TE Bvwg Beschluss 2021/9/2 W136 2239181-1

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Veröffentlicht am 02.09.2021
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Entscheidungsdatum

02.09.2021

Norm

BDG 1979 §91
B-VG Art130 Abs1 Z1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W136 2239181-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Brigitte HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch seinen Verteidiger nach § 107 BDG 1979, gegen die als „Disziplinarerkenntnis“, GZ 1/14-DKfBuL/19, (zugestellt am 14.10.2020) bezeichnete und mit 30.09.2020 datierte Erledigung der Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung beschlossen:

A) Die sich gegen einen Nichtbescheid richtende Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG, Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Zulässigkeit der rechtzeitigen Beschwerden erwogen:

1. Feststellungen:

Am 14.09.2020 fand vor der Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des XXXX , seines Verteidigers und des Disziplinaranwaltes statt, die mittels Verhandlungsschrift vom 14.09.2020, GZ 1/12-DKfBuL/19, protokolliert wurde. Am Ende dieser Verhandlung wurde das Disziplinarerkenntnis mündlich verkündet.

Die mit 30.09.2020 datierte schriftliche Ausfertigung des Disziplinarerkenntnisses erfolgte durch die Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung unter der GZ 1/14-DKfBuL/19 und wurde von MinR Mag. HIRSCH, dem Senatsvorsitzenden, genehmigt. Dieses Erkenntnis wurde laut der Angabe des XXXX am 14.10.2020 zugestellt. Rückscheine sind im Akt nicht ersichtlich, die Zustellverfügung des MinR Mag. HIRSCH, datiert mit 30.09.2020, sieht eine Zustellung an den Beschwerdeführer, seinen Verteidiger und den Disziplinaranwalt vor.

Mit Note vom 01.02.2021 übermittelte die Bundesdisziplinarbehörde eine Beschwerde gegen das vorgenannte Disziplinarerkenntnis vom 30.09.2020 und führte aus, dass diese vermutlich innerhalb offener Frist eingebracht worden sei. Ausgeführt wurde weiters, dass der angefochtene Bescheid und die Bezugsakte nicht vorgelegt werden könnten, da nach Auskunft der Fachabteilung des BMLV die Akten irrtümlich an das BVwG vorgelegt worden seien. Entscheidungsrelevante Aktenteile seien rekonstruiert worden, es werde eine mündliche Verhandlung und Ladung des (ehemaligen) Senatsvorsitzenden beantragt.

In weiterer Folge wurde entgegen der Mitteilung des BMLV seitens BVwG erhobenen, dass die Bezugsakte tatsächlich der Bundesdisziplinarbehörde am 06.11.2020 zugegangen sind, jedoch zwischenzeitlich offenbar als Irrläufer beim Verwaltungsgerichtshof „landeten“, der die Akten der Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung dem BVwG über dessen Ersuchen übermittelte.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, hinsichtlich des Zustellungszeitpunkts an den Beschwerdeführer sowie seinen Verteidiger aus deren Angaben und denen der Bundesdisziplinarbehörde.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausdrücklich ausgesprochen, dass Änderungen von Zuständigkeitsvorschriften – soweit es anderslautender Anordnungen im Übergangsrecht ermangelt – stets, also auch während der Anhängigkeit eines Verfahrens, zu berücksichtigen, sind (VwGH 27.09.1995, 95/21/0590; VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0014).

Ein Bescheid ist dann erlassen, wenn er verkündet oder formgerecht zugestellt wurde; im Mehrparteienverfahren ist ein Bescheid als erlassen anzusehen, wenn er einer Partei zugestellt wurde (VwGH 26.04.1993, 91/10/0252; VwGH 09.06.2017, Ra 2017/02/00601). Selbiges gilt für die schriftliche Ausfertigung eines mündlich verkündeten Erkenntnisses; dass diesem eine eigene Bedeutung zukommt, erschließt sich schon aus § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG, der die Beschwerdefrist grundsätzlich an die Zustellung der schriftlichen Ausfertigung bzw. der schriftlichen Erledigung knüpft und nur bei einem Bescheid, der dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, an den Tag der Verkündung.

Die gegenständliche, als Disziplinarerkenntnis bezeichnete Erledigung, wurde laut den glaublichen Angaben des Verteidigers dem Beschwerdeführer sowie seinem Verteidiger am 14.10.2020 zugestellt. Eine Zustellung an den Disziplinaranwalt ist aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Es handelt sich hierbei um die schriftliche Ausfertigung eines zuvor von der damals noch zuständigen Behörde mündlich verkündeten Bescheides.

Gemäß § 243 Abs. 1 BDG sind die bei den Disziplinarkommissionen bis 30.09.2020 anhängig gemachten Disziplinarverfahren nach den bisherigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2019 fortzuführen. Ab 1. Oktober 2020 geht die Zuständigkeit zur Durchführung von Disziplinarverfahren auf die Bundesdisziplinarbehörde in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, oder – hinsichtlich der Beamtinnen und Beamten der Parlamentsdirektion, des Rechnungshofes und der Volksanwaltschaft – auf die Disziplinarkommission gemäß Art. 30b B-VG in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, über. § 125 BDG – der nur regelt, wann eine vertagte oder unterbrochene mündliche Verhandlung zu wiederholen ist – ist anzuwenden. Weiteres Übergangsrecht findet sich nicht. Die Erläuternden Bemerkungen (ErläutRV 625 BlgNR 26. GP 5, zu Art. 1 Z 42) präzisieren, dass hinsichtlich bereits bei den Disziplinarkommissionen anhängiger Verfahren jene diese während einer Übergangszeit, währenddessen die Bundesdisziplinarbehörde errichtet wird, fortsetzen, bis die Bundesdisziplinarbehörde die Verfahren übernimmt und weiterführt. Dass die Disziplinarkommissionen in bereits anhängigen Disziplinarverfahren über den 30.09.2020 hinaus für die Erlassung von Bescheiden zuständig wären, geht jedoch nicht hervor.

Dies hat jedoch zur Folge, dass ab 01.10.2020 nicht nur bloß die Zuständigkeit von den Disziplinarkommissionen auf die Bundesdisziplinarbehörde übergegangen ist – und die Disziplinarkommissionen unzuständig wurden – sondern vielmehr, dass die Disziplinarkommissionen als Verwaltungsbehörden aufhörten zu existieren, da die Bundesdisziplinarbehörde an ihre Stelle trat. Demnach können jedoch ab dem 01.10.2020 vor diesem Zeitpunkt noch existierende Disziplinarkommissionen nicht mehr als taugliche Urheberinnen von Bescheiden und auch schriftlichen Ausfertigungen auftreten.

Das bedeutet im Wesentlichen, dass einerseits ab dem 01.10.2020 – somit auch zum Zeitpunkt der Erlassung der verfahrensgegenständlichen Erledigungen – die Zuständigkeit bei der Bundesdisziplinarbehörde gelegen ist und andererseits mit Ablauf des 30.09.2020 die Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung nicht mehr bestanden hat.

Daher wurden die verfahrensgegenständlichen Erledigungen von einer nicht mehr existierenden Behörde erlassen und liegt daher hinsichtlich des Disziplinarerkenntnisses keine schriftliche Ausfertigung vor. Daher richtet sich die gegenständliche Beschwerde gegen eine Nichtausfertigung bzw. Nichtbescheid und ist als solche unzulässig und somit zurückzuweisen.

Das bedeutet, dass die Bundesdisziplinarbehörde im eigenen Namen und auf eigene Verantwortung als Rechtsnachfolgerin der Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung die schriftliche Ausfertigung des am 14.09.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses (ohne Wiederholung der mündlichen Verhandlung – das mündlich verkündete Disziplinarerkenntnis befindet sich im Rechtsbestand) nachholen muss (siehe zum Übergang der Zuständigkeit der Erlassung einer schriftlichen Ausfertigung von einem Richter zu einem anderen: VwGH VwGH 26.02.2020, Ra 2019/09/0154).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter A) die relevante Rechtsprechung zitiert, es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

Schlagworte

Behördeneigenschaft Disziplinarerkenntnis Nichtbescheid Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W136.2239181.1.00

Im RIS seit

11.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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