TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/18 95/12/0059

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Veröffentlicht am 18.12.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §75 Abs2;
BDG 1979 §75 Abs3;
B-VG Art21;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/12/0067 E 17. September 1997 96/12/0372 E 16. April 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Mag. A in T, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 9. Jänner 1995, Zl. 155.377/42-III/11/94, betreffend Nachsicht von den Folgen eines Karenzurlaubes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist der Landesschulrat für das Burgenland.

Von 1982 bis 1988 absolvierte der Beschwerdeführer nebenberuflich erfolgreich ein Jusstudium und strebte dann seine Überstellung in die Verwendungsgruppe A bei seiner Dienststelle an. Dieses Bemühen war nach seinem Vorbringen deshalb nicht erfolgreich, weil er sich durch Aktivitäten im Rahmen einer Bürgerinitiative die nachhaltige Aversion maßgeblicher Politiker der Regierungsparteien zugezogen habe. In diesem Sinne wurden die Juristenposten bei seiner Dienststelle mit zugeteilten burgenländischen Landesbeamten besetzt.

Vor diesem Hintergrund wurde der Beschwerdeführer seit 15. Oktober 1990 - mit einer rund halbjährlichen Unterbrechung - karenziert und als Vertragslehrer L 1 für Rechtsfächer verwendet. Bis einschließlich zum Schuljahr 1993/94 wurde hiezu jeweils gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 ausgesprochen, daß die gemäß Abs. 2 leg. cit. verbundenen Folgen des Karenzurlaubes nicht einträten - die Karenzurlaubszeit somit für die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängigen Rechte zu berücksichtigen sei und somit eine in jeder Beziehung anrechenbare Dienstzeit darstelle.

Über Ersuchen des Beschwerdeführers vom 16. August 1994 wurde ihm mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 1994 auch für das Schuljahr 1994/95 (vom 5. September 1994 bis 3. September 1995) Karenzurlaub gewährt. Bezüglich der gleichzeitig beantragten Anrechnung im Sinne des § 75 Abs. 3 BDG 1979 wurde der Beschwerdeführer - wie auch schon in den Vorjahren - darauf verwiesen, daß darüber gesondert entschieden werde.

Entgegen der Vorgangsweise in den Vorjahren entschied aber die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 9. Jänner 1995 wie folgt:

"Ihrem Ansuchen vom 16. August 1994, die Zeit des Karenzurlaubes vom 5.9.1994 bis 3.9.1995 gem. § 75 Abs. 1 BDG 1979 für alle Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, gem. § 75 Abs. 3 BDG 1979 zu berücksichtigen, wird nicht stattgegeben."

Zur Begründung wird - lediglich - ausgeführt, dem Beschwerdeführer seien Karenzurlaube vom 15. Oktober 1990 bis 6. September 1992 und vom 8. Februar 1993 bis 4. September 1994 gemäß § 75 Abs. 1 und 3 BDG 1979 mit einvernehmlicher Zustimmung des Bundeskanzleramtes mit dem Bundesministerium für Finanzen auf die Dauer der Bestellung zum Vertragslehrer gewährt worden, um ihm die Erwerbung von Kenntnissen und Erfahrungen zu ermöglichen, die er nach Beendigung des Karenzurlaubes für eine spätere Verwendung in einer pädagogischen Abteilung einsetzen könne. Der Bundeskanzler habe einvernehmlich mit dem Bundesminister für Finanzen einer neuerlichen Verfügung gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 für die Zeit vom 5. September 1994 bis 3. September 1995 die Zustimmung mit der Begründung versagt, daß ein weiterer "Zugewinn" an Erfahrungen und Tätigkeiten durch die Verwendung als Vertragslehrer im gegenständlichen Karenzurlaubszeitraum nicht mehr in dem Maße von Bedeutung erscheine, die diese Maßnahme rechtfertigen würde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf gesetzmäßige Entscheidung über die Anrechnung (Berücksichtigung) einer Karenzurlaubszeit für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 BDG 1979 durch unrichtige Anwendung insbesondere des letztgenannten Gesetzesabsatzes sowie der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör und die Bescheidbegründung verletzt.

Nach § 75 Abs. 2 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, ist die Zeit des Karenzurlaubes für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Sind für die Gewährung eines Karenzurlaubes andere als private Interessen des Beamten maßgebend und liegen berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann die zuständige Zentralstelle nach Abs. 3 der genannten Bestimmung mit Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen verfügen, daß die gemäß Abs. 2 mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen nicht oder nicht in vollem Umfang eintreten.

Aus der Regelung des Abs. 3 folgt, daß eine Nachsicht der mit einem Karenzurlaub sonst verbundenen Folgen im Sinne des Abs. 2 nur dann verfügt werden darf, wenn nicht private Gründe des Beamten für den Karenzurlaub im Vordergrund stehen und gleichzeitig auch berücksichtigungswürdige Gründe vorliegen (vgl. beispielsweise Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1995, Zl. 94/12/0104, mit weiterer Rechtsprechung).

Der Bescheid der belangten Behörde vom 14. September 1994, mit dem dem Beschwerdeführer Karenzurlaub gewährt wurde, enthält keinerlei Feststellungen darüber, welche Gründe hiefür maßgeblich waren. Dieser Bescheid hat auch nicht über eine Anrechnung von Zeiten des gewährten Karenzurlaubes nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 abgesprochen.

In einem solchen Fall ist der Rückgriff auf den Antrag des Beamten auf Gewährung des Karenzurlaubes sowie sonstige Unterlagen, die diesem Verfahren zugrunde lagen, ein geeignetes Mittel, zu klären, ob die Voraussetzungen nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 gegeben sind oder nicht (vgl. das bereits vorher genannte Erkenntnis vom 20. Dezember 1995).

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer als Angehöriger der Besoldungsgruppe "Allgemeine Verwaltung", Verwendungsgruppe B, karenziert und gleichzeitig befristet als Vertragslehrer L 1 an berufsbildenden mittleren und höheren Schulen als Lehrer für Rechtsfächer für den Bund tätig war. Weder den bisherigen Bescheiden über die Gewährung der Karenzurlaube noch den Bescheiden, mit denen im Sinne des § 75 Abs. 3 BDG 1979 für den Beschwerdeführer positiv abgesprochen worden war, ist der im angefochtenen Bescheid genannte Grund für die Gewährung des Karenzurlaubes, nämlich "um Kenntnisse und Erfahrungen zu erwerben, die ... nach Beendigung des Karenzurlaubes für eine spätere Verwendung in einer pädagogischen Abteilung" einsetzbar und verwertbar sein könnten, zu entnehmen. Diese Bescheide sind vielmehr begründungslos ergangen. So wie in den Vorjahren beantragte der Beschwerdeführer daher mit Schreiben vom 16. August 1994 auf Grund seiner "Weiterverwendung als Lehrer für Rechtsfächer" die Gewährung eines Karenzurlaubes unter Berücksichtigung der Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses als Beamter des Landesschulrates für das Burgenland abhängen. Über den Antrag nach § 75 Abs. 1 BDG 1979 wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom 14. September 1994 positiv entschieden. Dem gleichzeitig damit verbunden gewesenen Antrag des Beschwerdeführers nach § 75 Abs. 3 leg. cit. wurde mit dem angefochtenen Bescheid aber nicht stattgegeben, wobei der Begründung dieses Bescheides nur zu entnehmen ist, daß die seinerzeitige Gewährung des Karenzurlaubes im Hinblick auf die Verwertung der Erfahrungen als Lehrer bei einer späteren Verwendung in einer pädagogischen Abteilung erfolgt sei. Ein derartiges Motiv für die Gewährung der Karenzurlaube ist den Genehmigungsbescheiden aber nicht zu entnehmen. Aus den an das Bundeskanzleramt gerichteten jeweiligen Anträgen der belangten Behörde kann diesbezüglich aber folgendes Motiv der Behörde entnommen werden:

"Spätere Verwendung des Genannten in einer pädago. Abt. bzw. bestehende Engpässe bei Wirtschaftspädagogen."

Seitens des Bundeskanzleramtes wurde beim letzten derartigen Antrag - nur bezugnehmend auf den ersten Teil dieser Angabe - ein weiterer "Zugewinn" des Beschwerdeführers an Erfahrungen verneint und ausgeführt, daß die weitere Gewährung des Karenzurlaubes ausschließlich dem Dienstnehmer zum Vorteil dienen würde. Es sei dem Bundeskanzleramt nicht nachvollziehbar, durch die Gewährung längerer Karenzurlaube die Handlungsmöglichkeit des Dienstgebers hinsichtlich der "Personalgestion" für einen längeren Zeitraum einzuschränken. Seitens des Bundeskanzleramtes wurde damit ersichtlicherweise nicht berücksichtigt, daß der Beschwerdeführer während des Karenzurlaubes als Vertragslehrer für den Bund eingesetzt war und Engpässe bei den Wirtschaftspädagogen ebenfalls als Motiv für die Gewährung des Karenzurlaubes genannt waren. Diese vorher dargelegte Auffassung des Bundeskanzleramtes wurde von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt, ohne daß sie diese - auf einem aktenwidrigen Sachverhalt aufbauende Ansicht des Bundeskanzleramtes - zu ihrer eigenen erhoben hätte.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf aber, wenn eine Behörde als Dienstbehörde im Einvernehmen mit anderen Behörden zu entscheiden hat, die Entscheidung nur der Dienstbehörde zugerechnet werden; die erforderliche Zustimmung stellt lediglich ein Tatbestandserfordernis für die Entscheidung der Dienstbehörde dar (vgl. beispielsweise den Beschluß vom 10. September 1970, Slg. N. F. Nr. 7859/A).

Die belangte Behörde räumt in ihrer Gegenschrift ein, daß die beiden Tatbestandsvoraussetzungen des § 75 Abs. 3 BDG 1979, nämlich maßgebendes Bestehen anderer als privater Interessen für die Gewährung des Karenzurlaubes sowie Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Gründen, für eine Vollanrechnung der Zeit des gegenständlichen Karenzurlaubes gegeben waren, sie jedoch infolge der nicht erlangten Zustimmung der genannten anderen Ressorts aus formellen Gründen nicht zu einer positiven Entscheidung in der Lage gewesen sei. Dem ist entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde im Verhältnis zu den zustimmungsberechtigten Ressorts um eine Berichtigung der auf einem unrichtigen Sachverhalt aufbauenden Versagung der Zustimmung hätte bemüht sein müssen. Da die belangte Behörde aber offenbar ausgehend von der unrichtigen Rechtsauffassung von vornherein an die Versagung der Zustimmung gebunden zu sein, keine entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren getroffen und den Bescheid nicht entsprechend begründet hat, erweist sich dieser bereits deshalb mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

Im Hinblick auf dieses Ergebnis kann vorläufig dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer bei der im Beschwerdefall gegebenen Sachlage im Hinblick auf seinen Antrag, der sowohl auf Gewährung eines Karenzurlaubes als auch auf Vollanrechnung der Karenzurlaubszeit gestellt war, und die unveränderte Sachlage hinsichtlich seiner Verwendung für den Bund entsprechend dem Grundsatz von Treu und Glauben zumindest den Anspruch gehabt hätte, im Fall einer negativen Entscheidung über die Vollanrechnung der Karenzurlaubszeiten dies im Zusammenhang mit dem Verfahren über die Gewährung des Karenzurlaubes zu erfahren, um allenfalls andere personelle Dispositionen treffen zu können (beispielsweise Zurückziehung seines Antrages auf Karenzurlaub).

Der angefochtene Bescheid war aus den vorher dargelegten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995120059.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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