TE Bvwg Beschluss 2021/9/13 W195 2244625-1

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Veröffentlicht am 13.09.2021
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Entscheidungsdatum

13.09.2021

Norm

AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
GebAG §54 Abs1 Z1 lita
GebAG §54 Abs1 Z1 litc
VwGVG §17

Spruch


W195 2244625-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 19.06.2021 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX betreffend den Auftrag des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.06.2021 zu einer schriftlichen Übersetzung im Verfahren zur XXXX beschlossen:

A)

I.       Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit € 61,60 bestimmt.

II.      Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1.       Am 18.06.2021 wurde der Antragsteller vom Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit einem Verfahren der Gerichtsabteilung XXXX , mit der schriftlichen Übersetzung zweier Dokumente in die deutsche Sprache beauftragt.

2.       Bereits am 19.06.2021 übermittelte der Antragsteller die beauftragte schriftliche Übersetzung der beiden Dokumente.

3.       Mit Schriftsatz vom 19.06.2021, welcher im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) am selben Tag beim BVwG einlangte, legte der Antragsteller folgende Gebührennote betreffend die schriftliche Übersetzung im Verfahren mit der XXXX , vor:

Honorarnote-Nr./Rechnungs-Nr. 26/2021

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 1 GebAG

Übersetzung(en) Schriftstücke je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) € 15,20

3000 Zeichen

45,60

50 % Zuschlag von Grundgebühr wegen bes. sprachl. o. fachl. Schwierigkeit

22,80

Zwischensumme

68,40

Sonstige Kosten § 31 GebAG

 

Reinschreiben der Übersetzung(en): Seite(n)/je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) 2 x Seiten à € 2,00

4,00

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1 a GebAG

 

Übermittlung mittels ERV a € 12,00

12,00

Gesamtsumme

84,40

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

84,40

4.       Der Antragsteller verzeichnete in seiner Honorarnote neben einer Gebühr für Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 GebAG in Höhe von insgesamt € 45,60 zusätzlich einen Betrag von € 22,80 (= Zuschlag von 50% von der Grundgebühr) für eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit.

5.       Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 04.08.2021 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen nach Zustellung – im Wesentlichen kurz zusammengefasst – vor, dass im vorliegenden Fall eine besondere fachliche Schwierigkeit iSd § 54 Abs. 1 Z 1GebAG nicht festgestellt werden konnte und aus diesem Grund der vom Antragsteller geltend gemachte erhöhte Stundensatz in Höhe eines 50%-igen Zuschlags bereits dem Grund nach nicht zuerkannt werden könne.

6.       Das Schreiben des BVwG vom 04.08.2021 wurde dem Antragsteller (nachweislich) am 05.08.2021 zugestellt.

In der Folge langte jedoch keine Stellungnahme des Antragstellers ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller vom BVwG am 18.06.2021 zu einer schriftlichen Übersetzung beauftragt wurde, welche der Antragsteller auch am 19.06.2021 übermittelte. Die Übersetzung stellt jedoch keine besondere sprachliche oder fachliche Schwierigkeit dar.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des BVwG zum Verfahren mit der XXXX , der vom Antragsteller eingebrachten Übersetzung und der Honorarnote, dem Schreiben von der Verständigung der Beweisaufnahme des BVwG vom 04.08.2021 sowie dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Gemäß § 89c Abs. 5a Gerichtsorganisationsgesetz – GOG, RGBl. Nr. 217/1896, sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten, Übersetzungen und Gebührenanträgen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige oder den Sachverständigen oder die Dolmetscherin oder den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs kann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.

Zu A) Zur Bestimmung der gebührenrechtlichen Ansprüche:

Zur beantragten Gebühr für Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 GebAG:

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 lit. a GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher bei schriftlicher Übersetzung für je 1000 Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) € 15,20 (Grundgebühr). Erfordert die Übersetzung wegen besonderer sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeiten einen erhöhten Zeitaufwand oder hat die Übersetzung auf Anordnung des Gerichts in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr oder an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag zu erfolgen, gebührt jeweils das Eineinhalbfache der Grundgebühr (lit. c).

In seiner Honorarnote machte der Antragsteller eine Gebühr für Mühewaltung betreffend die Übersetzung zweier Schriftstücke im Ausmaß von 3000 Zeichen (ohne Leerzeichen) in Höhe von € 45,60 geltend. Neben der Gebühr für Mühewaltung im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 1 lit. a GebAG (Grundgebühr) machte er auch einen Zuschlag gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 lit. c GebAG wegen sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeit geltend.

Der Zuschlag gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 lit. c GebAG gebührt dann, wenn eine Übersetzung wegen besonderer sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeiten einen erhöhten Zeitaufwand erfordert. Hier ist etwa an Gesetze oder technische Werke zu denken (vgl. OLG Wien, 34R 95/86 SVSlg 31.974; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 5 zu § 54).

Ein Zuschlag nach lit. c gebührt keinesfalls für jede Übersetzung eines juristischen Fachtextes, weil dies nicht unbedingt mit besonderen fachlichen oder sprachlichen Schwierigkeiten verbunden ist. Die Übersetzung eines wegen Diebstahls erhobenen Strafantrages enthält nur juristisches Standardvokabular, dessen Geläufigkeit bei Gerichtsdolmetschern vorauszusetzen ist. Dasselbe gilt für das standardisierte, in einer selbst für Laien leicht verständlichen Sprache und ohne Verwendung juristischer Fachausdrücke gestaltete Ladungsformular (OLG Wien 22 Bs 464/12i; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 12, E 13 zu § 54).

Am 18.06.2021 wurde der Antragsteller vom Bundesverwaltungsgericht beauftragt, zwei Drohbriefe der Taliban schriftlich in die deutsche Sprache zu übersetzen. Eine Durchsicht der vom Antragsteller ins Deutsche übersetzten Drohbriefe ergab, dass darin keine Begrifflichkeiten enthalten sind, die über das juristische Standardvokabular eines gerichtlichen Dolmetschers oder auch den allgemeinen Sprachgebrauch hinausgehen. Darüber hinaus lassen sich die beiden Drohbriefe auch nicht als technisches Werk oder Gesetzesbegriff qualifizieren.

Zwar ist dem Antragsteller insoweit zuzustimmen, dass ein Verständnis des Inhalts der beiden Drohbriefe ohne seine erklärenden Ausführungen in den Fußnoten nicht oder jedenfalls nur sehr schwer möglich wäre. Allerdings darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass es sich auch bei den (erklärenden) Fußnoten nicht um Übersetzungen handelt, die aufgrund einer sprachlichen und/oder fachlichen Schwierigkeit einen erhöhten Zeitaufwand erforderlich machen würden, sondern dienen diese lediglich dem besseren Textverständnis. Der Vollständigkeit halber sei schließlich auch noch festgehalten, dass der mit den erklärenden Fußnoten einhergehende Mehraufwand bereits bei der Grundgebühr für Mühewaltung berücksichtigt und dementsprechend vergütet wird, weshalb vorliegend nicht von einer Übersetzungsleistung ausgegangen werden kann, die einen erhöhten Stundensatz rechtfertigen würde. Über diesen Umstand wurde der Antragsteller vom Bundesverwaltungsgericht nachweislich in Kenntnis gesetzt und wurde ihm zudem die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Der Antragsteller hat von dieser Möglichkeit jedoch keinen Gebrauch gemacht.

Vor dem Hintergrund der oben zitierten Judikatur und mangels Vorliegens einer besonders schwierigen Dolmetschtätigkeit kann ein erhöhter Stundensatz in Höhe eines 50%-igen Zuschlags bereits dem Grunde nach nicht zuerkannt werden.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 1 GebAG

Übersetzung(en) Schriftstücke je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) € 15,20

3000 Zeichen

45,60

Sonstige Kosten § 31 GebAG

 

Reinschreiben der Übersetzung(en): Seite(n)/je 1000 Zeichen (ohne Leerzeichen) 2xSeiten à € 2,00

4,00

Übermittlung im Wege des ERV § 31 Abs. 1 a GebAG

 

Übermittlung mittels ERV a € 12,00

12,00

Gesamtsumme

61,60

Gesamtsumme aufgerundet auf volle 10 Cent

61,60

Aus diesem Grund war die Gebühr des Dolmetschers mit € 61,60 zu bestimmen und das Mehrbegehren abzuweisen.

Zu B) Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da keiner der vorgenannten Fälle vorliegt. Auch waren keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage ersichtlich. Die vorliegende Entscheidung ergeht aufgrund einer eindeutigen Rechtslage bzw. sind die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen. Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor (VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

besondere Erschwernis Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Gebührenzuschlag Mehrbegehren Mühewaltung Schriftstück Teilstattgebung Übersetzungstätigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2244625.1.00

Im RIS seit

08.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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