TE Lvwg Erkenntnis 2021/8/23 LVwG-2021/14/1591-3

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Veröffentlicht am 23.08.2021
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Entscheidungsdatum

23.08.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

ZustG §17 Abs3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA über die Beschwerde von AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Z (belangte Behörde) vom 18.05.2021, ***, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Epidemiegesetz,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch der Beschwerdeführerin vom 18.5.2021 gegen die Strafverfügung vom 23.4.2021 als verspätet zurück.

Nach Zustellung dieses Bescheids brachte die Beschwerdeführerin per E-Mail vom 1.6.2021 abermals den gleichlautenden Einspruch ein. Sie gab darüber hinaus an, sie habe die – am 28.4.2021 hinterlegte – Strafverfügung am 5.5.2021 bei der Post abgeholt. Der Einspruch solle innerhalb von 14 Tagen stattfinden, weshalb der 19.5.2021 der letzte Tag wäre. Nach entsprechender Nachfrage durch die belangte Behörde gab die Beschwerdeführerin an, dieses E-Mail sei als Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol zu deuten.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hielt der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.6.2021 die Zustellung der Strafverfügung durch Hinterlegung am 28.4.2021, die Einbringung der Beschwerde per E-Mail vom 18.5.2021 sowie die daraus resultierende offenbare Verspätung ihres Einspruchs vor und räumte ihr gemäß § 45 Abs 3 AVG die Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Dahingehend brachte die Beschwerdeführerin vor, die Nachricht über ein abzuholendes Schriftstück hätte sich zwischen Prospektmaterial befunden. Sie hätte diese erst gesehen, als sie das Altpapier entsorgen wollte.

II.      Sachverhalt

Mit Strafverfügung vom 23.4.2021, ***, legte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zur Last, am 10.4.2021 um 18:50 Uhr am Hauptplatz in Z an einer näher bezeichneten Veranstaltung ohne FFP2-Maske teilgenommen zu haben und verhängte eine Strafe von € 150 (Ersatzfreiheitsstrafe 50 Stunden). Diese Strafverfügung wurde der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung am 28.4.2021 zugestellt. Am 5.5.2021 behob sie das hinterlegte Schreiben und brachte mit E-Mail vom 18.5.2021, 14:09 Uhr, Einspruch gegen diese Strafverfügung ein.

III.     Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist unstrittig. Die Daten hinsichtlich Hinterlegung und Ausfolgung ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Zustellprotokoll. Die restlichen Schriftstücke legte die belangte Behörde gemeinsam mit der Beschwerde vor.

IV.      Rechtslage

Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG, BGBl 1991/52 idF I 2018/57)

§ 49 (1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.

Zustellgesetz (ZustG, BGBl 1982/200 idF I 2008/5)

§ 17 Hinterlegung

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG, BGBl 1991/51)

§ 32 (2) Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.“

V.       Erwägungen

A. Verspätung des Einspruchs

Gemäß § 49 Abs 1 VStG können Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach der Zustellung Einspruch erheben. Gemäß § 17 Abs 3 ZustG gelten hinterlegte Dokumente mit dem ersten Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird, als zugestellt.

Die Strafverfügung vom 23.4.2021 wurde am Mittwoch, 28.4.2021, hinterlegt. Gemäß § 17 Abs 3 ZustG gilt diese somit mit diesem Tag als zugestellt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist es irrelevant, wann Sie das Schriftstück tatsächlich behoben hat. Trotz Aufforderung durch das Landesverwaltungsgericht Tirol machte die Beschwerdeführerin keinerlei Angaben hinsichtlich einer allfälligen Ortsabwesenheit zwischen der Hinterlegung und der tatsächlichen Behebung des Schriftstücks. Eine Ortsabwesenheit ist deshalb nicht anzunehmen.

§ 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Da die Frist am Mittwoch, 28.4.2021, begann, endete die zweiwöchige Frist zur Erhebung eines Einspruchs am Mittwoch, 12.5.2021 (dazu Kolonovits/Muzack/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11 [2019] Rz 235; Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 [2018] Rz 161 [Fußnote 414].

Die Verantwortung der Beschwerdeführerin, die Benachrichtigung über die Hinterlegung zwischen Prospektmaterial erst gesehen zu haben, als sie das Altpapier entsorgen wollte, kann daran nichts ändern. Allenfalls hätte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG einbringen müssen. Dieser Antrag hätte jedoch bindend zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses gestellt werden müssen. Darüber hinaus ist es für das Landesverwaltungsgericht Tirol fraglich, ob die von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Verantwortung ein unvorhersehbares oder unabwendbares Ereignis darstellt.

Die belangte Behörde ging somit zu Recht von einer Verspätung des Einspruchs aus und wies diesen folglich mit dem angefochtenen Bescheid zu Recht als verspätet zurück. Die dagegen erhobene Beschwerde ist deshalb als unbegründet abzuweisen.

B. Entfall der mündlichen Verhandlung

Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde beantragten die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen die Zurückweisung eines Einspruches wegen Verspätung und damit gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG konnte daher die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Im gegenständlichen Fall war zu klären, ob der Einspruch der Beschwerdeführerin gegen eine Strafverfügung als verspätet zu qualifizieren ist.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von € 240 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Hinweis

Rechtskräftig verhängte Geldstrafen (sowie Verfahrenskostenbeiträge) sind bei der Behörde einzubezahlen (vgl § 54b Abs 1 VStG).

Landesverwaltungsgericht Tirol

Priv.-Doz. Dr. Heißl, E.MA

(Richter)

Schlagworte

Verspäteter Einspruch gegen eine Stafverfügung


European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.14.1591.3

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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