TE Lvwg Erkenntnis 2021/4/7 LVwG-2019/15/1900-48

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Veröffentlicht am 07.04.2021
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Entscheidungsdatum

07.04.2021

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

WRG 1959 §17
WRG 1959 §109
VwGVG 2014 §7
VwGVG 2014 §8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser zu Folge der Säumnisbeschwerde der AA und der Gemeinde Z, vertreten durch BB, Adresse 1, **** Y, mitbeteiligte Partei CC, vertreten durch DD, Adresse 2, **** X, betreffend Durchführung eines Widerstreitverfahrens an der Wer Ache nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

?        Dem Vorhaben der CC betreffend Nutzung von Wässern der Wer Ache zum Ausbau des Kraftwerks V gebührt gegenüber dem Vorhaben der AA und der Gemeinde Z betreffend Errichtung eines Laufkraftwerks an der Wer Ache der Vorrang im Sinne der §§ 17 und 109 WRG 1959.

?    Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 29.08.2019 hat die AA und die Gemeinde Z (in weiterer Folge Antragstellerin) eine Säumnisbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 3 und Art 132 Abs 3 B-VG beim Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus wegen Widerstreitverfahren zwischen Vorhaben WKA Wer Ache und dem modifizierten Vorhaben AK V neu eingebracht.

Begründend wird dazu auf das Wesentliche zusammengefasst ausgeführt, dass mit Schriftsatz vom 25.06.2014 beim zuständigen Landeshauptmann von Tirol ein Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung der WKA Wer Ache gestellt worden sei. Da das Vorhaben AK V „alt“ von der Tiroler Landesregierung als zuständiger Behörde nach dem UVP-G nicht zurückgewiesen worden sei und das Vorhaben AK V „alt“ damit in der ursprünglichen Form unverändert anhängig gewesen sei, sei am 27.06.2014 bei der belangten Behörde ein Widerstreitantrag zwischen dem Vorhaben WKA Wer Ache und dem Vorhaben AK V „alt“ gemäß den §§ 17 und 109 WRG 1959 gestellt worden.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.04.2015, *** sei der Widerstreitantrag ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid sei Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Tirol erhoben worden, welches mit Erkenntnis vom 03.02.2016 der Beschwerde stattgegeben und den Widerstreitbescheid aufgehoben habe. Aufgrund der dagegen von der belangten Behörde erhobenen Amtsrevision habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 03.08.2016, *** ausgesprochen, dass die belangte Behörde einen Widerstreitentscheidung zum modifizierten AK V treffen müsse.

Die Auffassung der belangten Behörde, die aufgrund dieser Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zur Entscheidung über den Widerstreitantrag zuständig sei, teile die Antragstellerin nicht, weshalb sicherheitshalber am 28.06.2017 nochmals explizit ein Fortsetzungsantrag gestellt worden sei.

Seit dem 28.06.2017 seien in unverständlicher Weise keine weiteren Verfahrensschritte mehr im Widerstreitverfahren gesetzt worden. Der einzige Verfahrensschritt seither sei eine Aufforderung an die UVP-Behörde gewesen, wonach diese zunächst ein UVP-Feststellungsverfahren zur WKA Wer Ache einzuleiten und abzuklären habe, ob nicht eine UVP-Pflicht vorliege. Dies sei für das gegenständliche Widerstreitverfahren allerdings irrelevant. Die belangte Behörde sei daher im anhängigen Widerstreitverfahren säumig, da sie über den Widerstreitantrag vom 27.06.2014 bzw über den Fortsetzungsantrag vom 28.06.2017 nicht innerhalb der nach § 8 VwGVG zustehenden Entscheidungsfrist von sechs Monaten entschieden habe. So sei jegliche Verfahrensführung zur Gänze unterlassen worden. Auch zum Fortsetzungsantrag vom 27.06.2017 sei bis zum Zeitpunkt der Einbringung der Säumnisbeschwerde überhaupt kein Ermittlungsschritt gesetzt worden. Die Säumnis der belangten Behörde liege somit in ihrem überwiegenden bzw alleinigen Verschulden.

Daraufhin hat das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus mit Schriftsatz vom 03.09.2019 den bezughabenden Akt vorgelegt. Gleichzeitig wurde vorgebracht, dass die Ausführungen in der Beschwerde unrichtig und widersprüchlich seien und weder der Sach- noch der Rechtslage entsprechen würden. Die Beschwerdeführer seien von den Verfahrensschritten und der Rechtsauffassung der Behörde nachweislich in Kenntnis gesetzt worden und hätten diesen keine gegenteiligen Ausführungen oder Einwände entgegengestellt. Mit Erledigung vom 10.10.2017 sei die beabsichtigte weitere Vorgangsweise den Verfahrensparteien bekannt gegeben worden. So sei die Notwendigkeit einer Feststellung einer allfälligen UVP-Pflicht des Projektes Wer Ache mitgeteilt worden sowie die Notwendigkeit der Berücksichtigung des Projektes der Uer Ache, derzeit beim Landeshauptmann von Tirol anhängigen und nicht Gegenstand des nunmehrigen Widerstreitverfahrens, um eine Gesamtbeurteilung der Auswirkungen auf den Gewässerhaushalt und die Gewässerökologie auf die Ter Ache umfassend einzuschätzen zu können. Die Widerstreitwerber seien auf eine Verfahrensunterbrechung bis zum rechtskräftigen Abschluss des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens gemäß § 38 AVG ausdrücklich hingewiesen worden. Der erhobene Vorwurf der Säumnis sei daher äußerst befremdlich, da der Rechtsvertreter der Antragstellerin von der Verfahrensunterbrechung und den Gründen nachweislich unterrichtet worden sei und kein gegenteiliges Vorbringen erstattet oder etwa einen Antrag auf Fortführung des Verfahrens gestellt habe. Die Verzögerung sei daher auf kein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen.

Die CC (in weiterer Folge Widerstreitgegnerin) hat zur Säumnisbeschwerde der Antragstellerin am 22.10.2019 eine Stellungnahme eingebracht. Darin wird zusammenfassend ausgeführt, dass eine Beschwerde nur zulässig sei, wenn eine Verfahrenspartei von einer Behörde in ihrem Recht auf Einhaltung der Entscheidungspflicht verletzt worden sei.

Aufgrund der nach Ansicht der Widerstreitgegnerin unvollständigen und argumentationsfreundlichen Sachverhaltsdarstellungen in der Säumnisbeschwerde wurde ein Überblick der wesentlichen Verfahrensschritte aus Sicht der Widerstreitgegnerin vorgelegt. Demnach sei das Vorhaben der Widerstreitgegnerin ursprünglich mit Schreiben vom 20.05.2009 bei der Tiroler Landesregierung zur Genehmigung nach dem UVP-G eingereicht worden. Zu diesem Zeitpunkt sei einerseits noch unklar gewesen, an welchem Standort der Speicher für dieses Vorhaben zu liegen komme. Andererseits habe das Vorhaben der Widerstreitgegnerin dem Vorhaben der Antragstellerin an der Uer Ache widerstritten. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 03.12.2013 habe diese festgestellt, dass das Vorhaben der Widerstreitgegnerin deshalb nicht widerstreittauglich sei, weil der Speicherstandort noch nicht festgelegt worden sei. Diese Entscheidung sei vom VwGH mit Erkenntnis vom 18.12.2014, *** bestätigt worden.

Zwischenzeitlich habe die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 06.06.2014 um die wasserrechtliche Bewilligung für das Vorhaben KW Wer Ache mit einer Engpassleistung von 14,4 MW beim Landeshauptmann von Tirol angesucht. Mit Schriftsatz vom 27.06.2014 habe die Antragstellerin die Einleitung eines Widerstreitverfahrens mit dem Vorhaben der Widerstreitgegnerin beantragt.

Mit Bescheid des BMLFUW vom 10.04.2015 sei der Antrag der Antragstellerin auf Einleitung eines Widerstreitverfahrens zurückgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 13.05.2015 Beschwerde an das LVwG Tirol erhoben. Mit Schriftsatz vom 21.04.2015 – und damit während des anhängigen Widerstreitverfahrens mit dem Kraftwerk Wer Ache – sei von der Widerstreitgegnerin der UVP-Behörde mitgeteilt worden, dass der wasserrechtliche Konsensantrag für das Vorhaben der Widerstreitgegnerin an der Uer Ache zum Zwecke der Vermeidung eines Widerspruchs des Vorhabens der Widerstreitgegnerin mit dem Projekt KW Uer Ache der Antragstellerin insoweit eingeschränkt werde, als dies zur Errichtung und zum uneingeschränkten Betrieb des Kraftwerks Uer Ache erforderlich sei.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol habe mit Erkenntnis vom 03.02.2016, *** der Beschwerde der Antragstellerin Folge gegeben und den Bescheid der belangten Behörde behoben. Gegen dieses Erkenntnis sei eine Amtsrevision erhoben worden, welche mit Erkenntnis des VwGH vom 03.08.2016, *** abgewiesen worden sei. Weiters habe dann die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 28.06.2017 die Fortsetzung des über den Antrag vom 27.06.2014 eingeleiteten Widerstreitverfahrens beantragt. In der Säumnisbeschwerde verschweige die Antragstellerin, dass die belangte Behörde im Anschluss an den Widerstreitantrag vom 10.10.2017 bei der Tiroler Landesregierung die Durchführung eines UVP-Feststellungsverfahrens beantragt habe. Die UVP-Behörde habe mit Bescheid vom 22.05.2019 festgestellt, dass über das Projekt KW Wer Ache keine UVP durchzuführen sei. Eine dagegen von Umweltorganisationen erhobene Beschwerde an das BVwG sei von diesem mit Erkenntnis vom 05.09.2019 abgewiesen worden. Ob dagegen Revisionen an den VwGH erhoben worden seien, sei der Widerstreitgegnerin nicht bekannt. Jedenfalls sei aber erst seit Zustellung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.09.2019 rechtskräftig festgestellt worden, dass der Antrag der Antragstellerin auf wasserrechtliche Bewilligung des Projektes KW Wer Ache bei der richtigen Behörde, nämlich dem Landeshauptmann von Tirol als Wasserrechtsbehörde und nicht der Tiroler Landesregierung als UVP-Behörde, eingebracht worden sei.

In einer rechtlichen Beurteilung wurde sodann ausgeführt, dass keine Entscheidungspflicht der belangten Behörde bestanden habe. So habe die Antragstellerin am 27.06.2014 die Einleitung eines Widerstreites mit dem Vorhaben der Widerstreitgegnerin beantragt. Zu diesem Zeitpunkt habe das Vorhaben der Widerstreitgegnerin unstrittig noch den vollständigen Einzug des Wassers aus der Uer Ache enthalten. Nachdem die belangte Behörde entschieden habe, dass das Vorhaben des AK V „alt“ als im Widerstreit mit dem Kraftwerk Uer Ache unterliegend gelte, sei das Vorhaben des AK V um den Einzug des Wassers der Uer Ache insofern eingeschränkt worden, als dies zum Betrieb des Kraftwerkes Uer Ache erforderlich sei. Nach den tragenden Entscheidungsgründen des VwGH in seinem Erkenntnis vom 03.08.2016, *** handle es sich dabei sowohl gegenüber dem Kraftwerk Uer Ache, als auch dem Vorhaben Wer Ache um eine wesentliche Änderung des Vorhabens der Widerstreitgegnerin. Bei einer solchen Änderung des Wesens der Sache vertrete der VwGH in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass es sich dabei um einen neuen Antrag unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages handle. Der seinerzeitige Widerstreitantrag der Gemeinde Z vom 27.06.2014 habe sich lediglich auf das Vorhaben Ausbau V „alt“ bezogen. Da die Vorhabensmodifikation vom 21.04.2015 (zumindest im Verhältnis zum Kraftwerk Wer Ache) laut VwGH als neuer Antrag zu werten sei, sei der Widerstreitantrag Zs vom 27.06.2014 gegenstandslos. Daher habe der VwGH das Erkenntnis des LVwG vom 03.02.2016 auch dahingehend bestätigt, dass der Bescheid der damaligen belangten Behörde vom Landesverwaltungsgericht ersatzlos behoben worden sei. Wie dargelegt habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 28.06.2017 die Fortsetzung des über Antrag vom 27.06.2014 eingeleiteten Widerstreitverfahrens beantragt. Dieser Antrag sei nicht dazu geeignet, überhaupt eine Entscheidungspflicht der belangten Behörde auszulösen. Der Widerstreitantrag der Antragstellerin vom 27.06.2014 habe sich ausschließlich auf das Vorhaben Ausbau V „alt“ bezogen. Das Vorhaben Ausbau V „neu“ sei – wie bereits ausgeführt – erst am 21.04.2015 beantragt worden. Der Widerstreitantrag der Antragstellerin vom 27.06.2014 habe sich daher schon denkunmöglich nicht auf dieses Vorhaben beziehen können. Die Fortsetzung des mit Antrag vom 27.06.2014 eingeleiteten Widerstreitverfahrens mit dem Vorhaben Ausbau V „alt“ komme daher mangels Vorhabensidentität von vornherein nicht in Betracht. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde im Schreiben vom 10.10.2017 könne der Fortsetzungsantrag der Antragstellerin vom 28.06.2017 auch nicht in einen neuen Antrag auf Durchführung eines Widerstreitverfahrens zwischen dem Projekt KW Wer Ache und dem Vorhaben Ausbau V „neu“ umgedeutet werden. Diese Umdeutung widerspreche der eindeutigen Formulierung des entsprechenden Antrages. Das Verfahren über den Antrag vom 27.06.2014, dessen Fortsetzung von der Antragstellerin mit Schreiben vom 28.06.2017 begehrt worden sei, sei mit dem VwGH Erkenntnis vom 03.08.2016, *** rechtskräftig abgeschlossen worden. Dem Fortsetzungsantrag der Antragstellerin stehe daher das Verfahrenshindernis der entschiedenen Sache entgegen. Dieser Antrag sei somit auch nicht geeignet gewesen, eine Entscheidungspflicht der belangten Behörde auszulösen. Von einer Säumnis der belangten Behörde könne schon aus diesem Grund keine Rede sein.

Für den Fall, dass der Fortsetzungsantrag der Antragstellerin vom 28.06.2017 entgegen dessen eindeutigem Wortlaut als neuer Antrag auf Durchführung eines Widerstreitverfahrens gewertet werden sollte, sei eine Entscheidungspflicht der belangten Behörde entstanden. Diese Entscheidungspflicht habe erst mit Eingabe vom 29.06.2017 begonnen. Eine Säumnis liege diesbezüglich allerdings nicht vor, weil die belangte Behörde zu Recht das Verfahren zur Klärung, inwiefern das Vorhaben an der Wer Ache der Antragstellerin nach dem UVP-G zu bewilligen sei, unterbrochen habe. So sei nämlich jedenfalls zu klären, inwiefern der Bewilligungsantrag bei der zuständigen Behörde eingebracht worden sei. Wenn der Antrag nämlich bei der unzuständigen Behörde eingebracht worden wäre, so wäre dieser gemäß § 6 Abs 1 AVG an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Solange das Ansuchen nicht bei der zuständigen Behörde eingelangt sei, könne – mangels Entscheidungspflicht der Wasserrechtsbehörde – nicht vom Vorliegen widerstreitender Ansuchen im Sinn des § 109 Abs 1 WRG 1959 gesprochen werden. Die belangte Behörde habe das Widerstreitverfahren zur Abklärung, inwiefern für das Vorhaben an der Wer Ache eine Bewilligung nach dem UVP-G erforderlich ist, faktisch ausgesetzt. Diese Vorgangsweise entspreche der ständigen Rechtsprechung des VwGH. Nach dem VwGH sei eine Aussetzung des Verfahrens mittels verfahrensrechtlichem Bescheid zwar zulässig, aber rechtlich nicht geboten. Ein überwiegendes Verschulden der Behörde an der Säumnis sei im Fall einer faktischen Aussetzung ausgeschlossen, wenn die Behörde zu einer Aussetzung nach § 38 AVG berechtigt gewesen sei. Ein solcher Fall liege gegenständlich deshalb vor, weil die Frage der Zuständigkeit des Landeshauptmannes von Tirol für die Behandlung des wasserrechtlichen Bewilligungsantrages von Z unmittelbare Auswirkungen auf das Widerstreitverfahren habe. Sei die UVP-Pflicht des Projektes KW Wer Ache zu bejahen und damit die UVP-Behörde für die Genehmigung des Projektes KW Wer Ache zuständig, sei der Widerstreitantrag Zs vom 29.06.2017 zurückzuweisen. Bei der Frage nach der UVP-Pflicht des Projektes KW Wer Ache handle es sich daher unzweifelhaft um eine Vorfrage, deren Klärung die Hauptfrage eines von anderen Behörden durchzuführenden Verfahrens sei. Im vorliegenden Fall habe die belangte Behörde mit Schreiben vom 10.10.2017 die Durchführung eines UVP-Feststellungsverfahrens beantragt und dies der Antragstellerin auch mitgeteilt. Unmittelbar nach dem Einlangen dieses Schreibens habe die Tiroler Landesregierung als die für die UVP-Feststellung zuständige Behörde das Ermittlungsverfahren zur UVP-Feststellung eingeleitet und mit Bescheid vom 22.05.2019 abgeschlossen. Erst am 05.09.2019 – und damit nach Einlangen der Säumnisbeschwerde der Gemeinde Z vom 29.08.2019 – sei die zulässige Vorfrage nach der UVP-Pflicht des Projektes KW Wer Ache vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig entschieden worden.

Im Ergebnis treffe die belangte Behörde daher kein Verschulden an einer allfälligen Säumnis. Abschließend wurde noch darauf hingewiesen, dass auch mit der Behauptung einer Pflicht zur amtswegigen Durchführung des Widerstreitverfahrens im Anschluss an das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.08.2016, ***, keine Säumnis der belangten Behörde vorliegen würde. Vor diesem Hintergrund wurde eine Abweisung der Säumnisbeschwerde angeregt.

Mit Schriftsatz des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 22.01.2020 wurden der Antragstellerin sowie der Widerstreitgegnerin, dem wasserwirtschaftlichen Planungsorgan und der belangten Behörde mitgeteilt, dass nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol Säumnis der belangten Behörde vorliege. Das Landesverwaltungsgericht Tirol sei daher nunmehr zur Entscheidung über den Widerstreit zuständig geworden sei.

Mit Schreiben vom 30.01.2020 wurden sodann Sachverständige aus den Bereichen Energiewirtschaft, Gewässerökologie und Fischereiwirtschaft, Hydrographie und Hydrologie, Wasserbau sowie Landschaftsbild und Erholungswert mit den Vorhaben der Antragstellerin sowie der Widerstreitgegnerin befasst. In einer ersten Reaktion darauf haben alle befassten Amtssachverständigen mitgeteilt, dass aus Sicht ihres jeweiligen Fachbereichs die Unterlagen zur Durchführung eines Widerstreitverfahrens vollständig seien und ein Widerspruch eines Vorhabens mit dem Stand der Technik nicht vorliege.

Aufgrund wiederholter Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Antragstellerin hat das Landesverwaltungsgericht Tirol daraufhin mit Beschluss vom 17.04.2020 die mündliche Verhandlung für den 20.10.2020 kundgemacht.

Am 21.07.2020 hat die Antragstellerin vorgebracht, die Wasserfassung der Widerstreitgegnerin an der Uer Ache nutzlos sei, weil diese zu 75 % des Jahres nicht genutzt werde. Schon alleine dieser Umstand müsse für sich gesehen ausreichen, um zum Ergebnis zu kommen, dass dem Projekt der Antragstellerin der Vorzug zu gewähren sei. Außerdem gebe es kein aus dem wasserwirtschaftlichen Rahmenplan abzuleitendes öffentliches Interesse und kein übergeordnetes gemeinschaftliches Interesse und liege das Vorhaben der Widerstreitgegnerin überdies auch nicht sonst im öffentlichen Interesse.

In weiterer Folge wurden von den Amtssachverständigen entsprechend dem Gutachtensauftrag Gutachten vorgelegt. Diese Gutachten wurden den Widerstreitwerbern mit Emailnachricht vom 03.09.2020, vom 10.09.2020, vom 15.09.2020 sowie vom 22.09.2020 weitergeleitet.

Zu Folge der Einschränkungen im Zusammenhang mit der SARS-Covid-19 Pandemie war die Durchführung der mündlichen Verhandlung am 20.10.2020 um 9.00 Uhr in den Räumlichkeiten des Landesverwaltungsgerichtes Tirol im Hinblick auf die einzuhaltenden Abstände zwischen den einzelnen Teilnehmern bei der mündlichen Verhandlung nicht möglich. Aus diesem Grund wurde mit Beschluss vom 07.10.2020 die öffentliche mündliche Verhandlung auf den 03.02.2021 in einen entsprechend größeren Saal vertagt.

Mit Schriftsatz vom 09.11.2020 wurde dem Landesverwaltungsgericht Tirol bekannt gegeben, dass die Antragstellerin nunmehr von der BB und nicht mehr von der EE vertreten wird.

Am 05.01.2021 wurde eine umfangreiche Stellungnahme der Antragstellerin samt Anlagen sowie am 28.01.2021 ebenfalls eine umfangreiche Stellungnahme der Widerstreitgegnerin samt Anlagen vorgelegt.

Am 03.02.2021 wurde sodann die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt.

Nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung haben sowohl die Antragstellerin, als auch die Widerstreitgegnerin Berichtigungsanträge zur übermittelten Niederschrift eingebracht. Soweit in den entsprechenden Anträgen tatsächliche Berichtigungen der Übertragung beantragt wurden, wurde diesen entsprochen und den Verfahrensparteien mit Schriftsatz vom 24.02.2021 eine berichtige Fassung der Niederschrift übermittelt. Einwänden der Widerstreitgegnerin betreffend die Art der Protokollierung, sohin nicht betreffend Fragen der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Übertragung, wurde allerdings nicht durch eine entsprechende Korrektur der Niederschrift Rechnung getragen.

II.      Sachverhalt:

AK V:

Die CC beabsichtigt den Ausbau des bestehenden Kraftwerks V. Dabei sollen im Wesentlichen zusätzliche Wässer aus dem T (Wer Ache, Uer Ache, S und R) und aus dem Q (P) in den bestehenden Speicher O übergeleitet werden, ein zusätzlicher Speicher im Q mit dem Pumpspeicherkraftwerk N als Oberstufe und eine zusätzliche Unterstufe Kraftwerk M II errichtet sowie die Gstufen M-L und L-K erweitert werden. Insgesamt soll dadurch ein zusätzliches Regelarbeitsvermögen von rund 787 GWh erzeugt werden.

Wasserfassung Wer Ache

Im T ist an der Wer Ache eine Wasserfassung in Form eines Speichers mit einem Volumen von ca. 70.000 m³ und einem Ausbaudurchfluss von 50 m³/s geplant. Die Konzeption erfolgte so, dass auch bei einem Hochwasser ein sicherer Einzug von bis zu 50 m³/s gewährleistet ist. Beim Speicher O ist durch das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin vorgesehen, dass ein entsprechender Freiraum zur Zurückhaltung einer derartigen Wassermenge für zumindest 48 Stunden erfolgen kann. Als Absperrbauwerk ist eine Zylindermauer vorgesehen, deren Mauerkrone in Bachmitte auf Höhe 1846,3 müA liegt und an den Flanken auf Höhe 1852,0 müA. Der Kronenüberfall ist auf ein BHQ von 387 m³/s bzw. ein SHQ von 450 m³/s ausgelegt. Die Mauer verfügt über einen Grundablass mit einem Querschnitt von 4,5 x 3,5 m, woraus sich im Freispiegelabfluss eine Kapazität von 67 m³/s und 176 m³/s bei Vollstau ergibt. Zur Vermeidung von Verklausung ist oberwasserseitig ein senkrechter Rechenstab angeordnet. An der Sperre sollen jahresdurchgängig 20% des ankommenden Abflusses, im Zeitraum von Oktober bis März jedoch mindestens 1.000 l/s, im April, Mai und September mindestens 2.000 l/s und von Juni – August mindestens 3.000 l/s als Dotierwasser abgegeben werden. Oberhalb der Staumauer ist auf der orographisch linken Seite das Entnahmebauwerk mit Überlaufschwelle auf Höhe 1844,8 müA angeordnet. Die 3 Einlauföffnungen haben Abmessungen von 4,6 x 2,5 m und werden durch Tiefschütze gesteuert. Zwischen 15.12. und 15.04. jeden Jahres soll die Wasserfassung außer Betrieb genommen werden und der Wasserspiegel aufgrund von Lawinengefahr abgesenkt werden. Insgesamt sollen bei einer Jahreswasserfracht von 265 hm³ im Mittel 191,8 hm³ Wasser von der Wer Ache in den Speicher O übergeleitet werden. Als Beitrag zum Hochwasserschutz werden im Speicher O im Zeitraum von 1.7. – 31.8. jeden Jahres eine Hochwasserlamelle von 9 m (22,6 hm³) bis zum Stauziel freigehalten und von 1.9-. – 15.9. eine Lamelle von 4 m (10,2 hm³).

Wasserfassung Uer Ache

An der Uer Ache eine Wasserfassung in Form eines Speichers mit einem Volumen von ca. 70.000 m³ und einem Ausbaudurchfluss von 29 m³/s sowie am S und am J zwei Nebenfassungen als Tiroler Wehre mit einem Ausbaudurchfluss von 1,1 m³/s bzw. 1,2 m³/s. Das eingezogene Wasser der Nebenfassungen wird zur Fassung Uer Ache und dann gemeinsam mit den Einzügen aus Uer Ache und in weiterer Folge Wer Ache in einem Freispiegelstollen zum bestehenden Speicher O übergeleitet.

Hinsichtlich der Auswirkungen durch die Wassereinzüge an Wer- und Uer Ache mit Nebenfassungen auf den Geschiebehaushalt der Ter Ache wurden umfangreiche Untersuchungen (Modellversuche für die Wasserfassung Uer Ache, Kartierungen im gesamten T, Messungen der Geschiebe- und Schwebstoffrachten an bestehenden Wasserfassungen, numerische Modellierung der Langzeitentwicklung des Geschiebehaushaltes inklusive Plausibilitätsprüfung und Sensitivitätsanalyse) durchgeführt und darauf aufbauend ein abgestimmtes Spülkonzept für die Wasserfassungen und Monitoringprogramm für die Ter Ache ausgearbeitet.

Neue Oberstufe

Im Q ist die Errichtung eines Speichers mit einem Nutzinhalt von ca. 42 Mio. m³ vorgesehen. Zwischen dem neuen Speicher Q und dem bestehenden Speicher O soll ein Triebwasserweg bestehend aus einem Druckstollen, einem Wasserschloss, einem Druckschacht, einem Unterwasserstollen und einer Unterwasser-Schwallkammer errichtet werden. Das Triebwasser wird im dazwischenliegenden Pumpspeicherkraftwerk N abgearbeitet bzw. in den Speicher Q gepumpt. Das Pumpspeicherkraftwerk N hat einen Ausbaudurchfluss von 77,2 m³/s im Turbinenbetrieb und 53,6 m³/s im Pumpbetrieb und eine Leistung von ca. 400 MW bei Schwereebenen der Speicher O und Q.

Neue Unterstufe

Die zusätzlich gefassten Wässer aus dem T und dem Q werden über einen neu zu errichtenden Druckstollen und den bereits bestehenden neuen Druckschacht zum geplanten Kraftwerk M II geleitet. Das Kraftwerk M II hat einen Ausbaudurchfluss von 70 m³/s und eine Leistung von ca. 500 MW bei Schwereebene des Speichers O. Im Anschluss an die Kraftwerke M I und II soll ein Schwallausgleichsbecken mit einem Nutzvolumen von 40.000 m³ errichtet werden.

Erweiterung KW M-L

Bei der Gstufe M-L soll das Stauziel der Wehranlage F um 1,5 m erhöht werden und die Wasserfassung entsprechend umgebaut werden. Der Ausbaudurchfluss der Wasserfassung soll von 85 m³/s auf 170 m³/s erhöht werden. Es soll ein zweiter Triebwasserweg, bestehend aus einem Druckstollen, einem Wasserschloss, das mit dem Wasserschloss des Bestandes verbunden werden soll, einem Druckschacht, einer Unterwasser-Schwallkammer und einem Unterwasser-Speicherstollen errichtet werden. Das zusätzliche Triebwasser wird im neuen Kraftwerk L II mit einem Ausbaudurchfluss von 85 m³/s und einer Engpassleistung von ca. 92,5 MW bei Schwereebenen des Stauraums F bzw. des Schwallausgleichsbeckens L abgearbeitet. Im Anschluss an die Kraftwerke L I und II soll ein Schwallausgleichsbecken mit einem Nutzvolumen von 270.000 m³ errichtet werden.

Erweiterung KW L-K

Bei der Gstufe L – K soll der Ausbaudurchfluss von 85 m³/s auf 130 m³/s erhöht werden. Das zusätzliche Triebwasser wird mit einem dritten Maschinensatz abgearbeitet, wodurch sich eine Leistungserhöhung von ca. 18,5 MW ergibt. Das anschließende Schwallausgleichsbecken soll um 2 m erhöht werden, wodurch sich das Nutzvolumen von 200.000 m³ auf 300.000 m³ erhöht.

KW Wer Ache

Die AA beabsichtigt die Errichtung eines Ausleitungskraftwerkes an der Wer Ache. Die Wasserfassung soll an der Wer Ache bei km **** als Tiroler Wehr (Sohlentnahme) mit anschließendem Entsander ausgeführt werden. Die Druckrohrleitung DN2000 führt über eine Länge von rund 3.800 m zum Krafthaus mit Unterwasserkanal. Der Ausbaudurchfluss wurde mit 11 m³/s festgelegt, wobei ein Dotierwasser von 40 %, mindestens aber 400 l/s abgegeben werden soll. Somit werden im Mittel jährlich 124,4 hm³ Wasser der Wer Ache genutzt. Mit dem eingezogenen Wasser soll eine Engpassleistung von 14,6 MW und ein Regelarbeitsvermögen von 45 GWh erzeugt werden.

Betreffend die öffentliche Ordnung gemäß dem Rahmenplan Tiroler E wird festgestellt, dass der Rahmenplan eine Nutzung des Wassers der Wer Ache in Form eines Speicherbetriebes und nicht in Form eines Laufbetriebes vorsieht. Insofern entspricht das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin dieser Vorgabe des Rahmenplans, jenes der Antragstellerin allerdings nicht. Ein Widerspruch eines der Vorhaben gegen die gewässerökologischen Vorhaben des Rahmenplans in Bezug auf die Ableitung von Wasser aus der Wer Ache liegt nicht vor.

Betreffend die energiewirtschaftlichen Belange wird festgehalten, dass die mittlere genutzte Jahreswasserfracht (mittlere Betriebswassermenge) beim Vorhaben der Antragstellerin 124,4 Mio. m³ beträgt, beim Vorhaben der Wiederstreitgegnerin 191,8 Mio. m³, dies ausschließlich bezogen auf den Wassereinzug aus der Wer Ache. Während beim Vorhaben der Antragstellerin als Ausleitungskraftwerk die Nettofallhöhe 156,3 Meter beträgt, wird beim Vorhaben der Wiederstreitgegnerin das Wasser aus dem T in das V abgeleitet und dann in mehreren Schritten abgearbeitet. Die letzte Abarbeitung des Wassers soll beim Kraftwerk L-K erfolgen, welches etwa 1.100 Meter unter der Mauerkrone bei der Wasserfassung an der Wer Ache liegt. Insgesamt führt dies dazu, dass beim Vorhaben der Antragstellerin ein Regelarbeitsvermögen von 45,4 Gigawattstunden vorliegt, bei jenen der Wiederstreitgegnerin (wiederum ausschließlich bezogen auf das Wasser aus der Wer Ache) ein solches in der Höhe von 464 Gigawattstunden. Diesbezüglich ist somit eindeutig dem Vorhaben der Wiederstreitgegnerin der Vorzug einzuräumen.

Betreffend die Frage der Versorgungssicherheit wird festgehalten, dass bei einem Ausleitungskraftwerk Strom kontinuierlich hergestellt wird, während bei einem Speicherkraftwerk, wie dies von der Wiederstreitgegnerin vorgesehen ist, Energie dann bereitgestellt werden kann, wenn sie tatsächlich benötigt wird. Dies betrifft nicht nur die Frage der jahreszeitlichen Umlagerung, sondern auch die Frage der Abdeckung kurzfristiger Schwankungen im Stromnetz. Durch ein Ausleitungskraftwerk wird sohin kontinuierlich Strom erzeugt, unabhängig von der Bedarfssituation, während bei einem Speicherkraftwerk die Stromerzeug nach dem konkreten Bedarf gesteuert erfolgen kann. Insofern entspricht das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin als Speicherkraftwerk dem Kriterium der Versorgungssicherheit eindeutig besser als das Vorhaben der Antragstellerin.

Auch zum Kriterium Versorgungsqualität wird festgehalten, dass das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin diesem Kriterium besser entspricht, als jenes der Antragstellerin. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine hohe Versorgungsqualität dann vorliegt, wenn die Energie zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast, das ist der November/Dezember, verfügbar ist und andererseits die Erzeugung der Energie flexibel an die schwankende Nachfrage bzw fluktuierende Stromerzeugung aus Wind- und Sonnenenergie angepasst werden kann. Zumal durch das geringe Wasserdargebot in den Wintermonaten bei einem Laufkraftwerk im Winter nur sehr geringe Strommengen erzeugt werden können und bei einem Speicherkraftwerk durch das zurückgehaltene Wasser eine Stromerzeugung im wesentlich höheren Umfang auch im Winter möglich ist, ist das Vorhaben der Widerstreitgegnerin in diesem Zusammenhang zu bevorzugen.

Zum Thema Energieautonomie im hinteren T wird ergänzend festgestellt, dass das Vorhaben der Antragstellerin nicht schwarzstart- und inselbetriebsfähig ist. Durch die Energieproduktion im Sommer werden allerdings die Energieflüsse in das T reduziert und damit die Stromleitungen entlastet. Beim Vorhaben der Widerstreitgegnerin ist im Unterschied dazu eine Schwarzstartfähigkeit gegeben. Außerdem ist die Errichtung eines Ringschlusses mit dem V mit einer 110kV-Leitung und damit eine energietechnische Anbindung des Ts von zwei Seiten vorgesehen. Dies sowie die wesentlich höhere Energieproduktion in den Wintermonaten führt ebenso zu einer Erhöhung der lokalen Versorgungssicherheit.

Außerdem ist das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin im Hinblick auf das Kriterium Klimaschutz jenem der Antragstellerin überlegen, zumal die potentielle CO2-Vermeidung beim Vorhaben der Wiederstreitgegnerin um den Faktor 13 größer ist als beim Vorhaben der Antragstellerin.

Betreffend das Kriterium technische Effizienz wird festgehalten, dass beide Vorhaben beim Indikator Netzanbindung und Ausbaugrad gleich zu bewerten sind.

Im Vergleich beider Vorhaben anhand der ermittelten Kriterien des österreichischen Wasserkatalogs „Wasser schützen – Wasser nützen“ kann zusammenfassend festgestellt werden, dass das Vorhaben Ausbau Kraftwerk V der Wiederstreitgegnerin wesentlich höhere Beiträge für die energiewirtschaftlichen Interessen Versorgungssicherheit, Versorgungsqualität und Klimaschutz durch die Ausnützung des Wassers der Wer Ache liefert als jenes der Antragstellerin.

Das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin entspricht den Vorgaben des nationalen Energie- und Klimaplans besser als das Vorhaben der Antragstellerin, zumal durch dieses die mehr als 10fache Energiemenge im Verhältnis zum Vorhaben Kraftwerk Wer Ache erzeugt werden kann.

Auch im Hinblick auf die energiewirtschaftlichen Belange wird festgehalten, dass das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin den Vorgaben des Rahmenplans Tiroler E entspricht, jenes des Kraftwerks Wer Ache allerdings nicht.

Zur Frage Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und Erholungswert der Landschaft wird festgehalten, dass beim Kraftwerk der Antragstellerin das Wasser aus der Wer Ache für einen bestimmten Bereich ausgeleitet und sodann der Wer Ache und in weiterer Folge der Ter Ache wieder zugeleitet wird. Beim Vorhaben der Wiederstreitgegnerin wird hingegen das Wasser aus der Wer Ache in das V abgeleitet und steht somit in weiterer Folge der Wer Ache bzw der Ter Ache nicht mehr zur Verfügung.

Die Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes und des Erholungswertes an der Restwasserstrecke des Vorhabens der Antragstellerin sind damit geringer als beim Vorhaben der Wiederstreitgegnerin. Die Auswirkungen bezüglich des Restwasserdargebots des Vorhabens der Wiederstreitgegnerin gehen damit über die Wer Ache dahinaus und wirken auch auf den Wasserabfluss der Uer Ache. Die negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild und den Erholungswert des Vorhabens der Antragstellerin sind somit wesentlich geringer als jene des Vorhabens der Wiederstreitgegnerin. Damit entspricht das Vorhaben der Antragstellerin auch den Interessen der Tourismuswirtschaft besser als jenes der Widerstreitgegnerin.

Weiters zu berücksichtigen ist, dass beim Vorhaben der Wiederstreitgegnerin im Bereich der Wer Ache ein Rückstaubereich eingerichtet werden soll. Bedingt dadurch erfolgt auch durch die baulichen Anlagen beim Vorhaben der Wiederstreitgegnerin eine stärkere Beeinträchtigung des Landschaftsbildes als beim Vorhaben der Antragstellerin, bei welchem ein Rückstaubereich in der Wer Ache nicht vorgesehen ist.

Weiters wird festgehalten, dass bei beiden Vorhaben eine Beeinträchtigung von Schutzgebieten im Sinne des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 nicht erfolgen wird.

Betreffend die Gewässerökologie wird festgehalten, dass bei beiden Vorhaben mit einer Verschlechterung der Qualitätskomponente Wasserhaushalt zu rechnen ist. Bei der Durchgängigkeit ist eine Verschlechterung der Qualitätskomponente durch das geplante Vorhaben Ausbau Kraftwerk V zu befürchten, beim Vorhaben Kraftwerk Wer Ache bleibt der Zustand im Wesentlichen unverändert. Bei der Qualitätskomponente Morphologie ist ebenso beim Ausbau Kraftwerk V von einer Verschlechterung der Qualitätskomponente auszugehen, beim Kraftwerk Wer Ache hingegen nicht.

Die Vorgaben der QZV Ökologie betreffend die biologischen Qualitätskomponenten Makrozoobenthos und Phytobenthos werden bei beiden Vorhaben eingehalten, der derzeitige ökologische Zustand wird somit nicht verschlechtert. Auch kommt es zu keiner Verschlechterung bei chemisch-physikalischen Qualitätskomponenten.

Insgesamt kommt es daher bei beiden Vorhaben zu keiner Verschlechterung des ökologischen Gesamtzustandes.

Zum Rahmenplan Tiroler E im Hinblick auf gewässerökologische Vorgaben wird festgehalten, dass insbesondere in Bezug auf die Schwall- und Sunkproblematik im Rahmenplan Ziele für die Gewässerstrecke am G vorgesehen sind. Ein wesentlicher Beitrag zur Vermeidung von Schwall und Sunk am G soll gemäß dem Rahmenplan Tiroler E durch das Gesamtvorhaben der Widerstreitgegnerin erreicht werden. Soweit daher durch das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin eine Schwall/Sunk Reduktion im Bereich des Gs vorgesehen ist so wird festgehalten, dass dieser Teil des Vorhabens der Wiederstreitgegnerin nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Ableitung von Wasser aus der Wer Ache steht und daher diesbezügliche Vorteile des Vorhabens der Wiederstreitgegnerin im vorliegenden Wiederstreitverfahren nicht weiter zu berücksichtigen sind.

Insgesamt wird allerdings zum Thema Gewässerökologie festgehalten, dass es auf der Hand liegt, dass ein Ausleitungskraftwerk an einer relativ kurzen Strecke an einem Bach wesentlich geringere gewässerökologische Folgen nach sich zieht als die Ableitung des Wassers in ein anderes Tal und Abarbeitung dieses Wassers über mehrere Staustufen. Soweit daher bei der mündlichen Verhandlung beantragt wurde, das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin im Hinblick auf die gesamten ökologischen Auswirkungen zu untersuchen, so wird festgehalten, dass es auf der Hand liegt, dass die gewässerökologischen Auswirkungen gleich wie die Auswirkungen auf Landschaftsbild und Erholungswert und damit auch auf den Tourismus beim Vorhaben der Wiederstreitgegnerin jedenfalls bedeutend negativer sind als beim Vorhaben der Antragstellerin. Alleine ein Vergleich der Dimension der beiden Vorhaben lässt nach dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut keinen anderen Schluss zu. Zumal diese erheblich negativeren Auswirkungen daher offensichtlich sind, war dazu die Einholung eines weiteren Gutachtens nicht erforderlich.

Zum Geschiebemanagement wird festgehalten, dass es beim Vorhaben der Antragstellerin nur zu einer kurzzeitigen und geringfügigen Beeinflussung des Gewässerhaushalts kommt. Beim Vorhaben der Widerstreitgegnerin wird das zunächst im Stauraum zurückgehaltene Geschiebe durch entsprechende Spülungen weitergeleitet und sodann in den Bereichen, in welchen bereits jetzt im Gewässerverlauf Geschiebeentnahmen erfolgen, entnommen. Hier sind keine wesentlichen Änderungen zu erwarten. Beide Vorhaben sind diesbezüglich somit gleichwertig.

Der Landeshauptmann von Tirol hat als wasserwirtschaftliches Planungsorgan mit Schriftsatz vom 01.02.2021 vorgebracht, dass das Vorhaben der Antragstellerin insbesondere im Hinblick auf die klare Nichterfüllung des Erfordernisses einer effektiven Nutzung des Ter Wasserkraftpotentials und aufgrund des Widerspruchs zum Wasserwirtschaftlichen Rahmenplan Tiroler E aus Sicht der wasserwirtschaftlichen Planung strikt abgelehnt werde.

Weiters wird festgestellt, dass zwischenzeitlich das Vorhaben der Antragstellerin betreffend Kraftwerk an der Uer Ache durch Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol rechtskräftig abgewiesen wurde.

III.     Beweiswürdigung:

Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich aus den Gutachten der im Verfahren vor dem Landesgericht Tirol beigezogenen Amtssachverständigen, welche im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 03.02.2021 erörtert wurden.

Im Einzelnen wird dazu auf Folgendes hingewiesen:

Zur Feststellung, dass das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin den Interessen des Hochwasserschutzes besser entspricht, hat der Amtssachverständige FF in seinem Gutachten vom 21.07.2020 Folgendes festgehalten:

„Beim KW Wer Ache ist als Fassungsbauwerk ein Tiroler Wehr und somit eine Bauweise ohne Regelorgan im Gewässer vorgesehen. Die Hochwasserabfuhrkapazität für ein HQ100 wurde anhand einer vereinfachten Betrachtung mit ausreichendem Freibord nachgewiesen. Eine allfällige Vereisung der Rechenstäbe des Sohlrechens in den Wintermonaten wirkt sich negativ auf die Betriebsfähigkeit der Anlage aus, jedoch nicht auf die Anlagensicherheit bzw. Wasser- und Eisabfuhr.

Beim Vorhaben Ausbau KW V erfolgt die Wasserentnahme mithilfe einer Speicherfassung, deren Absperrorgan eine Bogenmauer darstellt. Das Bauwerk ist gemäß den dem Projekt beiliegenden Berechnungen auf die Abfuhr eines Sicherheitshochwassers ausgelegt. Zwischen Mitte Dezember und Mitte April wird der Wassereinzug eingestellt und es erfolgt freier Durchfluss. Relevante Eisbildung ist somit nicht zu erwarten. Das Fassungskonzept als Speicherfassung mit hoch liegendem Einlaufbauwerk erlaubt zudem das Aufrechterhalten des Wassereinzuges auch im Hochwasserfall an der Wer Ache. Gleichzeitig wird in der Hochwasserperiode eine ausreichend große Lamelle im Speicher O für die Zwischenspeicherung der übergeleiteten Hochwasserabflüsse freigehalten. Dadurch kann die Hochwasserspitze an der Wer Ache und in weiterer Folge an der Ter Ache beim Projekt Ausbau KW V alleine durch die Wasserfassung an der Wer Ache um bis zu 50 m³/s reduziert werden. Angemerkt wird, dass an der Wasserfassung an der Uer Ache zusätzlich weitere 30 m³/s im Hochwasserfall in den Speicher O übergeleitet werden können.

Zusammenfassend ergeben sich bei beiden Projekten keine Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer und des Eises. Beim Vorhaben Ausbau KW V ergibt sich jedoch zusätzlich ein positiver Effekt auf die Hochwassersituation im T. Aus fachlicher Sicht ist das Projekt Ausbau KW V somit gegenüber dem Projekt KW Wer Ache hinsichtlich des öffentlichen Interesses gemäß § 105 Abs 1 lit b WRG 1959 zu bevorzugen.“

Zum Thema Geschiebemanagement hat der Amtssachverständige in seinem Gutachten ausgeführt:

„Beim Kraftwerk Wer Ache erfolgt der Wassereinzug über eine Sohlentnahme mit anschließendem Entsander. Das ankommende Geschiebe wird somit entweder über den Sohlrechen transportiert oder bei Entsanderspülungen kurz nach der Wasserfassung wieder in die Wer Ache zurückgegeben. Es kommt dadurch nur zu einer kurzzeitigen und geringfügigen Beeinflussung des Geschiebehaushaltes der Wer Ache.

Beim Projekt Ausbau Kraftwerk V wird das ankommende Geschiebe zunächst im Stauraum temporär zurückgehalten und soll bei im Durchschnitt jährlich 3 Regelspülungen sowie im Hochwasserfall nach Durchlauf der Hochwasserspitze durch Stauraumspülungen in das Unterwasser weitergeleitet werden. Anhand umfangreicher Untersuchungen wurden die dadurch zu erwartenden Auswirkungen ermittelt. Dabei zeigt sich, dass außerhalb der Bereiche, in denen bereits derzeit regelmäßige oder gelegentliche Geschiebeentnahmen erforderlich sind, keine relevanten Änderungen zu erwarten sind. Die vorgesehenen Monitoringmaßnahmen und das geplante gegebenenfalls erforderliche Geschiebemanagement sind jedenfalls geeignet, dass kein schädlicher Einfluss auf Lauf, Höhe, Gefälle oder Ufer zu erwarten ist.

Die beiden Projekte sind somit hinsichtlich des öffentlichen Interesses gemäß § 105 Abs 1 lit d WRG 1959 als gleichwertig zu beurteilen.“

Diese Schlussfolgerungen des Amtssachverständigen sind schlüssig und nachvollziehbar und wurde diesen auch bei der mündlichen Verhandlung von der Antragstellerin weder auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, noch sonst dargelegt, weshalb diese Ausführungen unrichtig sein sollten. Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat daher keinerlei Zweifel daran, dass die Ausführungen des Amtssachverständigen FF zur Frage der Hochwassersicherheit im T richtig sind.

Auch zur Frage der möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft ist auf das Gutachten von FF zu verweisen, welcher im angeführten Gutachten Folgendes festgestellt hat:

„Das Einzugsgebiet der Wer Ache weist an der Fassungsstelle des Vorhabens Ausbau KW V einen Vergletscherungsgrad von rund 32% und an der Fassungsstelle des Projektes KW Wer Ache knapp 31% auf. Die energetische Nutzung von Gewässern mit hohem Gletscheranteil stellt grundsätzlich eine größere Herausforderung dar, als bei anderen Gewässern. Dies gilt insbesondere bei Ausleitungskraftwerken, die ausschließlich oder fast ausschließlich im Laufbetrieb arbeiten.

Die Beurteilung der Vollständigkeit der Ausnutzung der Wasserkraft erfolgt in den meisten Fällen anhand der Überschreitungsdauer des Ausbaudurchflusses und des Verhältnisses von Ausbaudurchfluss QA zu mittlerem Abfluss MQ. Im Kriterienkatalog Wasserkraft in Tirol werden dabei für Werte der Überschreitungsdauer von 70 bis 90 Tage und Werte des Verhältnisses von QA/MQ zwischen 1,2 und 1,3 mit der Maximalpunktzahl bewertet. Beim Kraftwerk Wer Ache ergibt sich dabei eine Überschreitungsdauer von rund 60 Tagen und ein Verhältnis QA/MQ von 1,44, womit die Kenndaten dieser Anlage in der Nähe dieses Bereiches liegen.

Die Beurteilungsmethodik nach dem Kriterienkatalog Wasserkraft in Tirol ist für die meisten Gewässerstrecken eine aussagekräftige Methodik. Aufgrund der großen Ungleichverteilung der Abflüsse im Jahresgang bei Einzugsgebieten mit hohem Vergletscherungsanteil ist jedoch bei Einhaltung der oben angeführten Werte davon auszugehen, dass ein wesentlich geringerer Anteil der verfügbaren Wasserfracht genutzt wird als bei Anlagen gleicher Größenordnung in anderen Gewässerstrecken. Das Projekt KW Wer Ache wird für die Beurteilung der Nutzung der Wasserkraft daher mit anderen bewilligten bzw. in Betrieb befindlichen Anlagen verglichen. Es wurden dabei alle im Wasserbuch gelisteten Neuanlagen mit vergleichbarer Leistung und vergleichbarem Anlagentyp herangezogen, die in den letzten 15 Jahren einen positiven Wasserrechts- bzw. UVP-Bescheid erhalten haben. Die Eingrenzung der betrachteten Anlagen erfolgte dabei aufgrund folgender Aspekte:

?    Es wurden nur Anlagen berücksichtigt mit einer Leistung ? 1,0 MW, die ausschließlich oder fast ausschließlich im Laufbetrieb arbeiten. Damit ist Anlagentyp und -größe ähnlich zum vorliegenden Projekt.

?    Die Einschränkung auf die letzten 15 Jahre wurde getroffen, da dieser Zeitraum die aktuelle wasserwirtschaftliche Auslegungspraxis bei Ausleitungs-Laufanlagen ausreichend widerspiegelt.

Außerdem wird die Datenlage mit zunehmendem Alter der Bescheide deutlich dünner.

?    Alte Bestandsanlagen, bei denen in diesem Zeitraum eine Wiederverleihung des Wasserrechts bewilligt wurde, wurden nicht herangezogen, da die wasserwirtschaftliche Auslegung auf einem Zeitpunkt beruht, der meist 30 Jahre oder noch länger vor dem Zeitpunkt der Wiederverleihung lag. Ausgenommen davon ist die unten gelistete Anlage am Zwenewaldbach, die abgesehen von der Beibehaltung der Staumauer einem Neubau gleichkam.

Für diese Anlagen wurde der Prozentsatz der für die Energieerzeugung genutzten Wasserfracht (GWF) von der Jahreswasserfracht (JWF) berechnet. Die Berechnung der genutzten Wasserfracht (GWF) erfolgte dabei auf Basis einer vereinfachten Betrachtung, wobei das Regelarbeitsvermögen (RAV) durch die Engpassleistung (P) dividiert und mit dem Ausbaudurchfluss (QA) und der Zeit multipliziert wurde. Die Abweichungen zu einer genaueren Berechnung, bei der auch der höhere Gesamtwirkungsgrad durch die geringeren Reibungsverluste berücksichtigt wird, beträgt zwischen 0% und 2%, was für den Vergleich als ausreichend genau betrachtet wird. Um die Vergleichbarkeit der Werte zu gewährleisten, erfolgte die Berechnung für alle Anlagen gleich, auch wenn genauere Daten verfügbar waren. Die Jahreswasserfracht (JWF) wurde über den mittleren Abfluss MQ oder das Verhältnis QA/MQ bestimmt. Alle Angaben wurden dabei den Bewilligungsbescheiden bzw. den vorliegenden Projektunterlagen entnommen. Bei 3 Anlagen konnte die Jahreswasserfracht nicht ermittelt werden. Die Ergebnisse der insgesamt 23 Anlagen sind in nachfolgender Tabelle zusammengefasst.

Die Tabelle zeigt, dass das Projekt KW Wer Ache hinsichtlich der Nutzung der verfügbaren Jahreswasserfracht mit 51% am unteren Ende des Spektrums befindet, jedoch noch im Bereich der Größenordnung vergleichbarer Anlagen zwischen 50% und 75%. (Angemerkt wird, dass sich der geringe Nutzungsgrad von 40% beim Kraftwerk D-C aus der Berücksichtigung der Vorgaben des wasserwirtschaftlichen Rahmenplanes Tiroler E ergibt. (vgl. Erkenntnis des LVwG Tirol vom 23.12.2019, ***).) Die Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserfracht ist somit aus wasserwirtschaftlicher Sicht noch als vollständig zu betrachten.

Für das Vorhaben Ausbau Kraftwerk V sind die Kriterien Überschreitungsdauer und Verhältnis QA/MQ ohnehin nicht zutreffend, da es sich um ein Speicherkraftwerk handelt. Stattdessen werden die Vollaststunden/Jahr der Anlage zur Beurteilung der Nutzung der Speichermöglichkeit betrachtet. Im Kriterienkatalog Wasserkraft in Tirol wird dabei ein Bereich von 500 – 1750 h/Jahr mit der Maximalpunktzahl bewertet. Beim Vorhaben Ausbau KW V liegt dieser Wert ausschließlich bezogen auf die Überleitungen von der Wer Ache bei rund 760 h/Jahr und unter Berücksichtigung der Überleitungen von der Uer Ache und den Zuflüssen des Pes bei rund 930 h/Jahr und somit im optimalen Bereich. Zudem liegt der Nutzungsgrad der Jahreswasserfracht mit 72% deutlich über dem Wert des Projektes KW Wer Ache. Es ergibt sich daher jedenfalls eine vollständige Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft.

Beim Vergleich der energetischen Verwertung der genutzten Wasserfrachten durch die beiden Kraftwerksprojekte kann festgestellt werden, dass beim Vorhaben Ausbau Kraftwerk V sowohl die Engpassleitung im KW M 2 mit 500 MW als auch das Regelarbeitsvermögen aus der Überleitung der Wer Ache mit rund 380,6 GWh deutlich über den Kennwerten des KW Wer Ache mit einer Engpassleistung von 14,6 MW und einem Regelarbeitsvermögen von 45 GWh liegt. Zusätzlich kann beim Vorhaben Ausbau KW V durch die Neuerrichtung des Jahresspeichers Q eine jahreszeitliche Umlagerung der nutzbaren Wasserfracht von bis 34 hm³ erzielt werden.

Zusammenfassend ist somit bei beiden Projekten von einer vollständigen Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft auszugehen. Beim Vorhaben Ausbau KW V ergeben sich jedoch eine höhere genutzte Wasserfracht, wesentlich größere Werte von Engpassleistung und Regelarbeitsvermögen sowie die Möglichkeit einer jahreszeitlichen Umlagerung der Zuflüsse. Aus fachlicher Sicht ist das Projekt Ausbau KW V somit gegenüber dem Projekt KW Wer Ache hinsichtlich des öffentlichen Interesses gemäß § 105 Abs 1 lit i WRG 1959 zu bevorzugen.“

Das in der Wertung berücksichtigte Regelarbeitsvermögen der Vorhaben ergibt sich aus den eingereichten Planunterlagen. Das Regelarbeitsvermögen des Vorhabens der Widerstreitgegnerin in Bezug auf den Einzug aus der Wer Ache in der Höhe von insgesamt 485 Gigawattstunden ergibt sich aus deren Angabe bei der mündlichen Verhandlung. Diese Angabe wurde vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen bei der mündlichen Verhandlung als plausibel bewertet.

Die Widerstreitgegnerin hat zur Frage der möglichst vollständigen wirtschaftlichen Ausnutzung der in Anspruch genommenen Wasserkraft zusammenfassend vorgebracht, dass bei Berücksichtigung einer anderen Zeitreihe, nämlich einer Beurteilung nach Tagewerten an Stelle von Monatswerten, nicht mehr von einer vollständigen Ausnützung der Wasserkraft beim Vorhaben der Antragstellerin auszugehen sei. So könnten nach einer derartigen Betrachtungsweise lediglich 43% der Abflüsse an der Wer Ache vom Vorhaben der Antragstellerin genutzt werden und liege dementsprechend eine vollständige Ausnützung der Wasserkraft nicht vor. Der Amtssachverständige FF hat konfrontiert damit anlässlich der durchgeführten mündlichen Verhandlung allerdings betont, dass die Beurteilung, in wie fern eine vollständige Ausnutzung der Wasserkraft vorliege, eine bestimmte Schwankungsbreite zulasse und daher auch unter Berücksichtigung einer an den Tageswerten orientierten Betrachtungsweise beim Vorhaben der Antragstellerin noch eine vollständige Ausnützung der Wasserkraft vorliege. Zumal diesen Feststellungen anlässlich der durchgeführten mündlichen Verhandlung fachlich nicht entgegen getreten wurde erweist sich die Einschätzung des Amtssachverständigen für das entscheidende Gericht als schlüssig und nachvollziehbar.

Die Feststellung, dass das Vorhaben der Wiederstreitgegnerin der öffentlichen Ordnung gemäß dem Rahmenplan Tiroler E in Hinblick auf wasserbautechnische Belange besser entspricht, stützt sich auf folgende Ausführungen des Amtssachverständigen FF im angeführten Gutachten:

3. öffentliche Ordnung gemäß Rahmenplan Tiroler E

Gemäß dem mit Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BGBL II Nr 274/2014) anerkannten wasserwirtschaftlichen Rahmenplan „Großkraftwerksvorhaben Tiroler E“ ist die Wer Ache und ihr Einzugsgebiet vom in Kapitel *** beschriebenen Standort AK V betroffen. Der Standort sieht den Zubau einer Oberstufe als Pumpspeicherkraftwerk mit einer Nennleistung von 400 MW mit einem Jahresspeicher im Q mit einem Nutzinhalt von rund 42 Mio m³, einer zweiten Unterstufe in M mit einer Nennleistung von 500 MW und die Beileitung von Wässern aus einem Einzugsgebiet von 270 km³ im hinteren T vor. Durch die Überleitungen soll am Standort AK V ein Regelarbeitsvermögen von 620 GWh in Form von Spitzen- und Regelenergie erzeugt werden. Von den im Mittel übergeleiteten rund 290 Mio m³ sollen rund 32 Mio. m³ in den Winter verlagert werden. Durch eine bewusst hohe Wahl des Ausbaudurchflusses der Wasserfassungen im T von rund 80 m³/s und entsprechende Auslegung der Überleitung in den Speicher O soll das Hochwasserrisiko im T reduziert werden.

Das gegenständliche Projekt KW Wer Ache entspricht in keiner Weise der o.a. öffentlichen Ordnung gemäß dem wasserwirtschaftlichen Rahmenplan ‚Großkraftwerksvorhaben Tiroler E‘.

?    Der Rahmenplan sieht eine Nutzung der Wässer der Wer Ache in Form eines Speicherbetriebes und nicht in Form eines Laufbetriebes vor. Bei dem im Rahmenplan vorgesehenen Standort AK V ist dabei u.a. die Umlagerung von rund 32 Mio m³ Wasser in den Winter vorgesehen. Eine jahreszeitliche Umlagerung ist beim Kraftwerk Wer Ache jedoch nicht möglich.

?    Das Hochwasserrisiko im T wird durch das Vorhaben nicht verringert.

?    Beim Vorhaben KW Wer Ache werden bei Nutzung einer Wasserfracht von 124,4 hm³ eine Engpassleistung von 14,6 MW und ein Regelarbeitsvermögen von 45 GWh erzielt. Die Vorgaben des Rahmenplans werden damit hinsichtlich der genutzten Wasserfracht um rund 57 % unterschritten, hinsichtlich der Engpassleistung um 95% und hinsichtlich des Regelarbeitsvermögens um rund 93 %.

Das gegenständliche Projekt Ausbau KW V entspricht hinsichtlich der Nutzung der Wer Ache der o.a. öffentlichen Ordnung gemäß dem wasserwirtschaftlichen Rahmenplan ‚Großkraftwerksvorhaben Tiroler E‘.

1.   Entsprechend dem Rahmenplan erfolgt die Nutzung der Wässer der Wer Ache in Form eines Speicherbetriebes und Wälzbetriebes in den Speichern O und Q. Es ist dabei eine Umlagerung von bis zu 34 Mio m³ Wasser in den Winter möglich, wodurch die Vorgabe des Rahmenplans erfüllt wird.

2.   Entsprechend dem Rahmenplan soll auch im Hochwasserfall eine Überleitung von rund 80 m³/s zum Speicher O erfolgen, wodurch das Hochwasserrisiko im T verringert wird.

3.   Beim Vorhaben Ausbau KW V werden bei Nutzung einer Wasserfracht von insgesamt 226,8 hm³ eine Engpassleistung von 500 MW im KW M 2 sowie 400 MW in der Oberstufe KW N und ein Regelarbeitsvermögen von 480,6 GWh erzielt. Die Vorgaben des Rahmenplans werden damit hinsichtlich der Engpassleistung erreicht.

Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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