TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/6 W116 2239082-1

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Veröffentlicht am 06.09.2021
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Entscheidungsdatum

06.09.2021

Norm

AngG §8
B-VG Art133 Abs4
GebAG §3
GebAG §4
GebAG §6
GebAG §7
GebAG §9

Spruch


W116 2239082-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Mario DRAGONI über die Beschwerde von XXXX , XXXX , gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichts Favoriten vom 22.12.2020, Zl. Jv117/21t-17 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer beantragte am 30.11.2020 als Zeuge für die Vernehmung in einer Rechtssache vor dem Bezirksgericht Favoriten am 30.11.2020 von 14.00 bis 15.00 Uhr den Ersatz von EUR 136,50 Reisekosten sowie eine Entschädigung für Zeitversäumnis von 7 Stunden (zu EUR 14,20 pro Stunde) in Höhe von EUR 99,40.

2.       Mit Bescheid vom 22.12.2020 wurden die dem Beschwerdeführer zustehenden Gebühren wie folgt bestimmt:
Reisekosten: ( §§ 6-12)
Deutsch Ehrensdorf nach Güssing á 12,4 km          € 5,21
Güssing nach Wien Hauptbahnhof            € 29,30
Wien Hauptbahnhof nach Güssing             € 29,30
Güssing nach Deutsch Ehrensdorf á 12,4 km          € 5,21
2 Fahrscheine Wien á € 2,40             € 4,80
Summe gerundet gem. § 20 Abs. 3 GebAG:           € 74,00

Das restliche Begehren wurde abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt die Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, seien dem Zeugen gemäß § 9 Abs. 1 GebAG nur zu ersetzen, wenn ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung stehe oder nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden könne und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß nicht zumutbar ist. Es bestehe kein Anspruch auf Ersatz von Verdienstentgang für Angestellte, da diesen nach § 8 AngG keine Gehaltsabzüge für die Befolgung einer Zeugenladung getätigt werden dürfen.

3.       Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde, worin der Beschwerdeführer vorbrachte, dass aufgrund der steigenden Coronainfektionszahlen Ausgangssperren erlassen worden seien. Um kein unnötiges Risiko einzugehen, habe er die Anreise mit dem privaten PKW statt mit einem öffentlichen Massenbeförderungsmittel angetreten. Aufgrund der Coronakrise und dem herrschenden Lockdown sei dem Zeugen die Anreise mit einem Massenbeförderungsmittel „nach Lage der Verhältnisse“ nicht möglich gewesen.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Der unter Punkt I. genannte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt.

2.       Beweiswürdigung:

Die Feststellungen beruhen auf dem unbedenklichen Akteninhalt insbesondere dem angefochtenen Bescheid und der Beschwerde.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

Der Anspruch auf die Gebühr steht dem Zeugen gemäß § 4 Abs. 1 GebAG zu, der auf Grund einer Ladung vom Gericht vernommen worden ist.

Die Gebühr des Zeugen umfasst gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 GebAG u.a. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden.

Der Ersatz der notwendigen Reisekosten (§ 3 Abs. 1 Z 1) umfasst gemäß § 6 Abs. 1 GebAG die Kosten der Beförderung des Zeugen mit einem Massenbeförderungsmittel oder mit einem anderen Beförderungsmittel und die Entschädigung für zu Fuß zurückgelegte Wegstrecken (Kilometergeld); er bezieht sich, vorbehaltlich des § 4 GebAG, auf die Strecke zwischen dem Ort der Vernehmung des Zeugen und seiner Wohnung oder Arbeitsstätte, je nachdem, wo der Zeuge die Reise antreten oder beenden muss.

Massenbeförderungsmittel im Sinn des § 6 GebAG ist gemäß § 7 Abs. 1 GebAG jedes Beförderungsmittel, das dem allgemeinen Verkehr zur gleichzeitigen Beförderung mehrerer Personen dient, die es unabhängig voneinander gegen Entrichtung eines allgemein festgesetzten Fahrpreises in Anspruch nehmen können. Führen verschiedene Massenbeförderungsmittel zum selben Ziel, so gebührt gemäß Abs. 2 leg. cit. die Vergütung, soweit im Folgenden nicht anderes bestimmt ist, für dasjenige, dessen Benützung den geringeren Zeitaufwand erfordert. Der Fahrpreis ist gemäß Abs. 3 leg. cit. nach den jeweils geltenden Tarifen zu vergüten; hierbei sind allgemeine Tarifermäßigungen maßgebend. Für Strecken, auf denen der Zeuge für seine Person zur freien Fahrt mit dem benützten Massenbeförderungsmittel berechtigt ist, gebührt keine, für solche Strecken, auf denen er zur ermäßigten Fahrt berechtigt ist, nur die Vergütung des ermäßigten Fahrpreises. Die Kosten für die Benützung eines Beförderungsmittels, das nicht Massenbeförderungsmittel ist, sind dem Zeugen gemäß §9 Abs. 1 GebAG nur zu ersetzen,

1. wenn ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung steht oder nach der Lage der Verhältnisse nicht benützt werden kann und die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß nicht zumutbar ist,

2. wenn die Gebühr bei Benützung des anderen Beförderungsmittels nicht höher ist als bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels,

3. wenn die Rechtssache die sofortige Vernehmung des Zeugen erfordert, dieser aber bei Benützung eines Massenbeförderungsmittels zur Vernehmung nicht mehr rechtzeitig kommen könnte, oder

4. wenn ihm wegen eines körperlichen Gebrechens die Benützung eines Massenbeförderungsmittels nicht zugemutet werden kann.

Kosten nach Abs. 1 sind gemäß Abs. 2 leg. cit. die angemessenen, tatsächlich aufgelaufenen Kosten; benützen mehrere Personen ein solches Beförderungsmittel gemeinsam, so gebührt dem Zeugen nur der entsprechende Teil dieser Kosten. Benützt jedoch der Zeuge ein eigenes Kraftfahrzeug, so gebührt ihm die nach der Reisegebührenvorschrift für Bundesbeamte hierfür vorgesehene Vergütung. Bei Benützung eines Fahrrades gelten die Bestimmungen über das Kilometergeld (§ 12). Benützt der Zeuge ein anderes Beförderungsmittel als ein Massenbeförderungsmittel, ohne dass die Voraussetzungen nach Abs. 1 hierfür vorliegen, so gebührt ihm gemäß § 9 Abs. 2 GebAG der Ersatz der Kosten, die er für die Benützung eines Massenbeförderungsmittels hätte aufwenden müssen.

§ 9 Abs. 1 Z 1 GebAG stellt darauf ab, dass die Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß nicht zumutbar ist und sieht für diesen Fall zwei anspruchsbegründete Tatbestände vor: Erstens, dass ein Massenbeförderungsmittel nicht zur Verfügung steht, und zweitens, dass ein solches nach Lage der Verhältnisse nicht benützt werden kann. Nach diesen beiden Tatbeständen kommt es nicht darauf an, dass die Benützung des Massenbeförderungsmittels unzumutbar wäre, weil der Gesetzgeber den Begriff der Zumutbarkeit in Z 1 und 4 in anderem Zusammenhang, nämlich hinsichtlich der Zurücklegung der Wegstrecke zu Fuß und hinsichtlich der Benützung eines Massenbeförderungsmittels bei Vorliegen eines körperlichen Gebrechens verwendet. Es kommt darauf an, ob der Zeuge das Massenbeförderungsmittel nach Lage der Verhältnisse nicht benutzen konnte. Der gesetzliche Tatbestand, dass der Zeuge das Massenbeförderungsmittel nicht benützen konnte, ist auch dann nicht gegeben, wenn die Abfahrtszeiten so liegen, dass bei Benützung des Massenbeförderungsmittels mehrstündige Wartezeiten am Ort der Vernehmung entstünden. Die bloß längere Fahrtdauer ist – auch bei beträchtlichem Zeitunterschied – kein ausreichender Grund dafür, dass der Zeuge das Massenbeförderungsmittel nicht benützen konnte. Dies gilt auch für den Fall, dass während der Reise ein dreimaliges Umsteigen erforderlich ist und bei allfälligen Zugverspätungen Abschlusszüge nicht erreicht werden (vgl. Krammer/Schmidt, SDG – GebAG³ (2001) § 9 GebAG).

Im vorliegenden Fall brachte der Beschwerdeführer vor, er habe pandemiebedingt aufgrund des herrschenden Lockdowns und der Infektionsgefahr das Massenbeförderungsmittel nicht benutzen können. Da der Betrieb dieser Verkehrsmittel jedoch trotz Lockdown nicht ausgesetzt war, sondern lediglich Maskenpflicht bestand, ist nicht ersichtlich, weshalb es dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen sein sollte, ein solches Massenbeförderungsmittel unter Einhaltung der entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen zu benutzen. Überdies brachte der Beschwerdeführer keine zusätzlichen Erschwernisse vor, wie etwa ein Gebrechen oder unzumutbare Abfahrtszeiten. Letztlich ist noch festzuhalten, dass die Fahrt mit dem eigenen PKW auch nicht kostengünstiger war, als mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Hinsichtlich der Entschädigung für die Zeitversäumnis ist der Behörde dahingehend zu folgen, dass ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstentgang nicht besteht, da nach § 8 AngG für die Befolgung einer Zeugenladung keine Gehaltsabzüge getätigt werden dürfen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sieht das GebAG demnach eine Entschädigung für Zeitversäumnis nur für den Fall vor, dass Zeugen, Geschworenen oder Schöffen durch das Versäumnis Lohn oder Gehalt tatsächlich entgeht. Der öffentliche-rechtliche Gebührenanspruch wird durch den privatrechtlichen Anspruch gegen den Dienstgeber auf Fortzahlung des Entgeltes ausgeschlossen. Der Dienstnehmer hat somit keinen Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis nach dem GebAG. Voraussetzung für die Entstehung des Anspruches auf Entschädigung für Zeitversäumnis ist der tatsächliche Eintritt eines Lohn- oder Gehaltsentganges. Ob ein solcher eintritt, kann nach den einschlägigen arbeitsrechtlichen Vorschriften beurteilt werden. Nach § 8 Angestelltengesetz (AngG) ist der Dienstgeber zur Fortzahlung des Entgeltes verpflichtet (vgl. Krammer/Schmidt, SDG – GebAG³ (2001) § 18 GebAG). Dem wurde auch in der Beschwerde nicht entgegengetreten.

Dem Beschwerdeführer wurden daher zu Recht lediglich Reisekosten in Höhe von EUR 74,00 zugesprochen. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zu B)   Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht hat unter Zitierung einschlägiger Judikatur dargestellt, warum dem Beschwerdeführer keine Entschädigung für Zeitversäumnis zuzusprechen war.

Schlagworte

Entgeltfortzahlungsanspruch Massenbeförderungsmittel Pandemie Reisekostenersatz Verdienstentgang Zeitversäumnis Zeugengebühr Zumutbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W116.2239082.1.00

Im RIS seit

06.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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