TE Lvwg Erkenntnis 2021/9/29 VGW-031/077/11284/2021

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.09.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.09.2021

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §24 Abs1 litn

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Oppel über die Beschwerde des Herrn Mag. A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 16.06.2021, GZ: ..., wegen Übertretung des § 24 Abs. 1 lit. n Straßenverkehrsordnung (StVO),

zu Recht e r k a n n t :

I.      Gemäß § 50 VwGVG wird das Straferkenntnis dahingehend abgeändert, dass die verhängte Geldstrafe von € 78,00 auf € 50,00 und die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden auf 12 Stunden herabgesetzt werden. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen und das beschwerdegegenständliche Straferkenntnis bestätigt.

II.     Der gemäß § 64 VStG zu zahlende Beitrag zu den Kosten des behördlichen Strafverfahrens beträgt € 10,00, das ist der gesetzliche Mindestbetrag.

III. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu zahlen.

IV.    Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Aufgrund der rechtzeitigen Beschwerde des Beschwerdeführers wurde am 27.09.2021 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und der Beschwerdeführer einvernommen. Da der Beschwerdeführer den der Anzeige zugrunde liegenden Sachverhalt nicht bestritten, sondern sogar ausdrücklich zugestanden hat, ist eine Einvernahme des Meldungslegers nicht erforderlich.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens wurde folgender Sachverhalt als erwiesen festgestellt:

Der Beschwerdeführer hat am 21.03.2021 mit seinem Pkw den Parkplatz Donauinsel bei der Floridsdorfer Brücke aufgesucht, um einen Coronatest abzulegen. Die Zufahrt zu diesem Parkplatz war nur zum Zweck des Ablegens des Coronatests zulässig.

Im Bereich der Teststation hat der Beschwerdeführer von Mitarbeitern der Teststation erfahren, dass eine Ablegung des Tests nur nach vorheriger Anmeldung zulässig ist.

Dem Beschwerdeführer wurde die Möglichkeit eröffnet, sich über sein Handy anzumelden und im Anschluss daran den Test abzulegen. Zu diesem Zwecke hätte der Beschwerdeführer eine App herunterladen müssen, die mit den gängigen neuen Handys kompatibel ist. Der Beschwerdeführer verfügt jedoch über ein Handy älterer Bauart mit einem älteren Betriebssystem auf der Grundlage von Windows. Es handelt sich dabei um ein heute bei Handys nicht mehr übliches Betriebssystem. Der Beschwerdeführer ist vor diesem Hintergrund davon ausgegangen, dass ein Herunterladen der App mit seinem Handy wahrscheinlich nicht möglich sein und eine Anmeldung über das Handy scheitern würde oder der Versuch einer solchen Anmeldung zumindest äußerst kompliziert wäre.

Der Beschwerdeführer hat sich daher entschieden, den Coronatest ein anderes Mal abzulegen. In diesem Zusammenhang wäre für ihn eine vorherige Anmeldung über seinen PC eine einfache Möglichkeit gewesen. Tatsächlich hat er sich später dafür entschieden, die folgenden Coronatests in seiner Apotheke durchführen zu lassen.

Der Beschwerdeführer hat seine Anwesenheit vor Ort dazu genutzt, seinem Pkw neben der Fahrbahn zu parken und einen Spaziergang zu machen.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein Einkommen von etwa € 3000 netto im Monat als Angestellter und hat keine Sorgepflichten.

Bei der Beweiswürdigung wurde erwogen:

Der Beschwerdeführer hat den angezeigten Sachverhalt nicht bestritten, sondern vielmehr von sich aus aktiv alles offengelegt, was als Sachverhalt entscheidungswesentlich sein könnte und teilweise auch ist.

Das Sachverhaltsvorbringen des Beschwerdeführers ist schlüssig und glaubwürdig und steht in keiner Weise in Widerspruch zur Anzeige. Darüber hinaus war auch aufgrund des unmittelbaren Eindrucks in der mündlichen Verhandlung deutlich erkennbar, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers der Wahrheit entspricht. Insbesondere war aus der Körpersprache des Beschwerdeführers, aus den Zugangshinweisen seiner als unwillkürlich gewerteten Augenbewegungen und der rasch und sicher gegebenen Antworten erkennbar, dass der Beschwerdeführer seine Sachverhaltsangaben aus seiner Erinnerung abgerufen und nicht etwa fingiert hat.

In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 1 lit. n StVO ist das Halten und Parken auf Straßenstellen verboten, welche nur durch Verletzen eines gesetzlichen Verbotes erreicht werden können.

Die Besonderheit des Anlassfalles liegt darin, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Parkplatz dann auf zulässige Weise hätte erreichen können, wenn er dies zum Zweck des Ablegens des Coronatests gemacht hätte. Nach Einschätzung des Verwaltungsgerichtes wäre es daher beispielsweise zulässig gewesen, wenn der Beschwerdeführer den Parkplatz genutzt hätte, um sich über sein Handy für den Coronatest anzumelden und zu diesem Zweck die App herunterzuladen.

Die Zufahrt durch den Beschwerdeführer ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil diese zu dem Zweck erfolgt ist, den Coronatest abzulegen.

Nach Einschätzung des Verwaltungsgerichts hätte der Beschwerdeführer seinen erfolglosen Versuch, die Teststation zwecks Ablegen des Coronatests aufzusuchen, nicht dazu nutzen dürfen, seinen Pkw zwecks Durchführung eines Spazierganges zu parken.

Das Parken zum Zweck der Durchführung eines Spazierganges erfüllte daher den Tatbestand des § 24 Abs. 1 lit. n StVO.

Dem Gedankengang des Beschwerdeführers, er habe deshalb keine Verwaltungsübertretung begangen, weil er die Fahrbahn zulässigerweise zum Zweck des Aufsuchens der Teststation befahren und es sich anschließend anders überlegt habe, ist entgegenzuhalten, dass ein solches Verständnis des § 24 Abs. 1 lit. n StVO dem „effete utile“ der zitierten Bestimmung widersprechen würde. Die rechtliche Auslegung durch den Beschwerdeführer hat zwar eine gewisse formale Logik für sich, würde aber die zitierte Bestimmung im Ergebnis ihres Anwendungsbereiches entledigen.

Im Ergebnis hätte die Rechtsauslegung des Beschwerdeführers zur Konsequenz, dass jedermann in die Teststraße einfahren und sein Fahrzeug zum Zwecke eines Spazierganges parken könnte. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, er habe einen Coronatest ablegen wollen und sei daher zulässigerweise zugefahren, könnte im Fall der Richtigkeit dieser Auslegung praktisch jedermann für sich in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf den bereits erwähnten „effete utile“ ist eine solche Rechtsauslegung zu verwerfen.

Für den Anlassfall ist dem Beschwerdeführer jedoch zugute zu halten, dass er tatsächlich einen Coronatest ablegen wollte und dies auch versucht hat. Eine etwaige Umgehung dahingehend, dass der Beschwerdeführer gegebenenfalls einen Spaziergang unternehmen wollte und die Absicht, einen Coronatest abzulegen, nur vorgeschoben hätte, konnte ausgeschlossen werden. Der Beschwerdeführer wollte im Anlassfall nach dem Scheitern des Versuchs, einen Coronatest abzulegen, lediglich spontan das relativ Beste aus der Situation machen und seine Anwesenheit vor Ort zumindest für einen Spaziergang nutzen.

Diese Beweggründe des Beschwerdeführers konnten jedoch lediglich bei der Strafbemessung als Milderungsgrund berücksichtigt werden.

Ein weiterer Milderungsgrund lag darin, dass der Beschwerdeführer aktiv an der Aufklärung des Sachverhaltes mitgewirkt hat. Dieser aktiven Mitwirkung war sinngemäß das gleiche Gewicht beizumessen wie dem Milderungsgrund eines umfassenden Geständnisses, zumal beiden Fällen die vollständige Offenlegung des Sachverhaltes gemeinsam ist.

Aufgrund dieser beiden Milderungsgründe war die verhängte Strafe spruchgemäß herabzusetzen. Die Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers sind zwar als überdurchschnittlich zu werten, standen jedoch der spruchgemäßen Herabsetzung wegen der beiden oben genannten Milderungsgründe nicht entgegen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Halte- und Parkverbote; Straßenstellen, die nur durch Verletzen eines gesetzlichen Verbots erreicht werden können; Corona-Teststraße

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.077.11284.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten