TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/20 W262 2246469-1

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Veröffentlicht am 20.09.2021
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Entscheidungsdatum

20.09.2021

Norm

AlVG §25 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
ZustG §16

Spruch


W262 2246469-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia JERABEK als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag. Sandra FOITL und Mag. Jutta HAIDNER als Beisitzerinnen, über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX vom 17.08.2021, VN XXXX betreffend Verpflichtung zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.292,34 gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG sowie betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG zu Recht erkannt:

A)       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice XXXX (im Folgenden als AMS oder „belangte Behörde“ bezeichnet) vom 23.04.2021 wurde gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 17.04.2021 bis 28.05.2021 ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass der nunmehrige Beschwerdeführer die Aufnahme einer zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung bei der Firma XXXX vereitelt habe. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 05.07.2021, GZ XXXX wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.04.2021 mit näherer Begründung abgewiesen. Der Beschwerdeführer hat keinen Vorlageantrag gestellt.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 17.08.2021 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.292,34 verpflichtet (Spruchpunkt A). Diesbezüglich wurde die Einbehaltung der Leistung im Falle eines fortdauernden Leistungsbezuges in Aussicht gestellt. Für den Fall, dass der Beschwerdeführer nicht im Leistungsbezug steht, wurde die Einzahlung des Betrages binnen vierzehn Tagen auf ein näher bezeichnetes Konto gefordert. Des Weiteren wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).

Zu Spruchpunkt A des Bescheides führte die belangte Behörde zusammenfassend aus, dass die Verpflichtung zum Rückersatz des angeführten Betrages aufgrund der rechtskräftigen Beschwerdevorentscheidung des AMS vom 05.07.2021 bestehe.

Der in Spruchpunkt B verfügte Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde wie folgt begründet: Da bereits eine Entscheidung über die Beschwerde in der Hauptsache vorliege, würde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausschließlich dazu führen, dass die Eintreibung der offenen Forderung zu Lasten der Versichertengemeinschaft verzögert werde, obwohl mit einer anderslautenden Entscheidung in der Sache zu Gunsten des Beschwerdeführers nicht mehr zu rechnen sei. Aus diesem Grund überwiege in der Angelegenheit das öffentliche Interesse an der Einbringlichkeit der offenen Forderung. Die aufschiebende Wirkung sei daher abzuerkennen.

5. In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer lediglich aus, dass er sich gegen die Rückforderung und die Unterstellung, dass er keine Arbeit annehme, wende.

6. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens am 16.09.2021 vorgelegt. Über telefonische Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes bestätigte die belangte Behörde, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen werde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des AMS vom 23.04.2021 wurde gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust des Anspruchs auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung für den Zeitraum vom 17.04.2021 bis 28.05.2021 ausgesprochen

Der dagegen erhobenen Beschwerde kam aufschiebende Wirkung zu. Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum vom 17.04.2021 bis 28.05.2021 (= 42 Tage) vorläufig weiterhin Leistungen im Ausmaß von € 30,77 täglich erhalten. Daraus ergibt sich in Summe ein Bezug von Leistungen in Höhe von € 1.292,34.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 05.07.2021, GZ XXXX wurde die Beschwerde abgewiesen.

Dieses Erkenntnis wurde dem Beschwerdeführer am 07.07.2021 durch persönliche Übernahme durch einen Haushaltsangehörigen (Mutter) rechtswirksam zugestellt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.08.2021 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von € 1.292,34 verpflichtet (Spruchpunkt A). Des Weiteren wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt B).

Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht unter Anschluss der Verwaltungsakten am 16.09.2021 vorgelegt. Die belangte Behörde hat auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich verzichtet.

2. Beweiswürdigung:

Der Gegenstand des Bescheides vom 23.04.2021 und der Beschwerdevorentscheidung vom 05.07.2021 ergibt sich aus dem Akteninhalt.

Der festgestellte Zeitraum sowie die festgestellte Höhe des Bezuges gründen sich auf den Inhalt des Verwaltungsaktes. Der Höhe der von ihm bezogenen (und nunmehr rückgeforderten) Leistung aus der Arbeitslosenversicherung ist der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten.

Die rechtswirksame Zustellung bzw. Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom 05.07.2021 ergibt sich aus dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis (Rückschein). Die Übernahme der Beschwerdevorentscheidung durch die im selben Haushalt lebende Mutter am 07.07.2021 ergibt sich aus dem Hinweis „Mutter“ auf dem Rückschein neben der Unterschrift bzw. dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister. Hinsichtlich der festgestellten Rechtskraft der Beschwerdevorentscheidung wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Dass der gegen den Bescheid vom 23.04.2021 erhobenen Beschwerde von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zukam, ergibt sich aus § 13 Abs. 1 VwGVG und dem Fehlen von Hinweisen auf einen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung.

Der Gegenstand des nunmehr angefochtenen Bescheides vom 17.08.2021 ist dem Verwaltungsakt zu entnehmen.

Dass die belangte Behörde auf die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ausdrücklich verzichtet ergibt sich aus der diesbezüglichen telefonischen Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung fachkundiger Laienrichter ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 56 Abs. 2 AlVG.

3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des AlVG lautet wie folgt:

„§ 25. (1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz des empfangenen Arbeitslosengeldes besteht auch dann, wenn im Falle des § 12 Abs. 8 das Weiterbestehen des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt wurde, sowie in allen Fällen, in denen rückwirkend das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt oder vereinbart wird. Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. Ebenso ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes (der Notstandshilfe) zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn nachträglich festgestellt wird, daß auf Grund einer Anrechnung von Einkommen aus vorübergehender Erwerbstätigkeit gemäß § 21a keine oder nur eine niedrigere Leistung gebührt. Die Verpflichtung zum Rückersatz besteht auch hinsichtlich jener Leistungen, die wegen der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels oder auf Grund einer nicht rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.“

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Zum Rückersatz der unberechtigt empfangenen Leistung

Im vorliegenden Fall wurden dem Beschwerdeführer aufgrund der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 23.04.2021 insgesamt Leistungen in Höhe von € 1.292,34 vorläufig weiter ausbezahlt. Die Beschwerdevorentscheidung vom 05.07.2021, mit der die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, wurde laut Rückschein am 07.07.2021 persönlich von der Mutter des Beschwerdeführers, die laut Auszug aus dem Zentralen Melderegister an der Adresse des Beschwerdeführers ihren Hauptwohnsitz hat, übernommen. Gemäß § 16 Abs. 1 ZustellG darf das Dokument, wenn es dem Empfänger nicht zugestellt werden kann und an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend ist, an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Gemäß Abs. 2 leg.cit. kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist. Insofern wurde die Beschwerdevorentscheidung vom 05.07.2021 dem Beschwerdeführer am 07.07.2021 (durch Ersatzzustellung an seine im gemeinsamen Haushalt lebende Mutter) rechtswirksam zugestellt. Zweifel, dass der Beschwerdeführer nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufhältig ist, sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurde dies auch nicht vorgebracht. Da innerhalb der zweiwöchigen Frist kein Vorlageantrag gestellt wurde, erwuchs die Beschwerdevorentscheidung vom 05.07.2021 mit Ablauf des 21.07.2021 in Rechtskraft.

Soweit sich die vorliegende Beschwerde gegen die Rückforderung einer unberechtigt empfangenen Leistung im angefochtenen Bescheid richtet, erweist sie sich somit als nicht berechtigt. Die belangte Behörde stützte die Rückforderung zu Recht auf § 25 Abs. 1 letzter Satz AlVG, welcher die Verpflichtung zum Rückersatz von Leistungen anordnet, die wegen „Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittels“ weiter gewährt wurden, wenn das Verfahren mit der Entscheidung geendet hat, dass die Leistungen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührten.

Ein solcher Sachverhalt hier vor, da die Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Zeitraum 17.04.2021 bis 28.05.2021 im Ausmaß von insgesamt € 1.292,34 nur wegen der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.04.2021 vorläufig weiterhin an den Beschwerdeführer ausbezahlt wurde und das Verfahren mit oa. Beschwerdevorentscheidung vom 05.07.2021 geendet hat.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe die Unterstellung, sich nicht mit einer Firma auseinanderzusetzen, nicht hingenommen, Einspruch erhoben und daraufhin das Geld ausbezahlt bekommen, verkennt er, dass ihm diese Leistung lediglich aufgrund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 23.04.2021 vorläufig weiterhin ausbezahlt wurde und diese nunmehr nach rechtskräftiger Abweisung seiner Beschwerde rückgefordert wird.

3.4. In Anbetracht der vorliegenden Entscheidung in der Hauptsache erübrigt sich ein Eingehen auf den in Spruchpunkt B der Beschwerdevorentscheidung verfügten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

Die Beschwerde war zur Gänze als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Der erkennende Senat erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für nicht erforderlich, weil der festgestellte Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde hinreichend geklärt ist und durch die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war. Im vorliegenden Fall liegen keine widersprechenden prozessrelevanten Behauptungen vor, die es erforderlich machen würden, dass sich das Gericht im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen bzw. Parteien zu verschafft (vgl. zu den Fällen, in denen von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist, etwa VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0171). Der Beschwerdeführer hat lediglich die ihm vorgeworfene – rechtskräftig entschiedene und nicht den Gegenstand dieses Verfahrens bildende – Vereitelungshandlung bestritten. Bei Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung handelt es sich zwar um „civil rights“ iSd Art. 6 EMRK (vgl. VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0142, mwN). Da jedoch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten, stehen dem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegen (vgl. VwGH 07.08.2017, Ra 2016/08/0140), zumal eine solche auch nicht beantragt wurde.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Entscheidung weicht nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. dazu insbesondere die unter Punkt II.3.3. und 3.5. angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Schlagworte

Anspruchsverlust Arbeitslosengeld aufschiebende Wirkung Ersatzzustellung Rückforderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W262.2246469.1.00

Im RIS seit

28.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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