TE Bvwg Beschluss 2021/7/27 W267 2183816-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.07.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.07.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §17 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W267 2183816-2/3Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Essl als Einzelrichter betreffend die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.07.2021, Zl. XXXX , wie folgt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Die Beschwerdeführerin reiste mit ihrem Sohn XXXX irregulär in Österreich ein und stellte für beide am 06.08.2015 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG).

2.       Im Rahmen ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 06.08.2015 vor sowie ihrer Einvernahme durch das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) am 27.10.2015 gab die Beschwerdeführerin unter anderem an, dass sie afghanische Staatsangehörige sei und der Volksgruppe der Hazara angehöre. Die Beschwerdeführerin bekenne sich zum schiitischen Islam und ihre Muttersprache sei Dari.

3.       Mit Bescheid vom 15.12.2017, Zl. XXXX , wies das BFA diesen (ersten) Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 22.08.2015 gemäß § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab und erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Status einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zu. Der Beschwerdeführerin wurde auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und ferner gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Als Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 2005 wurden 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

4.       Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde, die jedoch vom Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) mit – zwischenzeitig rechtskräftigem – Erkenntnis vom 16.04.2020 zu W 251 2183816-1/13E als unbegründet abgewiesen wurde. Eine (ordentliche) Revision wurde vom Gericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

5.       Die von der Beschwerdeführerin gegen das Erkenntnis des BVwG vom 16.04.2020 für sich und ihren damals noch mj. Sohn erhobene außerordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 01.07.2020 zu Ra 2020/20/0196 bis 0198-5 zurückgewiesen.

6.       Die Beschwerdeführerin verließ daraufhin mit ihrem mj. Sohn das Bundesgebiet und stellte am 16.08.2020 in Deutschland ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 28.04.2021 wurde die Beschwerdeführerin von Deutschland nach Österreich (rück)überstellt. Ihr in Deutschland eingebrachter (zweiter) Antrag auf internationalen Schutz gilt sohin als mit 28.04.2021 in Österreich gestellt.

7.       Am 20.05.2021 wurden die Beschwerdeführerin beim BFA, Erstaufnahmestelle Ost, zu ihrem neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz einvernommen.

8.       Mit nunmehr angefochtenem Bescheid vom 07.07.2021, Zl. XXXX , wies das BFA diesen (zweiten) Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 28.04.2021 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) jeweils gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Beschwerdeführerin wurde auch kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen sie vielmehr eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt V.). Eine Frist für ihre freiwillige Ausreise wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 55 Abs. 1a FPG nicht eingeräumt (Spruchpunkt VI.).

9.       Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 15.07.2021, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Bekämpft wird der Bescheid in allen Spruchpunkten wegen unrichtiger Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

10.      Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt sind am 21.07.2021 beim BVwG eingelangt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Anzuwendendes Recht:

1.1.    Mit 01.01.2006 ist das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl in Kraft getreten (Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005; in der Folge AsylG) und auf die ab diesem Zeitpunkt gestellten Asylanträge anzuwenden. Im gegenständlichen Fall wurde insbesondere auch der verfahrensgegenständliche Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz nach diesem Zeitpunkt gestellt, weshalb das AsylG in der Fassung des BGBl. I Nr. 110/2021 zur Anwendung gelangt.

1.2.    Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide des BFA und Asyl das BVwG. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.3.    Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) richtet sich nach den Bestimmungen des VwGVG (BGBl. I 33/2013) in der geltenden Fassung, geregelt, das auch auf das gegenständliche Verfahren Anwendung findet.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

1.4.    Gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese Zurückweisung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist oder bereits eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung besteht, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen durch Beschluss die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Staat, in den die aufenthaltsbeendende Maßnahme lautet, eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

1.5.    Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

2.       Rechtlich folgt daraus:

2.1.    Zu A) – Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung

Die Beschwerdeführerin hat ihren ersten Antrag auf internationalen Schutz in Österreich im Jahre 2015 gestellt. Diesen ersten Antrag betreffend, ferner hinsichtlich dessen Abweisung und in der Folge auch bezüglich des verfahrensgegenständlichen zweiten Antrages auf internationalen Schutz und dessen negative Erledigung wurden von der Beschwerdeführerin mehrere Schriftsätze erstattet, Urkunden vorgelegt und Rechtsmittel ergriffen.

Nach Durchführung einer Grobprüfung der dem BVwG derzeit zur Verfügung stehenden Verwaltungs- und Gerichts(vor)akten sowie der ihm unspezifisch zugänglichen aktuellen Länderinformationen zu Afghanistan gelangt das erkennende Gericht daher zur Überzeugung, dass es ihm aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Falles, des Umfangs der Vorakten sowie noch allenfalls zu setzender Ermittlungsschritte innerhalb der relativ kurzen Frist des § 17 Abs. 1 BFA-VG nicht möglich sein wird, eine das Parteienvorbringen und die konkreten Umstände umfassend würdigende Entscheidung über die erhobene Beschwerde zu treffen, bei der mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass mit einer Rückführung der Beschwerdeführerin nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung ihrer in der EMRK garantierten Rechte einherginge.

Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten ist, vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es – im Sinne einer Grobprüfung – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der Beschwerdeführerin als „vertretbare Behauptungen“ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen. Es war daher spruchgemäß der Beschwerde gemäß § 17 Abs. 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG in Verbindung mit § 24 VwGVG entfallen.

2.2.    Zu B) – Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W267.2183816.2.00

Im RIS seit

13.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

13.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten