TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/9 W257 2229995-1

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Veröffentlicht am 09.07.2021
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Entscheidungsdatum

09.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §23a
GehG §23b

Spruch


W257 2229995-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch die Rechtsanwälte Berchtold & Kollerics 8010 Graz, Raubergasse 16/I, gegen den Bescheid des Landespolizeidirektors für die Steiermark vom 10.02.2020, Zl. PAD/19/02328362/001/AA, betreffend besondere Hilfeleistungen nach § 23b GehG 1956 zu Recht

A)

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

1.       Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wird bei der Landespolizeidirektion Steiermark, Polizeidiensthundeinspektion (PDHI) XXXX , im Exekutivdienst als eingeteilter Diensthundeführer verwendet.

Mit Antrag vom 27. November 2019 (einlangend) begehrte der Beschwerdeführer die Gewährung einer besonderen Hilfeleistung für Verdienstentgang gemäß den §§ 23a und 23b Gehaltsgesetz 1956 (GehG). Er brachte vor, er sei am 7. September 2018 im Rahmen der Pflege und Haltung mit dem ihm zugewiesenen Polizeidiensthund auf einem Fußweg unterwegs gewesen. Der Diensthund habe während dieses Spazierganges ein Reh aufgestöbert. Der Hund versuchte dem Reh nachzulaufen, wurde jedoch durch die Flexi-Leine gehindert. Dabei wäre es zu einem verdrehen des Körpers gekommen. Er habe Verletzungen erlitten. Der Vorfall sei von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) mit Bescheid vom 17. Mai 2019 als Dienstunfall anerkannt und ihm eine vorläufige Versehrtenrente zuerkannt worden.

Mit dem bekämpften Bescheid der Dienstbehörde (Landespolizeidirektion Steiermark) wurde dieser Antrag gemäß § 23b Abs. 4 GehG abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und führte dabei aus, dass gemäß einem Erlass des BMI die Zeit für Wartung und Pflege des Diensthundes Dienstzeit darstelle. Die Behörde hätte ihm zwar Parteiengehör eingeräumt, jedoch hätte die Behörde es unterlassen dem Beschwerdeführer über den Dienstunfall näher zu befragen. Nachdem gemäß § 23b Abs. 4 Gehaltsgesetz eine gerichtliche Entscheidung über die Absprache unzulässig bzw. nicht möglich sei, dies mangels Fremdverschulden, so hätte die belangte Behörde dem Beamten jenes Einkommen zu ersetzen, welches ihm aufgrund der erlittenen Körperverletzung entgangen ist, so der Beschwerdeführer in der Beschwerde.

Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde vorgelegt und sind am 27.04.2021 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

2.       Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und wird bei der Landespolizeidirektion Steiermark, Polizeidiensthundeinspektion (PDHI) XXXX , im Exekutivdienst als eingeteilter Diensthundeführer verwendet.

Der Beschwerdeführer erlitt am 7. September 2018 im Rahmen der Pflege und Wartung eines Diensthundes gemäß der PDHV 2015 einen Dienstunfall, bei dem er sich Teilläsion des körperfernen Sehnenansatzes des zweiköpfigen Oberarmmuskels rechts und eine Zerrung des rechten Kniegelenkes zuzog weil, als der Beschwerdeführer mit dem Diensthund unterwegs gewesen war, dieser einem Reh nachstellte und dabei der Hund den Beschwerdeführer durch die mit ihm verbundene Leine verdrehte.

Der Beschwerdeführer befand sich aufgrund des von der BVA anerkannten Dienstunfalls vom 8. September 2018 bis einschließlich 15. März 2019 im Krankenstand.

Fremdverschulden hinsichtlich des Unfalles lag nicht vor und wurde auch nicht behauptet.

3.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und sind insoweit unstrittig.

4.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der „civil rights“ im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt und es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung, abgesehen werden.

Zu A):

4.1.    Rechtsgrundlage

Die mit der Dienstrechts-Novelle 2018, BGBl. I Nr. 60/2018, neu ins GehG 1956 eingeführten §§ 23a und 23b GehG 1956 lauten wie folgt:

„Besondere Hilfeleistungen

§ 23a. Der Bund hat als besondere Hilfeleistung die vorläufige Übernahme von Ansprüchen zu erbringen, wenn
1.         eine Beamtin oder ein Beamter
a)         einen Dienstunfall gemäß § 90 Abs. 1 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, oder
b)         einen Arbeitsunfall gemäß § 175 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955,
in unmittelbarer Ausübung ihrer oder seiner dienstlichen Pflichten erleidet, und
2.         dieser Dienst- oder Arbeitsunfall eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung zur Folge hatte und
3.         der Beamtin oder dem Beamten dadurch Heilungskosten erwachsen oder ihre oder seine Erwerbsfähigkeit voraussichtlich durch mindestens zehn Kalendertage gemindert ist.

Vorschuss zur besonderen Hilfeleistung

§ 23b. (1) Der Bund leistet als besondere Hilfeleistung einen Vorschuss (vorläufige Übernahme von Ansprüchen), wenn
1.         sich die Beamtin oder der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Z 1 an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird, oder
2.         solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden.

(2) Ein Vorschuss nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 ist höchstens bis zum 27-fachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 für Heilungskosten, Schmerzengeld sowie für jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten.

(3) Das Schmerzengeld und das Einkommen gemäß Abs. 2 umfassen auch die jeweils bis zur rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche anfallenden Zinsen.

(4) Ist eine gerichtliche Entscheidung über die Ansprüche gemäß Abs. 2 unzulässig, kann diese nicht erfolgen oder ist diese ohne Prüfung des Bestandes der Ansprüche erfolgt, hat die Dienstbehörde nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche die Heilungskosten sowie jenes Einkommen, das der Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu ersetzen. Die Zahlung von Schmerzengeld ist nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche höchstens bis zum fünffachen Referenzbetrag gemäß § 3 Abs. 4 möglich. Die Gesamtkosten dürfen jedoch jene gemäß Abs. 2 nicht überschreiten.

(5) Die vorläufige Leistungspflicht des Bundes besteht nur insoweit, als die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten nicht durch die gesetzliche Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen, BGBl. Nr. 288/1972, gedeckt sind.

(6) Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über.“

4.2.    Rechtsprechung:

Der Verwaltungsgerichtshof entschied am 14. Juni 2021, unter der Zahl 2020/12/0009 in einem beinahe gleichgelagerten Fall hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit einer Fremdeinwirkung für die Zuerkennung bei einem Unfall wegen des Diensthundes folgendermaßen:

„ [...] Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 27. April 2020, Ro 2019/12/0004 (Rn 29ff), bereits ausgesprochen, dass (auch) die §§ 23a und 23b GehG nach ihrem eindeutigen und klaren Wortlaut Fremdverschulden als Voraussetzung für eine Hilfeleistung durch vorläufige Übernahme von Ansprüchen vorsehen. Dies ergibt sich zunächst schon daraus, dass die Hilfe durch Übernahme von Ansprüchen geleistet wird, was voraussetzt, dass derartige Ansprüche bestehen bzw. überhaupt denkbar sind. Voraussetzung für die Leistung eines Vorschusses ist gemäß § 23b GehG, abgesehen von den weiteren Voraussetzungen, dass sich der Beamte im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Arbeitsunfall im Sinne des § 23a Abs. 1 GehG an einem Strafverfahren beteiligt, das nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche mit einer rechtskräftigen Entscheidung über Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten oder der Hinterbliebenen gegen den Täter abgeschlossen wird (Z 1 leg. cit) oder solche Ersatzansprüche der Beamtin oder des Beamten im Zivilrechtsweg nach Prüfung des Bestandes der Ansprüche rechtskräftig zugesprochen werden (Z 2 leg. cit). Ist eine gerichtliche Entscheidung über Ersatzansprüche unzulässig (unbekannter Täter) oder kann sie nicht erfolgen (abwesender oder flüchtiger Täter), ist gemäß § 23b Abs. 4 GehG jedenfalls die Leistung eines Vorschusses vorgesehen. Die Hilfeleistung wird also auch dann gewährt, wenn ein Anspruch aus bestimmten Gründen nicht realisierbar ist. Es finden sich aber keinerlei Anhaltspunkte in den genannten gesetzlichen Bestimmungen dafür, dass eine Hilfeleistung auch dann erfolgen sollte, wenn ein Anspruch der Beamtin oder des Beamten von vornherein ausgeschlossen ist, weil ein Fremdverschulden nicht vorlag. Die Ansprüche der Beamtin oder des Beamten gegen die Täterin oder den Täter gehen, soweit sie vom Bund bezahlt werden, durch Legalzession auf den Bund über (§ 23b Abs. 6 GehG). Gemäß § 23b Abs. 2 ist ein Vorschuss auch betreffend jenes Einkommen, das die Beamtin oder dem Beamten wegen der erlittenen Körperverletzung oder Gesundheitsentschädigung entgangen ist oder künftig entgeht, zu leisten (vgl. auch VwGH 3.7.2020, Ro 2020/12/0005).

Die Fremdeinwirkung durch einen Hund ist nicht ausreichend, um einen Anspruch nach den §§ 23a und 23b GehG auszulösen, weil allein deshalb ein Anspruch gegen eine andere Person nicht besteht. Weil ein Fremdverschulden einer Täterin oder eines Täters in den vorliegenden Revisionsfällen nicht vorliegt (nicht einmal behauptet wurde), ist das Bestehen eines Anspruchs des Revisionswerbers nach den §§ 23a und 23b GehG ausgeschlossen. [...]“.

Der Beschwerdeführer erlitt in Ausübung unmittelbarer Dienstpflichten (im Rahmen der Pflege und Haltung mit Diensthunden gemäß der PDHV 2015) einen Dienstunfall, jedoch liegt keine Fremdeinwirkung vor. Diese ist allerdings entsprechend der oben angeführten Judikatur eine zwingende Voraussetzung für die geforderte Zuerkennung.

Im gegenständlichen Fall sind daher die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer besonderen Hilfeleistung nach den §§ 23a und 23b GehG 1956 nicht erfüllt.

Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.


Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

besondere Hilfeleistung Diensthund Dienstunfall Exekutivdienst Fremdeinwirkung Körperverletzung Krankenstand öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Verdienstentgang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W257.2229995.1.00

Im RIS seit

06.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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