TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/21 95/11/0344

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Veröffentlicht am 21.01.1997
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §52;
KDV 1967 §30 Abs1 Z2 litc;
KDV 1967 §34 Abs1;
KDV 1967 §34 Abs3;
KFG 1967 §69 Abs1 litb;
KFG 1967 §73 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des E in Wä, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Juni 1995, Zl. IIb2-K-3117/5-1995, betreffend Befristung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Lenkerberechtigung des Beschwerdeführers für Kraftfahrzeuge der Gruppe B gemäß § 73 Abs. 1 KFG 1967 bis 4. November 1995 befristet.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend; er beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 73 Abs. 1 letzter Halbsatz KFG 1967 kommt die Befristung einer Lenkerberechtigung dann in Betracht, wenn die geistige oder körperliche Eignung einer Person nur für eine bestimmte Zeit angenommen werden kann und Nachuntersuchungen erforderlich sind. Ist dies nach dem ärztlichen Befund bei einem zu Begutachtenden der Fall, hat gemäß § 69 Abs. 1 lit. b das ärztliche Gutachten "bedingt geeignet" zu lauten und eine Befristung der Gültigkeit der Lenkerberechtigung anzuführen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es für die Befristung einer Lenkerberechtigung entscheidend darauf an, ob beim Betreffenden eine "Krankheit" festgestellt wurde, bei der ihrer Natur nach mit einer zum Verlust der Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen führenden Verschlechterung gerechnet werden muß (vgl. die Erkenntnisse vom 22. Mai 1990, Slg. Nr. 13 204/A, und vom 21. Jänner 1992, Slg. Nr. 13 565/A). Es liegt im Interesse der Verkehrssicherheit, in einem solchen Fall die Eignung nur noch für eine bestimmte Zeit anzunehmen und die Beurteilung ihres Vorliegens für die Zeit danach vom Ergebnis von Nachuntersuchungen abhängig zu machen (vgl. das Erkenntnis vom 9. August 1994, Zl. 94/11/0197 mwN).

Die belangte Behörde ging aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon aus, daß der Beschwerdeführer, ein Dialysepatient, zwar derzeit die nötige körperliche und geistige Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B aufweise, daß aber wegen der Möglichkeit einer relevanten Verschlechterung seines Gesundheitszustandes Kontrolluntersuchungen notwendig seien. Sie konnte sich dabei auf Gutachten des Amtsarztes der Erstbehörde, der Bezirkshauptmannschaft Reutte, (vom 4. November und vom 19. Dezember 1994) und eines ihr beigegebenen Amtsarztes (vom 25. April und vom 13. Juli 1995) stützen.

Soweit der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darin erblickt, daß bei dem durch die Gutachten festgestellten Zustand (Fehlen der normalerweise bei Niereninsuffizienz auftretenden Begleiterscheinungen und einer Beeinträchtigung des Fahrverhaltens) nach § 30 KDV 1967 eine Befristung nicht gerechtfertigt sei, ist das Beschwerdevorbringen nicht nachvollziehbar. Diese Verordnungsbestimmung enthält keine vom KFG 1967 (§§ 69 Abs. 1 lit. b, 73 Abs. 1) abweichende Regelung der Voraussetzungen für die Befristung einer Lenkerberechtigung.

Ins Leere geht der Vorwurf, die belangte Behörde habe die Bestimmung des § 31 zweiter Satz KDV 1967, die eine Untersuchung durch einen entsprechenden Facharzt vorschreibe, übersehen. Diese Bestimmung stellt auf das Vorliegen von psychischen Krankheiten und geistigen Behinderungen im Sinne des § 30 Abs. 1 Z. 1 KDV 1967 ab. Eine solche Krankheit oder Behinderung hat die belangte Behörde beim Beschwerdeführer nicht angenommen.

Auch die übrigen Verfahrensrügen lassen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erkennen:

Soweit der Beschwerdeführer den schlüssigen Nachweis einer Beeinträchtigung des Fahrverhaltens aufgrund seines Gesundheitszustandes vermißt, ist ihm entgegenzuhalten, daß die belangte Behörde eine derartige Beeinträchtigung und damit eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit aufgrund des zuletzt festgestellten Zustandes des Beschwerdeführers nicht angenommen hat. Vielmehr hat sie den ärztlichen Äußerungen folgend seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen bejaht. Entgegen seiner Ansicht ist auch aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für den Standpunkt des Beschwerdeführers nichts zu gewinnen (in seiner Stellungnahme an die belangte Behörde vom 7. August 1995 erwähnte er in diesem Zusammenhang die hg. Erkenntnisse vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/11/0051, und vom 15. Jänner 1991, Zl. 90/11/0087). Das erstgenannte Erkenntnis hat nicht eine Befristung, sondern die Entziehung einer Lenkerberechtigung zum Gegenstand. Das zweitgenannte Erkenntnis betrifft einen wesentlich anders gelagerten Sachverhalt. Dort ging es um die im Verfahren ungeprüft gebliebene Frage, ob überhaupt und inwiefern beim damals zu beurteilenden paranoiden Geisteszustand - selbst bei dessen allfälliger Verschlechterung - eine relevante Beeinträchtigung des Fahrverhaltens zu erwarten sei. Was die in der Eingabe des Beschwerdeführers an die belangte Behörde vom 22. Mai 1995 gestellten, unbeantwortet gebliebenen Fragen (betreffend Erkennbarkeit, Auswirkungen und Vermeidbarkeit von "schwankenden Kreatininwerten") anlangt, ist nicht erkennbar, inwiefern das vom Beschwerdeführer gerügte Unterbleiben einer Beanwortung dieser Fragen einen wesentlichen Verfahrensmangel bilden soll. Wie bereits erwähnt, ist die belangte Behörde ohnedies von die gesundheitliche Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen "derzeit" nicht ausschließenden Kreatininwerten ausgegangen.

Die für den angefochtenen Bescheid entscheidende Annahme der Notwendigkeit einer Nachuntersuchung nach einem Jahr konnte die belangte Behörde unbedenklich auf die vorliegenden Ermittlungsergebnisse stützen. Der Amtsarzt der Erstbehörde hat in seinen Gutachten vom 4. November und vom 19. Dezember 1994 - unter Hinweis auf die auch im medizinischen Schrifttum empfohlene Befristung der Lenkerberechtigung von Dialysepatienten - die Notwendigkeit laufender Kontrollen des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers schlüssig dargelegt. Bei diesem Zustand sei eine Verschlechterung jederzeit möglich. Insbesondere die Gefahr von Folgeerkrankungen und deren Auswirkungen erfordere eine laufende Überprüfung der Eignung des Beschwerdeführers zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Dieser Auffassung schloß sich der Amtssachverständige der belangten Behörde in seinen Gutachten vom 25. April und vom 13. Juli 1995 an. Der Beschwerdeführer ist dem nie auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Im übrigen stimmte dem letztgenannten Gutachten zufolge auch die den Beschwerdeführer betreuende Fachärztin für Innere Medizin, deren Beiziehung er selbst angeregt hatte, der Begrenzung der Gültigkeit der Lenkerberechtigung auf ein Jahr wegen der Notwendigkeit, den Krankheitsverlauf zu beobachten, zu. Diese (in dem dem Beschwerdeführer bekanntgegebenen Gutachten enthaltene) Äußerung des Amtssachverständigen über das Ergebnis eines Gespräches mit der besagten Ärztin wird in der Beschwerde nicht bestritten.

Da sich die Beschwerde als nicht begründet erweisen hat, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Gutachten Beweiswürdigung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995110344.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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