TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/24 95/19/0895

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Veröffentlicht am 24.01.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

ABGB §6;
ABGB §7;
ABGB §8;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §3;
AufG 1992 §6 Abs2;
AVG §13 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde der C in W, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. September 1994, Zl. 101.407/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 15. September 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen.

Mit Beschluß vom 28. Juni 1995 lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab. Dieser hat über die - ergänzte - Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Annahme der belangten Behörde, sie habe sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten (im Sinne des § 1 Abs. 1 AufG). Sie verweist vielmehr darauf, daß sie sich in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrer Mutter, deren Schwester und Bruder befände. Ihre Mutter und deren Schwester (also die Tante der Beschwerdeführerin) seien österreichische Staatsbürger, der "leibliche Bruder der Mutter" (also der Onkel der Beschwerdeführerin) verfüge über einen gültigen Wiedereinreise-Sichtvermerk sowie eine Arbeitserlaubnis. Der angefochtene Bescheid verstoße gegen Art. 8 MRK, da durch ihn die Zusammenführung einer Familie unmöglich gemacht werde.

Die Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG, wonach der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen ist, trifft auf die Beschwerdeführerin zu, wie sie selbst auch nicht in Abrede stellt. Bei dem dort normierten Erfordernis handelt es sich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung des Antrages nach sich zieht. Diese Bestimmung ist im Einklang mit dem aus den Gesetzesmaterialien hervorgehenden Willen des Gesetzgebers auszulegen, wonach der Fremde die Entscheidung über seinen im Ausland zu stellenden Antrag in der Regel auch vom Ausland aus abzuwarten hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/1087). Die Antragstellung bei gleichzeitigem (illegalen) Aufenthalt des Fremden in Österreich würde gegen den durch § 6 Abs. 2 erster Satz AufG verfolgten Zweck, die illegale Zuwanderung zu verhindern oder zumindest zu reduzieren, verstoßen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. August 1995, Zl. 95/19/0638).

Auch bei einer verfassungskonformen Interpretation der genannten Gesetzesstelle im Hinblick auf Art. 8 MRK liegt im Beschwerdefall keine Fallgestaltung der in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gedachten Art, nämlich kein langjähriger (legaler) Aufenthalt im Inland und keine bloß geringfügige Versäumung der Frist zur Stellung eines Verlängerungsantrages, vor (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, B 1611

bis 1614/94). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in vergleichbaren Fällen des Familiennachzuges keine Beeinträchtigung der durch Art. 8 MRK geschützten Rechte bei einer Verweigerung der Aufenthaltsbewilligung gesehen (vgl. das Urteil GÜL gegen die Schweiz vom 19. Februar 1996, ÖJZ 1996, 593).

Sofern in dem Beschwerdehinweis auf die familiären Verhältnisse der Beschwerdeführerin eine Bezugnahme auf § 3 Abs. 3 zweiter Satz AufG gelegen sein sollte, so wäre festzuhalten, daß auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 AufG die Bestimmung des § 6 Abs. 2 leg. cit. nicht obsolet werden ließe (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Juni 1995).

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war

sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Dabei war allerdings nur der Vorlageaufwand zuzusprechen, da eine Gegenschrift mit Bezug auf das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht erstattet wurde.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Formgebrechen nicht behebbare NICHTBEHEBBARE materielle Mängel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995190895.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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