TE Vfgh Beschluss 1995/2/28 B247/95

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §146 Abs1

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags; kein Eingehen auf vorgebrachte, zeitlich nach Ablauf der Beschwerdefrist gelegene Wiedereinsetzungsgründe; Zurückweisung der Beschwerde als verspätet

Spruch

1. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

3. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

4. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 5. Dezember 1994, B1447/94, eine vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. April 1994 gemäß Art144 B-VG erhobene Beschwerde als verspätet zurückgewiesen, weil die sechswöchige Beschwerdefrist nur dann iSd. §§73 Abs2 und 85 Abs2 ZPO iVm. §35 VerfGG unterbrochen werde, wenn ein Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe an den Verfassungsgerichtshof selbst, nicht jedoch wie im vorliegenden Fall - wenngleich erfolgreich - nur an den Verwaltungsgerichtshof herangetragen werde.

2. Nunmehr richtet der Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist und erhebt zugleich neuerlich Beschwerde gemäß Art144 B-VG.

Zur Begründung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand führt der Beschwerdeführer aus, daß der Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien betreffend die Bestellung zum Verfahrenshelfer aufgrund des die Verfahrenshilfe gewährenden Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes seinem Rechtsanwalt am 24. Mai 1994 zugestellt worden sei. "Im Bewußtsein, daß sich (bei Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof) allenfalls fristenrechtliche Probleme ergeben könnten," habe man sich am 14. Juni 1994 telefonisch an den zuständigen Referenten der Rechtsanwaltskammer gewandt, der den ausdrücklichen Rat erteilt habe, "innerhalb der offenen Beschwerdefrist an den Verwaltungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde unter Hinweis auf die Bestellung im VwGH-Verfahren, und unter gleichzeitiger Antragstellung auf Beigabe eines Verfahrenshelfers auch im VfGH-Verfahren einzubringen." Die an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde sei mit Beschluß vom 5. Dezember 1994 zurückgewiesen, dieser Beschluß dem Verfahrenshelfer am 13. Jänner 1995 zugestellt worden. Der Verfahrenshelfer habe sohin "erstmals am 13. 1. 1995 Kenntnis darüber erlangt, daß offenbar ein Hindernis vorlag, welches die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verursachte." Dieser Ablauf der Ereignisse stelle ein unvorhergesehenes Ereignis für den Beschwerdeführer dar, zumal der Beschwerdeführer selbst bei Stellung seines Verfahrenshilfeantrags in keiner Weise rechtlich beraten gewesen sei und der Verfahrenshelfer nicht habe davon ausgehen können, daß die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bereits zwei Tage nach seiner Bestellung zum Verfahrenshelfer ablaufen würde.

3.1. Da das VerfGG 1953 in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF der Zivilverfahrens-Novelle 1983, BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte.

3.2. Im Wiedereinsetzungsantrag wird angeführt, daß die Vorgangsweise des Verfahrenshelfers aufgrund einer Rücksprache bei der Rechtsanwaltskammer am 14. Juni 1994 eingeschlagen wurde. Die Frist zur Einbringung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde hat jedoch - was dem Verfahrenshelfer bewußt ist - gemäß §82 Abs1 VerfGG bereits am 26. Mai 1994 geendet. Der Verfassungsgerichtshof brauchte daher auf die im Wiedereinsetzungsantrag ausschließlich vorgebrachten, zeitlich nach Ablauf der Beschwerdefrist gelegenen Gründe nicht einzugehen (s. VfSlg. 11188/1986).

Der Antrag war daher mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung abzuweisen (§35 VerfGG 1953 iVm. §§146 ff. ZPO).

4. Aus den angeführten Gründen erweist sich auch die zugleich mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung erhobene Beschwerde als verspätet; sie war daher zurückzuweisen.

5. Da somit die beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar aussichtslos erscheint, mußte der unter einem mit der Beschwerde gestellte Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abgewiesen werden (§63 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953).

6. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

7. Diese Beschlüsse konnten gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG 1953, §33, zweiter Satz, und §19 Abs3 Z2 litb VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:B247.1995

Dokumentnummer

JFT_10049772_95B00247_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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