TE Dok 2021/8/23 2021-0.361.653

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Veröffentlicht am 23.08.2021
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Norm

BDG 1979 §43 a
BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

Nichtbefolgen einer schriftlichen Weisung, respektloses Verhalten gegenüber Vorgesetzten

Text

Die Bundesdisziplinarbehörde hat am 23.08.2021 nach der am 15.07.2021 in Abwesenheit der Beamtin, des Disziplinaranwaltes und der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

RevInsp. N.N. ist schuldig,

1.   sie hat am 13.01.2021 die schriftliche Weisung und am 15.01.2021 die mündliche Weisung des A.A. zur Ergänzung einer Stellungnahme nicht befolgt, und sich geweigert, eine Ergänzung zu einer ihr aufgetragenen schriftlichen Stellungnahme vorzunehmen,

2.   sie hat am 15.01.2021 ein respektloses Verhalten im Zuge eines Telefonates gegenüber dem Vorgesetzten A.A. an den Tag gelegt, indem sie ohne erkennbaren Grund und sichtlich sehr erregt ihre Stimme erhoben habe und meinte, dass sich das alles vor Gericht zeigen werde. Dann habe sie „auf Wiederhören“ gesagt, den Telefonhörer aufgelegt und das Gespräch einseitig, respektlos und sozial völlig unpassend abgebrochen,

sie hat dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß § 43 a BDG und § 44 Abs. 1 BDG i.V.m. § 91 BDG 1979 begangen.

Über die Beamtin wird gemäß § 92 Abs. 1 Zi 3 BDG eine Geldstrafe in der Höhe von
€ 2.500,- (in Worten zweitausendfünfhundert) verhängt.

Der Beamtin erwachsen keine Kosten aus dem Verfahren gemäß § 117 BDG.

Begründung:

Der Verdacht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben, gründet sich auf die Disziplinaranzeige der Dienstbehörde vom 25.03.2021 sowie den Erhebungen der LPD N.N.

Der Beamtin wurde im Herbst 2018 eine Ermahnung gemäß § 109 Abs. 2 BDG 1979 erteilt – die Beamtin hatte mehrmals keine Anzeige (strafrechtlicher Sicht) bzw. eine solche nur auf Druck eines weiteren anwesenden Beamten entgegengenommen. Zudem hat sich die Beamtin am 16.03.2018 ungerechtfertigt zu einem Vorstellungsgespräch in der N.N. von ihrer Dienststelle entfernt.

Weiters wurden gegen die Beamtin bereits folgende Disziplinarverfahren eingeleitet:

am 04.03.2020 wegen der Begehung von Dienstpflichtverletzungen gem. §§ 44 Abs. 1, 48 Abs. 1, 54 Abs. 1 BDG i.V.m. der Dienstanweisung „Allgemeine Polizeidienstrichtlinie“ vom 19.05.2014, GZ.: N.N. (Nichteinhaltung Dienstweg, ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst, Missachten einer Weisung des SPK-Kdt, Tragen eines vorschriftswidrigen Ohrschmuckes, Nichtdurchführen einer Meldung vor dem SPK-Kdt)

am 15.06.2020 wegen der Begehung von Dienstpflichtverletzungen gem. §§ 43. Abs. 1 und 2, 44 Abs. 1 BDG i.V.m. der Dienstordnung der LPD N.N., Dienstanweisung N.N., § 2 – Verhalten von Polizeibeamten (Fehlverhalten am Notruf gegenüber einer Partei)

Im Zuge der Disziplinarverhandlung zu den oa. eingeleiteten Disziplinarverfahren am 02.02.2021 wurde durch die Bundesdisziplinarbehörde die Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 1.500, - (rechtskräftig mit 02.02.2021) verhängt.

Anlastung durch die Dienstbehörde:

Am 27.01.2021 langte im hs. Referat über das Kommando des SPK X.X. ein Aktenvorgang ein, wonach die Beamtin im Verdacht steht, Dienstpflichtverletzungen begangen zu haben.

Die Beamtin steht im Verdacht,

1: durch das Nichtbefolgen der Weisungen des A.A: (schriftliche Weisung vom 13.01.2021, mündlichen Weisung vom 15.01.2021) zur Ergänzung einer Stellungnahme;

2: sowie des nicht achtungsvollen Umganges im Zuge eines Telefonates am 15.01.2021 gegenüber A.A. gegen ihre Dienstpflichten gem. §§ 43a und 44 BDG 1979 verstoßen zu haben.

Sachverhalt:

Laut vorliegender Aktenlage langte im SPK X.X. via Büro Öffentlichkeitsarbeit eine Beschwerde des B.B. ein, wonach sich dieser über eine Amtshandlung vom 18.12.2020 beschwerte. Von B.B. wird angeführt, es sei am 18.12.2020 um 08:40 Uhr beim Eingang des Gebäudes gegen seinen Willen und seinen ausdrücklichen Protest sein persönlicher Rucksack durchsucht worden, in welchem sich vertrauliche Unterlagen seines Mandanten befanden. Zwecks Beschwerdebearbeitung wurde um eine schriftliche Stellungnahme der involvierten EB (C.C. und der Beamtin) ersucht.

Im Zuge der Stellungnahme wurde von der Beamtin angegeben, bei B.B. und dessen Mandanten sei, wie bei allen hausfremden Personen, eine gewöhnliche N.N.-Einlasskontrolle, vergleichbar mit einer Sicherheitskontrolle bei einem Bezirksgericht oder Landesgericht, durchgeführt worden. B.B., welcher den örtlichen Hausgebrauch kenne, habe zunächst freiwillig seinen bereits geöffneten Rucksack durch das geöffnete Fenster bei der Zugangskontrolle gegeben. Dieser sei auf das Rollpult im Inneren der Eingangshalle gelegt worden. Es sei eine kurze Sichtkontrolle in den Rucksack erfolgt, wobei keine gefährlichen Gegenstände gesichtet werden konnten.

Nachdem B.B. durch die Eingangsschleuse geschritten sei, habe sich dieser plötzlich darüber beschwert, dass sein Rucksack samt den Dokumenten und Unterlagen durchsucht wird. Hierzu wird von der Beamtin angeführt, es sei zu keiner Zeit davon die Rede gewesen, dass sein Rucksack, bis auf die bereits erfolgte Sichtkontrolle, durchsucht wird.

Nachdem sich B.B. aggressiv gebärdet und beschwert habe, habe dieser eine Bestätigung über die Durchsuchung haben wollen. Von der Beamtin wird jedoch angeführt, dass keine Durchsuchung, sondern lediglich „Sichtung“ der Rucksackes erfolgt sei.

Von A.A. wird angeführt, dass aus der von der Beamtin übermittelten Stellungnahme die Beantwortung der Beschwerde nicht möglich gewesen sei. Aus diesem Grund wurde diese am 13.01.2021, 16:27 Uhr, von A.A. via E-Mail aufgefordert, ihre Stellungnahme dahingehend zu ergänzen, ob, nachdem sich B.B. bezüglich der Sicherheitskontrolle beschwerte, sein Rucksack fertig durchsucht oder die Durchsuchung abgebrochen wurde.

Am 15.01.2021, 15:55 Uhr, teilte die Beamtin dem A.A. via E-Mail mit, dass sie keine Ergänzung vornehmen werde. Um etwaige Missverständnisse vorzubeugen, habe A.A. der Beamtin am 15.01.2021, 16:01 Uhr, telefonisch in der Polizeiinspektion kontaktiert und ihr erklärt, dass er zwecks Beschwerdebearbeitung die im E-Mail genannte Frage beantwortet haben müsse. Daraufhin habe die Beamtin erwidert, dass sie das nicht mache, weil es eh schon beantwortet sei. Nachdem A.A. der Beamtin abermals erklärt habe, dass dies aus der Stellungnahme nicht hervorgehe, sei die Beamtin sichtlich sehr erregt gewesen, habe ihre Stimme erhoben und gemeint, dass sich das alles vor Gericht zeigen werde. Dann habe sie „auf Wiederhören“ gesagt, den Telefonhörer aufgelegt und das Gespräch einseitig, respektlos und sozial völlig unpassend abgebrochen.

Verantwortung:

Von der Beamtin, wurde im Hinblick auf den oa. Vorwurf lediglich angeführt, sie möchte keine Ergänzung zu ihrer Grundstellungnahme vom 04.01.2021, adaptiert am 12.01.2021, mehr vornehmen. Auch möchte sie mit A.A. nichts mehr zu tun haben, da sich der ganze Fall immer mehr zu einem Roman entwickle.

Maßnahmenbeschwerde:

B.B. hat im Hinblick auf den oa. Vorfall eine Maßnahmenbeschwerde beim BVwG eingereicht, welche zurückgewiesen wurde.

Mündliche Disziplinarverhandlung:

Mit Bescheid vom 09.04.2021 wurde das ordentliche Disziplinarverfahren eingeleitet und die mündliche Verhandlung für 15.07.2021 anberaumt und durchgeführt.

Gemäß § 124 Abs. 3 BDG wurde festgestellt, dass die Beamtin ordnungsgemäß geladen wurde und auf die Folgen des Nichterscheinens nachweislich aufmerksam gemacht wurde. Die Ladung wurde mit 15.06.2021 ordnungsgemäß hinterlegt. Ein Anruf an Ihrer Dienststelle hat ergeben, dass sie am Tag der Verhandlung Nachtdienst hat. Ein weiterer Anruf bei der Beamtin zu Hause erfolgte über das Kommando N.N. Sie hat jedoch den Anruf nicht entgegengenommen. Die Verhandlung findet gem. § 125a Abs. 1 BDG sohin in Abwesenheit der Beamtin statt, da sie in der Ladung auf die Folgen ihres Fernbleibens hingewiesen wurde. Sie hat keinen Vertreter entsandt.

Aufgrund der Abwesenheit wurden aus dem Akteninhalt die schriftliche Weisung, der Bericht über die mündliche Weisung und der Bericht über das Verhalten der Beamtin am Telefon gegenüber ihrem Vorgesetzten verlesen.

Die Beamtin wurde seitens der Dienstbehörde zur Stellungnahme hinsichtlich der disziplinarrechtlichen Vorwürfe aufgefordert. Diese gab jedoch zu diesen Vorwürfen KEINE Stellungnahme ab, sondern verfasste eine E-Mail mit dem Inhalt, dass sie keine Stellungnahme mehr abgeben werde und dass sie wörtlich: „mit A.A. nichts mehr zu tun haben möchte, zumal das ganze mittlerweile zu einem Roman werde.“

Im Zuge des Beweisverfahrens wurde auf die einschlägigen Dienstanweisungen sowie auf die erst 5 Monate zurückliegende letzte disziplinarrechtliche Verurteilung verwiesen.

Der Disziplinaranwalt führte in seinem Plädoyer aus, dass der Sachverhalt erscheint hinreichend geklärt zu sein. An den Angaben von Herrn A.A. besteht kein Grund daran zu zweifeln. Es wird kein Grund gesehen, warum er die Beamtin wahrheitswidrig belasten sollte. Außerdem sind seine Weisungen auch schriftlich dokumentiert. Die Beamtin hätte sachliche Rechtfertigungen zu diesem Vorwurf einbringen können. Es ist daher von dem Sachverhalt auszugehen, dass die Beamtin mehrere Weisungen mündlich und schriftlich nicht befolgt und hat auch gegenüber ihrem Vorgesetzten ein nicht akzeptables Benehmen zeigte. Sie hat daher gegen mehrere Dienstpflichten verstoßen. Dies ist zum 2. Mal binnen kurzer Zeit, da die Beamtin bereits am 02.02.21 wegen Nichtbeachtung von Weisungen disziplinarrechtlich bestraft wurde. Er beantragte eine Geldstrafe im unteren Bereich.

Der Beamtin wurde gegenständliches Verhandlungsprotokoll per RSa-Brief zugestellt und gab die Beamtin innerhalb der gesetzlichen Frist von 2 Wochen KEINE Stellungnahme ab.

Der Senat hat dazu erwogen:

§ 43a BDG:

Beamtinnen und Beamte haben einander mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Sie haben im Umgang mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Verhaltensweisen oder das Schaffen von Arbeitsbedingungen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind.

 

§ 44 (1) BDG: Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und deren Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt, zu befolgen.

Der Senat ist nach Durchführung des Beweisverfahrens zu dem Erkenntnis gelangt, dass die Beamtin die ihr vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen schuldhaft begangen hat.

Der Vorwurf lautet dahingehend, dass die Beamtin 2-fach Weisungen nicht befolgt hat und in weiterer Folge ein respektloses Verhalten gegenüber ihren Vorgesetzten an den Tag legte.

 

Zu den Dienstpflichtverletzungen § 44 Abs. 1 BDG:

Seitens B.B. wurde bei der LPD N.N. eine Beschwerde über eine Amtshandlung vom 18.12.2020 eingebracht, welche von der Beamtin geführt wurde. Zwecks Beschwerdebearbeitung wurde um eine schriftliche Stellungnahme der involvierten EB (Insp C.C. und der Beamtin) ersucht. Da aus der von der Beamtin übermittelten Stellungnahme die ordnungsgemäße Beantwortung der Beschwerde nicht möglich gewesen war, wurde die Beamtin von ihrem Vorgesetzten A.A. am 13.01.2021, um 16:27 Uhr via E-Mail aufgefordert, ihre Stellungnahme zu ergänzen. Am 15.01.2021, 15:55 Uhr, teilte die Beamtin A.A. via E-Mail mit, dass sie keine Ergänzung vornehmen werde und damit die Befolgung der Weisung ablehnte.Um etwaige Missverständnisse vorzubeugen, hat A.A. der Beamtin am 15.01.2021, 16:01 Uhr, telefonisch in der Polizeiinspektion kontaktiert und sie erneut beauftragt, die Stellungnahme zu ergänzen und ihr erklärt, dass er zwecks Beschwerdebearbeitung die im E-Mail genannte Frage beantwortet haben müsse. Daraufhin habe die Beamtin erwidert, dass sie das nicht mache, weil es eh schon beantwortet sei. Durch dieses Verhalten hat sie ein zweites Mal die Befolgung einer Weisung abgelehnt. Im Zuge des weiteren Telefongesprächs reagierte die Beamtin unverhältnismäßig erregt, erhob ihre Stimme und meinte, dass sich das alles vor Gericht zeigen werde. Dann habe sie „auf Wiederhören“ gesagt, den Telefonhörer aufgelegt und das Gespräch einseitig abgebrochen. Durch dieses geschilderte Verhalten gegenüber einem Vorgesetzten wurde ein respektloses und sozial völlig unpassend Verhalten an den Tag gelegt, welches absolut entbehrlich war. Schließlich ging es lediglich um die Abgabe bzw. Ergänzung einer Stellungnahme, sohin um eine Tätigkeit, die im Routinealltag jedes Polizeibeamten vorkommt. Bereits 5 Monate zuvor, im Februar 2021, war die Beamtin wegen Nichtbefolgung von Weisungen zu einer Geldbuße im Ausmaß von € 1.500,- verurteilt worden. Als Begründung wurde im damaligen Disziplinarerkenntnis angeführt, dass die Beamtin mit „unglaublicher Selbstverständlichkeit interne Dienstvorschriften missachtet und ihr polizeiliches Dasein offensichtlich in manchen Teilen losgelöst von dienstlichen Rahmenbedingungen oder Vorgaben lebt.“ Eine derartige Lernresistenz einer Beamtin ist auch in der bisherigen Rechtsprechung der Disziplinarkommission bzw. BDB einzigartig und beweist, dass pekuniäre Strafen im Disziplinarverfahren nicht immer die gewünschte spezialpräventive Wirkung erzielen.

 

Gemäß § 44 Abs. 1 BDG hat der Beamte seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt, zu befolgen.

Unter „Weisung“ ist eine generelle oder individuelle, abstrakte oder konkrete Norm zu verstehen, die an einen oder an eine Gruppe von dem Weisungsgeber untergeordneten Verwaltungsorganwaltern ergeht. Sie ist ein interner Akt im Rahmen der Veraltungsorganisation. Der Aufbau und die Struktur einer polizeilichen Organisationseinheit erfordern für ein reibungsloses Funktionieren ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft zwischen Bediensteten auf verschiedenen Hierarchieebenen, welches durch das Instrument der Weisung abgesichert ist.

In diesem Zusammenhang ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes hinzuweisen, wonach mit der unberechtigten Ablehnung der Befolgung einer Weisung gegen eine grundsätzliche Bestimmung des Dienstrechtes verstoßen wird, was nicht für die Verhängung der geringsten Disziplinarstrafe spricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1991, Zl. 90/09/0180).

Wie auch die DOK in ihrem Erkenntnis GZ 29,30/14-DOK/09 ausführte, zählen Verletzungen der Dienstpflicht gemäß § 44 Abs. 1 BDG zu den schwerwiegenden Verfehlungen und ist gerade die Befolgung im Bereich eines straff organisierten Systems wie des Exekutivdienstes für den ordnungsgemäßen und effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung. Ob das Missachten der Weisung negative Folgen welcher Art auch immer nach sich gezogen hat oder nicht, ist nicht ausschlaggebend.

Ein unterstellter Organwalter braucht eine Weisung nicht auszuführen, zu deren Erlass der Vorgesetzte nicht zuständig ist, und er darf sie nicht ausführen, wenn deren Ausführung für ihn erkennbar strafgesetzlichen Vorschriften zuwiderlaufen würde (Art. 20 Abs. 1 B-VG; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1979, ZI. 555/78 *). Die Prüfung einer dienstlichen Anordnung auf Sachlichkeit, Zweckmäßigkeit u. a. kommt dem nachgeordneten Organwalter nicht zu; er muss vielmehr jede ihm erteilte dienstliche Anordnung seines zuständigen Vorgesetzten ausführen, sofern diese nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften verstößt. Indes ist es dem nachgeordneten Organwalter unbenommen, einen Antrag auf bescheidmäßige Feststellung zu stellen, ob die Befolgung einer angeordneten Tätigkeit zu seinen Dienstpflichten zählt (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 1963, ZI. 1211/61, Slg. NE Nr. 6191/A, vom 5. Oktober 1966, ZI. 783/66, Slg. NE Nr. 7009/A, vom 13. Juni 1967, ZI. 1619/66, vom 5. September 1972, ZI. 691n2, Slg. NE Nr. 8274/A, und Erkenntnis .) Slg. NF. Nr. 9995/A des Verfassungsgerichtshofes vom 13. März 1972, Slg. Nr. 6679). (VwGH, 14. Mai 1980, ZI. 91/80, Slg. NF. Nr. 10.134/A.) Der erkennende Senat stellt fest, dass bezüglich der gegenständlichen Weisungen kein Fall des § 44 Abs. 2 BDG 1979 vorlag. Die Beamtin hat nicht einmal den Versuch einer Remonstration nach § 44 Abs. 3 BDG 1979 gemacht. Die erste schriftliche Weisung mit dem Inhalt, eine ergänzende Stellungnahme vorzunehmen hat sie schriftlich abgelehnt. Die zweite mündliche Weisung wurde mündlich am Telefon verweigert. Somit hat die Beamtin Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 44 Abs. 1 BDG § 91 BDG 1979 in 2 Fällen begangen.

Dienstpflichtverletzung nach § 43 a BDG

Nach der Jud. des VwGH ist nicht jede unpassende Äußerung und nicht jedes Vergreifen im Ausdruck gegenüber einem Vorgesetzten eine Dienstpflichtverletzung. Spontane mündliche Äußerungen im dienstlichen Umgang dürften nicht „auf die Goldwaage gelegt werden“. Die Grenze zur Pflichtwidrigkeit sei erst erreicht, wenn „die menschliche Würde eines Kollegen oder Vorgesetzten verletzt“ oder der Betriebsfriede und die dienstliche Zusammenarbeit „anderweitig ernstlich gestört“ werde. Der Beamte habe zwar das Recht, sich gegen interne Angriffe zur Wehr zu setzen; dies müsse aber sachlich, in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgetragen werden und dürfe nicht Behauptungen enthalten, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind. Auch eine Art der dienstlichen Kommunikation, die verbal völlig korrekt, aber unterschwellig aggressiv oder aufdringlich ist, kann in schweren Fällen unter diesen Tatbestand subsumiert werden. Eine disziplinäre Strafbarkeit auslösen wird vor allem ein Verhalten, das mehrmals erfolgt oder längere Zeit hindurch anhält. Vorliegendenfalls wird das respektlose Verhalten der Beamtin auch noch dadurch unterstrichen, dass sie in der Email, worin sie zur Stellungnahme betreffend die Weisungsverstöße aufgefordert wurde, anführt, „dass sie mit dem A.A. (der im Rang tatsächlich Oberst ist) nichts mehr zu tun haben möchte.“ Es ist schwerlich nachzuvollziehen, dass die Beamtin nicht weiß, welchen militärischen Rang der Stadtpolizeikommandant N.N. führt. Durch dieses Verhalten am Telefon gegenüber ihrem Vorgesetzten A.A. hat sie ein respektloses Verhalten an den Tag gelegt und jeglichen Anstand missen lassen.

Insgesamt zeigt sich, dass die Beamtin mit der hierarchischen Struktur der Behörde massive Probleme hat, da sie Weisungen offenbar nur befolgt, wenn es ihr gefällt bzw. gerade einmal in ihr Konzept passt, ansonsten agiert sie grundsätzlich „schmerzbefreit“. Sie beweist damit, dass sie ein lernresistentes Verhalten an den Tag legt, dem nur mit einer massiven Geldstrafe entgegenzusteuern ist.

Strafbemessungsgründe gemäß § 93 BDG:

Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um die Beamtin von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der jüngsten Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild der Beamtin zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaß eine Bestrafung notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen, oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint (vgl. Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 78 ff und ihr folgend das Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 14.11.2007, 2005/09/0115).

Maßstab für die Strafbemessung ist vor allem das Verschulden der Beamtin in der konkreten Situation und dieses verlangt aus spezialpräventiven Gründen eine Sanktion. Als Strafrahmen sah der Senat deshalb eine Geldstrafe im unteren Bereich als ausreichend an. Bei einem Bruttobezug von ca. € 2.120,- entspricht die verhängte Disziplinarstrafe etwa einem Monatsbezug. Aus generalpräventiven Gründen muss außerdem den Kollegen vor Augen geführt werden, dass derartiges Fehlverhalten bedingungslos sanktioniert wird.

Im konkreten Fall konnte kein Umstand als mildernd gewertet werden.

Erschwerend hingegen wirkten mehrere Dienstpflichtverletzungen, wobei die Weisungsverstöße am schwersten wogen, zumal die Beamtin disziplinarrechtlich einschlägig vorgemerkt ist und binnen kurzer Zeit erneut Dienstpflichtverletzungen begangen hat.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2021
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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