TE Vwgh Erkenntnis 1997/1/28 93/14/0113

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.01.1997
beobachten
merken

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

BAO §293b;
EStG 1972 §10 Abs2 Z1;
EStG 1972 §19;
EStG 1972 §2 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der A KG in K, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol, Berufungssenat I, vom 26. April 1993, 30.051-3/92, betreffend einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1986, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine KG, an der ausschließlich nahe Angehörige beteiligt sind, wurde am 1. August 1971 gegründet und betrieb bis zum 31. Juli 1975 ein in ihrem Eigentum stehendes Hotel-Restaurant. Mit Wirkung ab 1. August 1975 verpachtete die Beschwerdeführerin das Hotel-Restaurant an eine neu gegründete GmbH, an der ebenfalls ausschließlich nahe Angehörige beteiligt sind (Aufspaltung in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft). Unbestritten ist, daß die Verpachtung des Hotel-Restaurants mangels Betriebsaufgabe zu einem bloßen Ruhen des Gewerbebetriebes der KG ohne jegliche gewerbliche Tätigkeit geführt hat, weswegen die Beschwerdeführerin seit der Verpachtung des Hotel-Restaurants keine gewerbliche Tätigkeit mehr ausübt, ihre Einkünfte jedoch solche aus Gewerbebetrieb, die nicht der Gewerbesteuer unterliegen, darstellen.

Im Wirtschaftsjahr 1985/86, das einen Zeitraum vom 1. August 1985 bis 31. Juli 1986 umfaßte, machte die Beschwerdeführerin für aktivierte Herstellungskosten (Umbau des Hotels) von rund 4,3 Mio S einen Investitionsfreibetrag im Höchstausmaß geltend.

Im Bescheid vom 29. Februar 1988 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1986 (in der Folge nur: Bescheid vom 29. Februar 1988) folgte das Finanzamt der Erklärung der Beschwerdeführerin. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Mit Bescheid vom 9. Juli 1991 berichtigte das Finanzamt den Bescheid vom 29. Februar 1988 gemäß § 293 BAO, wobei es unter Hinweis auf § 10 Abs 2 Z 1 EStG 1972 den für den Umbau des Hotels geltend gemachten Investitionsfreibetrag nicht anerkannte.

Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, der geltend gemachte Investitionsfreibetrag stehe ihr zu, weil ihr ausschließlicher Betriebsgegenstand die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern sei. Die Verpachtung des Hotel-Restaurants an die GmbH führe jedenfalls zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, weswegen der gemäß § 293 BAO erlassene Bescheid der Rechtslage widerspreche. Im übrigen lägen die Voraussetzungen zur Erlassung eines berichtigenden Bescheides gemäß § 293 BAO nicht vor. Es könne nämlich keine Rede davon sein, daß dem Finanzamt im Bescheid vom 29. Februar 1988 Schreib- und Rechenfehler oder andere offenbar auf einem ähnlichen Versehen beruhende tatsächliche oder ausschließlich auf dem Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitungslage beruhende Unrichtigkeiten unterlaufen seien.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung änderte das Finanzamt den berichtigenden Bescheid vom 9. Juli 1991 dahingehend, daß es in dessen erster Zeile zu lauten habe "Berichtigungsbescheid gemäß § 293b BAO", und hielt der Beschwerdeführerin vor, von einer gewerblichen Vermietung von Wirtschaftsgütern könne nur die Rede sein, wenn die ausgeübte Tätigkeit losgelöst von der Rechtsform des Unternehmens und dem wirtschaftlichen Zusammenhang die Merkmale einer gewerblichen Tätigkeit aufweise. Diese Tätigkeit dürfe sich nicht als bloße Vermögensverwaltung darstellen, sondern müsse in der aktiven Bereitschaft bestehen, unternehmerische Leistungen laufend neuen Geschäftspartnern anzubieten. Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin sei nicht marktorientiert, sondern beschränke sich ausschließlich auf die Verpachtung des Hotel-Restaurants, weswegen keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt werde. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht ausführe, lägen die Voraussetzungen für die Anwendung des § 293 BAO nicht vor. Anläßlich der Erlassung des Bescheides vom 29. Februar 1988 sei der für den Umbau des Hotels geltend gemachte Investitionsfreibetrag ungeprüft aus der Erklärung übernommen worden. Auf Grund der von der Beschwerdeführerin ausgeübten Tätigkeit stelle die Zuerkennung dieses Investitionsfreibetrages eine offensichtliche Unrichtigkeit dar. Die Berichtigung des Bescheides vom 29. Februar 1988 habe daher nach § 293b BAO zu erfolgen.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nahm die Beschwerdeführerin zu den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung nicht Stellung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab, wobei sie zur Begründung im wesentlichen ausführte, nach § 10 Abs 2 Z 1 EStG 1972 dürfe für Gebäude, soweit sie zur entgeltlichen Überlassung an Dritte bestimmt seien, kein Investitionsfreibetrag in Anspruch genommen werden; dies gelte nicht, wenn der ausschließliche Betriebsgegenstand die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern sei. Die Beschwerdeführerin übe seit dem 1. August 1975 keine gewerbliche Tätigkeit mehr aus. Vielmehr verpachte die Beschwerdeführerin seit Jahren das Hotel-Restaurant an die GmbH, sei somit bloß vermögensverwaltend tätig, weswegen der für den im Wirtschaftsjahr 1985/86 erfolgten Umbau des Hotels geltend gemachte Investitionsfreibetrag zu Unrecht in Anspruch genommen worden sei. Nach § 293b BAO könne ein Bescheid insoweit berichtigt werden, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruhe. Eine Unrichtigkeit sei dann nicht offensichtlich, wenn sie auf einer vertretbaren Rechtsansicht beruhe. Die Berichtigung eines Bescheides nach der eben erwähnten Bestimmung komme daher nur in Betracht, wenn die Unrichtigkeit auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Rechtsansicht sei unrichtig und unvertretbar. Denn die bloße Verpachtung eines Gewerbebetriebes stelle nach ständiger Rechtsprechung und Lehre keine gewerbliche Tätigkeit dar. Vielmehr habe die gewerbliche Tätigkeit mit der Verpachtung eines Gewerbebetriebes selbst dann ihr Ende gefunden, wenn ein Gewerbebetrieb bloß ruhe, weswegen die Einkünfte mangels Betriebsaufgabe solche aus Gewerbebetrieb darstellten. Eine andere Rechtsansicht sei nie vertreten worden. Insbesondere sei anläßlich der Änderung des § 10 Abs 2 Z 1 EStG 1972 durch das AbgÄG 1982, mit dem der letzte Halbsatz, "dies gilt nicht, wenn der ausschließliche Betriebsgegenstand die gewerbliche Vermietung von Wirtschaftsgütern ist", angefügt worden sei, von vornherein klargestellt worden, bei der Verpachtung eines Gewerbebetriebes werde keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Als typisches Beispiel für eine nicht gewerbliche Verpachtung eines Gewerbebetriebes werde von der Lehre - wie im vorliegenden Fall - die Aufspaltung eines Betriebes in eine Besitz- und eine Betriebsgesellschaft angesehen, wobei die Besitzgesellschaft ihren Betrieb nicht aufgegeben habe, sondern ihn bloß ruhen lasse. Der von der Beschwerdeführerin für den Umbau des Hotels geltend gemachte Investitionsfreibetrag sei somit offensichtlich zu Unrecht in Anspruch genommen worden, weswegen die Berichtigung des Bescheides vom 29. Februar 1988 nach § 293b BAO in Ausübung des der Abgabenbehörde hiebei eingeräumten Ermessens zu Recht erfolgt sei.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Nichtberichtigung des Bescheides vom 29. Februar 1988 nach § 293b BAO verletzt, wobei sie Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin behauptet zunächst, das Recht der Abgabenbehörde, den Bescheid vom 29. Februar 1988 nach § 293b BAO zu berichtigen, sei verjährt.

Abgesehen davon, daß die Beschwerdeführerin dazu nichts ausführt, ist eine Maßnahme gemäß § 293b BAO ebenso wie eine solche nach § 293 leg cit bis zum Ablauf der Verjährungsfrist des zu berichtigenden Bescheides zulässig (vgl § 302 Abs 1 BAO). Da das Recht der Abgabenbehörde, einen Feststellungsbescheid zu erlassen, nicht der Verjährung unterliegt, unterliegt auch eine einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften berichtigende Maßnahme gemäß § 293b BAO nicht der Verjährung.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Oktober 1995, 95/15/0008, mwA, ausgeführt hat, läßt § 293b BAO die Berichtigung eines Bescheides zu, wenn dieser qualifiziert rechtswidrig ist, somit auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruht. Eine offensichtliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn eine solche ohne nähere Untersuchungen im Rechtsbereich und ohne Ermittlungen im Tatsachenbereich deutlich erkennbar ist.

Der Ansicht der Beschwerdeführerin, der mögliche Wissenstand der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 29. Februar 1988 sei für die Lösung der Frage entscheidend, ob dessen Rechtswidrigkeit auf der Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit beruhe, wird zugestimmt.

Die Beschwerdeführerin behauptet nunmehr, das Finanzamt hätte ohne weitere Prüfung nicht von der Annahme ausgehen dürfen, das Hotel-Restaurant werde auch in Zukunft verpachtet, weswegen keine gewerbliche Tätigkeit vorliege. Vielmehr hätte das Finanzamt zu prüfen gehabt, ob sie nicht nach dem Umbau des Hotels die Absicht gehabt habe, das in ihrem Eigentum stehende Hotel-Restaurant - zumindest teilweise - wieder selbst zu führen, was ihr möglich gewesen wäre. Diesfalls wäre nämlich der für den Umbau des Hotels geltend gemachte Investitionsfreibetrag zu Recht in Anspruch genommen worden, wobei die eigenbetriebliche Tätigkeit iSd Ausführungen im hg Erkenntnis vom 18. Jänner 1983, 82/14/0114, auch noch dann relevant gewesen wäre, wenn sie das Hotel-Restaurant erst rund 18 Monate nach dem Umbau selbst betrieben hätte.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die Einkommensteuer ist eine Abschnittssteuer, weswegen für Zwecke der Erhebung dieser Abgabe die in bestimmten Zeitabschnitten verwirklichten Tatbestände periodisch erfaßt werden. Dies schließt bei der Feststellung, ob ein Steuertatbestand in einer bestimmten Steuerperiode erfüllt ist, eine Bedachtnahme auf erst danach verwirklichte Sachverhalte grundsätzlich aus. Aus § 10 Abs 2 Z 1 EStG 1972 ergibt sich keine andere Beurteilung. Gegenteiliges läßt sich dem vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte hg Erkenntnis vom 18. Jänner 1983, 82/14/0114, nicht entnehmen. Ein in der Steuerperiode verwirklichter und daher vor der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 29. Februar 1988 zu berücksichtigender Sachverhalt läge allerdings vor, wenn damals festgestanden wäre, daß die Beschwerdeführerin schon anläßlich des Umbaues des Hotels die Absicht gehabt hätte, das Hotel-Restaurant - zumindest teilweise - innerhalb eines kurzen Zeitraumes wieder selbst zu führen. Denn aus der Umschreibung des gesetzlichen Tatbestandes in § 10 Abs 2 Z 1 EStG 1972 - daß Gebäude "soweit sie zur entgeltlichen Überlassung an Dritte bestimmt sind" - muß geschlossen werden, daß es auf die mit einem Gebäude bei dessen Anschaffung oder Errichtung verfolgte Absicht zur baldigen Verwendung, wofür freilich die tatsächlichen Verhältnisse ein Indiz darstellen, ankommt (vgl das hg Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, 94/15/0157, mwA). Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, sie hätte bereits anläßlich des Umbaues des Hotels die Absicht gehabt, das Hotel-Restaurant - zumindest teilweise - innerhalb eines kurzen Zeitraumes wieder selbst zu führen, sondern nur, dies wäre ihr möglich gewesen. Diese Möglichkeit ersetzt jedoch nicht die konkrete Absicht, das Hotel-Restaurant - zumindest teilweise - innerhalb eines kurzen Zeitraumes wieder selbst zu führen. Eine Absicht ist ein innerer Willensentschluß, der erst durch nach außen erkennbare Handlungen konkretisiert wird. Eine solche nach außen erkennbare Handlung hat die Beschwerdeführerin nicht gesetzt. Vielmehr war die Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vom 29. Februar 1988, wie in der Beschwerde auf Seite 6 ausgeführt wird, lediglich bekannt, "daß die Beschwerdeführerin wie in den Vorjahren auch im Wirtschaftsjahr 1985/86 lediglich Einnahmen aus der Verpachtung ihres Betriebsvermögens erzielte, also keine aktive gewerbliche Tätigkeit entfaltete". Damit erweist sich die Zuerkennung des für den Umbau des Hotels geltend gemachten Investitionsfreibetrages im Bescheid vom 29. Februar 1988 als qualifiziert rechtswidrig, somit auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhend, was eine offensichtliche Unrichtigkeit darstellt. Die Berichtigung des Bescheides vom 29. Februar 1988 nach § 293b BAO ist daher wegen der Übernahme einer offensichtlichen Unrichtigkeit aus der von der Beschwerdeführerin eingereichten Abgabenerklärung zu Recht erfolgt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1993140113.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten