TE Vwgh Erkenntnis 1964/4/15 1745/63

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Veröffentlicht am 15.04.1964
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Index

StVO
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §84 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Chamrath, und die Hofräte Dr. Strau, Dr. Naderer, Dr. Schmelz und Dr. Rath als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Holler, über die Beschwerde des WH in K gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 2. August 1963, Zl. IIIa 2 413/3-63, betreffend Anbringung einer Reklametafel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Beschwerdeführer als Inhaber des Gasthofes H in F stellte mit Eingabe vom 11. Juli 1961 an die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel den Antrag auf Erteilung der Bewilligung, an der Außenmauer seines Gasthofgartens eine Betriebsbezeichnungstafel mit dem Wortlaut „Restaurant ‚H GASTHOF F‘ Gästezimmer“ anbringen zu dürfen, und fügte zur Begründung bei, da das Gasthofgebäude von hohen Bäumen verdeckt sei und ohne Anbringung einer solchen Tafel niemand annehmen könnte, daß es sich biebei um einen Gasthof handle. Im Zuge des von der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel eingeleiteten Ermittlungsverfahrens erstattete das Gendarmeriepostenkommando E einen Bericht, aus dem hervorgeht, daß sich der in Rede stehende Gasthof in F knapp an der Bundesstraße Nr. 1 befinde, die Längsrichtung des Hauses parallel zur Bundesstraße verlaufe und an der Vorderseite des Hauses oberhalb des Haupteinganges die äußere Bezeichnung des Gewerbes ersichtlich sei; in etwa 5 m von der Vorderseite des Gasthofes entfernt sei der zur Gastgewerbe gehörende Schankgarten, in dem mehrere größere Kastanienbäume stünden, welche die Vorderansicht des Hauses verstellten, wodurch die an der Vorderseite des Hauses angebrachte Gewerbebezeichnung nicht gut gesehen werden könne. Der Beschwerdeführer habe daher am Gartenzaun des Schankgartens eine Tafel im Ausmaß von 10 m mal 0.60 m angebracht, auf welcher auf weißem Untergrund der Wortlaut „Restaurant ‚H GASTHOF F' Gästezimmer“ ersichtlich sei. Die Großbuchstaben seien ungefähr 35 cm, die Kleinbuchstaben etwa 20 cm groß. Die Tafel sei mit ihrem nächsten Ende 9 m von der Bundesstraße entfernt, im rechten Winkel zur Straße angebracht und daher nur von Passanten aus der Richtung S zu sehen.

Das von der Erstbehörde eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen vertritt die Auffassung, daß die gegenständliche Tafel eine Reklame darstelle und - vom Standpunkt des Naturschutzes gesehen - als eine erhebliche Störung des Landschaftsbildes empfunden werden müsse. Die Ankündigung könnte aber allenfalls geduldet werden, wenn die Tafel so verkürzt würde, daß nur die Aufschrift „Gasthof F“ übrigbliebe, wodurch der Zweck, die Straßenbenützer auf den durch die Bäume verdeckten Gasthof aufmerksam zu machen, erreicht würde.

Am 25. August 1961 zog der Beschwerdeführer einen Antrag vom 11. Juli 1961 zurück.

In der Folge erteilte die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom 14. Dezember 1961 gemäß § 84 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159 (StVO), den Auftrag, die an der Gastgarteneinfriedung des Gasthofes F befindliche 10 m lange und 60 cm hohe Reklametafel mit der Aufschrift „Restaurant H Gasthof Gästezimmer“ zu entfernen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte darin im wesentlichen vor, es handle sich bei der gegenständlichen Tafel nicht um eine Reklametafel, sondern lediglich um die Bezeichnung der Betriebsstätte, die gewerberechtlich vorgeschrieben sei. Wohl sei über dem Eingang zum Gebäude die Aufschrift „Gasthof F“ angebracht, doch sei diese Bezeichnung mit Rücksicht auf den Umfang des Gewerbes den Vorschriften nicht entsprechend. Es sei seinem persönlichen Entschluß anheimgestellt, an welchen Stellen des Gebäudes oder Grundstückes er die vorgeschriebene Betriebsstättenbezeichnung vornehme. Es könne ihm auch nicht untersagt werden, seine Betriebsstätte in der Form, wie sie tatsächlich bestehe, nämlich als Restaurant mit Gästezimmer, näher zu bezeichnen. Im übrigen werde durch diese Tafel weder das Landschaftsbild gestört noch auch die Verkehrssicherheit gefährdet.

Dieser Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge. Zur Begründung wurde ausgeführt:

„Gemäß § 49 Gewerbeordnung hat die vorgesehene äußere Bezeichnung des Betriebes den Namen des Gewerbetreibenden und eine im Rahmen der Gewerbeberechtigung gehaltene Angabe des Gegenstandes des Gewerbes zu enthalten. Dieser Vorschrift wurde mit der über dem Eingang des Gasthauses angebrachten Betriebsstättenkennzeichnung voll Rechnung getragen. Die Tafel mit der Beschriftung ‚Restaurant - H Gasthof F - Gästezimmer‘, die an der Zauneinfriedungsmauer des Gartens angebracht wurde, geht jedoch weit über den Rahmen einer Betriebsstättenkennzeichnung hinaus und dient damit ausschließlich Zwecken der Werbung und Ankündigung. So hat auch der Berufungswerber in seiner Stellungnahme vom 5. 9. 1961 den Ankündigungscharakter dieser Tafel bejaht. Er sah den Zweck dieser Tafel darin, den Gast schon auf eine gewisse Entfernung vom Bestände seiner Betriebsstätte Kenntnis zu geben und natürlich auch für die Einkehr in diese zu werben. Nur unter dieser Zweckbestimmung kann auch die Größe der Reklametafel (10 m mal 60 cm) und der Aufstellungsort an der Gartenzauneinfriedungsmauer neben der Bundesstraße und nicht - wie dies sonst für Betriebsstätten üblich - am Gebäude selbst verstanden werden. Diese Umstände nehmen der Tafel aber auch den Charakter einer Betriebsstättenkennzeichnung und lassen die wahre Bestimmung dieser Tafel, nämlich die der Werbung, klar erkennen.

Gemäß § 84 StVO sind jedoch derartige Werbungen und Ankündigungen an Straßen außerhalb von Ortsgebieten innerhalb einer Entfernung von 100 Meter vom Fahrbahnrand verboten, jedoch können Ausnahmegenehmigungen unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden. Um eine diesbezügliche Ausnahmegenehmigung hat der Berufungswerber wohl ursprünglich angesucht, seinen Antrag jedoch vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides wieder zurückgezogen. Die Erstinstanz hatte daher die Entfernung der ohne behördliche Genehmigung angebrachten Reklametafel zu verfügen. Dieser Entfernungsauftrag war von der Berufungsinstanz mit Rücksicht auf die von der Bundesstraßenverwaltung festgestellte Verkehrsgefährdung zu bestätigen, da es Sinn und Zweck jeder Reklame ist, die Aufmerksamkeit des Straßenbenützers für mehr oder weniger lange Zeit auf sich zu ziehen und damit notwendigerweise vom Verkehrsgeschehen abzulenken, was auf der verkehrsreichen Bundesstraße 1 zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit führt. Ganz abgesehen davon ist auch die Gaststätte nicht so ungünstig und straßenabseitig gelegen, daß eine derart große Reklame notwendig wäre.“

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die Beschwerde ist aus nachstehenden Erwägungen begründet:

Der Beschwerdeführer hatte die Tafel mit der Beschriftung „Restaurant H Gasthof F Gästezimmer“ an der Zauneinfriedung seines Gartens angebracht. Die belangte Behörde hat diese Tafel sowohl als Ankündigung als auch als Werbung gewertet und deren Entfernung unter Heranziehung des § 84 Abs. 2 StVO angeordnet. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß diese Tafel eine äußere Bezeichnung des Gastgewerbebetriebes im Sinne des § 49 GewO sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher zunächst zu prüfen, ob diese Tafel den Bestimmungen des § 84 Abs. 2 StVO unterstellt werden kann.

Gemäß § 84 Abs. 1 StVO dürfen Werkstätten, wo Fahrzeuge repariert werden, und Tankstellen außerhalb von Ortsgebieten nur mit dem Richtzeichen „Pannenhilfe“ (§ 53 Z. 4) bzw. „Tankstelle“ (§ 53 Z. 6) angekündigt werden. Ansonsten sind nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb von 100 m vom Fahrbahnrand verboten.

Unter „Werbung“ und zwar in diesem Zusammenhange wirtschaftlicher Werbung, ist die Anpreisung von Waren, Dienstleistungen usw. zu verstehen. Solche Anpreisungen wären im Gastgewerbe z. B. „billige Speisen“, „gepflegte Küche“, „naturbelassene Weine“. Daraus ergibt sich, daß mit der wirtschaftlichen Werbung ein Güterurteil verbunden ist. Demgegenüber sind Angaben wie „Gästezimmer“, „Restaurant“, rein beschreibender Natur und stellen keine Werbung - im richtigen Sinn dieses Begriffes - für den betreffenden Gewerbebetrieb dar.

Zum Begriff der „Ankündigung“ gehört der Hinweis auf einen anderen Ort oder eine Verweisung auf die Zukunft. Einen derartigen Hinweis enthält aber die fragliche Tafel ebensowenig wie sie nach den vorstehenden Ausführungen eine Werbung im strengen Sinne des Wortes darstellt.

Ist aber die in Rede stehende Tafel weder als Werbung noch als Ankündigung zu werten, so fällt deren Anbringung auch nicht unter das Verbot des § 84 Abs. 2 StVO. Daher war die belangte Behörde auch nicht berechtigt, unter Berufung auf diese Gesetzesstelle die Entfernung der Tafel anzuordnen. Auf Grund dieser Sachlage erübrigt es sich, auf die weiteren Beschwerdeausführungen einzugehen.

Da sohin die belangte Behörde die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1952 aufzuheben.

Abschließend Soll noch erwähnt werden, daß es unzutreffend ist, wenn in der Begründung des angefochtenen Bescheides behauptet wird, der Sinn des § 84 StVO sei es, eine stillose oder schreiende Reklame, welche das Landschaftsbild beeinträchtigt, zu unterbinden. Denn die Verfolgung solcher Zwecke kann lediglich im Rahmen der Vorschriften über den Naturschutz wahrgenommen werden. Das Naturschutzgesetz für das Land Tirol (Gesetz vom 17. Juli 1951 über den Schutz und die Pflege der Natur LGBl. für Tirol Nr. 31/1951, in der Fassung des Landesgesetzes vom 21. November 1963, LGBl. Nr. 1/1964) hat in seinem § 3 Abs. 6 ausdrücklich festgelegt, daß das Anbringen (Aufstellen) von gesetzlich vorgeschriebenen Geschäfts- oder Betriebsstättenbezeichnungen keiner Bewilligung nach § 1 des Gesetzes bedarf, jedoch für den Fall, als daß Landschaftsbild durch die Größe, Form oder Farbgebung solcher Bezeichnungen erheblich gestörtoder verunstaltet werden sollte, der zur Anbringung der Bezeichnung Verpflichtete diese innerhalb einer angemessenen Frist nach Aufforderung durch die Behörde so zu ändern hat, daß eine erhebliche Störung oder Verunstaltung des Landschaftsbildes vermieden wird.

Wenn die Verwaltungsbehörde im Sinne des § 3 Abs. 6 des Naturschutzgesetzes für Tirol einzuschreiten beabsichtigen sollte, bedürfte es allerdings eines darauf abzielenden eingehenden Ermittlungsverfahrens, weil nur bei Vorliegen der besonderen im Gesetz genannten Voraussetzungen eine Änderung der nach der Gewerbeordnung vorgeschriebenen Betriebsstättenbezeichnung im Interesse des Landschaftsbildes behördlich gefordert werden könnte.

Wien, am 15. April 1964

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1964:1963001745.X00

Im RIS seit

02.11.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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