TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/20 96/02/0022

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Veröffentlicht am 20.12.1996
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §56;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
B-VG Art137;
VStG §31 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 5. Dezember 1995, GZ. 5-212 Ti 13/2-95, wegen Feststellung der Vollstreckungsverjährung betreffend Übertretung von arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 20. Juni 1995 - dieser erliegt nicht in den Verwaltungsakten - stellte der Beschwerdeführer an die Bezirkshauptmannschaft Weiz einen Antrag auf Feststellung der Vollstreckungsverjährung bezüglich einer näher angeführten rechtskräftigen Strafverfügung derselben Behörde wegen Übertretungen von arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften (Geldstrafe von S 9.000,--). Der Beschwerdeführer hatte bis zu diesem Zeitpunkt, nachdem er wegen Erfolglosigkeit des Exekutionsverfahrens mehrmals zum Antritt der Ersatzfreiheitsstrafe aufgefordert worden war, bereits S 4.000,-- in vier Raten in unterschiedlicher Höhe, beginnend mit 16. Februar 1994, bezahlt, weshalb der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe unterblieben war.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 14. Juli 1995 wurde "unter Zugrundelegung des § 31 (2) VStG 1991 i.d.g.F." festgestellt, daß Vollstreckungsverjährung nicht eingetreten sei und "die im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren geleisteten Zahlungen rechtmäßig erfolgt" seien.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung - auch diese erliegt nicht im Verwaltungsakt -, der die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit (§ 24 und) § 31 Abs. 3 VStG keine Folge gab, wobei sie den erstinstanzlichen Bescheid vollinhaltlich bestätigte.

Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 31 Abs. 3 zweiter und dritter Satz VStG (i.d.F der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 620/1995) darf eine Strafe nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie Zeiten, während deren die Vollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen.

Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung - u.a. dann zulässig, wenn die betreffende bescheidmäßige Feststellung im öffentlichen Interesse oder im rechtlichen Interesse einer Partei gelegen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1987, Slg.Nr. 12.586/A).

Unzulässig ist ein Feststellungsbescheid jedenfalls dann, wenn die strittige Rechtsfrage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens entschieden werden kann (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., S. 401, unter E 44a zu § 56 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Steht aber dem Beschwerdeführer - abgesehen von den gegen eine unzulässige Vollstreckung von Geldleistungen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln - gegen eine seiner Ansicht nach infolge eingetretener Vollstreckungsverjährung rechtlich nicht gedeckte Festnahme und gegen den anschließenden Vollzug einer (Rest)Ersatzfreiheitsstrafe die Möglichkeit einer Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG zu, so schließt dies die Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides, mit dem die Frage des Eintritts der Vollstreckungsverjährung geklärt werden soll, aus. Auch für die Frage der Rechtmäßigkeit geleisteter (Teil-)Zahlungen steht ein anderes Verfahren, nämlich jenes nach Art. 137 B-VG, zur Verfügung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1996, Zl. 96/10/0255). Der angefochtene Bescheid, mit dem die von der Behörde erster Instanz getroffenen Feststellungen bestätigt werden, entspricht daher nicht dem Gesetz. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß die mit dem angefochtenen Bescheid bestätigten Feststellungen, die überdies nach der Darstellung im erstinstanzlichen Bescheid vom gestellten Feststellungsbegehren des Beschwerdeführers abweichen und hinsichtlich der festgestellten "Rechtmäßigkeit" der vom Beschwerdeführer geleisteten Teilzahlungen über diesen Antrag hinausgehen, geeignet sind, den Beschwerdeführer in seinen Rechten zu verletzen. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996020022.X00

Im RIS seit

02.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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