Zustellnachweis.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausdrücklich ausgesprochen, dass Änderungen von Zuständigkeitsvorschriften – soweit es anderslautender Anordnungen im Übergangsrecht ermangelt – stets, also auch während der Anhängigkeit eines Verfahrens, zu berücksichtigen, sind (VwGH 27.09.1995, 95/21/0590; VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0014).

Ein Bescheid ist dann erlassen, wenn er verkündet oder formgerecht zugestellt wurde; im Mehrparteienverfahren ist ein Bescheid als erlassen anzusehen, wenn er einer Partei zugestellt wurde (VwGH 26.04.1993, 91/10/0252; VwGH 09.06.2017, Ra 2017/02/00601). Selbiges gilt für die schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses; dass diesem eine eigene Bedeutung zukommt, erschließt sich schon aus § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG, der die Beschwerdefrist grundsätzlich an die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung bzw. der schriftlichen Erledigung knüpft und nur bei einem Bescheid, der dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, an den Tag der Verkündung.

Die gegenständliche, als Kostenbeschluss bezeichnete Erledigung der „Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen, Senat I“, wurde laut der Aktenlage und den Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichtes dem Vertreter des Beschwerdeführers am 09.10.2020 und dem Disziplinaranwalt am 12.10.2020 zugestellt.

Gemäß § 243 Abs. 1 BDG sind die bei den Disziplinarkommissionen bis 30.09.2020 anhängig gemachten Disziplinarverfahren nach den bisherigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2019 fortzuführen. Ab 1. Oktober 2020 geht die Zuständigkeit zur Durchführung von Disziplinarverfahren auf die Bundesdisziplinarbehörde in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, oder – hinsichtlich der Beamtinnen und Beamten der Parlamentsdirektion, des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft – auf die Disziplinarkommission gemäß Art. 30b B-VG in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, über. § 125 BDG – der nur regelt, wann eine vertagte oder unterbrochene mündliche Verhandlung zu wiederholen ist – ist anzuwenden. Weiteres Übergangsrecht findet sich nicht. Die Erläuternden Bemerkungen (ErläutRV 625 BlgNR 26. GP 5, zu Art. 1 Z 42) präzisieren, dass hinsichtlich bereits bei den Disziplinarkommissionen anhängiger Verfahren jene diese während einer Übergangszeit, währenddessen die Bundesdisziplinarbehörde errichtet wird, fortsetzen, bis die Bundesdisziplinarbehörde die Verfahren übernimmt und weiterführt. Dass die Disziplinarkommissionen in bereits anhängigen Disziplinarverfahren über den 30.09.2020 hinaus für die Erlassung von Bescheiden zuständig wären, geht jedoch nicht hervor.

Dies hat jedoch zur Folge, dass ab 01.10.2020 nicht nur bloß die Zuständigkeit von den Disziplinarkommissionen auf die Bundesdisziplinarbehörde übergegangen ist – und die Disziplinarkommissionen unzuständig wurden – sondern vielmehr, dass die Disziplinarkommissionen als Verwaltungsbehörden aufhörten zu existieren, da die Bundesdisziplinarbehörde an ihre Stelle trat. Demnach können jedoch ab dem 01.10.2020 die vor diesem Zeitpunkt noch existierende Disziplinarkommissionen nicht mehr als taugliche Urheberinnen von Bescheiden und auch schriftlichen Ausfertigungen auftreten.

Das bedeutet im Wesentlichen, dass einerseits ab dem 01.10.2020 – somit auch zum Zeitpunkt der Erlassung der verfahrensgegenständlichen Erledigungen – die Zuständigkeit bei der Bundesdisziplinarbehörde gelegen ist und andererseits mit Ablauf des 30.09.2020 die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen nicht mehr bestanden hat.

Daher wurde die verfahrensgegenständliche Erledigung zum Zeitpunkt ihrer Zustellung von einer nicht mehr existierenden Behörde „erlassen“ und liegt daher hinsichtlich des Kostenbeschlusses kein Bescheid vor. Daher richtet sich die gegenständliche Beschwerde gegen einen Nichtbescheid und ist eine solche unzulässig und deshalb zurückzuweisen.

Das bedeutet, dass die Bundesdisziplinarbehörde im eigenen Namen und auf eigene Verantwortung als Rechtsnachfolgerin der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen entscheiden muss, ob ein Kostenbescheid zu erlassen ist oder nicht, ohne dabei an die Willensbildung der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen gebunden zu sein, und dann - gegebenenfalls - einen solchen zu erlassen hätte.

Zu B)   Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung zitiert, es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Schlagworte

Bescheiderlassung Disziplinarkommission Kostenbestimmungsbeschluss Nichtbescheid Zurückweisung Zuständigkeitsübergang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W116.2236796.2.00

Im RIS seit

03.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

03.11.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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