TE Bvwg Beschluss 2021/7/7 W194 2238810-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.07.2021
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Entscheidungsdatum

07.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
FMGebO §47
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50
FMGebO §51
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGG §33 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W194 2238810-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom 19.10.2020, GZ 0002092308, Teilnehmernummer: XXXX , folgenden Beschluss:

A)

Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführerin beantragte mit am 18.09.2020 bei der belangten Behörde eingelangtem Schreiben die Gewährung einer Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für ihre Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen.

2.       Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.10.2020 wies die belangte Behörde den verfahrenseinleitenden Antrag der Beschwerdeführerin zurück.

3.       Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 11.11.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben.

4.       Am 20.01.2021 legte die belangte Behörde den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5.       Das Bundesverwaltungsgericht holte am 15.04.2021 einen aktuellen Auszug aus dem Zentralen Melderegister ein, welchem zu entnehmen war, dass die Beschwerdeführerin XXXX verstorben ist.

6.       Mit hg. am 30.06.2021 eingelangtem Schreiben übermittelte das zuständige Bezirksgericht den Beschluss betreffend die Verlassenschaftssache der Beschwerdeführerin.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid vom 19.10.2020 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 18.09.2020 auf Gewährung einer Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühren für ihre Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen zurück.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben vom 11.11.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben.

Die Beschwerdeführerin ist XXXX verstorben; das zuständige Bezirksgericht übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht am 30.06.2021 den Beschluss betreffend die Verlassenschaftssache der verstorbenen Beschwerdeführerin. Dem Beschluss ist zu entnehmen, dass die Aktiven der XXXX Verlassenschaft XXXX gemäß § 154 AußStrG an Zahlungs statt überlassen wurden.

2. Beweiswürdigung:

Diese Ausführungen gründen sich auf die jeweils erwähnten Entscheidungen, Unterlagen und Schriftsätze, welche Teil der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verfahrensakten sind.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1.    § 28 VwGVG („Erkenntnisse“) regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]“

§ 31 VwGVG („Beschlüsse“) ordnet Folgendes an:

„§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.“

Der Verwaltungsgerichtshof sprach in Bezug auf die Einstellung des Verfahrens vor den Verwaltungsgerichten in seinem Erkenntnis vom 29.04.2015, Fr 2014/20/0047, Folgendes aus:

„Aus den Bestimmungen des § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG geht hervor, dass das Verwaltungsgericht in jenem Fall, in dem das Verfahren – hier: das Beschwerdeverfahren – einzustellen ist, eine Entscheidung in der Rechtsform des Beschlusses zu treffen hat (vgl. in diesem Sinn – bezogen auf § 50 VwGVG und die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens – auch das hg. Erkenntnis vom 30. September 2014, Ra 2014/02/0045). Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen nämlich die Entscheidungen und Anordnungen eines Verwaltungsgerichtes durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. § 28 Abs. 1 VwGVG nimmt die Einstellung des Verfahrens, wozu jedenfalls die Einstellung des Beschwerdeverfahrens zu zählen ist, von der Erledigung mittels Erkenntnis ausdrücklich aus. […].“

3.2.     In welchen Fällen das Verfahren einzustellen ist, regelt das VwGVG nicht. Die Einstellung steht grundsätzlich am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht, worunter auch der Fall des Untergangs des Beschwerdeführers zu subsumieren ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren² [2018] § 28 VwGVG, Anm. 5).

3.3. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich in Bezug auf den Tod eines Beschwerdeführers (im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof) insbesondere Folgendes:

Zur Einstellung oder Fortsetzung eines Beschwerdeverfahrens nach dem Tod eines Beschwerdeführers (VwGH 08.09.1998, 97/08/0151):

„Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt der Tod des Beschwerdeführers grundsätzlich zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens gemäß § 33 Abs. 1 VwGG (vgl. etwa den Beschluß vom 19. November 1996, Zl. 95/08/0323). Das Verfahren ist dann nicht als gegenstandslos einzustellen, wenn nach dem Gegenstand des Verfahrens eine Rechtsnachfolge der Erben (des Nachlasses) in der Parteistellung des Beschwerdeführers möglich ist und die Erben (der Nachlaß) auch erklären, das Verfahren fortsetzen zu wollen.“

Zu höchstpersönlichen Rechten eines Verstorbenen (VwGH 20.11.2013, 2013/10/0189):

„Die Rechts- und damit auch die Parteifähigkeit des Beschwerdeführers im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erlischt durch seinen Tod. Über eine Beschwerde kann ungeachtet ihrer Zulässigkeit im Zeitpunkt der Einbringung nicht mehr meritorisch entschieden werden, wenn der Beschwerdeführer verstorben und kein Rechtsträger vorhanden ist, der die Rechtspersönlichkeit des Beschwerdeführers in Ansehung jener Rechte fortsetzt, deren Verletzung in der Beschwerde geltend gemacht worden ist und in welche der angefochtene Bescheid eingreift. In höchstpersönliche Rechte des Verstorbenen findet eine Rechtsnachfolge nicht statt, weshalb die Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben des Verstorbenen nicht in Betracht kommt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 26. September 2011, Zl. 2011/10/0020, mwN).

Beim von der Beschwerdeführerin mit dem verfahrenseinleitenden Antrag geltend gemachten Recht auf Gewährung einer Sozialhilfeleistung in Form eines Kostenzuschusses zu einer 24-Stunden-Betreuung – und daher auch beim Recht auf meritorische Erledigung dieses Antrages – handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht (vgl. auch dazu den bereits zitierten hg. Beschluss vom 26. September 2011 sowie den Beschluss vom 9. August 2006, Zl. 2006/10/0033, mwN).“

Zur Gewährung von Sozialhilfe als höchstpersönliches Recht (VwGH 26.09.2011, 2011/10/0020):

„Im gegenständlichen Fall ist aus dem angefochtenen Bescheid eine Berechtigung einer von der Beschwerdeführerin verschiedenen dritten Person nicht ableitbar. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren behauptete die Beschwerdeführerin, durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Gewährung von Sozialhilfe (in einem höheren als dem zuerkannten Ausmaß) verletzt zu sein und machte damit ein höchstpersönliches Recht geltend.“

3.4. Diese Grundsätze bedeuten umgelegt auf das vorliegende Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, dass davon ausgegangen werden muss, dass es sich bei den der Gewährung einer Befreiung von den Rundfunkgebühren zugrundeliegenden Ansprüchen um – Sozialhilfeleistungen gleichzuhaltenden – höchstpersönliche Rechte handelt. Die Zuerkennung der Gebührenbefreiung stellt darauf ab, dass der Bezug einer der in § 47 Fernmeldegebührenordnung angeführten sozialen Transferleistungen der öffentlichen Hand durch den Antragsteller zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegt. Die Gewährung einer Gebührenbefreiung kann somit nur an Personen erfolgen, die Bezieher solcher Leistungen sind.

Im vorliegenden Fall besteht damit kein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung mehr, da der angefochtene Bescheid höchstpersönliche Rechte betraf, in die eine Rechtsnachfolge nicht in Betracht kommt und daher auch eine Fortsetzung des Verfahrens über solche Rechte durch die Verlassenschaft oder die Erben der Verstorbenen nicht in Betracht kommt (vgl. zB BVwG 25.11.2019, W120 2130012-1). Darüber hinaus liegt im konkreten Fall der Überlassung des Nachlassvermögens an Zahlungs statt auch gar keine Gesamtrechtsnachfolge vor (vgl. zB UFSW 05.09.2003, RV/2589-W/02).

Aus alledem war infolge des Todes der Beschwerdeführerin das gegenständliche Beschwerdeverfahren spruchgemäß einzustellen.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn dieser von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch sind keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die Rechtslage ist eindeutig, und die vorliegende Entscheidung folgt der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Schlagworte

Beschwerdeführer verstorben Einstellung Erledigungsanspruch Gegenstandslosigkeit höchstpersönliche Rechte Parteistellung rechtliches Interesse Rechtsnachfolger Rundfunkgebührenbefreiung Verfahrenseinstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W194.2238810.1.00

Im RIS seit

22.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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