TE Vwgh Erkenntnis 1952/7/2 2755/51

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Veröffentlicht am 02.07.1952
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Index

EStG
yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnen sind
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

ABGB §1090
BAO §21
EStG 1939 §11 Abs1
EStG 1939 §21 Abs1 Z1
EStG 1939 §4 Abs1
EStG 1953 §21 Abs1 Z1
EStG 1953 §4 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Putz und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Schirmer und Dr. Koprivnikar als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hueckel als Schriftführer, über die Beschwerde des JR in B, gegen die Entscheidung der Berufungskommission bei der Finanzlandesdirektion Salzburg vom 26. September 1951, Zl. 15 - IBK - 1951, betreffend Einkommensteuer 1949, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Korbflechter und Hauseigentümer. Er hat im Jahre 1947 mit dem Bau eines Wohnhauses begonnen, in dessen Räumen er auch seinen Gewerbebetrieb ausübt. Im Jahre 1949 hatte er mit mehreren Personen langjährige Mietverträge über Wohnungen abgeschlossen, die in seinem Haus hergestellt werden sollten. Der vereinbarte Bestandzins war nach Inhalt der Mietverträge auf 5 bzw. 6 Jahre im vorhinein zu entrichten. Die Zahlungen sollten zum Ausbau der Wohnungen verwendet werden. Während der Frist, für die der Mietzins im voraus erlegt wurde, war kein weiterer Mietzins zu entrichten und die Mieter hatten für diese Zeit nur die Betriebskosten zu tragen. Der Beschwerdeführer hatte sich verpflichtet, genau bezeichnete Herstellungsarbeiten zur Fertigstellung der Mietgegenstände durchführen zu lassen. Während der Vertragsdauer sollte ihm ein Kündigungsrecht nur aus bestimmten Gründen zustehen, dagegen sollten die Mieter das Recht haben, das Mietverhältnis unter Einhaltung einer bestimmten Kündigungsfrist, aufzulösen. In diesem Falle sollten sie auch die Rechte auf dem Mietvertrag auf dritte Personen übertragen können, deren Auswahl ihnen zustand, oder sie sollten wahlweise auch die Rückzahlung des Mietzinses verlangen können, der auf die nichtausgenützte Vertragsdauer entfiel.

Der Beschwerdeführer hat seine gewerblichen Einkünfte in den Jahren 1947 bis 1949 durch Betriebsvermögensvergleich gemäss § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt und dabei sein Haus und die damit zusammenhängenden Vermögensänderungen in die Berechnung einbezogen. Demnach hatte er in den Schlussbilanzen für 1947 und 1948 den Bauaufwand des betreffenden Jahres aktiviert und für 1948 auch entsprechende Absetzungen für Abnützung vorgenommen. Das so ermittelte Einkommen und der so ermittelte Gewerbeertrag waren vom Finanzamt der Veranlagung für die beiden Jahre zugrunde gelegt worden.

In der Schlussbilanz für 1949 hat der Beschwerdeführer weitere Baukosten in der Höhe von 100.688,26 S aktiviert. Dagegen hatte er auf der Schuldseite der Bilanz abgesehen von den Absetzungen für Abnutzung dieses Bauaufwandes, einen Posten von 71.916,-- S unter der Bezeichnung „Bau- und Darlehensschulden“ eingesetzt. Dieser Betrag stellt den Unterschied zwischen den im Jahre 1949 eingenommenen Beträgen von 78.000,-- S an vorausbezahlter Miete und dem anteilig auf dieses Jahr von diesen Vorauszahlungen entfallenden Betrag von 6.084,-- S dar. Folgerichtig erscheinen auch die Mieteinnahmen aus dem Haus in der Höhe von 8.484,--S - wovon 2.400,-- S auf die eigengenutzten gewerblichen Räume entfallen und daher auch unter den Betriebsausgaben ausgewiesen sind - in der Gewinn- und Verlustrechnung des Gewerbebetriebes. So gelangte der Beschwerdeführer in seinen Steuererklärungen für 1949 zu einem Gesamtverlust von 5.080,46 S, wovon 999,09 S auf Verlust aus dem Wohnhaus und 4.081,37 S auf Verlust aus dem Gewerbebetrieb entfielen.

Das Finanzamt schied bei der Veranlagung die Gebarung mit dem Haus aus der Berechnung des Gewinnes aus Gewerbebetrieb aus. Demgemäss erkannte es aus Gewerbebetrieb nur einen Verlust von 1.681,-- S an. Dagegen stellte es die im Jahre 1949 vorausgezahlten Mieten im Gesamtbetrage von 78.000,-- S abzüglich der Absetzungen für Abnutzung und der mit dem Hausbesitz verbundenen Unkosten, d.i. dem Betrag von 68,702,-- S als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Rechnung. Das nach Ausgleich der Mieteinkünfte mit dem Gewerbeverlust und nach Abzug von Sonderausgaben und Freibeträgen verbleibende Einkommen wurde gemäss § 34 Abs. 2 EStG dem begünstigten Steuersatz von 12 % unterworfen.

Gegen diesen Steuerbescheid legte der Beschwerdeführer mit der Begründung Berufung ein, dass die vorausgezahlten Mieten anteilsmässig auf die Jahre zu verteilen seien, auf die sich die Vorauszahlungen bezogen. Er verwies u.a. auf ein Urteil des Reichsfinanzhofes (vom 4. Februar 1931, RStBl. S. 275), wonach Baukostenzuschüsse, die der Mieter dem. Vermieter zahlt, nicht in dem Jahre, in dem sie dem Vermieter zufliessen, voll als Einkünfte zu besteuern seien, sondern dass diese Einkünfte auf die Dauer des Mietvertrages verteilt werden müssten.

Nachdem das Finanzamt zunächst die Berufung mit Einspruchsbescheid abgewiesen hatte, beantragte der Beschwerdeführer die Entscheidung der Berufungskommission. Er führte aus, die eingenommenen Baukostenzuschüsse seien nicht als Vorauszahlungen der Miete anzusehen, sondern als Darlehen. Dies gehe schon daraus hervor, dass die gezahlten Beträge von den Mietern gekündigt werden können und in diesem Falle vom Beschwerdeführer zurückzuzahlen seien.

Die Berufungskommission nahm an der Bemessung des Finanzamtes einige geringfügige Aenderungen vor, deren Richtigkeit ausser Streit steht, gelangte so zu einem steuerpflichtigen Einkommen von 65.541,-- S und bemass die Einkommensteuer davon mit 12 %. Im übrigen wies sie das Berufungsbegehren ab. Sie führte aus, der Beschwerdeführer sei nicht Vollkaufmann und habe deshalb das Haus nicht in seine Bilanz aufnehmen dürfen. Die Einkünfte aus dem Haus seien gemäss § 8 EStG nach dem Ueberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu ermitteln. Einnahmen aber seien gemäss § 11 EStG im Jahre des tatsächlichen Zufliessens bezogen. Nach den Mietverträgen sei die Miete auf 5 bis 6 Jahre vorausbezahlt worden. Für die Annahme eines Darlehens fehle jeder Anhaltspunkt. Allfällige Rückzahlungen bei vorzeitiger Beendigung des Mietverhältnisses seien im Jahre der Ausgabe als Werbungskosten anzusetzen. Die Ansicht, die der Reichsfinanzhof in dem vom Beschwerdeführer bezogenen Urteil ausgesprochen hatte, werde von der Behörde nicht mehr vertreten. Baukostenzuschüsse seien im Jahre ihrer Vereinnahmung steuerpflichtige Einnahmen des Hauseigentümers, gleichgültig, ob dafür Mietzinsfreiheit oder Mietzinsverbilligung für eine bestimmte Zeit vereinbart wurde oder nicht. Wurde aber eine Befreiung vom Mietzins vereinbart, dann seien die Baukostenzuschüsse Entschädigungen für entgehende Einnahmen und daher gemäss § 24 Z.1 lit. a EStG zu versteuern.

Ueber die gegen diese Entscheidung eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

§ 2 Abs. 3 EStG unterscheidet u.a. zwischen Einkünften aus Gewerbebetrieb (Z. 2) und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Z. 6). Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb ist gemäss § 2 Abs. 4 Z. 1 EStG der Gewinn (§§4 - 7 EStG), bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gemäss § 2 Abs. 4 Z. 2 desselben Gesetzes der Ueberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten der Besteuerung zugrundezulegen. Gewinn ist gemäss § 4 Abs. 1 EStG grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, verzehrt um den Wert der Entnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Der Beschwerdeführer hat nun seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb, wie es das Gesetz grundsätzlich vorsieht, durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Er hat jedoch in diesem Betriebsvermögensvergleich auch das von ihm in den Jahren 1947 bis 1949 aufgeführte Wohnhaus einbezogen. In dem Betriebsvermögensvergleich können aber, wenn man von den Sonderbestimmungen absieht, die aus § 5 EStG für die in das Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden abzuleiten sind, nur Wirtschaftsgüter einbezogen werden, die für den Betrieb des Gewerbes von Bedeutung sind. Der nicht im Handelsregister eingetragene Gewerbetreibende kann deshalb Grundstücke nur soweit in die Bilanz aufnehmen, als er sie betrieblich nutzt. Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer von dem in den Jahren 1947 bis 1949 aufgeführten Wohnhaus nur einen geringen Teil für Betriebszwecke benützt. Die Einkünfte aus der Vermietung der nicht dem Betrieb des Beschwerdeführers dienenden Teile seines Hauses waren also nicht als Betriebsgewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 EStG sondern als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nach den Regeln zu ermitteln, die §§ 8 und 9 EStG für die Ermittlung des Ueberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten vorsehen, und daher gemäss § 11 Abs. 1 EStG in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Der Beschwerdeführer bestreitet allerdings, dass die im Jahre 1949 empfangene Vorauszahlungen von 78.000,-- S als Mieteinnahmen zu werten seien. Er will sie vielmehr rechtlich als Darlehensgewährungen beurteilt wissen. Nun sind die vorausbezahlten Beträge dem Beschwerdeführer aber nach Inhalt der Mietverträge nicht mit der Abrede übergeben worden, dass sie nach einer bestimmten Zeit zurückgezahlt werden sollen, wie das nach § 983 ABGB dem Wesen eines Darlehens entsprechen würde, vielmehr wurden sie dem Beschwerdeführer als Entgelt dafür gewährt, dass er Wohnungen herstelle und diese den Zahlern der Beträge für eine bestimmte Zeit zur Benützung überlasse. Eine solche Ueberlassung der Benützung einer unverbrauchbaren Sache auf eine bestimmte Zeit um einen bestimmten Preis stellt aber nach § 1090 ABGB einen Bestandsvertrag dar. Daran vermag auch die Tatsache, dass das Entgelt für die Ueberlassung der Wohnräume nicht laufend in regelmässig wiederkehrenden Zwischenräumen, sondern auf einmal für einen längeren Zeitraum im voraus geleistet werden sollte, ebensowenig etwas zu ändern wie der Umstand, dass den Mietern das Recht eingeräumt ist, den Vertrag vorzeitig aufzulösen und für diesen Fall den Teil der Miete zurückzuverlangen, der auf die noch nicht abgelaufene Zeit der Vorauszahlung entfällt. Ebensowenig können diese Erwägungen aber auch durch die Entscheidungsgründe des in der Beschwerde bezogenen Urteiles dem Reichsfinanzhofes entkräftet werden, da dieses Urteil, mit dem der Reichsfinanzhof von seiner vorangegangenen Rechtsprechung abgegangen ist, lediglich mit rechtspolitischen Erwägungen begründet ist, die im Gesetz keinen Ausdruck gefunden haben. Schliesslich kann bei der Veranlagung für das Jahr 1949 auch die Tatsache nicht berücksichtigt werden, dass der Beschwerdeführer schon in den Jahren 1947 und 1948 das Wohnhaus bzw. den angefangenen Bau in den Bilanzen seines Gewerbebetriebes geführt, dass er um den aktivierten Bauaufwand - im Jahre 1948 abzüglich der Absetzungen für Abnutzung - seinen gewerblichen Gewinn erhöht und dass das Finanzamt diese Art der Gewinnermittlung damals anerkannt hat. Denn durch die Anerkennung falscher Bilanzansätze für die Vergangenheit kann die Finanzbehörde nicht gehindert werden, für die Folgezeit von richtigen Bilanzen auszugehen. Der Nachteil, den der Beschwerdeführer durch die unrichtige Veranlagungen in den Vorjahren insoferne erlitten hat, als das Finanzamt für 1947 an Stelle eines sonst sich ergebenden Verlustes einen gewerblichen Gewinn von S 4.261,-- und für das Jahr 1948 an Stelle eines sonst bedeutend geringeren gewerblichen Gewinnes einen solchen von S 29.671,-- besteuert hat, kann vom Beschwerdeführer nach Rechtskraft dieser Veranlagung nicht mehr abgewehrt werden. Nur die Aufsichtsbehörde hätte die Möglichkeit, gemäss § 24 Abs. 5 des Abgabenrechtsmittelgesetzes, BGBl. Nr. 60/1949, innerhalb der Verjährungsfrist eine Wiederaufnahme des Besteuerungsverfahrens für die Vorjahre in die Wege zu leiten.

Die belangte Behörde hat die Zahlungen von 78.000,-- S daher mit Recht im Jahre 1949 unter Anwendung des § 34 EStG als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zur Besteuerung heranzogen. Da es nach den Vorschriften der §§ 8, 9 und 11 EStG über die Ermittlung des Ueberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten nicht darauf ankommt, in welchem Jahr die Gegenleistungen für die erzielten Einnahmen zu erbringen sind, erweist sich auch das vom Beschwerdeführer wahlweise gestellte Begehren, die vorausgezahlten Bestandzinse steuerlich auf den Vorauszahlungszeitraum zu verteilen, als unbegründet. Der Beschwerde musste somit der Erfolg versagt bleiben.

Wien, am 2. Juli 1952

Schlagworte

Vorausbezahlte Mietzinse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1952:1951002755.X00

Im RIS seit

06.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

06.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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