TE Lvwg Beschluss 2021/7/19 VGW-141/002/7309/2021

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Veröffentlicht am 19.07.2021
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Entscheidungsdatum

19.07.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG §33 Abs4
VwGVG §7 Abs4

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch den Richter Dr. Fegerl über die Beschwerde der Frau A. B., vertreten durch Herrn C. D. als Erwachsenenvertreter, dieser vertreten durch Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H., gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, vom 30.03.2021, Zl. MA 40 - …-001, betreffend Kostenersatz für Leistungen der Mindestsicherung, den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

BEGRÜNDUNG

1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30.3.2021 wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, binnen vier Wochen ab Rechtskraft des Bescheides die für den Zeitraum von 1.2.2018 bis 31.8.2018 aufgewendeten Kosten für Leistungen der Mindestsicherung in Höhe von EUR 2.965,22 zu ersetzen.

Der Bescheid enthielt eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung und wurde laut RSb-Postzustellschein vom Erwachsenenvertreter der Beschwerdeführerin am 1.4.2021 übernommen.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die mit 30.4.2021 datierte Beschwerde, die am 30.4.2021 bei der belangten Behörde per E-Mail eingebracht wurde. Gleichzeitig wurde (unter einem) mit der Beschwerde ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht.

Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 8.6.2021 (zugestellt mit 15.6.2021) wurde der Beschwerdeführerin (ihrem Erwachsenenvertreter) [unter Anführung der sich aus dem Zustellnachweis ergebenden Daten der Zustellung des Bescheides und des Datums der Einbringung des Rechtsmittels] die verspätete Einbringung der Beschwerde zur Kenntnis gebracht und ihr gleichzeitig Gelegenheit gegeben, dazu binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens unter gleichzeitiger Vorlage bzw. Bekanntgabe von Beweismitteln für ihr Vorbringen Stellung zu nehmen.

In der Stellungnahme vom 16.6.2021 wurde seitens der Beschwerdeführerin mitgeteilt mit, dass die Beschwerde bereits ab Punkt II. die vorgehaltene Verspätung berücksichtige und unter diesem Punkt ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand samt erforderlichen Bescheinigungsmitteln gestellt worden sei. Man sei daher der Auffassung, dass über den Antrag auf Wiedereinsetzung vorab abzusprechen sei. Es werde aufgrund der Vorlage der Beschwerde das Vorbringen des gestellten Wiedereinsetzungsantrages vollinhaltlich erneuert. Das Verwaltungsgericht Wien möge gemäß § 33 Abs. 4 Satz 3 VwGVG über den Wiedereinsetzungsantrag entscheiden.

2. Das Verwaltungsgericht hat erwogen:

Der angefochtene Bescheid, welcher eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung enthielt, wurde laut Postzustellschein vom Erwachsenenvertreter persönlich am 1.4.2021 übernommen.

Ein eventueller Zustellmangel ist (auch angesichts der persönlichen Übernahme durch den Erwachsenenvertreter der Beschwerdeführerin) nicht erkennbar und wurde auch nach Zustellung des Vorhaltes der Verspätung des Rechtsmittels nicht behauptet.

Die gesetzliche, unerstreckbare Beschwerdefrist von vier Wochen (gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG) begann daher am 1.4.2021 und endete am 29.4.2021. Die vorliegende Beschwerde wurde jedoch erst am 30.4.2021 und somit verspätet eingebracht.

Voraussetzung für die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ist allein die Versäumung der Rechtsmittelfrist und nicht auch ein Verschulden der Partei an der Verspätung.

Im Falle der verspäteten Einbringung eines Rechtsmittels ist es dem Verwaltungsgericht (infolge der eingetretenen Rechtskraft des Bescheides) verwehrt, auf das (materielle) Vorbringen einzugehen und eine Sachentscheidung zu treffen.

Die Beschwerde war daher ohne Eingehen auf die inhaltlichen Ausführungen als verspätet zurückzuweisen.

Es trifft nicht zu, dass über den (mit der verspäteten Beschwerde gestellten) Wiedereinsetzungsantrag vorab abzusprechen sei oder dass über die Zurückweisung eines verspäteten Rechtsmittels nicht entscheiden werden dürfte, wenn ein Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden ist (vgl. VwGH 21.10.2014, Zl. Ra 2014/03/0037, sowie Hengstschläger-Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht 2018, Rz. 622)

Es ist auch unzutreffend, dass im Hinblick auf die erfolgte Vorlage der Beschwerde nun das Verwaltungsgericht Wien über den gleichzeitig mit der Beschwerde bei der belangten Behörde eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden hätte. § 33 Abs. 4 VwGVG kann nämlich verfassungskonform nur so verstanden werden, dass über Wiedereinsetzungsanträge, die bis zu Vorlage der Beschwerde bei der Behörde eingebracht wurden, von dieser, und (nur) über jene, die ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht eingebracht werden, von jenem mit Beschluss zu entscheiden ist (VwGH 28.9.2016, Zl. Ro 2016/16/0013). Durch die Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht wird die Zuständigkeit der Behörde zur Entscheidung über einen davor eingebrachten Wiedereinsetzungsantrag nicht (zum Verwaltungsgericht) verschoben (vgl. Hengstschläger-Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht 2018, Rz. 1082). Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird daher der Magistrat der Stadt Wien (MA 40) zu entscheiden haben.

3. Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies liegen auch sonst keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal es lediglich um einzelfallbezogene Fragen der (unbestrittenen) Verspätung eines Rechtsmittels geht.

Schlagworte

Frist zur Erhebung der Beschwerde; Beschwerdefrist; Versäumung der Rechtsmittelfrist; Verschulden der Partei; Beschwerdevorlage; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Wiedereinsetzungsantrag; Zuständigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.141.002.7309.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.09.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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