TE Vwgh Erkenntnis 1982/10/13 82/13/0122

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Veröffentlicht am 13.10.1982
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Index

Abgabenverfahren
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht

Norm

BAO §293
BAONov 1980 Art1 Z126

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Iro, Dr. Drexler und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. König, über die Beschwerde des AB in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 11. März 1982, Zl. 6/1-1108/81, betreffend Berichtigung der Einkommensteuerbescheide 1977 und 1978, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog in den Jahren 1977 und 1978 als Angestellter der C Botschaft in D Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die er in seinen Einkommensteuererklärungen für 1977 mit S 210.000,-- (darin sonstige Bezüge S 30.000,--) und für 1978 mit S 235.200,-¬(darin sonstige Bezüge S 33.600,--) angab.

Das Finanzamt nahm bei der Veranlagung abweichend von diesen Angaben für 1977 die laufenden Bezüge mit S 173.796,-- und die sonstigen Bezüge mit S 36.204,-- bzw. für 1978 die laufenden Bezüge mit S 194.486,-- und die sonstigen Bezüge mit S 40.514,-- an, und zwar ausgehend von der unrichtigen Sachverhaltsannahme, der Beschwerdeführer sei Angehöriger der C Botschaft und erhalte als solcher einen Anteil von 17,24 % an sonstigen Bezügen. Für 1978 ging das Finanzamt bei dieser Aufteilung außerdem unrichtigerweise von Gesamteinkünften des Beschwerdeführers in der Höhe von S 235.000,-- statt vom erklärten Betrag von S 235.200,-- aus. Bei der Eingabe dieser (unzutreffenden) Aufteilung der Einkünfte in die elektronische Datenverarbeitung unterlief dem Finanzamt insofern ein weiterer Fehler, als es in den Eingabebögen die Summe der Bruttobezüge statt mit den erklärten Beträgen von S 210.000,-- bzw. S 235.200,-- nur mit den von ihm errechneten laufenden Bezügen von S 173.796,-- bzw. S 194.486,-- anführte.

Die auf diese Weise erstellten Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1977 und 1978 erwuchsen in Rechtskraft.

Nach Feststellung seiner fehlerhaften Vorgangsweise erließ das Finanzamt - unbestritten innerhalb der Frist gemäß § 302 Abs. 1 BAO - für beide Streitjahre gemäß § 293 BAO berichtigte Einkommensteuerbescheide, wobei nun die Bruttobezüge mit S 210.000,-- bzw. S 235.200,-,- und die sonstigen Bezüge erklärungsgemäß mit S 30.000,-- bzw. S 33.600,-- in die Datenverarbeitung eingegeben wurden.

Da sich hieraus eine Erhöhung der dem Beschwerdeführer für die Streitjahre vorgeschriebenen Einkommensteuer (für 1977 von S 21.720,- auf S 32.950,-- und für 1978 von S 25.313,-- auf S 38.809,--) ergab, und die berichtigten Bescheide keine Begründung enthielten, erhob der Beschwerdeführer dagegen Berufung und bestritt darin das Vorliegen berichtigungsfähiger Fehler. Nach Erlassung einer abweislichen Berufungsvorentscheidung beantragte der Beschwerdeführer in der Folge die Vorlage seiner Berufung an die belangte Behörde.

Mit ihrem nunmehr hinsichtlich der darin enthaltenen teilweisen Abweisung der Berufung angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung teilweise, und zwar insofern Folge, als sie die Behandlung des Beschwerdeführers als eines Angehörigen der C Botschaft und die damit verbundene, von der Erklärung abweichende Aufteilung seiner Bruttobezüge in laufende und sonstige Einkünfte als eine der Berichtigung nach § 293 BAO nicht zugängliche Auffassung des Finanzamtes über den Sachverhalt qualifizierte. Hingegen sei der bei der Eingabe in die elektronische Datenverarbeitung unterlaufene Fehler (unrichtiger Ansatz der Bruttobezüge im Eingabebogen) unter den Berichtigungstatbestand nach § 293 BAO zu subsumieren. Diese Berichtigung könne nach Auffassung der belangten Behörde somit nur die bei der Eingabe in die Datenverarbeitung erfolgte unrichtige Ausweisung der Gesamtbruttobezüge umfassen. Bei der Ermittlung der Einkommensteuer des Beschwerdeführers für die Streitjahre seien daher die Bruttobezüge richtig mit S 210.000,-- bzw. S 235.200,-- anzusetzen, die darin enthaltenen sonstigen Bezüge jedoch infolge des hier nicht berichtigungsfähigen Fehlers des Finanzamtes mit S 36.204,-- bzw. mit S 40.458,-- (also mit 17,24 % der Bruttobezüge wie bei Angehörigen der C Botschaft). Die belangte Behörde ermittelte die Einkommensteuer des Beschwerdeführers demnach mit S 31.276,-- für 1977 und mit S 37.015,-- für 1978.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seiner gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobenen Beschwerde insoweit beschwert, als die belangte Behörde den „Eingabefehler“ des Finanzamtes als berichtigungsfähig gewertet hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Einziger Streitpunkt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die Frage, ob der die Summe der Bruttobezüge des Beschwerdeführers in den beiden Streitjahren betreffende Eingabefehler des Finanzamtes nach dem Gesetz berichtigt werden dürfte oder nicht.

Nach § 293 Abs. 1 BAO (in der ab 19. April 1980 geltenden und demnach auf die im Beschwerdefall vorgenommene Berichtigung anzuwendenden Fassung nach Art. I Z. 126 der BAO-Novelle BGBl. Nr. 151/1980) kann die Abgabenbehörde in ihrem Bescheid unterlaufene Schreib- oder Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automatisierten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten berichtigen.

Die Einrichtung des § 293 BAO dient nicht dazu, Irrtümer der Behörde bei der Auslegung des Gesetzes zu berichtigen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. November 1979, Zl. 1429/79), sondern nur zur Beseitigung des infolge bestimmter Fehlerquellen gegen den Willen der Behörde entstandenen erkennbaren Auseinanderklaffens von Bescheidabsicht und formeller Erklärung des Bescheidwillens. Dabei sollte die durch die BAO-Novelle herbeigeführte Ausdehnung des § 293 Abs. 1 BAO - wie aus den Erläuternden Bemerkungen zur betreffenden Regierungsvorlage hervorgeht, ausdrücklich dem Umstand Rechnung tragen, daß auch bei der Unterstützung durch eine automatisierte Datenverarbeitungsanlage Fehler unterlaufen können, durch die bewirkt wird, daß der Bescheid anders lautet als es die Abgabenbehörde beabsichtigt hat.

Den vorliegenden Akten ist nicht zu entnehmen, daß das Finanzamt die Bruttobezüge des Beschwerdeführers infolge einer unrichtigen Annahme über den Sachverhalt oder infolge eines Rechtsirrtums nicht mit den vom Beschwerdeführer erklärten Gesamtbeträgen, sondern jeweils nach Abzug der darin enthaltenen sonstigen Bezüge in die für die elektronische Datenverarbeitung bestimmten Eingabebogen eingetragen hat. Die Unkenntnis des Finanzamtes, die diesen Fehler hervorgerufen hat, betraf nämlich - was auch in der Beschwerde zutreffend behauptet wird - nur den Programmablauf, der auf Grund der Eintragungen im Eingabebogen in Gang gesetzt wurde. Der gemäß diesen Eintragungen den weiteren Berechnungen zugrundegelegene Wille des Finanzamtes ging mit Sicherheit dahin, daß von den errechneten und eingetragenen Summen der laufenden Bezüge die sonstigen Bezüge nicht neuerlich in Abzug zu bringen seien. Hätte der betreffende Beamte nach diesen Eintragungen die weiteren Berechnungen mechanisch durchzuführen gehabt, dann hätte er einen neuerlichen Abzug der sonstigen Bezüge von der von ihm als „Summe der Bruttobezüge“ ermittelten Betrag nicht bzw. nur im Wege eines einer Berichtigung nach § 293 BAO zugänglichen Schreib- oder Rechenfehlers vorgenommen. Der Umstand, daß dieser Fehler gegen den Willen der Behörde in der Folge durch den programmierten Ablauf des maschinellen Veranlagungsverfahrens tatsächlich eingetreten ist und im ausgedruckten Steuerbescheid seinen Niederschlag fand, beruht daher ausschließlich auf dem Einsatz einer automatisierten Datenverarbeitungsanlage (siehe dazu auch die vergleichbare Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes, BStBl. 1967 III S. 793, und BStBl. 1980 II S. 62).

Zuzugeben ist dem Beschwerdeführer, daß aus den ursprünglichen Einkommensteuerbescheiden 1977 und 1978 schon mit Rücksicht auf den dem Finanzamt überdies unterlaufenen nicht berichtigungsfähigen Fehler ohne Akteneinsicht nicht erkennbar war, welcher Art der Fehler war, der bei der Ermittlung der Höhe seiner steuerpflichtigen Einkünfte vorgefallen war. Die in den ausgedruckten Einkommensteuerbescheiden ersichtlichen Gesamtbeträge der Einkünfte des Beschwerdeführers in den Streitjahren lagen aber so erheblich unter den von ihm selbst erklärten Beträgen, daß ein Fehler bei ihrer Ermittlung durchaus naheliegend erscheinen mußte. Im übrigen sieht das Gesetz bei der Berichtigung von ausschließlich auf dem Einsatz einer automatisierten Datenverarbeitungsanlage beruhenden Unrichtigkeiten nicht vor, daß diese nur im Falle der unmittelbaren Erkennbarkeit aus dem fehlerhaften Bescheid zulässig wäre.

Der Beschwerdeführer führt schließlich aus, die von der belangten Behörde praktizierte extreme Anwendung des § 293 BAO stehe mit dem schutzwürdigen Vertrauen auf die Rechtskraft von Abgabenbescheiden in krassem Widerspruch. Dem ist entgegenzuhalten, daß der in § 114 BAO normierte Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung erfordert, daß Fehler bei der Steuerbemessung mit allen vom Gesetz vorgesehenen Mitteln vermieden oder beseitigt werden müssen. Darüber hinaus würde die Auffassung des Beschwerdeführers im Falle des Auftretens ähnlicher aus der Verwendung elektronischer Datenverarbeitungsanlagen entspringender Fehler, die sich zum Nachteil eines Steuerpflichtigen auswirken, einer behördlichen Berichtigung zu enge Grenzen setzen.

Die belangte Behörde hat somit durch die Bestätigung der vom Finanzamt vorgenommenen Bescheidberichtigung hinsichtlich der „Eingabefehler“ das Gesetz nicht verletzt. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.

Wien, am 13. Oktober 1982

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1982:1982130122.X00

Im RIS seit

01.10.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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