TE Bvwg Beschluss 2021/7/5 W139 2234548-2

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Veröffentlicht am 05.07.2021
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Entscheidungsdatum

05.07.2021

Norm

BVergG 2006 §197 Abs3
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
VwGG §30 Abs2
VwGG §30a Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W139 2234548-2/73E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der XXXX , der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.06.2021, Zl. W139 2234548-2/67E, erhobenen Revision, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:

Der ordentlichen Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.



Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die XXXX (in der Folge mitbeteiligte Partei bzw. Auftraggeberin) schrieb im Juli 2017 die gegenständliche Leistung „ XXXX “ in einem Verhandlungsverfahren nach vorherigem Aufruf zum Wettbewerb mit dem Ziel des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung mit einem Unternehmer für eine achtjährige Laufzeit im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip in zwei Losen aus. Teilnahmeanträge waren bis 25.08.2017 abzugeben. Die erste Aufforderung zur Legung eines technischen Angebotes erfolgte am 13.06.2018, die erste Aufforderung zur Legung eines kommerziellen Angebotes erfolgte am 09.12.2019. Die Aufforderung zur Legung des Schlussangebotes (drittes kommerzielles Angebot) erfolgte am 07.05.2020.

Bezüglich des gegenständlichen Vergabeverfahrens wurden bereits zwei Vergabekontrollverfahren durch andere Bieter anhängig gemacht. Das am 31.10.2018 eingeleitete Nachprüfungsverfahrens erforderte die Bestellung eines Sachverständigen und wurde mit Erkenntnis vom 19.06.2019, Zl. W139 2208701-2/65E, beendet. Das am 11.11.2019 eingeleitete Nachprüfungsverfahrens wurde mit Erkenntnis vom 29.01.2020, Zl. W139 2225291-2/34E, beendet. Mittels einstweiliger Verfügung wurde der Auftraggeberin im Verfahren zu Zl. W139 2208701-1 untersagt, die verbliebenen Bieter zur Abgabe von Preisangeboten aufzufordern und Verhandlungen mit den verbliebenen Bietern zu führen. Im Verfahren zu Zl. W139 2225291-1 wurde ihr untersagt, das Vergabeverfahren ohne Berücksichtigung der betreffenden Antragstellerin fortzuführen.

Seitens der Auftraggeberin wurde betreffend das verfahrensgegenständliche Los 1 nicht vorgebracht, dass eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen bzw. ein Zuschlag erteilt, eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt wurde.

2. Mit Beschluss vom 09.09.2020, Zl. W139 2234548-1/3E, wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Mit Erkenntnis vom 22.06.2021, Zl. W139 22345481-2/67E, wies das Bundesverwaltungsgericht den Antrag der revisionswerbenden Partei (=Antragstellerin), die ihr gegenüber ausgesprochene Ausscheidensentscheidung für nichtig zu erklären, ab und ließ die ordentliche Revision gegen das Erkenntnis zu.

3. Mit Schriftsatz vom 25.06.2021 brachte die revisionswerbende Partei eine Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.06.2021, Zl. W139 22345481-2/67E verbunden mit dem Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, ein. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die revisionswerbende Partei Folgendes an:

„Das BVwG bzw der Verwaltungsgerichtshof haben einer Revision mit Beschluss aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für die Revisionswerberin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre (§ 30 Abs 2 VwGG).

Zur Vollzugstauglichkeit

Das angefochtene Erkenntnis ist aus folgenden Gründen einem Vollzug zugänglich:

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung rechtswidriger Weise abgewiesen. Als Folge dieses Erkenntnisses wird die Rechtskraft der Ausscheidensentscheidung hergestellt und damit gegenüber der Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung die Partei Stellung der Revisionswerberin beseitigt.

„Vollzugstauglichkeit“ liegt nach der Rechtsprechung des VwGH bereits vor, wenn die Entscheidung einen Rechtsverlust herbeizuführen vermag. Im vorliegenden Fall kommt es ganz offensichtlich zu einem solchen Rechtsverlust, weil nach § 143 Abs 1 bzw § 154 Abs 3 BVergG 2018 der Auftraggeber ausschließlich den "im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern" bzw "nicht berücksichtigten Bietern" nachweislich mitzuteilen hat, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll bzw mit welchem Unternehmen bzw. mit welchen Unternehmen die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, und es für die Rechtsposition der Revisionswerberin daher relevant ist, ob sie durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in den Rechtszustand vor Erlassung des angefochtenen und rechtswidrigen Erkenntnisses rückversetzt wird oder nicht (vgl. VwGH 15.1.2019, Ra 2019/04/0008; VwGH 31.8.2016 Ra 2016/04/0093 (und 0094 und 0095); VwGH 2.12.2016, Ra 2016/04/0132; VwGH 4.9.2015, Ra 2015/04/0054). Nur ein Bieter, dessen Ausscheiden noch nicht bestandsfest geworden ist, ist als „nicht berücksichtigter Bieter“ iSd § 154 Abs 3 BVergG 2018 zu qualifizieren (vgl. BVwG 10.1.2014, W139 2000171-1/10E; BVwG 4.12.2015, W123 2117867-1/2E; BVwG 4.10.2016, W1872135663-1/2E). Nur durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird die Rechtsposition wieder hergestellt, welche die Revisionswerberin vor dem angefochtenen Erkenntnis hatte - nämlich nicht rechtskräftig ausgeschieden. Ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung kann die mitbeteiligte Partei im Vergabeverfahren fortfahren und die Rahmenvereinbarung abschließen ohne dass die Revisionswerberin dagegen noch ein Rechtsmittel ergreifen könnte.

Der Abschluss der Rahmenvereinbarung ist damit als unmittelbarer Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses anzusehen, ohne dass eine weitere effektive zwischengeschaltete inhaltliche Rechtschutzmöglichkeit für die Revisionswerberin bestünde. Der Revisionswerberin wäre mangels Gewährung der aufschiebenden Wirkung eine Anfechtung der Entscheidung über die Auswahl des in Aussicht genommenen Vertragspartners für den Abschluss der Rahmenvereinbarung verwehrt, obwohl diese Entscheidung angesichts der fehlenden Verpflichtung zur Mitteilung der Zuschlagsentscheidung im Falle des Abrufs aus einer Rahmenvereinbarung (§ 143 Abs 2 Z 3 BVergG 2018), grundsätzlich die letzte anfechtbare Entscheidung für sie darstellt (vgl. BVwG 17.8.2017, W123 2167014-1) und somit die letzte Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit der Auswahl des Rahmenvereinbarungspartners geltend zu machen.

Es besteht somit vielmehr die Gefahr einer Rechtsschutzlücke, wenn der Revisionswerberin die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen das angefochtene Erkenntnis versagt wird. Damit würde der Rechtsschutz, der auch betreffend das angefochtene Erkenntnis effektiv gestaltet sein muss, gänzlich leer laufen. Den im Falle des Abschlusses einer Rahmenvereinbarung - wie im gegenständlichen Fall - kann in einem nachfolgenden Feststellungsverfahren oder aber Schadenersatzprozess ein konkreter Schaden mangels Abnahmeverpflichtung nicht beziffert werden. Die Revisionswerberin hätte daher mangels Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, keine Möglichkeit ihre Rechte wirksam durchzusetzen. Wenn jedoch aufschiebende Wirkung gewährt wird und der VwGH zu dem Ergebnis gelangt, dass das das gegenständliche Vergabeverfahren zwingend zu widerrufen ist oder aber die Ausscheidensentscheidung rechtswidrig ist, werden die Rechte der Revisionswerberin gewahrt und wird mit dieser die Rahmenvereinbarung abgeschlossen oder kann diese sich bei einer neuerlichen vergaberechtskonformen Ausschreibung wiederum beteiligen.

Wesentlich ist daher auch, dass die Revisionswerberin ab dem Zeitpunkt der Abgabe des Angebotes das Recht auf Teilnahme an einem transparenten und vergaberechtskonformen Vergabeverfahren, das Recht auf Nachprüfung von Entscheidungen der mitbeteiligten Partei durch das Bundesverwaltungsgericht und dergleichen hatte. Die Bestätigung der Ausscheidensentscheidung der mitbeteiligten Partei durch das angefochtene Erkenntnis führt für die Revisionswerberin zu einem mannigfaltigen Rechtsverlust. Insbesondere können die Rechte der Revisionswerberin auf Teilnahme an einem vergaberechtskonformen Vergabeverfahren, wie insbesondere auch das Recht auf inhaltliche Nachprüfung der Entscheidungen der mitbeteiligten Partei sowie das durch die im gegenständlichen Fall vorliegende vergaberechtswidrige Ausschreibung mehrfacht indizierte Recht auf Widerruf des Vergabeverfahrens nicht mehr ausgeübt werden, wie der Inhalt des angefochtenen Erkenntnisses deutlich zeigt. Vor allem besteht keine Möglichkeit den Abschluss der Rahmenvereinbarung und die Zuschlagsentscheidung zu bekämpfen!

Der Rechtsschutz durch den VwGH würde dann - so die große Gefahr - in diesem Falle ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die gegenständliche Revision leerlaufen, wenn nicht bis zur Entscheidung des VwGH über das angefochtene Erkenntnis dessen Wirkungen aufgeschoben werden.

Umgekehrt betrachtet, wird der Revisionswerberin durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keinesfalls eine Rechtsposition eingeräumt, die sie vorher nicht besessen hat, weil ihr Begehren abgewiesen wurde, sondern vielmehr wird der Verlust der dargestellten Rechtspositionen (das ist insbesondere die Partei Stellung bzw die Antragslegitimation gegenüber der Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung) so lange aufgeschoben, bis der VwGH über die Rechtmäßigkeit dieses Rechtsverlustes entschieden hat.

Die beantragte aufschiebende Wirkung muss dazu führen, dass die mitbeteiligte Partei die Rahmenvereinbarung nicht abschließen darf, weil nach der RMRL die Mitgliedstaaten sicherzustellen haben, dass Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam nachgeprüft werden können, insbesondere so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung/der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die gegenständliche Revision vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um Schädigungen der betroffenen Interessen zu ver-hindern (vgl. Art 2 lit. a) der RMRL). Art 30 VwGG ist daher richtlinienkonform dahingehend zu interpretieren, dass im Wege der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Revision der mitbeteiligten Partei der Abschluss der Rahmenvereinbarung untersagt wird.

Zur Interessensabwägung - Unverhältnismäßiger Nachteil für die Revisionswerberin

Nach Abwägung aller berührten Interessen sind mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses für die Revisionswerberin unverhältnismäßige Nachteile verbunden. Diese Nachteile sind:

Der Revisionswerberin drohen durch die angefochtene Entscheidung des BVwG erhebliche Schäden, weil sie nach endgültigem Ausscheiden ihres Angebotes keine Chance mehr auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung hat, zumal es sich dabei um eine Rahmenvereinbarung mit einer Laufzeit von 8 Jahren handelt. Diese Rahmenvereinbarung weist somit eine große wirtschaftliche Bedeutung für die Revisionswerberin auf. Darüber hinaus hat die Rahmenvereinbarung einen - insbesondere auch für Referenznennungen - hohen Prestigefaktor, weil durch die ausgeschriebenen Leistungen der Schwerpunkt der Digitalisierungsanforderungen des XXXX Konzerns unterstützt werden soll. Die Durchführung von Aufträgen auf Basis dieser Rahmenvereinbarung kann im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld, in dem die Digitalisierung rasant voranschreitet, einen künftigen Wettbewerbsvorteil bedeuten, welcher sich einerseits durch die bei den entsprechenden Aufträgen gesammelte Erfahrung und andererseits durch das Faktum „Digitalisierung umgesetzt bzw vorangetrieben zu haben“ auszeichnet.

Auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 2007, 2007/04/0010 wird verwiesen, wonach dem „Erfordernis, einen drohenden oder eingetretenen Schaden darzutun, ... bereits dann entsprochen (wird), wenn die entsprechende Behauptung plausibel ist; ins Einzelne gehende (genaueste) Darlegungen sind nicht geboten“.

Die Revisionswerberin hat ein massives Interesse an dem gegenständlichen Auftrag (VwGH 31.8.2016 Ra 2016/04/0093 (0094 und 0095)), zum einen aufgrund der beschriebenen hohen wirtschaftlichen Bedeutung sowie des für die Geschäftstätigkeit nicht zu unterschätzenden Wertes einen solchen Auftrag als Referenz zu haben bzw. nennen zu können, zum anderen, weil sie bereits in die Bewerbungsphase sowie bei der Erstellung der Angebote massiv Personal- und sonstige Organisationsaufwände und damit beträchtliche Kosten investiert hat. Sie hat weiters ihre Ressourcen zu Lasten anderer Projekte gebunden. Die Teilnahme am Vergabeverfahren, insbesondere die Ausarbeitung der Angebote, die Teilnahme an Gesprächen und Verhandlungsrunden hat für die Revisionswerberin Investitionskosten in Höhe von mehr als XXXX verursacht. Darüber hinaus sind der Revisionswerberin auch bereits beträchtliche Rechtsvertretungskosten im Zusammenhang mit den im Vergabeverfahren aufgetretenen und geltend gemachten Rechtswidrigkeiten entstanden.

Sofern der Revision gegen das angefochtene Erkenntnis vom VwGH keine aufschiebende Wirkung zuerkannt würde, bleibt darüber hinaus der bereits eingetretene Rechtsverlust, der die Folge der Abweisung des Nachprüfungsantrages durch das angefochtene Erkenntnis ist, weiter aufrecht. Die Revisionswerberin hätte keine Möglichkeit mehr, ua den Rechtschutz gegen die Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung der mitbeteiligten Partei oder aer gegen die Zuschlagsentscheidung in Anspruch zu nehmen bzw. ein etwaiges Unterlassen des zwingenden Widerrufes zu bekämpfen und zwar selbst dann nicht, wenn sich das angefochtene Erkenntnis aufgrund eines (zu spät ergehenden) Erkenntnisses des VwGH als rechtswidrig erweist.

Vielmehr wäre ohne aufschiebende Wirkung - wie bereits erwähnt - die mitbeteiligte Partei rechtlich nicht verpflichtet, der Revisionswerberin - weil rechtskräftig ausgeschieden- gemäß § 154 Abs 3 BVergG 2018 die Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung zum Zwecke der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens mitzuteilen, weil dem rechtskräftig Ausgeschiedenen jedenfalls die Antragslegitimation dafür fehlt, diese Entscheidung anzufechten, sodass sie dem rechtskräftig Ausgeschiedenen auch gar nicht mitzuteilen ist.

Nach alledem steht zwingend zu erwarten, dass während des voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmenden höchstgerichtlichen Verfahrens die Rahmenvereinbarung abgeschlossen wird und deshalb für die Revisionswerberin nur mehr ein Schadenersatzanspruch zur Verfügung steht (§ 369 BVergG 2018).

Die Revisionswerberin hätte somit aber keine Möglichkeit mehr, die für sie wesentliche Rahmenvereinbarung mit einem Abrufvolumen von rund EUR 15 Mio zu erlangen. Somit entstünden der Revisionswerberin erhebliche Schäden durch die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung (VwGH 15.1.2019, Ra 2019/04/0008; VwGH 2.12.2016, Ra 2016/04/0132; VwGH 4.9.2015, Ra 2015/04/0054), und zwar die zwangsläufige Nichtberücksichtigung des Angebotes der Revisionswerberin, die in einem Schaden in Form des Gewinnentganges wie auch der Nicht-Erlangung eines ganz bedeutenden Referenzauftrages münden würde. Der Umfang des Gewinnentgangs kann zum jetzigen Zeitpunkt aus Gründen des fairen und lauteren Wettbewerbes nicht detailliert bekannt gegeben werden. Er liegt jedenfalls im einstelligen Prozentbereich ( XXXX ) gemessen am zweistelligen Auftragswert in Millionen Euro.

Nach Ansicht der Revisionswerberin ist das Vergabeverfahren überdies ua auf Grund der Rechtswidrigkeit der Ausschreibungsunterlagen, die in Bezug auf die Bestbierermittlung derart intransparent bzw. rechtswidrig sind, dass eine objektiv nachvollziehbare Auswahl des Bestbieters für den Abschluss der Rahmenvereinbarung schon von vornherein nicht möglich ist, zwingend zu widerrufen. Nach Widerruf hätte die Revisionswerberin die Möglichkeit, sich im Zuge eines neuerlichen Vergabeverfahrens um den Auftrag neuerlich unter klaren, transparenten und vergaberechtskonformen Bedingungen zu bewerben.

Diese Rechtswidrigkeiten konnten aber nur von der Revisionswerberin im Wege eines Nachprüfungsantrages an das BVwG bzw. eines Rechtsmittels an den VwGH herangetragen werden, und zwar im öffentlichen Interesse an der objektiven Gesetzmäßigkeit eines Vergabeverfahrens. Dieses öffentliche Interesse spricht ebenfalls für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die hier gegenständliche Revision, um sicherzustellen, dass die Auftragserteilung in jeder Hinsicht und insbesondere im gegenständlichen Fall im wesentlichen Punkt der Bestbieterermittlung sowie der Bekanntmachung vergaberechtskonform erfolgt.

Mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses ist demnach für die Revisionswerberin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden (VwGH 15.1.2019, Ra 2019/04/0008; VwGH 2.12.2016, Ra 2016/04/0132; VwGH 4.9.2015, Ra 2015/04/0054), der in keinem Verhältnis zu den durch das Rechtsschutzsystem bewirkten und so auch vom Gesetz vorgesehenen Verzögerungen steht.

Keine entgegenstehenden zwingenden öffentlichen Interessen - im Gegenteil: bestehende öffentliche Interessen

Entgegenstehende zwingende öffentliche Interessen sind aus Sicht der Revisionswerberin nicht feststellbar. Es besteht vielmehr ein öffentliches Interesse an der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise der mitbeteiligten Partei im Sinne der Durchführung eines korrekten Vergabeverfahrens vor allem unter Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Auch hat die mitbeteiligte Partei bisher auf Grund der langen Verfahrensdauer keine Eile gezeigt. UU ist das Verfahren ohnehin auch aus diesem Grunde zu widerrufen.

Vor der Entscheidung über das angefochtene Erkenntnis durch den Verwaltungsgerichtshof würde es in diesem Sinn sogar den öffentlichen Interessen widersprechen, dass es der mitbeteiligten Partei ermöglicht ist, die Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung zu treffen bzw. die Rahmenvereinbarung abzuschließen. Der Abschluss der Rahmenvereinbarung durch die mitbeteiligte Partei bewirkt nämlich dann, dass die Revisionswerberin nicht einmal mehr die Möglichkeit hat, Schadenersatz geltend zu machen mangels der Möglichkeit der Bezifferung eines konkreten Schadens. Es widerspricht den öffentlichen Interessen, dass für die Revisionswerberin inhaltliche Rechtsschutzlosigkeit in diesem Sinn eintritt.

So hat zB der VfGH wiederholt anerkannt, dass bei der Interessensabwägung auch das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (zB VfGH 25.10.2001, B1369/01). Andere zwingende öffentliche Interessen, die gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im konkreten Fall sprechen würden, bestehen nicht. Ergänzen: keine vergaberechtskonforme Bestbieterermittlung möglich

Im konkreten Fall ist demnach davon auszugehen, dass einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in diesem Sinn keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen können, weil die Entscheidung über das Ausscheiden eines Angebotes durch das angefochtene Erkenntnis so grundlegend ist, dass allfällige andere öffentliche Interessen vor dem Hintergrund des EU-rechtlich gebotenen Rechtsschutzes keine Relevanz besitzen können, hängt doch davon die Legitimation zur Bekämpfung des Abschlusses der Rahmenvereinbarung ab.

Im Gegenteil: In ständiger Judikatur hat der EuGH zum Ausdruck gebracht, dass die Durchsetzung des EU-Rechtes in den nationalen Rechtsordnungen bis zur entsprechenden Entscheidung von Einzelfällen absolute Priorität genießt. So hat der EuGH immer wieder deutlich zum Ausdruck gebracht, dass Betroffene, denen bezogen auf ihre subjektiven Interessen Rechtsmittel zur Verfügung gestellt werden müssen, gleichzeitig auch mit der Funktion eines Anwaltes zur Durchsetzung des EU-Rechtes betraut werden können. Österreich ist diesen Weg gegangen; dies bedeutet aber, dass zB Bieter, deren Rechte im Bereich des Vergaberechts verletzt werden, nicht nur ihre subjektiven Interessen wahrnehmen, sondern auch Träger eines öffentlichen Interesses derart sind, dass sie die Hauptlast zur Durchsetzung des EU-Rechtes in Österreich zu tragen haben. Damit nehmen die betroffenen Bieter nicht nur ihre subjektiven Interessen wahr, sondern sie tragen auch Verantwortung im öffentlichen Interesse, weil sie quasi zu Anwälten zur Durchsetzung des EU-Rechtes in Österreich berufen sind. Dies ist gegenständlich auch in besonderer Weise der Fall, weil gravierende Rechtswidrigkeiten im gegenständlichen Vergabeverfahren aufgetreten sind, deren Bereinigung durch das von der der Revisionswerberin erhobene Rechtsmittel herbeigeführt werden kann.

Nach der Judikatur wären solche entgegenstehenden zwingenden öffentlichen Interessen im Übrigen nur dann anzunehmen, wenn es sich dabei um besonders qualifizierte, über das bei jeder Verwaltungsmaßnahme vorhandene öffentliche Interesse hinausgehende Interessen handelt, die eine Umsetzung des Bescheides bzw des Erkenntnisses in die Wirklichkeit zwingend gebieten (vgl zB VwGH 11.4.1986, 86/17/0006). Solche sind im gegenständlichen Fall nicht erkennbar. Im Gegenteil würde auf Grund der langen Vertragsdauer der Vergaberechtsverstoß für einen nicht unerheblich langen Zeitraum fortgeschrieben.

Interessen der mitbeteiligten Partei

Für die mitbeteiligte Partei besteht kein Interesse am unmittelbaren Abschluss des Vertrages, weil der Abschluss des Vergabeverfahrens auf der Grundlage der gegenständlichen Ausschreibungsunterlagen die Wirtschaftlichkeit der Vergabe nicht sicherstellt. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die gesamte Vergabe neu aufgesetzt werden muss.

Daher tritt durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung keine für die Interessensabwägung bedeutsame Verzögerung des Vergabeverfahrens ein.

Art 13 EMRK

Bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist auch das Recht auf eine wirksame Revision gegen das angefochtene Erkenntnis gemäß Art 13 EMRK zu beachten. Die gegenständliche Revision an den VwGH ist nämlich deshalb als ein solches Rechtsmittel einzuordnen, weil der VwGH gegenüber dem BVwG die nächste und letzte Instanz iSd EMRK ist. Die Revision in der Sache, nämlich betreffend die Abweisung des Nachprüfungsantrages, ist nicht wirksam bekämpfbar, wenn der VwGH der Revision gegen das angefochtene Erkenntnis keine aufschiebende Wirkung zuerkennt, weil dann - wie schon dargestellt - durch einen zwischenzeitigen Abschluss der Rahmenvereinbarung der materielle Rechtsschutz inhaltsleer wird und der Revisionswerberin nicht einmal mehr Schadenersatz zusteht (§ 369 BVergG 2018).

Zusammenfassung

Vor diesem Hintergrund hat insgesamt die Interessensabwägung zugunsten der Revisionswerberin und zugunsten der Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung für die Revision zu erfolgen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Revisionswerberin an einem korrekten Vergabeverfahren zu dieser bedeutsamen Rahmenvereinbarung und die Hintanhaltung irreversibler und gravierender nachteiliger Rechtswirkungen für die Revisionswerberin vorrangig, Dem Aufschub des Eintritts solcher irreversibler und gravierender nachteiliger Rechtswirkungen ist daher durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Vorzug zu geben.

Mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses ist für die Revisionswerberin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden, der in keinem Verhältnis zu den durch das Rechtsschutzsystem bewirkten und so auch vom Gesetz vorgesehenen Verzögerungen steht. Schließlich ist angesichts nicht zuletzt auch dieser Situation ein öffentliches Interesse darin zu sehen, dass die Vergabe jedenfalls unter transparenten und nicht diskriminierenden Bedingungen erfolgt, und die Ausschreibungsfestlegungen so ausgestaltet werden, dass eine vergaberechtskonforme Bestbieterermittlung und ein wirtschaftlicher Gesamtvorteil für die mitbeteiligte Partei sichergestellt wird.“

4. Mit Verfügung vom 28.06.2021 wurde die mitbeteiligte Partei zur Stellungnahme zum Antrag auf aufschiebende Wirkung aufgefordert.

5. Mit Eingabe vom 02.07.2021 führte die mitbeteiligte Partei Folgendes aus:

„2. Keine Voraussetzung für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

17 Vorausgeschickt wird, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Revision nicht vorliegen.

2.1. Unionsrecht: Gebot der raschen Nachprüfung

18 In Art 1 Abs 1 der RL 2007/66/EG idgF (Rechtsmittelrichtlinie) ist festgelegt, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen der Auftraggeber „wirksam und vor allem möglichst rasch“ auf Verstöße gegen des Unionsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die nationalen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können.

19 Es würde dem Grundgedanken der RL 2007/66/EG, wonach die Entscheidungen der Auftraggeber wirksam und möglichst rasch nachzuprüfen sind, widersprechen, wenn jeder Revision, die sich gegen eine Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung einer Ausscheidensentscheidung richtet, die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist.

20 Wird § 30 VwGG richtlinienkonform interpretiert, ist nicht jeder Revision, die sich gegen eine Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung einer Ausscheidensentscheidung richtet, automatisch die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Ansonsten wäre die von einem Verwaltungsgericht bestätigte Ausscheidensanktion des Auftraggebers, mag sie noch so eindeutig und klar sein, (vorübergehend) unwirksam. Dies widerspricht der Effektivität des Rechtsschutzes.

21 Ziel einer Ausscheidensentscheidung ist es einen Bieter, der ein nicht ausschreibungskonformes Angebot abgegeben hat, aus dem weiteren Vergabeverfahren auszuschließen bzw. auszuscheiden. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde bedeuten, dass der Bieter nach wie vor als im Vergabeverfahren verbliebener Bieter zu behandeln ist. Dadurch wäre aber der Abschluss des Vergabeverfahrens bis zur Entscheidung über die Revision nicht möglich, weil eine Zuschlagsentscheidung immer mit dem Argument angefochten werden könnte, dass zur Ausscheidensentscheidung kein höchstgerichtliches Erkenntnis vorliegt.

22 Das Vergabeverfahren könnte so monatelang, im schlimmsten Fall sogar jahrelang nicht abgeschlossen werden. Es ist jedenfalls nicht im öffentlichen Interesse gelegen, dass Vergabeverfahren bzw. der Abschluss öffentlicher Aufträge jahrelang blockiert werden, obwohl ein unabhängiges Gericht bereits das Ausscheiden des Angebots bestätigt und sogar von Amts wegen einen Ausscheidensgrund aufgegriffen hat.

23 Vor diesem Hintergrund ist auch darauf hinzuweisen, dass die Revisionswerberin Vertragspartnerin des aktuellen Auftrages ist, der gegenständlich neu vergeben werden soll. Die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entstehende weitere Verzögerung liegt somit einzig und alleine im Interesse der Revisionswerberin, weil sie derzeit den Auftrag ausübt.

Sie hat somit ein besonderes Interesse daran, das gerichtliche Verfahren und die Rechtskraft der Ausscheidensentscheidung so lange wie möglich hinauszuzögern und den Abschluss des Vergabeverfahrens zu verhindern, da ihr aufgrund des nicht ausschreibungskonformen Angebotes der Zuschlag ohnehin nicht mehr erteilt werden kann.

24 Der europarechtlich geforderte wirksame und rasche Abschluss des Vergabenachprüfungsverfahrens wäre nicht gegeben, wenn jeder auszuscheidende Bieter die Möglichkeit hat, den Abschluss eines Verfahrens für Monate oder Jahre zu blockieren.

25 Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Revisionswerberin in Rz 345 ihres Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung vom 25.06.2021 selbst eingesteht, dass das Bundesvergabegesetz 2018 ihr ein weiteres Mittel zur effektiven Rechtsverfolgung zur Verfügung stellt. Es steht der Revisionswerberin nämlich frei einen Feststellungsantrag gemäß § 353 Abs 1 BVergG 2018 einzubringen und im Anschluss daran Schadenersatz gemäß § 369 BVergG 2018 zu begehren, sollte der VwGH die Ausscheidensgründe des Erkenntnisses vom 22.06.2021 tatsächlich für nichtig erklären und der Revisionswerberin ein Schaden entstanden sein:
„Nach alledem steht zwingend zu erwarten, dass während des voraussichtlich längere Zeit in Anspruch nehmenden höchstgerichtlichen Verfahrens die Rahmenvereinbarung abgeschlossen wird und deshalb für die Revisionswerberin nur mehr ein Schadenersatzanspruch zur Verfügung steht (§ 369 BVergG 2018)“

26 Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle jedoch darauf hinzuweisen, dass für die Revisionswerberin im Fall der Aufhebung des gegenständlich angefochtenen Erkenntnisses nichts gewonnen ist, weil diesfalls jedenfalls noch drei weitere Ausscheidensgründe tatsächlich vorliegen, auf die das Bundesverwaltungsgericht aus bloß verwaltungsökonomischen Gründen nicht mehr eingegangen ist. Diese Ausscheidensgründe bleiben jedenfalls bestehen, weshalb für die Revisionswerberin nichts gewonnen wäre.

27 Vor diesem Hintergrund steht im gegenständlichen Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung das europarechtliche Gebot der raschen Nachprüfung entgegen, zumal der Revisionswerberin immer noch die Möglichkeit offen steht Schadenersatzansprüche geltend zu machen, sollte ihr ein Schaden entstanden sein.

2.2. Zwingende öffentliche Interessen der mitbeteiligten Partei

28 Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung dürfen keine zwingenden öffentlichen Interessen entgegenstehen.

29 Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind unter zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs 2 VwGG besonders qualifizierte öffentliche Interessen zu verstehen, die den sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung zwingend gebieten (vgl beispielsweise VwGH 20.2.2018, Ra 2017/05/0293).

[...]

33 Je länger der Abschluss des Vergabeverfahrens verhindert wird, desto problematischer wird auch das aufgezeigte Sicherheitsrisiko. Das Risiko, welches mit fehlendem Security- und Supportleistungen einhergeht, ist daher im zwingenden öffentlichen Interesse.

34 Vor diesem Hintergrund erlaubt sich die mitbeteiligte Partei auch darauf hinzuweisen, dass die Bekanntmachung des gegenständlichen Vergabeverfahren bereits am 20.07.2017, somit vor vier Jahren (sic!) erfolgte. Alleine durch die Dauer der Nachprüfungsverfahren verzögerte sich das Vergabeverfahren um ca 21 Monate, also um fast zwei Jahre (sic!).

35 Es ist jedenfalls im öffentlichen Interesse gelegen, dass Vergabenachprüfungsverfahren nicht dazu führen, dass der Abschluss von öffentlichen Aufträgen durch Nachprüfungsanträge um Jahre verzögert wird. Festzuhalten ist daher, dass seitens der mitbeteiligten Partei qualifizierte öffentliche Interessen vorliegen, welche einen sofortigen Vollzug des Erkenntnisses zwingend gebieten. Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird daher schon aus diesem Grund nicht stattzugeben sein.

2.3. Interessensabwägung schlägt zu Gunsten der mitbeteiligen Partei aus

36 Das anhand des unverhältnismäßigen Nachteils zu beurteilende Interesse der Revisionswerberin ist gegen die Interessen der mitbeteiligten Partei am ehestmöglichen Vollzug des Erkenntnisses abzuwägen.

37 Wie bereits unter Punkt 2.2 ausgeführt, hat die mitbeteiligte Partei zur Aufrechterhaltung Ihres Geschäftsbetriebes für eine funktionsfähige Büroausstattung mit Druckerlandschaft zu sorgen. Nur so können vertragliche Verpflichtungen verwaltet und abgewickelt und zwingend notwendige IT-Security-Standards eingehalten werden.

38 Vorausschauend hat die mitbeteiligte Partei deshalb schon im Juli 2017 die gegenständliche Leistung ausgeschrieben. Sie hat dabei von Anfang an einen entsprechenden Zeitpuffer eingeplant, um Verzögerungen durch etwaige Nachprüfungsverfahren zeitlich abfedern zu können und um die genannten zwingenden öffentlichen Interessen nicht zu gefährden.

39 Womit die mitbeteiligte Partei jedoch nicht rechnen musste und was sie angesichts der gesetzlichen Entscheidungsfrist von 6 Wochen ab Einlagen des Antrages auch nicht einzukalkulieren hatte, war, dass allein durch die Dauer der mittlerweile drei Nachprüfungsverfahren eine Verzögerung von insgesamt ca. 21 Monaten eingetreten ist. Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde erneut eine Verzögerung von unbestimmter Dauer eintreten.

[...]

42 Die Interessensabwägung schlägt daher zugunsten der mitbeteiligten Partei aus.

2.4. Kein unverhältnismäßiger Nachteil

43 Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl beispielsweise VwGH 4.6.2014 zu Ra 2014/01/0003) hat die revisionswerbende Partei in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil liegt. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessensabwägung vornehmen zu können, muss die revisionswerbende Partei nämlich schon im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegen, aus welchen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt.

44 Die Revisionswerberin macht einerseits Umsatz- und Gewinneinbußen (und daraus resultieren wirtschaftliche Folgen) als unverhältnismäßigen Nachteil geltend. Den Umfang des Gewinnentfalls wird seitens der Revisionswerberin jedoch nicht genau beziffert und lediglich anhand nicht nachvollziehbarer Ansätze und ihr nicht bekannten geschätzten Auftragswert beziffert. Die Revisionswerberin hat darüber hinaus das Vorliegen des unverhältnismäßigen Nachteils damit begründet, dass sie eine realistische Chance auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung habe und ein wichtiges Referenzprojekt verlieren würde.

45 Im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung erfolgt laut ständiger Rechtsprechung des VwGH in der Regel keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung, weil mit der Abweisung des Nachprüfungsantrages gegen die Zuschlagsentscheidung kein Nachteil verbunden ist, der nicht auch jeden anderen nicht zum Zug gekommenen Bieter trifft:

„Werden bei einem Antrag auf Zuerkennung aufschiebender Wirkung in einer Beschwerde gegen den

Bescheid über die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung als bei Vollzug des angefochtenen Bescheides zu erwartenden Nachteil der aus dem Auftrag zu lukrierenden Verdienst, die Kosten der Beteiligung am Vergabeverfahren und einen Schaden aus dem Verlust der Referenzwirkung des gegenständlichen Auftrages geltend gemacht, ist damit nicht dargetan, inwiefern es sich hiebei um einen „unverhältnismäßigen“ Nachteil iSd § 30 Abs 2 VwGG handelt, würde dieser Nachteil doch jeden anderen nicht zum Zug kommenden Bieter treffen.“ (VwGH 01.08.2007, AW 2006/04/0050)“

46 Genau dasselbe muss auch gegenständlich gelten. Es ist jedenfalls nicht nachvollziehbar, weshalb die Rechtsposition der Revisionswerberin, die ein den Ausschreibungsbedingungen widersprechendes Angebot abgegeben hat und für den Zuschlag somit überhaupt nicht in Betracht kommt, schützenswerter sein soll, als die Rechtsposition eines Bieters, der eine Zuschlagsentscheidung anficht. Denn im Fall der Abweisung eines Nachprüfungsantrages gegen die Zuschlagsentscheidung steht der Vertragsabschluss bzw. die Zuschlagserteilung mangels Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unmittelbar bevor. Dennoch liegt in einem solchen Fall laut VwGH kein unverhältnismäßiger Nachteil vor.

47 Ein Bieter, dem es nicht gelingt, auf Grund einer ordnungsgemäß zustande gekommenen Ausschreibung ein für den Zuschlag geeignetes Angebot zu legen, ist jedenfalls nicht schutzwürdig, „wenn der Bieter selbst gegen die Ausschreibungsbedingungen oder gegen die Bestimmungen über öffentliche Aufträge verstoßen hat […].“ (VwGH 28.03.2007, 2005/04/0200)

48 Dies wurde vom VwGH bereits mehrfach bestätigt:

„Da die Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht von vornherein als unschlüssig angesehen werden können und bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides noch nicht zu prüfen ist, sondern vielmehr die Auswirkungen eines möglichen Vollzuges dieses Bescheides (vgl. Mayer, B-VG, 4. Auflage (2007), F.II.2. zu § 30 VwGG), ist - zumindest im gegenständlichen Provisorialverfahren - davon auszugehen, dass das Angebot der beschwerdeführenden Partei nicht ausschreibungskonform war und daher für den Zuschlag nicht in Anbetracht kommt. Im Erkenntnis vom 28. März 2007, Zl. 2005/04/0200 hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass ein Bieter, dessen Angebot nicht ausschreibungs- bzw. vergaberechtskonform ist, aus vergaberechtlicher Sicht nicht schutzwürdig ist. Schon von daher kann der Nachteil des ausgeschiedenen Bieters nicht als "unverhältnismäßig" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG angesehen werden. (VwGH 12.03.2008, AW 2008/04/0012)“

49 Diese Rechtsprechung deckt sich mit der gegenständlichen Situation. Denn auch im gegenständlichen Fall hat die Revisionswerberin evident (in mehreren Punkten) ein ausschreibungswidriges Angebot gelegt und wurde einer der Ausscheidensgründe sogar vom erkennenden Senat selbst aufgegriffen und als unheilbarer Angebotsmangel qualifiziert.

50 Weshalb im Rahmen der Bekämpfung der Ausscheidensentscheidung die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist und im Rahmen der Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung nicht, ist sachlich nicht rechtfertigbar. Sofern die aufschiebende Wirkung im Fall der Bekämpfung der Ausscheidensentscheidung per se zuerkannt wird, könnten Bieter deren Angebote – wie gegenständlich – auszuscheiden sind, den Abschluss des Vergabeverfahrens de facto bis zur höchstgerichtlichen Entscheidung blockieren.

51 Abgesehen davon, dass die von der Revisionswerberin vorgebrachten „unverhältnismäßigen“ Nachteile laut Rechtsprechung des VwGH nicht vorliegen, weil sie jeden Bieter betreffen, ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen nicht individuell die behaupteten drohenden Nachteile darlegt. Vielmehr erschöpft sich das Vorbringen in klauselhaften Stehsätzen, aus denen sich nicht ergibt, weshalb gerade der Revisionswerberin – im Vergleich zu allen anderen Bietern – ein unverhältnismäßiger Nachteil drohen soll.

52 Dies vor allem, weil die Revisionswerberin selbst vorbringt, dass ihr der Rechtsschutz nicht abgeschnitten ist, wenn die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt wird. Die Revisionswerberin hat zutreffend ausgeführt, dass ihr gegebenenfalls Schadenersatzansprüche zustehen, sofern die dafür im Gesetz normierten Voraussetzungen vorliegen.

53 Die Voraussetzungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sind im gegenständlichen Fall auch deshalb nicht gegeben, weil die Revisionswerberin mehrfach kurz vor den anberaumten Verhandlungsterminen Schriftsätze erstattete und das mit den Schriftsätzen erstattete Vorbringen in den Verhandlungen wiederholend auch noch mündlich erneut vorbrachte, sodass allein das Nachprüfungsverfahren zehn Monate dauerte. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde gerade fallbezogen dem Gebot, ein wirksames und rasches Nachprüfungsverfahren sicherzustellen, zuwiderlaufen.

54 Zumal es der Revisionswerberin – wie auch einem Bieter, der den Zuschlag nicht erhalten hat – offensteht, einen Feststellungsantrag einzubringen und in der Folge Schadenersatz zu begehren, liegt jedenfalls kein unverhältnismäßiger Nachteil vor, der durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hintangehalten werden müsste.

55 Fallbezogen liegt ein unverhältnismäßiger Nachteil der Revisionswerberin gerade nicht vor. Die Revisionswerberin hat nämlich keinesfalls eine realistische Chance auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung, weil sie kein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben hat und daher für den Abschluss der Rahmenvereinbarung keinesfalls in Betracht kommt.

56 Das Bundesverwaltungsgericht hat dies in der Entscheidung vom 22.06.2021 zu GZ W139 2234548-2/67E eindeutig bestätigt und dabei nicht nur zwei von den insgesamt fünf vorliegenden Ausscheidensgründen bestätigt, sondern von Amts wegen einen weiteren Ausscheidensgrund festgestellt. Das Angebot der Revisionswerberin ist somit jedenfalls auszuscheiden.

57 Die anderen drei Ausscheidensgründe der Ausscheidensentscheidung hat das BVwG lediglich aus verfahrensökonomischen Gründen nicht näher geprüft. Dies ändert aber nichts daran, dass diese Ausscheidensgründe tatsächlich auch vorliegen.

58 Die Revisionswerberin könnte also erst dann für den Abschluss der Rahmenvereinbarung in Betracht kommen, wenn entschieden werden würde, dass keiner der fünf Ausscheidensgründe der Ausscheidensentscheidung vom 20.08.2020 und auch der von Amts wegen aufgegriffene Ausscheidensgrund tatsächlich nicht vorliegt.

59 Vor diesem Hintergrund stellt der Verlust eines Referenzprojektes für die Revisionswerberin lediglich einen Nachteil dar, der auch jeden anderen nicht zum Zug kommenden Bieter trifft.

60 Vermutlich behauptet die Revisionswerberin deshalb seit Beginn des Nachprüfungsverfahrens beharrlich, dass die gegenständliche Ausschreibung zu widerrufen sei. Dies obwohl die Ausschreibungsbestimmungen präkludiert sind und von keinem Bieter angefochten wurden und das BVwG bereits mehrfach selbst festgestellt hat, dass kein Widerrufsgrund im gegenständlichen Vergabeverfahren vorliegt (BVwG vom 29.01.2020, W139 2225291-2/34E und BVwG vom 22.06.2021, W139 2234548-2/67E). Auch aus diesem Grund droht der Revisionswerberin jedenfalls kein „unverhältnismäßiger“ Nachteil.

61 Vor dem Hintergrund der Bestandskraft der Ausschreibungsunterlagen (vgl VwGH 18.01.2021, Ra 2019/04/0083; VwGH 22.03.2019, Ra 2017/04/0038; VwGH 17.06.2014, 2013/04/0029) und der Tatsache, dass kein zwingender Widerrufsgrund vorliegt, besteht für die Revisionswerberin keine realistische Chance auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung, weil kein ausschreibungskonformes Angebot abgegeben wurde.

62 Die Revisionswerberin hat in ihrem Antrag auf Zuerkennung zur aufschiebenden Wirkung daher nicht ausreichend dargelegt, worin sich im konkreten Einzelfall ihr unverhältnismäßiger Nachteil begründet. Insbesondere ist sie nicht darauf eingegangen, weshalb sie angesichts der unbehebbaren Mängel ihres nicht ausschreibungskonformen Angebotes eine realistische Chance auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung haben sollte.

63 Bloß abstrakte, von konkreten Sachverhaltsumständen losgelöste (hypothetische) Möglichkeiten sind jedenfalls nicht geeignet, einen unverhältnismäßigen Nachteil konkret darzulegen (vgl. VwGH 29.06.2006, AW 2006/04/0033).

64 Da die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im gegenständlichen Einzelfall unverhältnismäßig nachteilige Folgen für die mitbeteiligte Partei nach sich ziehen würde und auch öffentlichen Interessen entgegenstehen würde, ist dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattzugeben. Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist daher abzuweisen.

2.5. Zu den Erfolgsaussichten der Revision

65 Nach Müller in Müller (Hrsg), Verfahren vor dem VfGH, dem VwGH und den VwG7(2020) Rz 681 sind auch die Erfolgsaussichten der Revision bei der Interessensabwägung zumindest grob zu prüfen:

„Demgegenüber verpflichten nicht nur unionsrechtliche Überlegungen dazu, neben der Gefährdung “periculum in mora“) auch den rechtlichen Boden, auf welchem die Gefährdungsbehauptung erhoben wird “fumus boni iuris“), maW die Erfolgsaussichten der Revision, zumindest grob zu prüfen: Denn der Begriff des „unverhältnismäßigen Nachteils“ erfordert einen Maßstab, nach welchem dieser Nachteil in ein „Verhältnis“ zu setzten ist, um die gebotene Verhältnismäßigkeitsprüfung anstellen zu können.

Lässt sich schon aus der Revisionsschrift erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, sodass die Revision in nicht öffentlicher Sitzung gem § 35 Abs 1 VwGG abzuweisen […] so ist die Zumutbarkeit der Erduldung vorläufiger Vollstreckungsschritte anders zu beurteilen als im Falle des § 35 Abs 2 VwGG, bei dem – umgekehrt – schon aus dem Beschluss oder Erkenntnis hervorgeht, dass die in der Revision behauptete Rechtsverletzung vorliegt. […] hingegen ist der Nachteil hinzunehmen, wenn die Revision offenkundig nur der Verschleppung dient.“

66 Gegenständlich hat die Revisionswerberin die „ordentliche und außerordentliche Revision“, gemeinsam mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung drei Werktage nach der Zustellung des Erkenntnisses eingebracht. Vor dem Hintergrund des Seitenumfangs der Revision (90 Seite sic!) ist es erstaunlich, dass die Revisionswerberin die Revision binnen drei Werktagen ab Zustellung des Urteils einbringen konnte.

67 Es liegt jedenfalls der Schluss nahe, dass die Revisionswerberin eine reine Verzögerungstaktik verfolgt und die Revision bereits weit vor der Übermittlung des Erkenntnisses vorbereitet wurde, um ehestmöglich die Fortführung des Vergabeverfahrens zu verhindern. Diese Vermutung erhärtet sich, wenn man bedenkt, dass die Revision Vorbringen zu Ausscheidensgründen und Themen enthält, die im gegenständlich angefochtenen Erkenntnis vom 22.06.2021 gar nicht enthalten sind.

68 Auch der VwGH hält in seiner Rechtsprechung (vgl beispielsweise VwGH 09.05.2016, Ra 2016/09/0035) fest, dass die Erfolgsaussichten der Revision gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechen können:

„[…] Im Rahmen der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotene Abwägung aller berührten Interessen ist nicht zu ersehen, inwiefern dieses Interesse geringer als das von der Revisionswerberin geltend gemachte öffentliche Interesse ("wichtige öffentliche und gesamtwirtschaftliche Interessen" daran, dass der Zweitmitbeteiligte keinen Zugang zum Arbeitsmarkt erhalte) zu werten wäre zumal auch die prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Revision im Rahmen der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen

Abwägung nicht für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechen (vgl. dazu, dass die einer ersten Beurteilung (prima facie) unterzogenen Erfolgsaussichten der Revision nicht ohne Bedeutung sind, vgl. Müller in Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, 5. Auflage 2004, 213 f, und etwa auch das hg. Erkenntnis vom 17. Juli 2008, 2008/21/0224, und den hg. Beschluss vom 5. Dezember 2013, AW 2013/09/0039) […]“

69 Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist zudem die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen (Vgl bspw VwGH 11.09.2019, Ra 2019/03/0103, ähnlich VwGH 12.03.2008, AW 2008/04/0012).

70 Wenn man bedenkt, dass der erkennende Senat von Amts wegen einen Ausscheidensgrund aufgegriffen hat, ist umso mehr von den Annahmen der angefochtenen Entscheidung auszugehen. Fakt ist jedenfalls, dass ein Ausscheidensgrund von Amts wegen aufgegriffen wurde, weil die Revisionswerberin schlicht ein den Ausschreibungsunterlagen widersprechendes Angebot gelegt hatte und es sich dabei um einen nicht sanierbaren Mangel handelt.

71 Im vorliegenden Fall steht die offensichtliche Unbegründetheit der Revision der Annahme eines unverhältnismäßigen Nachteils und damit einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls entgegen.

72 Allen vom BVwG aufgegriffenen Ausscheidensgründen liegen Beurteilungen der Ausschreibungsunterlagen und der Bietererklärungen im Angebot der Revisionswerberin zu Grunde, die nicht vor dem VwGH reversibel sind (siehe VwGH 30.03.2021, Ra 2019/04/0068, Hervorhebung nicht im Original: „Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen. Im Zweifel sind Festlegungen in der Ausschreibung gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen zu lesen. Die Prüfung der Ausschreibungskonformität eines Angebotes stellt dabei stets eine im Einzelfall vorzunehmende Beurteilung dar. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die in vertretbarer Weise vorgenommene fallbezogene Auslegung von Parteierklärungen oder Ausschreibungsunterlagen nicht revisibel ist, weil der fallbezogenen Auslegung grundsätzlich keine über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.“ Siehe auch VwGH 11.9.2020, Ra 2018/04/0157).

73 Die Erfolgsaussichten der „ordentlichen und außerordentlichen Revision“ vor dem Verwaltungsgerichtshof, sprechen im Rahmen der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Abwägung daher eindeutig nicht für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

74 Festgehalten wird, dass deshalb auch die gegenständliche Revision gemäß § 35 Abs 1 VwGG bereits ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen sein wird, weil die behaupteten Rechtsverletzungen der Revisionswerberin nicht vorliegen. Dies ist bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich.

75 Zusammenfassend liegen die Voraussetzungen für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus den genannten Gründen nicht vor.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der obige Verfahrensgang wird als spruchrelevanter Sachverhalt festgestellt.

2. Rechtliche Beurteilung:

1. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 in der Fassung BGBl. I Nr. 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 333 BVergG 2018 finden in Angelegenheiten der Vergabe von Aufträgen subsidiär die dort verwiesenen Bestimmungen ua auch des AVG Anwendung.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: „Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden.“

Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden.

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Entscheidungen nach § 30a VwGG hat das Verwaltungsgericht durch den Einzelrichter zu treffen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², Praxiskommentar zum VwGVG, VwGG und VwGbk-ÜG, 2017, K 2. zu § 30a VwGG).

2. Voraussetzung für die Stattgabe eines Aufschiebungsbegehrens ist zunächst, dass die bekämpfte Entscheidung einem „Vollzug“ zugänglich ist.

Das verfahrensgegenständliche Verfahren betrifft ein Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung. Der Verwaltungsgerichtshof hat in Zusammenhang mit einer Revisionserhebung gegen ein den Antrag auf Nichtigerklärung einer Ausscheidensentscheidung abweisendes Erkenntnis – allerdings nicht in Verfahren zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung – mehrfach Folgendes ausgesprochen:

"Vollzugsfähigkeit" liegt bereits dann vor, wenn die Entscheidung einen Rechtsverlust herbeizuführen vermag (vgl. die bei Mayer/Muzak, B-VG5 (2015) § 30 VwGG B. I.1 zitierte hg. Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall kommt es für die revisionswerbende Partei zu einem solchen Rechtsverlust insofern, als nach § 131 Abs. 1 BVergG 2006 der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen hat, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Nachdem als "verbliebene" Bieter jene Bieter gelten, die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. deren Angebote zwar ausgeschieden wurden, jedoch die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig ist (vgl. RV 1171 BlgNR 22. GP 85), ist es für die Rechtsposition der revisionswerbenden Partei relevant, ob sie durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in den Rechtszustand vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses rückversetzt wird (siehe auch die hg. Beschlüsse vom 31. August 2016, Ra 2016/04/0095, und vom 4. September 2015, Ra 2015/04/0054). Das angefochtene Erkenntnis ist somit einem Vollzug in Sinn des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich.“ (ua VwGH 15.01.2019, Ra 2019/04/0008)

Diese Rechtsprechung ist auch auf die vorliegende Konstellation des bevorstehenden Abschlusses einer Rahmenvereinbarung übertragbar. Die Auftraggeberin ist gemäß § 197 Abs. 3 BVergG 2006 verpflichtet, den nicht berücksichtigten Bietern den Namen des Unternehmers, mit dem die Rahmenvereinbarung abgeschlossen werden soll, nachweislich mitzuteilen. Wenngleich der Gesetzgeber hier nicht wie bei den Bestimmungen über die Zuschlagsentscheidung von den „im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern“, sondern von den „nicht berücksichtigten Bietern“ spricht, so sind diese trotz des unterschiedlichen Gesetzeswortlauts in Entsprechung des Grundsatzes der Effektivität des Rechtsschutzes und des Gebotes der Gleichbehandlung einander gleichzuhalten (ua BVwG 11.03.2021, W131 2238132-1/73E; BVwG 09.09.2020, W139 2234548-1/3E).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass den Antragsteller für die Voraussetzungen der Gewährung der aufschiebenden Wirkung eine strenge Konkretisierungspflicht trifft, als schon im Antrag im Einzelnen darzutun ist, aus welchen tatsächlichen Umständen für ihn als Folge der Umsetzung der angefochtenen Entscheidung ein unverhältnismäßiger Nachteil gelegen wäre (ua VwGH 20.04.2018, Ra 2017/22/0225; VwGH 02.02.2017, Ra 2017/04/0005).

Unter zwingenden öffentlichen Interessen, welche der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen, sind besonders qualifizierte öffentliche Interessen zu verstehen, die den sofortigen Vollzug der angefochtenen Entscheidung zwingend gebieten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn mit dem Aufschub eine konkrete drohende Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen bzw. deren Eigentum verbunden wäre (ua VwGH 02.04.2021, Ra 2021/05/0041; VwGH 14.5.2020, Ra 2020/05/0024; VwGH 07.07.2010, AW 2010/18/0148). Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht ohne weiteres schon zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als „zwingend“ im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG ansehen zu können (ua VwGH 19.02.2014, AW 2013/10/0063).

In ständiger Rechtsprechung hält der Verwaltungsgerichtshof überdies fest, dass im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu beurteilen ist und Mutmaßungen über den voraussichtlichen Verfahrensausgang bei der Interessenabwägung außer Betracht zu bleiben haben (ua VwGH 02.09.2020, Ra 2020/07/0058; VwGH 20.04.2018, Ra 2017/22/0225).

3. Vor diesem Hintergrund erweist sich die angefochtene Entscheidung sohin gemäß § 30 Abs. 2 VwGG einem Vollzug zugänglich. Die revisionswerbende Partei würde infolge des angefochtenen Erkenntnisses Gefahr laufen, die Entscheidung über den Abschluss der Rahmenvereinbarung nicht mehr zugestellt zu erhalten, da sie nicht mehr als „nicht berücksichtigte Bieterin“ iSd § 197 Abs. 1 BVergG 2006, sondern als rechtskräftig ausgeschieden zu qualifizieren ist.

Bezüglich des ihr durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses erwachsenden unverhältnismäßigen Nachteiles führt die revisionswerbende Partei aus, dass ihr durch das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes erhebliche Schäden drohen würden, da sie damit nach endgültigem Ausscheiden ihres Angebotes keine Chance mehr auf den Abschluss der Rahmenvereinbarung habe. Sie führt dafür maßgeblich die große wirtschaftliche Bedeutung dieses Auftrages angesichts einer Laufzeit von 8 Jahren, den hohen Prestigefaktor und künftigen Wettbewerbsvorteil, die Bedeutung als wertvolles Referenzprojekt, die bisher aufgrund der Teilnahme an dem Vergabeverfahren entstandenen Kosten, die Bindung von Ressourcen zu Lasten anderer Projekte und das öffentlichen Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ins Treffen. Sollte sich – entgegen der hier vertretenen Auffassung – das Vorbringen der revisionswerbenden Partei als richtig herausstellen, wonach das Vergabeverfahren zwingend zu widerrufen wäre und wonach die revisionswerbende Partei ein Recht auf den Widerruf hätte, so hätte dies eine Neuausschreibung zur Folge, an der sich die revisionswerbende Partei beteiligen könnte.

Von der revisionswerbenden Partei wird insofern ein unverhältnismäßiger Nachteil aufgezeigt, der mit dem sofortigen Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses verbunden wäre. Hiervon geht auch der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Konstellationen bei Geltendmachung von etwa im Verlust eines maßgeblichen Referenzprojektes liegenden Nachteilen aus (VwGH 02.12.2016, Ra 2016/04/0132; VwGH 04.09.2015, Ra 2015/04/0054).

Die Auftraggeberin verweist in ihrer Stellungnahme auf das öffentliche Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrags, welches darin liege, zur Aufrechterhaltung Ihres Geschäftsbetriebes für eine funktionsfähige Büroausstattung mit Druckerlandschaft zu sorgen. Nur so könnten vertragliche Verpflichtungen verwaltet und abgewickelt und zwingend notwendige IT-Security-Standards eingehalten werden. Das Risiko, welches mit fehlende

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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