TE Lvwg Beschluss 2021/5/4 LVwG-AV-421/001-2021

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Veröffentlicht am 04.05.2021
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Entscheidungsdatum

04.05.2021

Norm

BAO §93 Abs2
BAO §246 Abs1
B-VG §132 Abs1 Z1

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde der A GmbH vom 8. Jänner 2021 gegen eine an die B GmbH adressierte Berufungsentscheidung des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 11. Dezember 2020, Zahl: ***, betreffend Vorschreibung einer Kanaleinmündungsabgabe für die Liegenschaft ***, den

BESCHLUSS

1.   Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 260 Abs. 1 lit. a, 278 Abs. 1 Bundesabgabeordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Begründung:

1. Sachverhalt und bisheriges Verfahren:

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 11. Dezember 2020, Zahl: ***, wurde eine Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt vom 2. September 2020, betreffend Vorschreibung einer Kanaleinmündungsabgabe für die Liegenschaft ***, abgewiesen.

Diese Berufungsentscheidung war adressiert an die B GmbH, die Zustellung einer Bescheidausfertigung wurde verfügt an die B GmbH, die Zustellung erfolgte nachweislich am 15. Dezember 2020.

Dagegen richtet sich die am 8. Jänner 2021 per Email beim Magistrat der Stadt Wiener Neustadt eingebrachte Beschwerde der A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin).

Diese Beschwerde wurde seitens des Magistrates der Stadt Wiener Neustadt unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 3. März 2021 (einlangend) zur Entscheidung vorgelegt.

Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten, unbedenklichen Verwaltungsakt. Der angeführte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie der verfahrensgegenständlichen Beschwerde.

2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:

2.1. Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Artikel 132. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

         1.       wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;

2.2. Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 93. …

(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

§ 246. (1) Zur Einbringung einer Bescheidbeschwerde ist jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist.

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder

b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes

         a)       weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen

                  (§ 260) noch

         b)       als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,

so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

3. Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Mit der gegenständlichen Beschwerde vom 8. Jänner 2021 wurde von der A GmbH als Beschwerdeführerin ein Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wiener Neustadt vom 11. Dezember 2020 angefochten.

Ein Bescheid hat gemäß § 93 Abs. 2 BAO im Spruch die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht (somit den Bescheidadressaten).

Der Adressat ist namentlich zu nennen (vgl. VwGH 94/17/0413). Das Adressfeld gehört nach der Judikatur (vgl. zB. VwGH 2010/15/0017) zum Bescheidspruch.

Als Adressat des angefochtenen Bescheides wurde die „B GmbH“ bezeichnet.

Die Beschwerdeführerin, die A GmbH, wurde nicht als Bescheidadressat genannt.

Dies bedeutet, dass die Erledigung ihr gegenüber keine Wirkungen entfalten konnte. Auch seinem Inhalt nach ist der Bescheid für die „B GmbH“ bestimmt. Auch die Zustellung wurde an die „B GmbH“ verfügt.

Beschwerdeführer kann nur der sein, dem der Bescheid wirksam bekannt gegeben wurde und für den er auch inhaltlich bestimmt war (vgl. zB. VwGH 90/16/0043).

Zur Erhebung einer Beschwerde ist gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG legitimiert, wer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein.

Aus der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des Öffentlichen Rechtes zur Frage der Beschwerdelegitimation vor diesen Gerichtshöfen kann abgeleitet werden, dass zur Behauptung, in seinen Rechten verletzt zu sein, die Möglichkeit der Rechtsverletzung hinzutreten muss.

Es muss zumindest die Möglichkeit bestehen, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (z.B. VwGH 2008/05/0075, 2008/03/0168, 2011/17/0111).

Das als Prozessvoraussetzung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der beschwerdeführenden Partei besteht bei einer Bescheidbeschwerde iSd Art 131 B-VG im objektiven Interesse an der Beseitigung des angefochtenen, sie belastenden Verwaltungsakts. Das objektive Interesse der beschwerdeführenden Partei an der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ist ihre "Beschwer". Eine solche liegt vor, wenn das angefochtene Verwaltungshandeln vom Antrag der beschwerdeführenden Partei an die Verwaltungsbehörde zu deren Nachteil abweicht (formelle Beschwer) oder mangels Antrages die Verwaltungsbehörde die beschwerdeführende Partei durch ihren Verwaltungsakt belastet (vgl. z.B. VwGH 2011/03/0228, 2013/03/0111). Fehlt hingegen die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre des Beschwerdeführers, so ermangelt diesem die Beschwerdeberechtigung (z.B. VwGH 2000/11/0269 mwN).

Diese vom Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung für das höchstgerichtliche Verfahren aufgestellten Grundsätze gelten auch für die Beschwerdelegitimation gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht:

Der angefochtene Bescheid ist nicht an die Beschwerdeführerin adressiert und entfaltet ihr gegenüber daher keinerlei Wirkungen. Es besteht daher im gegenständlichen Fall nicht einmal die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten der Beschwerdeführerin durch den Berufungsbescheid des Stadtsenates.

Wird eine Beschwerde von einem hiezu nicht Legitimierten eingebracht, so ist sie gemäß § 260 Abs.1 lit. a BAO zurückzuweisen (vgl. z.B. VwGH 85/16/0113, 0114).

Nach der Judikatur des VwGH hat sich die Prüfung, ob ein Rechtsmittel von einem hiezu Berechtigten erhoben wurde, am äußeren Tatbestand zu orientieren (vgl. VwGH 99/10/0129, 90/04/0294).

Gegenstand einer Beschwerde kann nur ein wirksam erlassener Bescheid sein. Mangels eines ihr gegenüber wirksam erlassenen Bescheides war die A GmbH gemäß § 246 Abs.1 BAO nicht zur Einbringung einer Beschwerde befugt. Die Einbringung der gegenständlichen Beschwerde erweist sich als unzulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Ergänzend und unpräjudiziell wird festgestellt, dass der angefochtene Bescheid ausschließlich gegenüber der B GmbH erlassen wurde. Dieser Berufungsbescheid geht allerdings gegenüber der B GmbH insofern ins Leere, als diese gegen den erstinstanzlichen Bescheid gar keine Berufung eingebracht hat. Die ebenso von der A GmbH erhobene Berufung vom 16. September 2020 ist weiterhin unerledigt und daher noch offen, dürfte sich jedoch ebenfalls als unzulässig erweisen, war doch der erstinstanzliche Abgabenbescheid an die B GmbH adressiert. Eine zulässige Berufung der B GmbH dürfte nach der Aktenlage nicht vorliegen, weshalb der erstinstanzliche Abgabenbescheid bereits rechtskräftig sein dürfte.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt.

Schon gemäß § 274 Abs. 3 Z.1 BAO durfte die Entscheidung unter einer Verhandlung getroffen werden, da die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen war. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache – soweit dies für die Entscheidung wesentlich wäre – nicht erwarten lässt.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß

Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Kanaleinmündungsabgabe; Verfahrensrecht; Berufung; Bescheidadressat; Bescheidwirkung; Beschwer; Beschwerdelegitimation;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.421.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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