TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/17 95/14/0074

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Veröffentlicht am 17.12.1996
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §21 Abs1;
BAO §22 Abs1;
BAO §23 Abs1;
KStG 1988 §8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der F.W. GmbH in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I) vom 22. März 1995, Zl. 4/19/1-BK/Schb-1993, betreffend Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für 1990 und 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

F.W., der Geschäftsführer der beschwerdeführenden GmbH, hat eine Universitätsausbildung in der Studienrichtung Informatik und war seit 1983 als EDV-Fachmann tätig. Laut Gewerbeschein vom 5. Dezember 1983 war er zur Durchführung von Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik gemäß § 103 Abs. 1 lit. a Z. 2 Gewerbeordnung 1973 berechtigt. Die Einkünfte aus der Tätigkeit im Rahmen seines Einzelunternehmens erklärte er für 1988 als Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Das Finanzamt folgte ihm in dieser Beurteilung nicht und stufte die Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb ein. Für 1989 erklärte der Beschwerdeführer für einen Teil seiner Tätigkeit (23 %) Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Unternehmensberater, die übrigen Einkünfte erklärte er als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Das Finanzamt nahm hinsichtlich seiner gesamten Tätigkeit Einkünfte aus Gewerbebetrieb an.

Im November 1989 wurde die Beschwerdeführerin gegründet. F.W. übernahm 25 % der Stammanteile, seine Ehefrau 75 %. Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 4. November 1989 ist Gegenstand des Unternehmens die Ausübung des Gewerbes a) der Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik gemäß § 103 Abs. 1 lit. a Z. 2 Gewerbeordnung, b) des Betriebes eines technischen Büros, c) des Betriebsberaters einschließlich der Betriebsorganisation und d) des Handels mit Waren aller Art. Mit Schreiben vom 11. Dezember 1989 verständigte die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen das Finanzamt von der Endigung der Gewerbeberechtigung des F.W. mit dem Hinweis, daß der Gewerbebetrieb von der Beschwerdeführerin weitergeführt werde. Mit Schreiben der genannten Bezirkshauptmannschaft vom 1. Februar 1990 wurde das Finanzamt von der Begründung einer Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin verständigt.

Ab November 1989 wurden die erbrachten Leistungen teils von F.W. und teils von der Beschwerdeführerin verrechnet. Die von F.W. verrechneten Leistungen wurden in seinen Abgabenerklärungen für 1990 und 1991 als Leistungen eines Unternehmensberaters qualifiziert.

Im Jahr 1992 führte das Finanzamt eine abgabenbehördliche Prüfung bei der Beschwerdeführerin durch, die sich über die Veranlagungszeiträume 1989 und 1990 erstreckte. In seinem Bericht vom 20. Oktober 1992 führte der Prüfer unter Tz 29 im wesentlichen aus, F.W. habe die Gewerbeberechtigung per 11. Dezember 1989 zugunsten der Beschwerdeführerin zurückgelegt. Für F.W. liege nach der Aktenlage keine Gewerbeberechtigung vor. Das geprüfte Unternehmen führe Dienstleistungen im Rahmen der automatisierten Datenverarbeitung für einige größere Wirtschaftsunternehmen durch, von denen seit Jahren laufend Aufträge erteilt würden. Überwiegend werde die Erstellung bzw. Erweiterung von Individualsoftware im Rahmen des kaufmännischen Rechnungswesens durchgeführt. Die Aufträge würden laut Beschwerdeführerin jeweils mündlich erteilt. In den Ausgangsrechnungen des F.W. seien die Leistungen als "Organisationsunterstützung" bzw. "Organisationsarbeiten" bezeichnet worden. Diese Leistungen beträfen verschiedene EDV-Projekte, für die in fast allen Fällen auch EDV-Programme - ab 1990 von der Beschwerdeführerin - erstellt und verrechnet worden seien. Die im Rahmen des Einzelunternehmens und der GmbH erbrachten Leistungen stellten nach Ansicht des Prüfers die typische Tätigkeit eines "Softwaretechnikers" dar, der nach der vorliegenden Literatur allein oder in einem kleinen Team ein Problem in allen Phasen des Software-Lebenszyklus behandle. Die von F.W. abgerechneten Leistungen stellten eine unabdingbare Voraussetzung für die eigentliche Programmierarbeit, welche jedoch nur einen geringen Teil einer Programmerstellung umfasse, dar. Die Softwareerstellung erfordere mehrere Schritte, wie z.B. aufgrund der Problemschilderung des Auftraggebers die Erstellung einer Anforderungsdefinition (Pflichtenheft, Problemanalyse), Entwurf des Softwaresystems, Programmierphase, Gesamttest. Im Bereich der Problemanalyse könnten zwar Elemente der Beratung enthalten sein, die jedoch, insbesondere wenn sie im Zusammenhang mit dem eigentlichen Ziel, nämlich der Softwareerstellung, erfolgten, nicht als für einen Unternehmensberater typische Tätigkeit anzusehen seien. Es lasse sich nicht feststellen, in welchem Umfang eigentliche bzw. gesondert zu betrachtende Beratungsleistungen vorgenommen worden seien, denn die unter dem Titel "Organisationsarbeiten für EDV-Projekte" abgerechneten Leistungen hätten in allen Fällen wesentliche und für die Programmierung unbedingt erforderliche Grundlagen enthalten. Es handle sich auch bei den von F.W. verrechneten Beträgen um Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nach Ansicht des Prüfers sei allerdings aus folgenden Gründen die gesamte Tätigkeit als im Rahmen der GmbH erfolgt anzusehen:

Eine strenge Trennung der Tätigkeiten (Organisationsarbeiten zur Softwareerstellung im Rahmen des Einzelunternehmens einerseits und eigentliche Programmierarbeit im Rahmen der GmbH andererseits) sei insbesondere bei den Betriebsausgaben nicht gegeben bzw. praktisch kaum durchführbar. F.W. stehe zwar im Wohnhaus noch ein Büroraum zur Verfügung, doch könne bei der praktischen Abwicklung der Tätigkeiten davon ausgegangen werden, daß in den von der Beschwerdeführerin gemieteten Räumen zu einem nicht unerheblichen Teil Tätigkeiten im Rahmen der von F.W. verrechneten "Organisationsarbeiten" durchgeführt worden seien. In diesem Büro befinde sich auch ein wesentlicher Teil der Unterlagen betreffend "Organisationsarbeiten". Weiters würden von dort aus Telefonate für beide Tätigkeitsphasen geführt. Nach außen hin scheine nur die Beschwerdeführerin auf; die Gewerbeberechtigung für das Einzelunternehmen sei zurückgelegt worden. Eine strenge Trennung der Reise- und Fahrtspesen zu den Auftraggebern erscheine gleichfalls nicht gegeben. Dem Prüfer seien keine Unterlagen über Aufträge, die ausdrücklich F.W. bzw. der GmbH erteilt worden seien, vorgelegt worden. Die Tätigkeit des F.W. als Geschäftsführer der GmbH (Bruttogehalt S 38.000,-- monatlich zuzüglich Erfolgsbeteiligung) und die als Einzelunternehmer in praktisch derselben Berufssparte und zum Großteil für dieselben Auftraggeber erscheine als nicht konkret abgrenzbar. Gegenverrechnungen von Aufwendungen seien nicht vorgenommen worden. Leistungen, wie sie von F.W. abgerechnet worden seien ("Organisatonsarbeiten", "Organisationsgespräche"), seien in verschiedenen Fällen auch im Rahmen der GmbH erbracht und abgerechnet worden. F.W. habe bei den von der GmbH verrechneten Leistungen zum Teil nicht nur die reine Programmierphase durchgeführt, sondern habe auch vollständige Programmerstellungen oder -erweiterungen durchgeführt. Eine klare Regelung der grundsätzlichen Aufgabenverteilung fehle. Als Gründe für die Aufteilung der Tätigkeit sei die Haftungsbeschränkung für den Fall von Fehlprogrammierungen und nach Ansicht des steuerlichen Vertreters die als Betriebsberatung einzustufende steuerlich begünstigte selbständige Tätigkeit als Einzelunternehmer angeführt worden. Das Argument der Haftungsbeschränkung erscheine nicht stichhaltig, weil Haftungsansprüche auch auf fehlerhafte Programmvorgaben zurückgeführt werden könnten. Das Gesamtbild weise auf eine so enge Verflechtung der Tätigkeiten hin, daß sie nicht exakt trennbar seien und die vorgenommene Aufteilung der Leistungen in dieser Form einem Fremdvergleich nicht standhalte. Abgesehen von den getrennten Honorarabrechnungen liege wirtschaftlich betrachtet nach außen hin ein einheitlicher Betrieb vor.

Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers betreffend die Zurechnung der von F.W. verrechneten Beträge und erließ - nach Wiederaufnahme der Verfahren - entsprechende Bescheide betreffend Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer für 1990.

Unter anderem gegen diese Bescheide vom 3. Dezember 1992 erhob die Beschwerdeführerin die Berufung vom 7. Jänner 1993, in der sie sich gegen die Zurechnung des Betriebsergebnisses des Einzelunternehmens und die daraus resultierende verdeckte Gewinnausschüttung wendete. In der Berufung wurde im wesentlichen ausgeführt, die von F.W. in Rechnung gestellten Beträge beträfen andere Leistungen als die von der Beschwerdeführerin erbrachten. Die Auftragserteilung für Organisationsberatung und Programmierung sei gesondert erfolgt. Der Bericht über die Abwicklung der Organisationsaufträge bilde die Grundlage für die Ausschreibung der programmtechnischen Abwicklung. Bei der Betriebsprüfung sei angeboten worden, schriftliche Bestätigungen der Auftraggeber über den Modus der Auftragserteilung beizubringen. Da der Prüfer dieses Angebot nicht in Anspruch genommen habe, würden nunmehr Bestätigungen der Auftraggeber vorgelegt. Aus der Auftragserteilung ergebe sich entgegen der Auffassung des Prüfers die strenge Trennung in Unternehmensberatung und Programmierarbeit. Diese Trennung sei weiters durch die räumliche Trennung der Büroräumlichkeiten im Wohnhaus des F.W., die vom Einzelunternehmen benützt würden, und der von der Beschwerdeführerin angemieteten Räume gegeben. Für beide Unternehmen würden getrennte Rechnungswesen geführt, wobei festzustellen sei, daß das Belegwesen des Einzelunternehmens jenes der Beschwerdeführerin bei weitem nicht erreiche. Daß ein wesentlicher Teil der Unterlagen betreffend Unternehmensberatung und Organisation sich in den Räumen der Beschwerdeführerin befinde, habe seinen Grund darin, daß diese Unterlagen für die Programmierung notwendig seien. Das Einzelunternehmen scheine im Telefonbuch auf. Da die Beschwerdeführerin im Besitz eines Kraftfahrzeuges sei, werde ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt. Dieses sei die Grundlage für die Verrechnung zwischen den beiden Unternehmen. Die klare Trennung der Aufgabenverteilung zwischen F.W. und der Beschwerdeführerin ergebe sich aus den Unternehmenszielen.

Dieser Berufung waren zwei Bestätigungen einer näher bezeichneten GmbH vom 30. Dezember 1992 angeschlossen, nach deren Inhalt F.W. seinerzeit mündlich mit der Optimierung der Auftragsabwicklung und die Beschwerdeführerin mit der Realisierung des EDV-Projektes beauftragt worden sei, wobei die Kostenvoranschlagserstellung in einem persönlichen Gespräch erfolgt sei.

Zu dieser Berufung nahm der Prüfer mit Schreiben vom 13. Jänner 1993 Stellung. Er verwies zunächst auf seinen Bericht vom 20. Oktober 1992 und führte aus, Beratungsleistungen des F.W., die nicht mit der Softwareerstellung im Zusammenhang gestanden seien, hätten nicht festgestellt werden können. Von der Beschwerdeführerin seien auch Tätigkeiten, wie sie im Rahmen des Einzelunternehmens verrechnet worden seien, durchgeführt und verrechnet worden. Für eine gesonderte Auftragserteilung seien keine Unterlagen beigebracht worden. Auch nach den mit der Berufung vorgelegten Bestätigungen sei die Auftragserteilung mündlich erfolgt. Bei der von der Beschwerdeführerin genannten Telefonnummer des Einzelunternehmens finde sich kein Hinweis auf ein Unternehmen. Fahrten im Zusammenhang mit den Kundenaufträgen seien im Hinblick auf die enge Verknüpfung und Überschneidung der Tätigkeitsbereiche nicht trennbar. Die bei den Kundenbesuchen vorgenommenen einzelnen Tätigkeiten seien im Detail nicht ersichtlich.

In den Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheiden für das Jahr 1991 vom 4. November 1993 wich das Finanzamt von den Erklärungen unter Hinweis auf den Prüfungsbericht vom 20. Dezember 1992 ab.

Gegen diese Bescheide erhob die Beschwerdeführerin Berufung, in der sie im wesentlichen auf ihre Ausführungen in ihrer Berufung vom 7. Jänner 1993 gegen die Bescheide betreffend das Jahr 1990 Bezug nahm.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufungen gegen die Umsatzsteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerbescheide für 1990 und 1991 als unbegründet ab.

In der Begründung ihres Bescheides führte sie nach Wiedergabe des Verfahrensverlaufes und Hinweisen auf den Inhalt des § 7 Abs. 1 und 3 und des § 8 KStG 1988 sowie auf verschiedene Literaturstellen, in denen das Wesen einer verdeckten Gewinnausschüttung beschrieben wird, aus, eine Trennung der Tätigkeiten der Beschwerdeführerin von denen des F.W. sei nach außen hin nicht konsequent durchgeführt worden. Auch von der Beschwerdeführerin seien Organisationsleistungen abgerechnet worden. Der diesbezüglichen Stellungnahme des Prüfers habe die Beschwerdeführerin nichts entgegengesetzt. Außerdem umfasse der Unternehmensgegenstand der Beschwerdeführerin auch die von F.W. verrechneten Leistungen. Gegenstand des Unternehmens der Beschwerdeführerin sei laut Punkt 2 lit. a des Gesellschaftsvertrages die Ausübung des Gewerbes der Dienstleistungen in der automatisierten Datenverarbeitung und Informationstechnik und laut lit. c das Gewerbe des Betriebsberaters einschließlich der Betriebsorganisation. Es fehle ferner eine eindeutige, klare, nach außen hin in Erscheinung tretende Funktionsteilung zwischen der Beschwerdeführerin und F.W.. Vereinbarungen zwischen der Körperschaft und den Anteilsinhabern müßten jenen Anforderungen entsprechen, wie sie für die Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen gefordert würden, d. h. sie müßten 1. nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen,

2. einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und 3. auch zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden sein. Entfalte der Gesellschafter-Geschäftsführer eine eigenbetriebliche Tätigkeit in der Branche der Körperschaft, könne ihm diese nur dann persönlich zugerechnet werden, wenn die Funktionsteilung eindeutig und zweifelsfrei festgelegt sei. Im Zweifel werde angenommen, daß die Tätigkeit für die Körperschaft besorgt werde.

Daß die Auftragserteilung hinsichtlich der "Organisations- und Beratungsarbeiten" und der eigentlichen "Programmierleistung" getrennt erfolgt seien, habe von der Beschwerdeführerin nicht glaubhaft gemacht werden können. Zum einen seien die Aufträge mündlich erteilt worden und zum anderen gehe aus der nachträglich vorgelegten "Bestätigung" über den mündlich erteilten Auftrag betreffend "Optimierung der Auftragsabwicklung" nicht hervor, daß dieser F.W. als Einzelunternehmer erteilt worden sei. Schriftliche Berichte über die von F.W. behaupteten Beratungsleistungen seien nicht erstellt worden. Ausschreibungen zur programmtechnischen Abwicklung seien lediglich in dem laut Beilage zur Berufung angeführten Fall festgestellt worden. Das Resultat der von F.W. abgerechneten Leistungen sei in den weitaus meisten Fällen eine Grundlagenerstellung für die eigentliche Programmierung gewesen. Ohne die unter der Bezeichnung "Organisationsarbeiten" abgerechneten Leistungen wäre eine Erstellung eines EDV-Programmes nicht möglich gewesen. Es handle sich daher um mit der Softwareerstellung unmittelbar zusammenhängende und dafür notwendige Arbeiten. Das Gesamtbild der Tatbestände weise auf eine so enge Verflechtung der Tätigkeiten in der gleichen Branche hin, daß sie nicht exakt trennbar seien, weswegen die vorgenommene Aufteilung der Leistungen in diesem Fall einem Fremdvergleich nicht standhalte. Die Tätigkeiten hingen sachlich und wirtschaftlich eng zusammen und ergänzten einander gegenseitig, sodaß wirtschaftlich betrachtet ein einheitlicher Betrieb vorliege. Dieses Erscheinungsbild ergebe sich, abgesehen von den getrennten Honorarabrechnungen, auch nach außen hin. Der Auftraggeber sei in der Regel an einem vollständigen EDV-Programm interessiert. In den weitaus meisten Fällen sei auch eine komplette Software erstellt worden. Eine strenge Trennung sei auch bei den Betriebsausgaben nicht gegeben bzw. praktisch kaum durchführbar. Das Einzelunternehmen verfüge über kein Firmentelefon; im Telefonbuch finde sich bei der Nummer des F.W. kein Hinweis auf ein Unternehmen. Fahrten im Zusammenhang mit Kundenaufträgen seien in den meisten Fällen nicht trennbar. Die bei den Kundenbesuchen vorgenommenen einzelnen Tätigkeiten seien im Detail nicht ersichtlich. Diese Feststellungen des Prüfers seien im Berufungsverfahren nicht entkräftet worden. Das Argument, daß die Tätigkeit des Einzelunternehmens als steuerlich begünstigte selbständige Arbeit einzustufen sei, sei ebenfalls verfehlt, weil in den weitaus meisten Fällen die Entwicklung von Individualsoftware Ziel der Aufträge und der Tätigkeit gewesen sei und es sich daher bei der von F.W. verrechneten Tätigkeit nicht um die eines Unternehmensberaters gehandelt habe. Laut Punkt 3 des von der Beschwerdeführerin zitierten Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom 6. Juli 1992, AÖF Nr. 265, seien zudem EDV-Berater nicht als Unternehmensberater anzusehen. Auch dann, wenn die von F.W. in Rechnung gestellten Beträge nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen wären, würde es sich demnach um gewerbliche Einkünfte handeln.

Mangels eindeutiger Funktionsteilung zwischen der Beschwerdeführerin und F.W. sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die von diesem entfaltete Tätigkeit der Beschwerdeführerin zuzurechnen. Durch die vorgenommene getrennte Verrechnung habe der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ihr zustehende Erlöse vorenthalten. Diese Vorgangsweise finde in der beherrschenden Stellung des Geschäftsführers ihren Grund.

Aufgrund dieser Überlegungen gehörten auch bei der Berechnung der Umsatzsteuer die von F.W. verrechneten Leistungen zum Unternehmen der Beschwerdeführerin. Die von F.W. geltend gemachten Vorsteuern seien analog dazu bei der Beschwerdeführerin anzusetzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Beide Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben in der Folge weitere Schriftsätze im Sinne des § 36 Abs. 8 zweiter Satz VwGG erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen im Wege offener oder verdeckter Ausschüttungen verteilt oder entnommen oder in anderer Weise verwendet wird.

Das KStG verwendet zwar den Begriff der verdeckten Ausschüttungen, gibt aber keine Begriffsdefinition. Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Gewinnausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben. Diese Ursächlichkeit wird anhand eines Fremdvergleiches ermittelt, wobei Verträge zwischen Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern an jenen Kriterien gemessen werden, die für die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelt wurden. Die Vereinbarung muß demnach nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen, einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und zwischen Fremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen werden (vgl. Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts I5, 269; Bauer-Quantschnigg, KStG 1988, § 8 Tz 31, und die in den genannten Literaturstellen zitierte hg. Rechtsprechung).

Zu den zahlreichen Erscheinungsformen der verdeckten Gewinnausschüttung gehört auch jener Fall, in dem sich aus der Branchengleichheit der Tätigkeit der juristischen Person und des Gesellschafters ein vorenthaltener Ertrag ergibt, der in einer fehlenden oder mangelhaften Regelung der grundsätzlichen Aufgabenverteilung oder einer Regelung über ein konkretes Geschäft begründet ist. Die oben genannten Voraussetzungen für die Anerkennung entsprechender Vereinbarungen sind auch hier zu prüfen (vgl. Wiesner, Verdeckte Gewinnausschüttungen im Steuerrecht, SWK 1984, AI 167 ff, insbesondere 175). Entfaltet der Gesellschafter-Geschäftsführer eine eigenbetriebliche Tätigkeit IN DER BRANCHE DER KÖRPERSCHAFT, so kann sie ihm nur dann persönlich zugerechnet werden, wenn die Funktionsteilung eindeutig und zweifelsfrei festgelegt ist. Im Zweifel wird angenommen, daß die Tätigkeit für die Körperschaft besorgt wird (vgl. Bauer-Quantschnigg, aaO, § 8 KStG Tz 62 Stichwort Gesellschafter-Geschäftsführer; vgl. ferner das zur vergleichbaren Rechtslage des § 8 Abs. 3 dKStG 1977 ergangene Urteil des BFH vom 9. Februar 1983, BStBl 1983, 487, und die dort weiters zitierte deutsche Rechtsprechung).

Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall an, erweist sich die Zurechnung der von F.W. in Rechnung gestellten Beträge bei der Veranlagung der Beschwerdeführerin als nicht rechtswidrig. Eine nach außen zum Ausdruck kommende, klare und eindeutige Funktionsteilung zwischen der Beschwerdeführerin und F.W. konnte nicht festgestellt werden, sodaß sich die Zurechnung der von F.W. verrechneten Beträge bei der Beschwerdeführerin schon aus diesem Grunde als zutreffend erweist.

Gegen das Vorliegen einer solchen Funktionsteilung spricht zudem eine Reihe von Indizien, von denen keines für sich allein eine Tätigkeit des F.W. als Einzelunternehmer ausschließen würde, die jedoch insgesamt ein Bild ergeben, das die von der belangten Behörde vertretene Auffassung stützt. Zu diesen Indizien gehört u.a. die Tatsache, daß in den Streitjahren in gewerberechtlicher Hinsicht nur die Beschwerdeführerin zur Erbringung der von F.W. verrechneten Leistungen berechtigt war, nachdem dieser im Jahr 1989 seine Gewerbeberechtigung zugunsten der Beschwerdeführerin zurückgelegt und in der Folge keine eigene Gewerbeberechtigung erworben hat. Gegen die Annahme, F.W. habe sich - neben der dazu befugten Beschwerdeführerin - im eigenen Namen ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung geschäftlich betätigt, spricht auch die Überlegung, daß er sich damit der Gefahr der Anfechtung der von ihm geschlossenen Verträge wegen Irrtums des Vertragspartners über das Vorhandensein einer erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnis zur Erbringung der Leistung im Sinne des § 873 zweiter Satz ABGB ausgesetzt hätte.

Wenn auch aus einer Eintragung in das amtliche Telefonbuch kein verläßlicher Schluß auf die Ausübung einer unternehmerischen Tätigkeit gezogen werden kann, ist doch festzuhalten, daß der Umstand, daß sich im Telefonbuch bei der Nummer des F.W. keinerlei Hinweis auf eine unternehmerische Tätigkeit findet, jedenfalls nicht für die Annahme spricht, F.W. sei an der dort angegebenen Adresse als Einzelunternehmer nach außen in Erscheinung getreten. Die Beschwerdeführerin hat auch keine aus den Streitjahren stammenden, an F.W. gerichtete Auftragsschreiben oder von diesem gefertigte Auftragsbestätigungen vorgelegt, die eine vom Unternehmen der Beschwerdeführerin getrennte unternehmerische Tätigkeit des F.W. erkennen ließen. Die nach der Erbringung der Leistungen im Zuge der Verrechnung vorgenommene Aufteilung zwischen der Beschwerdeführerin und F.W. ist im Hinblick auf die diesbezügliche Gestaltungsmöglichkeit des F.W. als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin nicht aussagekräftig. Dasselbe gilt - schon im Hinblick auf ihr Datum - für die mit der Berufung vorgelegten Bestätigungen vom 30. Dezember 1992. Eine klare und eindeutige Funktionsteilung zwischen der Beschwerdeführerin und ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer als Einzelunternehmer hätte wohl zur Folge gehabt, daß dieser, wenn er - sofern ihm dies gemäß § 24 Abs. 2 GmbH-Gesetz überhaupt gestattet war - in derselben Branche wie die Gesellschaft im eigenen Namen unternehmerisch tätig werden will, dies bei Abschluß von Verträgen mit Kunden, die überdies Kunden der Gesellschaft sind, schriftlich fixiert und den jeweiligen eigenen Leistungsumfang von jenem der Gesellschaft klar abgrenzt, und zwar nicht nur, um die steuerliche Anerkennung im oben beschriebenen Sinne zu erreichen, sondern auch um im rechtsgeschäftlichen Verkehr die notwendige Klarheit über die Person des Vertragspartners zu schaffen, andernfalls sowohl er als auch die Gesellschaft damit hätten rechnen müssen, mit Erfüllungs-, Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen aus dem Leistungsbereich des jeweils anderen Teiles in Anspruch genommen zu werden.

Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführten Argumente überzeugen aus folgenden Gründen nicht:

Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie hätte weitere Bestätigungen beibringen können, ist im Sinne des oben Gesagten zu erwidern, daß Jahre nach den Geschäftsvorfällen angefertigte Schriftstücke nicht die im Falle einer konkurrierenden Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers erforderliche, im vorhinein getroffene, nach außen in Erscheinung tretende, klare und eindeutige Aufgabenverteilung zu ersetzen vermögen. Dasselbe gilt für das Beschwerdevorbringen, im Zuge der Berufungsschrift sei eine Klarstellung der Funktionsteilung erfolgt.

Aus welchen Motiven die Beschwerdeführerin davon Abstand genommen hat, sich zur Stellungnahme des Prüfers zur Berufung zu äußern, ist für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht von Bedeutung. Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt ist nicht ergänzungsbedürftig. Die Beschwerde zeigt nicht auf, welche im Sinne der oben dargestellten Rechtslage für die Entscheidung relevanten Sachverhaltselemente die Behörde hätte ermitteln sollen.

Daß die als "Organisationsarbeiten" verrechneten Leistungen von der Programmierungstätigkeit trennbar sind, ändert nichts daran, daß diese Leistungen die Grundlage für die Programmierung darstellten, daher mit dieser zusammenhängen und für sie notwendig waren. Die gegenteilige Behauptung in der Beschwerde steht mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Berufung vom 7. Jänner 1993 im Widerspruch, wonach die Aufbewahrung eines wesentliches Teiles der Unterlagen betreffend "Unternehmensberatung, Organisation" in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin "logischerweise notwendig" sei, da diese Organisationsberichte für die Erstellung der Programmvorgaben und für die Programmierung notwendig seien.

Im Hinblick auf das bereits mehrfach erwähnte Fehlen einer im vorhinein getroffenen klaren Funktionstrennung ist es für die Entscheidung ohne Bedeutung, welchen Inhalt das Fahrtenbuch hat und aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin der in der Stellungnahme zur Berufung enthaltenen Ausführung des Prüfers, daß die bei den Kundenbesuchen vorgenommenen konkreten Tätigkeiten im Detail nicht ersichtlich seien, nicht entgegengetreten ist.

Die Motive der Gesellschafter der Beschwerdeführerin für deren Gründung sind für die hier zu treffende Entscheidung nicht von Bedeutung. Es ist deshalb unerheblich, ob F.W. damit eine "Haftungsbeschränkung" für Programmierungsfehler erreichen wollte und aus welchen Gründen er eine solche hinsichtlich der von ihm behaupteten eigenen unternehmerischen Tätigkeit nicht angestrebt hat.

Im Hinblick darauf, daß sich nach dem oben Gesagten die Zurechnung der von F.W. verrechneten Beträge bei der Beschwerdeführerin als berechtigt erwiesen hat und alle Einkünfte der Beschwerdeführerin zufolge § 7 Abs. 3 KStG 1988 den Einkünften aus Gewerbebetrieb zuzurechnen sind, erübrigen sich Ausführungen zu der Frage, ob die von F.W. verrechneten Leistungen als Tätigkeit eines Unternehmensberaters anzusehen und daher Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 22 Abs. 1 lit. b Teilstrich 4 EStG 1988 anzunehmen wären.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin in den weiteren von ihr erstatteten Schriftsätzen stellt im wesentlichen eine Wiederholung des Beschwerdevorbringens dar, sodaß sich gesonderte Ausführungen dazu erübrigen.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995140074.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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