TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/5 W245 2240586-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.05.2021
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Entscheidungsdatum

05.05.2021

Norm

Auskunftspflichtgesetz §1
AVG §13 Abs3
AVG §69 Abs1
AVG §73 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §16
VwGVG §17
VwGVG §8

Spruch


W245 2240586-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Bernhard SCHILDBERGER, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , wegen Verletzung der Entscheidungspflicht der Landespolizeidirektion Burgenland betreffend den am 28.08.2020 gestellten Antrag auf Wiederaufnahme A) zu Recht erkannt und B) beschlossen:

A)       Der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht wird stattgegeben.

B)       Der Antrag auf Wiederaufnahme wird zurückgewiesen.

C)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang:

I.1.    Mit E-Mail vom 10.04.2020 stellte der Beschwerdeführer XXXX (in der Folge auch „BF“) ein Auskunftsbegehren an die Landespolizeidirektion Burgenland (in der Folge auch „belangte Behörde“ bzw. „bB“) dahingehend, ob eine rechtskräftige Strafverfügung der bB vom 14.01.2020 im Sinne des § 52a VStG aufgehoben oder abgeändert werde. Die erbetene Auskunft sei ohne nötigen Aufschub, längstens binnen 8 Wochen ab heute zu erteilen oder zu verweigern.

I.2.    Am 17.05.2020 stellte der BF einen Antrag auf Bescheiderlassung, da die Auskunft von der belangten Behörde verweigert wurde.

I.3.    Mit Bescheid vom 03.06.2020 sprach die bB aus, dass dem BF die gewünschte Auskunft gemäß § 1 Auskunftspflichtgesetz nicht erteilt werde. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass er Auskünfte aus einem Verwaltungsstrafakt verlangt habe, in dessen Zusammenhang er aber nicht Partei gewesen sei. Aus Datenschutzgründen sei daher die Auskunft über die Daten von Dritten zu verweigern gewesen.

I.4.    Mit Schreiben vom 29.06.2020 erhob der BF gegen den Bescheid der bB vom 03.06.2020 Beschwerde. Er beantragte darin, den bekämpften Bescheid wegen Wegfalls der Rechtsgrundlage ersatzlos zu beheben.

I.5.    Mit Schreiben vom 24.08.2020 zog der BF seine Beschwerde vom 29.06.2020 gegen den Bescheid der bB vom 03.06.2020 zurück. Aus diesem Grund wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (in der Folge auch „BVwG“) vom 28.10.2020, W211 2232648-1/9E, das Verfahren eingestellt.

I.6.    Im E-Mail vom 27.08.2020 an die bB führte der BF aus, dass der Bescheid vom 03.06.2020 durch die Zurückziehung der Bescheidbeschwerde am 24.08.2020 in Rechtskraft erwachsen sei.

I.7.    Mit E-Mail vom 28.08.2020 beantragte der BF bei der bB die Wiederaufnahme des mit Abweisungsbescheid vom 03.06.2020 rechtskräftig abgeschlossenen Auskunftsverfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG. Begründend führte der BF aus, dass voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautender Bescheid herbeigeführt worden wäre, wenn die bB vor Erlassung des Bescheids das gesetzlich vorgeschriebene Parteiengehör gewährt hätte.

I.8.    Mit Schreiben vom 02.03.2021 erhoben der BF wegen schuldhafter Verletzung der Entscheidungspflicht Säumnisbeschwerde nach § 8 VwGVG.

I.9.    Mit E-Mails vom 14.03.2021 und 15.03.2021 teilte der BF der bB mit, dass – da kein Neuerungsverbot bestehe – die Begründung im Wiederaufnahmeantrag ergänzt werde. In diesem Zusammenhang gab der BF an, dass es nicht um eine Auskunft über das gegen seine Gattin durchgeführte und rechtskräftig abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren gehe, sondern ausschließlich um die Auskunft, ob durch die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde von Amts wegen ein Aufhebungsverfahren nach § 52a VStG durchgeführt werde oder nicht. Dieses Begehren sei auch ohne Vollmacht zulässig und unterliege nicht der Verschwiegenheitspflicht. Als Beweis dafür werde auf das Erkenntnis des VwGH vom 29.05.2018, Ra 2017/03/0083, hingewiesen.

I.10.   Der bezugshabende Verwaltungsakt und die Säumnisbeschwerde vom 02.03.2021 wurden dem Bundesverwaltungsgericht (in der Folge auch BVwG) mit Schreiben der bB vom 16.03.2021 vorgelegt.

I.11.   Aufgrund Mängel im Wiederaufnahmeantrag wurde der BF am 29.03.2021 der Auftrag erteilt, diese binnen einer Woche ab Zustellung zu verbessern:

?        Konkrete Benennung der Tatsachen oder Beweismittel, die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, aber nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen sind;

?        Darlegung, dass die neuen Tatsachen oder Beweismittel ohne Ihr Verschulden im Verfahren vor der LPD Burgenland nicht geltend gemacht werden konnten;

?        Nachweis, dass der Antrag auf Wiederaufnahme innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem Sie von den neuen Tatsachen oder Beweismittel Kenntnis erlangten.

I.12.    Der Verbesserungsauftrag wurde dem BF am 01.04.2021 nachweislich zugestellt. Die Frist zur Einbringung einer Verbesserung ist ungenützt verstrichen.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1.   Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.

II.1.1. Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. Verfahrensgang: dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt und der Entscheidung zu Grunde gelegt.

II.1.2. Zur Säumigkeit der belangten Behörde:

Es wird festgestellt, dass die Verletzung der Entscheidungspflicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

II.1.3. Zum Wiederaufnahmeantrag gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG:

Dem Antrag des BF sind keine neuen Tatsachen oder Beweismittel zu entnehmen.

Die Frist zur Verbesserung des Antrages wurde vom BF nicht genutzt.

II.2.   Beweiswürdigung:

II.2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der bB und des Gerichtsaktes des BVwG.

II.2.2. Zur Säumigkeit der belangten Behörde:

Der BF stellte am 28.08.2020 per E-Mail den Antrag auf Wiederaufnahme. Am 02.03.2021 wurde eine Säumnisbeschwerde durch den BF erhoben.

Im Verfahren begründete die bB eine fehlende Erledigung nicht durch unüberwindbare Hindernisse bzw. sind insgesamt unüberwindbare Hindernisse aus dem vorgelegten Verwaltungsakt nicht erkennbar, welche die bB von einer zeitnahen (fristgerechten) Entscheidung abgehalten hätten. Da in diesem Zusammenhang auch ein schuldhaftes Verhalten des BF nicht vorliegt, war vor diesem Hintergrund festzustellen, dass die Verletzung der Entscheidungspflicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

II.2.3. Zum Wiederaufnahmeantrag gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG:

Die dahingehenden Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Gerichtsakt des BVwG.

II.3.   Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Dem angefochtenen Bescheid liegt eine Entscheidung der bB gemäß § 69 AVG zugrunde. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der in der Angelegenheit maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

II.3.1. Zu A) Zur Stattgabe der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht:

II.3.1.1. Zur Rechtslage im gegenständlichen Beschwerdeverfahren:

§ 73 Abs. 1 AVG – Entscheidungspflicht – lautet:

Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2b) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

§ 8 VwGVG – Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde – lautet:

(1) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (Säumnisbeschwerde) kann erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

(2) In die Frist werden nicht eingerechnet:

1.       die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

2.       die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.
§ 16 VwGVG – Nachholung des Bescheides – lautet:
(1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

II.3.1.2. Für die gegenständliche Beschwerdesache wird auf folgende einschlägige höchstgerichtliche Rechtsprechung verwiesen:

Die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG dient dem Rechtsschutz gegen Säumnis der Behörden. Zweck der Säumnisbeschwerde ist es, demjenigen, der durch die Untätigkeit einer Behörde beschwert ist, ein rechtliches Instrument zur Verfügung zu stellen, um eine Entscheidung in der Sache zu erlangen (VwGH 27.06.2017, Ra 2016/12/0092). Die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde setzt die Säumnis der vor dem VwG belangten Behörde voraus, deren Entscheidungspflicht geltend gemacht wird, und somit die Verpflichtung dieser Behörde, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheid zu entscheiden (VwGH 10.12.2018, Ro 2018/12/0017). In diesem Zusammenhang haben Behörden dafür Sorge zu tragen, dass durch organisatorische Vorkehrungen eine rasche Entscheidung einer Rechtssache möglich ist (VwGH 19.02.2020, Ra 2019/12/0083).

Der VwGH hat in Fällen der Verletzung der Entscheidungspflicht zur Frage des überwiegenden Verschuldens der Behörde bereits ausgesprochen, dass der Begriff des Verschuldens der Behörde nach § 8 Abs. 1 VwGVG 2014 nicht im Sinne eines Verschuldens von Organwaltern der Behörde, sondern insofern "objektiv" zu verstehen ist, als ein solches "Verschulden" dann anzunehmen ist, wenn die zur Entscheidung berufene Behörde nicht durch schuldhaftes Verhalten der Partei oder durch unüberwindliche Hindernisse an der Entscheidung gehindert war. Der VwGH hat ein überwiegendes Verschulden der Behörde darin angenommen, dass diese die für die zügige Verfahrensführung notwendigen Schritte unterlässt oder mit diesen grundlos zuwartet. Weiters hat der VwGH ausgesprochen, dass der allgemeine Hinweis auf die Überlastung der Behörde die Geltendmachung der Entscheidungspflicht nicht vereiteln kann (VwGH 19.06.2018, Ra 2018/03/0021, mwN).

II.3.1.3. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Beschwerdesache Folgendes:

Wie dargestellt, hat die bB notwendige Schritte nicht gesetzt, um eine fristgerechte Entscheidung zu bewirken (siehe oben Punkt II.1.2. Zur Säumigkeit der belangten Behörde:). Daher war der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht stattzugeben. Daraus folgt, dass die Zuständigkeit über den Antrag des BF vom 28.08.2020 abzusprechen, auf das BVwG übergegangen ist und es in der Folge über diesen Antrag selbst zu entscheiden hat.

II.3.2. Zu B) Zurückweisung des Antrages auf Wiederaufnahme:

II.3.2.1. Zur Rechtslage im gegenständlichen Beschwerdeverfahren:

§ 69 AVG – Wiederaufnahme des Verfahrens – lautet (auszugsweise):

§ 69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1.       der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2.       neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

[…]

II.3.2.2. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Beschwerdesache Folgendes:

Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG setzt voraus, dass neue Tatsachen oder Beweise hervorgekommen sind, die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bereits bestanden, aber nicht bekannt waren und im Verfahren ohne Verschulden der Partei oder der Behörde nicht „geltend gemacht“ werden konnten. Es muss sich um Tatsachen oder Beweise handeln, die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, aber erst danach hervorgekommen sind (Hengstschläger/Leeb, AVG § 70 [Stand 01.01.2020] Rz 28 mwN).

Dem Antrag des BF sind keine neuen Tatsachen oder Beweise zu entnehmen. Daher wurde der BF zur Verbesserung seines Antrages aufgefordert.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Zurückweisung. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 13.11.2012, 2012/05/0184, 21.09.2010, 2010/11/0108) dient § 13 Abs. 3 AVG dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind.

Im Verbesserungsauftrag ist konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH 30.10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153). Dahingehend wurde der BF mit Schreiben vom 29.03.2021 zur Verbesserung folgender Mängel aufgefordert (siehe oben Punkt I.11. Aufgrund Mängel im Wiederaufnahmeantrag wurde der BF am 29.03.2021 der Auftrag erteilt, diese binnen einer Woche ab Zustellung zu verbessern:):

?        Konkrete Benennung der Tatsachen oder Beweismittel, die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, aber nach Abschluss des Verfahrens hervorgekommen sind;

?        Darlegung, dass die neuen Tatsachen oder Beweismittel ohne Ihr Verschulden im Verfahren vor der LPD Burgenland nicht geltend gemacht werden konnten;

?        Nachweis, dass der Antrag auf Wiederaufnahme innerhalb von zwei Wochen ab dem Zeitpunkt gestellt wurde, in dem Sie von den neuen Tatsachen oder Beweismittel Kenntnis erlangten.

Der Auftrag wurde dem BF nachweislich am 01.04.2021 zugestellt. Auf die Rechtsfolgen unterlassener Verbesserung wurde der BF nachweislich hingewiesen (siehe OZ 2). Innerhalb der Frist wurden die Mängel durch den BF nicht behoben.

Da die gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist, war der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

II.3.3. Zum Entfall der Verhandlung:

II.3.3.1. Zur Rechtslage im gegenständlichen Beschwerdeverfahren:

§ 24 Abs. 1 bis 4 VwGVG – Verhandlung – lautet:

(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.              die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3.              wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

II.3.3.2. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für die Beschwerdesache Folgendes:

Der maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. Da der verfahrenseinleitende Antrag des BF in gegenständlicher Beschwerdesache zudem zurückzuweisen war, konnte von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

II.3.4. Zu C) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen Grundlage für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.


Schlagworte

Frist Mängelbehebung Säumnisbeschwerde Verbesserungsauftrag Verletzung der Entscheidungspflicht Wiederaufnahmeantrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W245.2240586.1.00

Im RIS seit

22.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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