TE Bvwg Beschluss 2021/9/3 G308 2232351-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

03.09.2021

Norm

ASVG §410
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §26

Spruch


G308 2232351-1/14E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch 1. Rechtsanwalt Dr. Thomas NEGER in 8010 Graz, 2. Wirtschaftstreuhänder HUBNER & ALLITSCH SteuerberatungsgmbH & Co KG in 8010 Graz sowie 3. Steuerberater KommR Mag. Hannes MITTERER in 4020 Linz, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark, vom 22.01.2020, GZ: XXXX, betreffend Versicherungspflicht und Beitragsnachverrechnung:

A)       Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Text

Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde) vom 22.01.2020, GZ: XXXX, wurde ausgesprochen, dass

- die im Anhang I. des Bescheides genannten, von der Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) zur Teilversicherung in der Unfallversicherung angemeldeten Personen in den dort angeführten Zeiträumen gemäß § 410 Abs. 1 Z 1 und Z 2 iVm § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 1 Z 2 und Abs.2 sowie § 7 Z 3 lit. a ASVG nicht der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterliegen (Spruchpunkt I.),

- die im Anhang II. des Bescheides genannten Personen in den dort angeführten Zeiträumen auf Grund ihrer Tätigkeit als Vortragende für die BF gemäß § 410 Abs. 1 Z 1 und Z 2 iVm § 4 Abs. 4, § 5 Abs. 1 Z 2 und Abs.2 sowie § 7 Z 3 lit. a ASVG der Teilversicherung in der Unfallversicherung unterliegen (Spruchpunkt II.),

- die im Anhang III. des Bescheides genannten Personen in den dort angeführten Zeiträumen aufgrund ihrer Tätigkeit als Vortragende für die BF gemäß § 410 Abs. 1 Z 1 und Z 2 iVm § 4 Abs. 4 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen (Spruchpunkt III.),

- die im Anhang IV. des Bescheides genannten Personen in den dort angeführten Zeiträumen aufgrund ihrer Tätigkeit als Vortragende für die BF gemäß § 410 Abs. 1 Z 1 und Z 2 iVm § 4 Abs. 4 ASVG sowie § 1 Abs. 2 lit. e AlVG der Vollversicherungspflicht unterliegen (Spruchpunkt IV.),

- die im Anhang V. des Bescheides genannten, von der BF zur Voll- und Arbeitslosenversicherung angemeldeten Personen in den dort angeführten Zeiträumen gemäß § 410 Abs. 1 Z 1 und Z 2 iVm § 4 Abs. 4 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG nicht der Voll- und Arbeitslosenversicherung unterliegen (Spruchpunkt V.) und die entsprechenden Versicherungsmeldungen von Amts wegen vorgenommen wurden.

Weiters wurde gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm §§ 44 Abs. 1 und 49 Abs. 1 ASVG ausgesprochen, dass die BF wegen der im Zuge der GPLA (gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben) festgestellten Meldedifferenzen verpflichtet ist, die in der Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 und dem zugehörigen Prüfbericht vom 15.02.2019 zur Dienstgeberkontonummer XXXX ausgewiesenen allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge und Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die jeweils näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen im Betrage von insgesamt EUR 98.276,84 nachzuentrichten (Spruchpunkt VI.).

Die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 und der zugehörige Prüfbericht vom 15.02.2019 würden einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bilden.

Der gegenständliche Bescheid wurde der BF mittels RSb-Schreibens nachweislich am 30.01.2020 samt den im Spruch angeführten Anhängen I. bis V., jedoch ohne Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 und zugehörigem Prüfbericht vom 15.02.2019 zugestellt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF mit Schriftsatz ihrer bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 26.02.2020, am 02.03.2020 bei der belangten Behörde einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und den bekämpften Bescheid der belangten Behörde in Stattgabe der Beschwerde beheben sowie feststellen, dass es sich bei der BF um eine Einrichtung handelt, die vorwiegend Erwachsenenbildung im Sinne des § 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Förderung der Erwachsenenbildung und des Volksbüchereiwesens betreibt, handelt; in eventu den bekämpften Bescheid ersatzlos beheben; in eventu den bekämpften Bescheid beheben und das Verfahren an die belangte Behörde zurückverweisen; in eventu zusammengefasst jeweils das Gegenteil zu den Spruchpunkten I. bis V. aussprechen sowie feststellen, dass die BF nicht verpflichtet ist, die in der Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 und im dazugehörigen Prüfbericht vom 15.02.2019 ausgewiesenen Beiträge und Zuschläge sowie Verzugszinsen in Höhe von insgesamt EUR 98.276,84 nachzuentrichten.

Begründend wurde – neben inhaltlichem Vorbringen – im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 sowie der Prüfbericht vom 15.02.2019 nicht mit der Bescheidausfertigung des gegenständlich angefochtenen Bescheides zugestellt worden seien, obwohl diese laut Spruch des Bescheides einen integrierenden Bestandteil desselben bilden würden. Das Unterbleiben einer solchen Zustellung bewirke nach ständiger Rechtsprechung des VwGH, dass von einer rechtswirksamen Zustellung des (gesamten) Bescheides nicht ausgegangen werden könne, sodass der Bescheid gegenüber der BF überhaupt nicht rechtswirksam erlassen worden sei und ein anfechtbarer Bescheid eigentlich gar nicht vorliege.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt und langten am 25.06.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Zugleich wurde der mit 17.06.2020 datierte Vorlagebericht der belangten Behörde übermittelt. Darin wurde seitens der belangten Behörde zum Beschwerdevorbringen der BF hinsichtlich des vorgebrachten Zustellmangels ausgeführt, dass entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde der BF entsprechend der gängigen Verwaltungspraxis der Prüfbericht sowie die Beitragsabrechnung der GPLA bereits unmittelbar nach Abschluss der Prüfung an die BF zugestellt worden sei. Eine nochmalige Übermittlung als Anhang des Bescheides wäre unökonomisch und auch nach der ständigen Judikatur des VwGH nicht notwendig.

4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2020 wurde der Vorlagebericht der belangten Behörde der BF zur Stellungnahme binnen einer Frist von drei Wochen übermittelt.

In der am 27.07.2020 beim Bundesverwaltungsgericht einlangenden Stellungnahme der BF vom selben Tag wurde zur mangelnden Zustellung des Prüfberichtes und der Beitragsabrechnung ein weiteres Mal ausgeführt, dass seitens der BF ausdrücklich bestritten werde, dass ihr diese von der belangten Behörde nach Abschluss der GPLA zugestellt worden sei wie von der belangten Behörde behauptet werde. Vielmehr seien diese Unterlagen, die einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bilden würden, der BF nicht zugestellt worden. Der bloße Verweis auf die gängige Verwaltungspraxis reiche nicht für die Annahme aus, dass der Prüfbericht samt Beitragsabrechnung der BF bereits zugestellt worden sei. Vielmehr habe die belangte Behörde zu beweisen, dass die Unterlagen der BF zugekommen seien. Aufgrund der mangelhaften Zustellung des (gesamten) Bescheides könne gegenständlich nicht von der rechtswirksamen Zustellung desselben ausgegangen werden, sodass dieser gegenüber der BF (und auch den mitbeteiligten Bescheidadressaten) nicht rechtswirksam erlassen worden sei. Nach Ansicht der BF liege gegenständlich schlicht überhaupt kein Bescheid vor.

5. Die Stellungnahme der BF vom 27.07.2020 wurde der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 14.01.2021 zur Gegenäußerung binnen drei Wochen übermittelt.

In der am 05.02.2021 beim Bundesverwaltungsgericht einlangenden Stellungnahme der belangten Behörde wurde zur Thematik des Zustellmangels auf die Ausführungen im Vorlagebericht der belangten Behörde vom 17.06.2020 verwiesen.

6. In der am 30.03.2021 einlangenden schriftlichen Stellungnahme der BF vom 30.03.2021 wurde – sofern gegenständlich relevant – ein weiters mal ausgeführt, dass es die belangte Behörde abermals unterlassen habe zu beweisen, dass die Unterlagen [gemeint der Prüfbericht und die Beitragsabrechnung, Anm.] der BF wie von der belangten Behörde behauptet, tatsächlich zugekommen sind. Der Verweis auf ständige Verwaltungspraxis stelle keinen Beweis für eine tatsächlich erfolgte Zustellung dar. Im Übrigen werde auf die Ausführungen in der Stellungnahme vom 27.07.2020 verwiesen.

7. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.05.2021 wurde die belangte Behörde aufgefordert, dem Gericht einen Zustellnachweis betreffend die Zustellung des Prüfberichtes vom 15.02.2019 und der Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 bezüglich der bei der BF durchgeführten GPLA für den Zeitraum von 01.01.2013 bis 31.12.2017 binnen zwei Wochen zu übermitteln.

8. Am 31.05.2021 langte ein Schreiben der belangten Behörde vom 27.05.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein, wonach der Prüfbericht vom 15.02.2019 samt der Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 nach Abschluss der Prüfung und einen Tag nach Archivierung beider Dokumente im internen EDV-System am 18.02.2019 – entsprechend dem beigelegten Computerauszug – an die BF zugestellt worden sei. Die Zustellung sei postalisch an die BF, zH ihres Vereinsobmannes, verfügt worden. Nach gängiger österreichweiter Verwaltungspraxis der Sozialversicherung erfolge die Zustellung des Prüfberichtes und der Beitragsabrechnung in allen Bundesländern stets nach Abschluss der Prüfung ohne Rückschein. Ein Nachweis über die Zustellung sei daher grundsätzlich nicht möglich.

Die belangte Behörde verfüge über ein gut organisiertes und jahrelang erprobtes Postsystem, wonach etwaige Postrückläufer aufgrund einer Nichtzustellung jedenfalls registriert würden und nur in diesen Fällen eine neuerliche Zustellung per RSb erfolge. Steiermarkweit würden jährlich durchschnittlich rund 4.250 Prüfberichte inklusive Beitragsabrechnungen auf diese Weise versendet werden (österreichweit rund 25.000). Die Rückläuferquote liege bei etwa 1,4 %. Diese Fälle würden zur Gänze erfasst und erfolge eine Zweitzustellung per RSb. Verfahrensgegenständlich könne ein Postrücklauf ausgeschlossen werden, die Zustellung an die BF könne daher als gegeben angesehen werden. Das ausgerechnet im Fall der BF eine Zustellung nicht erfolgt sei, sei daher nicht glaubwürdig und wäre ein damit verbundener Postrückläufer im Sinne des innerbehördlichen Postsystems jedenfalls registriert worden. Eine Umstellung des österreichweit funktionierenden Systems sei aufgrund der großen Menge an Dokumenten mit einem unverhältnismäßig hohen Maß an Verwaltungs- und Kostenaufwand verbunden.

Dem Schreiben war ein Screenshot aus dem internen Computersystem der belangten Behörde beigelegt, auf dem nach Ansicht der belangten Behörde relevante Daten gelb hervorgehoben wurden, die aber keinerlei Rückschlüsse auf eine tatsächliche Versendung (Postaufgabe), die konkrete Adresse oder den Inhalt des versendeten Dokumentes ermöglichen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter I. angeführte Verfahrensgang wird als relevanter Sachverhalt festgestellt.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der infolge der bei der BF durchgeführten GPLA für den Zeitraum 01.01.2013 bis 31.12.2017 erstellte Prüfbericht vom 15.02.2019 samt der zugehörigen Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 dieser tatsächlich zugegangen ist.

Unstrittig stellen der Prüfbericht vom 15.02.2019 und die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 laut Spruch des gegenständlichen Bescheides integrierende Bestandteile dieses Bescheides dar. Ebenso unstrittig wurden der Prüfbericht vom 15.02.2019 und die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 der BF nicht gemeinsam mit dem gegenständlichen Bescheid zugestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Verfahrensakt der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichtes.

Trotz entsprechender Aufforderung durch das erkennende Gericht ist es der belangten Behörde weder gelungen nachzuweisen, dass der BF der Prüfbericht vom 15.02.2019 und die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 tatsächlich zugegangen sind, noch wann dies der Fall gewesen ist. Die belangte Behörde hat selbst ihre Verwaltungspraxis dargelegt und ausgeführt, dass ein solcher Nachweis im gegenständlichen Fall nicht möglich. Mit dem Verweis auf das interne, „sehr gut funktionierende“ Postsystem der belangten Behörde, wonach jeder Rückläufer registriert und eine erneute Versendung mittels RSb-Schreibens und Zustellnachweis erfolge, stellt keinen entsprechenden Beweis dar, dass die BF den Prüfbericht vom 15.02.2019 und die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 tatsächlich erhalten hat. Eine entsprechende Feststellung konnte daher nicht getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130 Absatz 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 1 iVm. Abs. 2 Z 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht mit Erkenntnis in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Sofern Prozessvoraussetzungen oder Beschwerdelegitimationen fehlen, hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde mit Beschluss zurückzuweisen (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2018, 2.A., Anm. 5 zu § 28 VwGVG).

3.2. Zur Zurückweisung der Beschwerde:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH), darf eine Behörde bei Erlassung eines Bescheides auf einen Text verweisen und zu ihrem eigenen machen, wenn er der Partei zugegangen ist. Es ist demnach etwa nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde die dem Beschuldigten eines Disziplinarverfahrens im Einleitungsbeschluss zur Last gelegten Anschuldigungspunkte in Form einer Verweisung auf den Inhalt einer dem Beschuldigten bereits zugestellten und neuerlich als Anlage zum angefochtenen Bescheid übermittelten und ausdrücklich zu dessen (integrierten Bestandteil) erklärten Disziplinaranzeige ausdrückt. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der Text, auf den der Bescheid verweist, der Partei auch tatsächlich zugegangen ist, wenngleich eine Zustellung zugleich mit dem Bescheid nicht erforderlich ist (vgl. etwa VwGH vom 24.06.2015, Ra 2015/09/0012, mit Verweis auf VwGH vom 19.03.2014, 2013/09/0040; vom 20.02.2014, 2013/09/0196; vom 28.10.2004, 2011/09/0015; sowie etwa auch VwGH vom 28.02.2012, 2011/09/0054).

Es ist nicht rechtswidrig, in der Begründung eines Bescheides auf die der Partei zugegangenen Schriftstücke Bezug zu nehmen (vgl. Ritz, BAO4, § 93 Tz 15). So ist auch ein Verweis auf den Betriebsprüfungsbericht zulässig (vgl. VwGH vom 22.11.2012, 2012/15/0172, mit Verweis auf VwGH vom 27.05.1998, 95/13/0282).

Unstrittig hat die belangte Behörde im Spruch des gegenständlichen Bescheides den Prüfbericht vom 15.02.2019 und die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 zum integrierenden Bestandteil des Bescheides erhoben. Es handelt sich dabei auch um einen wesentlichen Bestandteil des Bescheides, weil allein durch den Prüfbericht vom 15.02.2019 und die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 Rückschlüsse auf die jeweils angesetzten Beitragsgrundlagen, Nachverrechnungsbeträge und die Summe des nachverrechneten Beitrages samt Verzugszinsen gezogen werden können.

Ebenso unstrittig hat die belangte Behörde – entsprechend der von ihr selbst dargelegten Verwaltungspraxis – den Prüfbericht vom 15.02.2019 und die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 nicht gemeinsam mit dem, mittels RSb-Schreiben (und damit mit Zustellnachweis) der BF zugestellten, gegenständlichen Bescheid übermittelt.

Vielmehr führte die belangte Behörde – abermals unter Verweis auf ihre gängige Verwaltungspraxis – aus, sie habe den Prüfbericht vom 15.02.2019 und die Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 der BF nach Abschluss der GPLA ohne Zustellnachweis laut Computerauszug am 18.02.2019 an deren Adresse zu Handen des Vereinsobmanns übermittelt. Da es diesbezüglich zu keinem „Postrückläufer“ gekommen sei, sei die Zustellung entsprechend der Zustellfiktion des § 26 Abs. 2 ZustG drei Tage nach der Übergabe an das Zustellorgan eingetreten.

Damit ist die belangte Behörde nicht im Recht:

Der mit „Zustellung ohne Zustellnachweis“ betitelte § 26 ZustG idgF BGBl. I Nr. 5/2008 lautet:

„§ 26. (1) Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird.

(2) Die Zustellung gilt als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.“

Für die Zustellfiktion des § 26 Abs. 2 ZustG ist die tatsächliche Übergabe an das Zustellorgan maßgeblich. Zustellorgan ist zwar – wie sich aus § 4 ZustG ergibt – der Zusteller; bei Zustellungen durch einen Zustelldienst ist aber die Übergabe an den Zustelldienst maßgeblich. Nach § 26 Abs. 2 in der StF galten Zustellungen als mit dem dritten Werktag nach der Übergabe an die Gemeinde oder den behördlichen Zusteller bewirkt. Für Zustellungen durch die Post war § 26 sinngemäß anzuwenden (§ 1 Abs. 3), woraus abgeleitet wurde, dass es auf die Übergabe an die Post (Poststempel) ankam. Aus den Materialien zu den Novellen, die zur heutigen Fassung des § 26 geführt haben, ist nicht abzuleiten, dass daran etwas geändert werden sollte (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 26 K 6 (Stand 01.01.2018, rdb.at)).

Die dreitägige Frist beginnt am Tag nach der Übergabe des Dokuments. Die Zustellfiktion des Abs. 2 tritt nicht ein, wenn die Wirksamkeit der Zustellung vom Empfänger bestritten wird. In diesem Fall hat die Behörde Tatsache und Zeitpunkt der Zustellung nachzuweisen, d.h. sie hat nachzuweisen, dass und wann das Dokument in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wurde. Gelingt ihr dieser Nachweis, findet die Zustellfiktion des Abs. 2 Anwendung. Die Behörde kann auch nachweisen, wann das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. In diesem Fall ist die Zustellung mit diesem Zeitpunkt wirksam (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 26 K 8 f).

Die Behörde hat bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden. Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 26 E2 mit Verweis auf VwGH 15.05.2013, 2013/08/0032; 20.09.2012, 2011/10/0146).

§ 26 Abs. 2 ZustG enthält lediglich die Vermutung der Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan. Das Bestreiten eines Empfängers führt zu Zweifeln, welche die Behörde zur Feststellung der Tatsache der Zustellung verpflichtet (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 26 E6 mit Verweis auf VwGH 27.11.2008, 2007/16/0207).

Dabei trifft die Behörde die Beweislast für den Zeitpunkt der Zustellung. Der bloße Hinweis, die Behauptung der nicht erfolgten Zustellung sei eine „Schutzbehauptung“, vermag den fehlenden Zustellnachweis nicht zu ersetzen. Dies gilt auch für den Nachweis des Zeitpunkts der Zustellung (vgl. Bumberger/Schmid, Praxiskommentar zum Zustellgesetz § 26 E7 mit Verweis auf VwGH 24.6.2008, 2007/17/0202).

Da die BF im gegenständlichen Fall die Zustellung des Prüfberichtes und der Beitragsabrechnung ausdrücklich bestreitet, die belangte Behörde demnach auch bei einer Zustellung ohne Zustellnachweis die Beweislast für den Umstand und den Zeitpunkt der Zustellung trifft, sie einen entsprechenden Beweis – eigenen Angaben nach – nicht erbringen konnte und das Verweisen auf die gängige Verwaltungspraxis bzw. eine Schutzbehauptung der BF dafür entsprechend der soeben dargestellten Judikatur nicht genügt, ist im gegenständlichen Fall die Zustellfiktion des § 26 Abs. 2 ZustG hinsichtlich des Prüfberichtes vom 15.02.2019 und der Beitragsabrechnung vom 14.02.2019 nicht eingetreten, sodass keine wirksame Zustellung derselben vorliegt (vgl. zuletzt etwa auch VwGH vom 12.09.2018, Ra 2017/17/0620, Rz 10 und 11).

Ebenfalls aus der ständigen Judikatur des VwGH ergibt sich in weiterer Folge, dass wenn im Spruch eines Bescheides ausgesprochen wird, dass Schriftstücke oder Pläne einen wesentlichen Teil des Bescheides bilden, das Unterbleiben der Zustellung derselben bewirkt, dass von einer rechtswirksamen Zustellung des Bescheides nicht ausgegangen werden kann (vgl. VwGH vom 26.05.1998, 98/07/0053 (RS1), mit Verweis auf VwGH vom 30.09.1986, 86/05/0078, ua.).

Der gegenständliche „Bescheid“ gilt somit nicht als rechtswirksam zugestellt und somit als nicht erlassen. Nur ein erlassener Bescheid kann Rechtswirkungen erzeugen (VwGH vom 26.06.2013, 2011/05/0121 mwN).

Da verfahrensgegenständlich sohin eine Heilung nicht möglich war, ist der Bescheid als nicht erlassen anzusehen und die Beschwerde spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.

3.3. Zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Da die Beschwerde gegenständlich zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Verhandlung entfallen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im Hinblick auf die hier relevanten Fragen betreffend die Voraussetzungen des Eintritts einer Zustellfiktion iSd § 26 Abs. 2 ZustG und der erforderlichen Zustellung von Texten, auf die im Bescheid verwiesen wird, besteht eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der gegenständlich nicht abgewichen wird.

Schlagworte

Bescheiderlassung Beweislast Nachweismangel Zurückweisung Zustellmangel Zustellung ohne Zustellnachweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:G308.2232351.1.00

Im RIS seit

07.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten