TE Vwgh Erkenntnis 1996/12/20 96/02/0070

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Veröffentlicht am 20.12.1996
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L67008 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Vorarlberg;

Norm

GVG Vlbg 1993 §1;
GVG Vlbg 1993 §2 Abs1;
GVG Vlbg 1993 §4 Abs1;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs1;
StreuewiesenV Rheintal Walgau Vlbg 1990 §1;
StreuewiesenV Rheintal Walgau Vlbg 1990 §2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der Autobedarf X-Gesellschaft m.b.H. & Co. KG. in F, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 19. Dezember 1995, Zl. 3-1-28/95/K4, 3-1-29/95/K4, betreffend Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 19. Dezember 1995 wurde den Berufungen der beschwerdeführenden Partei betreffend die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung zum Erwerb der Grundstücke Nrn. 1317, 1318 und 1322, alle KG. F., durch eine namentlich genannte Käuferin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 lit. a und c und § 8 Abs. 3 des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes, LGBl. Nr. 61/1993 (kurz: VGVG 1993), keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid insbesondere deshalb in ihren Rechten verletzt, weil die belangte Behörde unter Hinweis, ein Teil des Grundstücks Nr. 1322 im Ausmaß von ca. 1.000 m2 sei Streuewiese bzw. Freifläche, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung insgesamt für die vorgenannten Grundstücke betreffend Kaufvertrag vom 10./17. Februar 1995 versagt habe. Die Grundstücke Nrn. 1317, 1318 und 1322, GB. F., stünden im Alleineigentum der beschwerdeführenden Partei, wobei sämtliche Flächen - mit Ausnahme einer Teilfläche des Grundstücks 1322 - im Flächenwidmungsplan als Baufläche-Mischgebiet ausgewiesen seien. Entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides sei die bisherige Nutzung der Streuewiesenfläche durch das gegenständliche Rechtsgeschäft weder gefährdet noch einer Veränderung unterzogen. Der Verkauf der Streuewiesenfläche sei aus wirtschaftlicher Sicht unbedeutend. Die Veräußerung dieser Fläche bedeute nicht, daß diese einem landwirtschaftlichen Grundbesitz entzogen werde. Die Käuferin (eine österreichische Wohnbaugesellschaft m.b.H.) beabsichtige bei der Verwirklichung ihres Wohnbauprojektes hinsichtlich der Freifläche die "bisherige Nutzung" beizubehalten und diese Freifläche keiner anderen Verwertung oder Verbauung zuzuführen. Das Land Vorarlberg habe insbesondere im Hinblick auf § 8 Abs. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 lit. b und § 13 Abs. 1 VGVG 1993 und § 13 Abs. 1 des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes bereits gesetzlich "festgelegt", daß die gegenständlichen Bauflächen zum Zweck des Wohnbaues in absehbarer Zeit konkret benötigt würden, weshalb die grundverkehrsbehördliche Bewilligung zu erteilen gewesen wäre. Die rechtlichen Voraussetzungen seien für die Gesamtfläche der Grundstücke Nrn. 1317 und 1318 und für den überwiegenden Teil des Grundstücks Nr. 1322 gegeben. Es wäre daher zumindest im Umfang der Baufläche die Genehmigung zu erteilen gewesen.

Gemäß § 1 Abs. 1 VGVG 1993 unterliegt den Bestimmungen dieses Gesetzes der Verkehr mit

a)

land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken,

b)

Baugrundstücken,

c)

Grundstücken, sofern an diesen Ausländer Rechte erwerben.

Gemäß § 1 Abs. 3 leg. cit. ist es unter anderem Ziel dieses Gesetzes, (lit. a) land- und forstwirtschaftliche Grundstücke bäuerlichen Familienbetrieben im Interesse einer Verbesserung ihrer strukturellen Verhältnisse entsprechend den natürlichen Gegebenheiten des Landes zu erhalten,

(lit. b) im Hinblick auf die Bodenknappheit dem Bedarf nach Grundstücken für Wohn- und Betriebszwecke vor anderen Nutzungen, insbesondere jener zu Ferienzwecken, Vorrang zu geben.

Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. ist die Frage, ob ein Grundstück ein land- und forstwirtschaftliches Grundstück ist, nicht nach der aus dem Grundsteuer- oder Grenzkataster ersichtlichen Benützungsart, sondern nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner tatsächlichen Verwendung zu beurteilen. Als landwirtschaftliche Grundstücke gelten jedenfalls Grundstücke, die als Landwirtschaftsgebiet gewidmet sind. Keine land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke im Sinne dieses Gesetzes sind Baugrundstücke.

Nach § 2 Abs. 2 leg. cit. sind Baugrundstücke jene Grundflächen, die im Flächenwidmungsplan als Bauflächen oder Vorbehaltsflächen gewidmet sind.

Nach § 4 Abs. 1 leg. cit. bedarf der Verkehr mit land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, wenn er unter anderem (lit. a) das Eigentum zum Gegenstand hat.

Nach § 5 Abs. 1 leg. cit. darf der Rechtserwerb nur genehmigt werden, (lit. a) - im Falle landwirtschaftlicher Grundstücke - wenn er dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes entspricht und der Erwerber das Grundstück im Rahmen eines landwirtschaftlichen Betriebes selbst bewirtschaftet und im Betrieb auch seinen ständigen Wohnsitz hat oder, soweit ein solches nicht in Frage kommt, er der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht widerspricht, (lit. c) wenn er zur Erfüllung öffentlicher, gemeinnütziger oder kultureller Aufgaben, zum Zwecke des Wohnbaus sowie für industrielle oder gewerbliche Anlagen erfolgt und nicht das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung des Grundstücks das Interesse an der neuen Verwendung überwiegt.

Nach § 6 Abs. 1 lit. a leg. cit. sind Gegenstand des Verkehrs mit Baugrundstücken der Erwerb des Eigentums an Grundstücken oder an Bauwerken im Sinne des § 435 ABGB.

Gemäß § 8 Abs. 3 lit. a leg. cit. sind Rechtserwerbe an unbebauten Baugrundstücken, ausgenommen zu Ferienzwecken, zu genehmigen, wenn sie unter anderem zum Zwecke des Wohnbaus benötigt werden.

Unbestritten ist, daß sämtliche Grundstücke unbebaute Flächen sind und die Grundstücke Nrn. 1317 und 1318 zur Gänze sowie eine Teilfläche des Grundstückes 1322 nach dem rechtsgültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde F. als Baufläche-Mischgebiet, die restliche Fläche des Grundstücks 1322 als Freifläche-Freihaltegebiet ausgewiesen sind. Die zuletzt genannte Teilfläche liegt innerhalb der nach dem Vorarlberger Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 36/1969, durch Verordnung über die Einhaltung von Streuewiesen im Rheintal und Walgau, LGBl. Nr. 40/1990, in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 26/1992, als "geschützte Streuewiese" festgelegten Fläche. Der Begriff Streuewiese ist in dieser Verordnung (bzw. im Vorarlberger Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 36/1969 i.d.g.F.) nicht näher definiert, doch läßt sich aus § 2 dieser Verordnung, der Verbote, Schutz- und Pflegemaßnahmen näher regelt, erschließen, daß es sich dabei um möglichst unberührte Grünflächen handelt, deren Kultivierung und Nutzung insbesondere während der Hauptvegetationszeit weitgehend untersagt ist, und die nur einmal jährlich in der Zeit vom 1. September bis 15. März zu mähen sind.

Wird eine Grundfläche, die im vorangegangenen Jahr nicht gemäht worden ist, trotz Aufforderung nicht bis zum 30. November gemäht, so hat nach § 2 Abs. 3 dritter Satz dieser Verordnung der Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigte zu dulden, daß die Behörde auf eigene Rechnung und Gefahr die Mahd durchführt und das Mähgut beseitigt. Gemäß § 2 Abs. 3 erster Satz dieser Verordnung sind die im § 1 genannten Grundflächen "in herkömmlicher Weise zu pflegen und als Streuewiese zu nutzen". Sohin kann dennoch aufgrund der Beschaffenheit (Grünlandfläche) und der durch die vorgenannte Verordnung verbindlich vorgeschriebenen Art der Nutzung als "Streuewiese" diese Teilfläche als tatsächlich landwirtschaftlich genutztes Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 1 VGVG 1993 angesehen werden.

Es ist aufgrund des von der Behörde ermittelten Sachverhalts offenkundig, daß der beabsichtigte Rechtserwerb insbesondere hinsichtlich dieser Teilfläche nicht die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 lit. a VGVG 1993 erfüllt. Ferner würde aufgrund der vorzitierten Verordnung betreffend Streuewiesen auch das Interesse an der Erhaltung der bisherigen Nutzung dieser Teifläche des Grundstücks 1322 das Interesse an der neuen Verwendung (allenfalls als Kinderspielplatz - wie im Zuge des Verwaltungsverfahrens behauptet wurde) im Sinne des § 5 Abs. 1 lit. c VGVG 1993 überwiegen. Die grundverkehrsbehördliche Bewilligung konnte daher diesbezüglich zu Recht verweigert werden.

Gegenstand des eingangs genannten Kaufvertrags und des Ansuchens um grundverkehrsbehördliche Bewilligung war der Verkauf der Grundstücke 1317, 1318 und 1322, KG. F., jeweils zur Gänze, durch die Beschwerdeführerin unter Bekanntgabe eines näher genannten Kaufpreises. Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend

- insbesondere unter Bezugnahme auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 28. Februar 1986, VfSlg. Nr. 10.764, das noch zum früheren Vorarlberger Grundverkehrsgesetz, LGBl. Nr. 18/1977, ergangen ist - ausführt, hat die Grundverkehrsbehörde ein Rechtsgeschäft nur entweder zur Gänze zu genehmigen oder ihm zur Gänze die Genehmigung zu versagen. An diesem Grundsatz hat sich durch das VGVG 1993 nichts geändert. Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde infolge mangelnder Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer grundverkehrsbehördlichen Bewilligung für den Rechtserwerb an einer Teilfläche des Grundstücks Nr. 1322 die grundverkehrsbehördliche Bewilligung für das gesamte Rechtsgeschäft versagte.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996020070.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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