TE Bvwg Erkenntnis 2021/5/25 W170 2241473-1

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Veröffentlicht am 25.05.2021
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Entscheidungsdatum

25.05.2021

Norm

ÄrzteG 1998 §2
ÄrzteG 1998 §55
ÄrzteG 1998 §59
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §13 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W170 2241473-1/5Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH im Verfahren über die Beschwerde von Dr. XXXX , vertreten durch Beneder Rechtsanwalts GmbH, gegen den Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 08.03.2021, Zl. BÄL 145/2020/08032021-Mag.CK/mg, zu Recht:

A)

Die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wird gemäß §§ 28 Abs. 2, 13 Abs. 4 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgegenstand:

Mit im Spruch bezeichneten Bescheid des Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer vom 08.03.2021 (zugestellt am 11.03.2021) wurde festgestellt, dass die Berechtigung des Dr. XXXX zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht mehr bestehe und Dr. XXXX aus der Ärzteliste zu streichen sei. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde ausgeschlossen.

Mit Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 06.04.2021 wurde gegen diesen Bescheid das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.

Gegenstand des gegenständlichen Teilerkenntnisses ist nur die Absprache über die Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung; die Beschwerde gegen die Feststellungen, dass die Berechtigung des Dr. XXXX zur Ausübung des ärztlichen Berufes nicht mehr bestehe und Dr. XXXX aus der Ärzteliste zu streichen sei, wird – nach Durchführung notwendiger Erhebungen und einer mündlichen Verhandlung – gesondert erledigt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die belangte Behörde begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde im angefochtenen Bescheid damit, dass das Verhalten des Dr. XXXX (in Folge: Beschwerdeführer), „insbesondere die vehemente Weigerung der Einhaltung der Vorgaben des österreichischen Berufsgesetzes zur Ausstellung von ärztlichen Attesten und der Nichtdurchführung ärztlicher Untersuchungen“ darauf schließen lassen würden, dass der Beschwerdeführer seine Berufspflichten nicht einhalte. Der damit zusammenhängende Wegfall der Vertrauenswürdigkeit als eine der grundlegenden Voraussetzungen für die Ausübung des ärztlichen Berufes stelle eine erhebliche Beeinträchtigung dar, die öffentliche Interessen gefährde – nach näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs seien Interessen einer ärztlichen Beratung und Behandlung von Gesunden und Kranken, die dem Stand der medizinischen Wissenschaft bzw. den Grundsätzen und anerkannten Methoden der medizinischen Wissenschaft entsprechen, sowie die Wahrung des Wohles der Kranken und der Schutz der Gesundheit durch gewissenhafte Betreuung oder Behandlung als zwingende öffentliche Interessen anzusehen. Das öffentliche Interesse an einer zuverlässigen Ausübung des ärztlichen Berufes sowie die gewissenhafte Ausstellung von ärztlichen Attesten würden im konkreten Fall höher wiegen als das Interesse des betroffenen Arztes. Konkret wäre das öffentliche Interesse im Falle, dass der Bescheid nicht sofort vollzogen würde, dadurch gefährdet, dass der Beschwerdeführer die dem Sachverhalt zugrundeliegende Verhaltensweise ohne jeden Zweifel wiederaufnehmen würde und Blanko-Atteste im deutschsprachigen Raum verschicken würde.

1.2. In der Beschwerde wird lediglich vorgebracht, der Beschwerdeführer erfülle „sämtliche Berufspflichten“. Das Interesse des Beschwerdeführers sei überwiegend, da der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einem Berufsverbot gleichkomme. Gravierende wirtschaftliche Schäden drohten. Die Voraussetzungen des § 13 VwGVG und § 64 AVG lägen nicht vor. Gefahr im Verzug könne schon deshalb nicht vorliegen, da dem Beschwerdeführer ohnehin schon die Berufsausübung unter Ausschluss der aufschiebenden Wirkung untersagt worden sei.

Hinsichtlich des Vorwurfs, vor der Ausstellung von Attesten keine Untersuchungen durchgeführt zu haben, wird generell vorgebracht, dass eine persönliche Untersuchung nicht erforderlich sei. Eine mögliche Untersuchung sei entbehrlich, wenn sich der Arzt auf andere Weise ausreichende Gewissheit über die zu beurteilenden Tatsachen verschaffen könne. Genau dies habe der Beschwerdeführer getan. Er habe Studien gelesen und sich aufgrund seiner jahrzehntelangen Fachkenntnisse eine Meinung gebildet. Die Masken seien gesundheitsschädlich, kontraproduktiv und traumatisierend. Dazu sei eine persönliche Untersuchung des Patienten nicht erforderlich. Die gesundheitlichen Probleme seien in sämtlichen Covid-19-Verordnungen nicht definiert. Wenn sohin der gesundheitliche Schaden größer sei als der Nutzen, sei ein Attest auszustellen. Genau dies habe der Beschwerdeführer getan. Die Covid-19-Maßnahmenverordnung spreche in § 11 Abs. 3 von gesundheitlichen Gründen, die dem Tragen der Maske entgegenstehen. Diese gesundheitlichen Gründe erachte der Beschwerdeführer als gegeben. Der Beschwerdeführer sei der Auffassung, dass die Verwendung der Masken bei nahezu der gesamten österreichischen Bevölkerung zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Bevölkerung führen werde. Der Beschwerdeführer zeige tatsächlich kein Unrechtsbewusstsein, da er sich im Recht befinde. Weiters wird in der Beschwerde angeführt, richtig sei, dass der Beschwerdeführer Mitarbeiter habe. Sämtliche Atteste seien jedoch unter seiner Verantwortung ausgestellt worden. Nichtärzte hätten keine Atteste ausgestellt. Zu § 55 ÄrzteG sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Sachlage und die wissenschaftlichen Daten genau ärztlich untersucht habe. Weiters habe er genaue Erhebungen zur Sinnhaftigkeit oder Kontraproduktivität der Masken durchgeführt und stelle seine Atteste nach bestem Wissen und Gewissen aus. Die Vorgaben des § 55 ÄrzteG seien sohin eingehalten. Im ÄrzteG stehe nirgends, dass der Arzt den Patienten persönlich von Angesicht zu Angesicht untersuchen müsse. Es seien auch telefonische Kontaktaufnahmen zulässig und auch ein Kontakt über das Internet. Aufgrund seines Fachwissens wisse der Beschwerdeführer genau, dass Masken traumatisierend wirken würden und keinen medizinischen Nutzen hätten. Der Beschwerdeführer sei einer der wenigen Ärzte in Österreich, die sich dem „Coronanarrativ der Regierung und der Leitmedien“ entgegenstellen würden. Es handle sich um medizinisch äußerst fundierte Atteste aufgrund monatelanger Befassung mit der Corona-Problematik, jahrzehntelanger Berufserfahrung des Beschwerdeführers und aufgrund seiner fundierten Recherchen. Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass hunderte Patienten nach persönlicher Untersuchung ihr Attest erhalten hätten. Der Beschwerdeführer habe seine Atteste nach bestem Wissen und Gewissen ausgestellt. Eine vorherige ärztliche Untersuchung liege ebenfalls vor, da sich der Beschwerdeführer über die wesentlichen Tatsachen durch Studium zahlreicher Unterlagen ein Bild gemacht habe. Beim Beschwerdeführer lägen hunderte, wenn nicht tausende E-Mails vor, wo Patienten ihr Leid mit der Maske schildern würden. Der Beschwerdeführer sei sich nicht dessen bewusst, dass der beurkundete Inhalt nicht den Tatsachen entsprechen würde. Das Gegenteil sei der Fall. Der Beschwerdeführer habe bereits bei zahlreichen Demonstrationen seine Meinung zur Nutzlosigkeit und Traumatisierung der Masken kundgetan. Das Tragen der Masken sei wirkungslos und kontraindiziert. Im Übrigen sei im § 55 ÄrzteG nur die Rede von ärztlichen Zeugnissen. Der Beschwerdeführer habe keine Zeugnisse ausgestellt, sondern Atteste. Der Text spreche sohin dafür, dass § 55 ÄrzteG gar nicht anwendbar sei.

1.3. Der Beschwerdeführer hat eine große Anzahl an Attesten – zumindest mehr als 2.000 –, die im Wesentlichen folgenden Inhalt aufwiesen, ausgestellt:

„Ärztliches Attest (lt. [Rechtsgrundlage]) (…) Hiermit bestätige ich, dass das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung für die oben genannte Person aus gesundheitlichen Gründen kontraindiziert, wissenschaftlich belegbar gesundheitsschädlich und im Sinne der Psychohygiene traumatisierend und somit unzumutbar ist.“

Diese Atteste wurden in deutscher und englischer Sprache ausgestellt.

1.4. Der Beschwerdeführer hat nicht alle Personen, denen er ein solches Attest ausgestellt hat, gewissenhaft ärztlich untersucht.

1.5. Es besteht der hinreichend begründete Verdacht, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes wieder Personen ärztliche Atteste ausstellen würde, ohne jene gewissenhaft ärztlich zu untersuchen.

1.6. Mit Beschluss der Disziplinarkommission für Steiermark des Disziplinarrats der Österreichischen Ärztekammer vom 21.09.2020, Zl. Dk 70/20 St, wurde gegen den Beschwerdeführer ein Disziplinarverfahren eingeleitet und gegen ihn „ab sofort die Einstweilige Maßnahme der Untersagung der Ausübung des ärztlichen Berufes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens verhängt“. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 18.03.2021, Zl. LVwG 49.11-3109/2020-17, wurde die einstweilige Maßnahme aufgehoben, weil gemäß § 138 Abs. 1 ÄrzteG eine Voraussetzung für die Untersagung der Ausübung des ärztlichen Berufes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Disziplinarverfahrens sei, dass nicht bereits gemäß § 62 die Ausübung des ärztlichen Berufes vorläufig untersagt worden sei, dies jedoch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Steiermark aufgrund des Bescheids des Landeshauptmanns der Steiermark vom 18.02.2021 der Fall gewesen sei.

Mit Bescheid des Landeshauptmanns der Steiermark vom 18.02.2021, Zl. ABT08GP-190844/2019-97, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 62 Abs. 1 Z 2 ÄrzteG „die Ausübung des ärztlichen Berufes vorläufig bis zur Einstellung des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Leoben (GZ 5 St 223120f -1) bzw. bei Einleitung eines Strafverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss eines auf diesem Ermittlungsverfahren basierenden Strafverfahrens untersagt“. Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde erhoben, das Verfahren ist beim Landesverwaltungsgericht Steiermark anhängig.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu 1.1. ergeben sich aus dem angefochtenen Bescheid, die Feststellungen zu 1.2. aus der Beschwerde.

2.2. Die Feststellungen zu 1.3. ergeben sich aus der Aktenlage. Dass die Atteste des Beschwerdeführers im Wesentlichen den festgestellten Inhalt aufweisen, ergibt sich aus einer Vielzahl gleichlautender Atteste, die im Akt enthalten sind; mit einem Attest dieses Inhalts warb der Beschwerdeführer auf seinem Facebook-Profil namens „ XXXX “ in einem Post vom 16.05.2020, 18:50 Uhr, der zusätzlich zu dem Attest nur die Worte „gerne jederzeit“ enthielt. Dass die Atteste in deutscher und englischer Sprache ausgestellt wurden, ergibt sich aus den im Akt enthaltenen, von Dritten der Behörde übermittelten, Attesten.

Dass der Beschwerdeführer eine große Anzahl von Attesten diesen Inhalts ausgestellt hat, ergibt sich aus deren breiter Bewerbung auf diversen Social Media-Kanälen (im Akt ersichtlich: zumindest Facebook, Telegram, Whatsapp), daraus, dass diese zumindest nach Österreich, Deutschland, der Schweiz und Großbritannien ausgestellt wurden (wie Anfragen von Dritten – wie etwa Arbeitgebern, Behörden, Polizeidienststellen, Unternehmen etc. – zeigen) sowie aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer – wie in der Beschwerde zugegeben – Dritte zur Attestausstellung hinzuzog.

Die Mindestanzahl an ausgestellten Attesten ergibt sich aus den bei einer von der Staatsanwaltschaft Leoben,am 01.10.2020 durchgeführten Durchsuchung der Wohn- und Ordinationsräumlichkeiten des Beschwerdeführers sichergestellten (und im Akt enthaltenen) Unterlagen, wonach zumindest sechs Personen Vereinbarungen für administrative Tätigkeiten für den Beschwerdeführer abschlossen. Die mit 29.08.2020 datierte, mit XXXX abgeschlossene Vereinbarung enthält den undatierten Zusatz „Ich ermächtige Fr. XXXX iV für mich Atteste zu unterzeichnen!“. Das Schriftstück „Stundenliste Attest XXXX “ (31.07.-12.08., 30h) enthält den Zusatz „1280 Atteste!“. Eine weitere Vereinbarung war auf 29.09.2020 datiert und wurde zwischen dem Beschwerdeführer und XXXX abgeschlossen. Eine von der LPD Steiermark dieser zugeordnete Stundenliste (19.08.-29.08.) dokumentiert 734 Atteste. Demnach haben jedenfalls bereits zwei der sechs MitarbeiterInnen des Beschwerdeführers binnen weniger als zwei Wochen über 2.000 Atteste für den Beschwerdeführer unterzeichnet, daher kann diese Mindestzahl festgestellt werden und ist insgesamt von einer weit höheren Zahl auszugehen.

2.3. Dass der Beschwerdeführer nicht alle Personen, denen er ein solches Attest ausgestellt hat, gewissenhaft ärztlich untersucht hat, ergibt sich einerseits aus seiner eigenen Verantwortung: Die Behörde wirft dem Beschwerdeführer nicht vor, die Personen, denen er Atteste ausgestellt hat, nicht persönlich, sondern sie gar nicht untersucht zu haben. Der Beschwerdeführer hat nicht einmal behauptet, jede Person, der er ein Attest ausgestellt hat, untersucht zu haben, sondern in der Beschwerde lediglich vorgebracht, hunderte Patienten schon persönlich untersucht zu haben. Unklar bleibt wie viele Atteste der Beschwerdeführer insgesamt ausgestellt hat und wie viele Personen er vor Ausstellung eines Attests nicht untersucht hat. Im Übrigen beruft der Beschwerdeführer sich vage auf die Möglichkeiten der Telemedizin, ohne jedoch auch nur zu behaupten, diese in jedem Fall, in dem keine persönliche Untersuchung erfolgte, auch tatsächlich genutzt zu haben. Vielmehr stützt er sich zusätzlich darauf, dass § 55 ÄrzteG nur von „Zeugnissen“ sprechen würde, er jedoch „Atteste“ ausgestellt habe, und demnach § 55 ÄrzteG nicht anwendbar sei. Dies impliziert, dass er nicht nur keine persönliche, sondern gar keine Untersuchung für erforderlich hält. Auch in der Sitzung des Ehrenrates der Österreichischen Ärztekammer vom 25.09.2020 hatte der Beschwerdeführer angegeben: „Ich untersuche manchmal die Patienten denen ich solche Atteste ausstelle aber meistens nicht, weil es um die Gesunderhaltung geht und diese Maske nachweislich gesundheitsschädlich ist.“

Dass der Beschwerdeführer die erforderliche Untersuchung unterlässt und auch nicht telemedizinisch – wie von ihm vage vorgebracht – durchzuführen versucht, und sich auch nicht von allen Personen auch nur Beschwerden schildern lässt (wobei dies noch keine Untersuchung ersetzt), ergibt sich auch aus der von ihm selbst angegebenen Vorgangsweise auf z.B. dem unter 2.2. genannten Facebook-Post auf die Frage, ob man das Attest auch in einem anderen Bundesland bekommen könne bzw. woher man das bekomme, woraufhin der Beschwerdeführer antwortete: „ XXXX @gmail.com -> Geb.Datum , Adresse, Name [Lächelemoji]“.

Weiters liegt im Akt eine Meldung ein, wonach sich jemand mit einer Rechercheidentität an den Beschwerdeführer gewandt habe und am 19.05.2020 ein (noch dazu mit 15.05.2020 rückdatiertes) Attest erhalten habe, ohne jemals mit dem Beschwerdeführer gesprochen zu haben, ohne ihm „auch nur irgendeine Andeutung von einer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung zu machen, die eine Entbindung von der Maskenpflicht indizieren würde“. Es habe vom Beschwerdeführer keinerlei Nachfrage nach Beschwerden gegeben, lediglich mit dem Attest die Aufforderung, 30 € zu bezahlen. Auf die Anfrage vom 18.05.2020 hin fragte der Beschwerdeführer lediglich nach dem Geburtsdatum.

Die Feststellung, dass der hinreichend begründete Verdacht besteht, dass der Beschwerdeführer das ihm gegenständlich vorgeworfene Verhalten – Personen ärztliche Atteste auszustellen, ohne jene gewissenhaft ärztlich zu untersuchen – im Falle seiner Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes wieder ausüben würde, ergibt sich aus dessen fehlendem Unrechtsbewusstsein – so bringt er selbst in der Beschwerde vor, er zeige tatsächlich kein Unrechtsbewusstsein, da er sich im Recht befinde. Es ist gegenwärtig davon auszugehen, dass lediglich die fehlende Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes den Beschwerdeführer von diesem Verhalten abhält. Die in der Vergangenheit bereits geübte Praxis, Atteste rückzudatieren, ist zusätzlich bedenklich.

2.4. Die Feststellungen zu den weiteren genannten Verfahren ergeben sich aus der Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass, auch wenn die Beschwerde das Hilfsorgan als belangte Behörde bezeichnet – „Österreichische Ärztekammer“ statt „Präsident der Österreichischen Ärztekammer“ – es sich hierbei um keinen Mangel handelt, sondern ein Vergreifen im Ausdruck (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/12/0010; VwGH 24.01.2018, Ra 2017/09/0055). Auch die unvollständige Bezeichnung der Geschäftszahl des angefochtenen Bescheides – „BÄL145/2020/08032021“ statt „BÄL 145/2020/08032021-Mag.CK/mg“ – berechtigt nicht etwa zur Zurückweisung, da die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides insgesamt in einer Weise erfolgte, die es ermöglichte, den angefochtenen Bescheid zu erkennen und jede Verwechslung darüber auszuschließen (vgl. VwGH 02.05.2018, Ra 2017/02/0254).

3.2. Zur Rechtslage:

Gemäß § 13 Abs. 1 VwGVG hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Bescheid-beschwerde aufschiebende Wirkung, gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen. Gemäß § 13 Abs. 4 VwGVG hat die Beschwerde gegen einen solchen Bescheid keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden.

Da die Entscheidung "ohne weiteres Verfahren" ergeht, hat die gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung beschwerdeführende Partei insbesondere die nicht ohne weiteres erkennbaren bzw. die in ihrer Sphäre liegenden Umstände, die ihr Interesse am Unterbleiben des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung untermauern, spätestens in der Begründung (§ 9 Abs. 1 Z 3 VwGVG) ihrer Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung konkret darzutun und zu bescheinigen (vgl. dazu VwGH 11.4.2018, Ro 2017/08/0033) (VwGH 17.03.2021, Ra 2021/03/0035). Der Beschwerdeführer hat diesbezüglich lediglich vorgebracht, sein Interesse überwiege, da der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einem Berufsverbot gleichkomme. Gravierende wirtschaftliche Schäden würden drohen. Diese hat er nicht näher dargetan und auch nicht bescheinigt. Auch ergibt sich aus seiner Webseite, dass er zwischenzeitlich im Rahmen des Energetiker-Gewerbescheins tätig ist.

Bei der von ihm vorzunehmenden Entscheidung über die Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, die auf dem Boden der im Entscheidungszeitpunkt bestehenden Sach- und Rechtslage zu treffen ist, darf das Verwaltungsgericht regelmäßig von den nicht von vornherein als unzutreffend erkennbaren Annahmen der belangten Behörde ausgehen (vgl. zum Ganzen nur etwa VwGH 01.09.2014, Ra 2014/03/0028; VwGH 24.05.2016, Ra 2016/07/0039; VwGH 05.09.2018, Ra 2017/03/0105). § 13 Abs. 4 VwGVG steht auch der Berücksichtigung jener für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung maßgeblichen Umstände nicht entgegen, die bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Verwaltungsbehörde gegeben waren, die aber nicht Eingang in die Begründung des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheids gefunden hatten. Dem Verwaltungsgericht ist es daher bei der nach § 13 Abs. 4 letzter Satz VwGVG unverzüglich zu treffenden Entscheidung nicht verwehrt, seine Feststellungen und die vorzunehmende Abwägung auf den gesamten Inhalt des Verfahrensaktes und das Beschwerdevorbringen zu stützen. Selbst im Fall einer gegebenenfalls mangelhaften Entscheidung der Verwaltungsbehörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung hat sich das Verwaltungsgericht nicht etwa darauf zu beschränken, diese Entscheidung ersatzlos zu beheben, vielmehr hat es das Vorliegen der Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 4 bzw. § 22 VwGVG eigenständig zum Zeitpunkt seiner Entscheidung zu beurteilen (VwGH 16.12.2020, Ra 2020/11/0207).

Den Vorwurf, Personen ärztliche Atteste ausgestellt zu haben, ohne sie vorher gewissenhaft zu untersuchen, hat der Beschwerdeführer bislang nicht entkräftet. Unklar bleibt, wie viele Atteste der Beschwerdeführer insgesamt ausgestellt hat und wie viele Personen er vor Ausstellung eines Attests nicht untersucht hat. Jedenfalls ist von einer hohen Anzahl auszugehen, da zumindest mehr als 2.000 Atteste ausgestellt wurden. Der Beschwerdeführer hat lediglich (in der Beschwerde) vorgebracht, hunderte Patienten schon persönlich untersucht zu haben bzw. vor dem Ehrenrat, dass er die Patienten, denen er solche Atteste ausstellt, meistens nicht untersucht, was bedeutet, dass er zumindest mehr als 1.000 nicht untersucht hat. Der Beschwerdeführer scheint die Meinung zu vertreten, dass es 1. ausreiche, Unterlagen – wie Studien – und nicht die Person selbst zu untersuchen, sowie dass 2. die gesundheitlichen Gründe, die dem Tragen der Maske entgegenstehen, nicht in der Person selbst gelegen sein müssen. Da § 55 ÄrzteG für die Ausstellung ärztlicher Zeugnisse durch einen Arzt – und um ein solches handelt es sich bei den Attesten selbstverständlich, nachdem zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Ärzte gem. § 2 Abs. 3 ÄrzteG nur zur Erstellung ärztlicher Zeugnisse und Erstattung ärztlicher Gutachten befugt sind – eine gewissenhafte ärztliche Untersuchung und genaue Erhebung der im Zeugnis zu bestätigenden Tatsachen voraussetzt, und der Beschwerdeführer in seinen Attesten jeweils bestätigt, dass das Tragen von einer den Mund- und Nasenbereich abdeckenden mechanischen Schutzvorrichtung für eine bestimmte Person aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar ist, ergibt sich aus dem Gesetz, dass sich diese gewissenhafte ärztliche Untersuchung auf die Person, der das Attest ausgestellt wird, zu beziehen hat und nicht etwa – wie vom Beschwerdeführer vorgebracht – auf etwaige Unterlagen. Auch ist aufgrund des – vom Beschwerdeführer selbst eingeräumten – fehlenden Unrechtsbewusstseins und der nachweislich bereits erfolgten Rückdatierung ausgestellter Atteste davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch weiterhin Atteste ohne ärztliche Untersuchung ausstellen würde, wenn er weiterhin zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt wäre.

Es kann der Behörde inhaltlich nicht entgegengetreten werden, wenn diese die aufschiebende Wirkung der Beschwerde im Fall eines Arztes, der zumindest hunderte Atteste ausgestellt hat, ohne die Person, der er das Attest ausgestellt hat vorher zu untersuchen – wie dies hier der Fall ist – ausschließt. Der Schluss, dass das festgestellte Verhalten des Beschwerdeführers stattgefunden hat, dieses seine Vertrauenswürdigkeit und die öffentlichen Interessen hinsichtlich der Wahrung des Wohles der Kranken und des Schutzes der Gesundheit durch gewissenhafte Betreuung oder Behandlung akut gefährdet, wird vom Bundesverwaltungsgericht vorerst geteilt.

Gemäß § 22 Abs. 1 und 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht Bescheide gemäß § 13 VwGVG und Beschlüsse auf Antrag einer Partei aufheben oder abändern, wenn es die Voraussetzungen der Zuerkennung bzw. des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anders beurteilt oder wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über den Ausschluss bzw. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben.

Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes hat sich die Sachlage aber nicht entscheidungsrelevant verändert; sofern der Beschwerdeführer vorbringt, die Ausübung des ärztlichen Berufes sei ihm bereits mit Bescheid des Landeshauptmanns der Steiermark vom 18.02.2021 untersagt worden, so ist diese Untersagung einerseits vorläufig bis zur Einstellung des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Leoben bzw. bei Einleitung eines Strafverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss eines auf diesem Ermittlungsverfahren basierenden Strafverfahrens untersagt und andererseits das diesbezügliche Beschwerdeverfahren noch beim Landesverwaltungsgericht Steiermark anhängig. Weder die Dauer der Untersagungsbedingung noch der Ausgang des beim Landesverwaltungsgericht anhängigen Beschwerdeverfahrens sind abschätzbar. Daher liegt die Gefahr weiterhin vor und sind die oben dargestellten öffentlichen Interessen weiterhin akut gefährdet.

In der (von einem Rechtsanwalt verfassten) Beschwerde werden die Interessen des Beschwerdeführers, die für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sprechen, nicht näher dargestellt. Eine Abwägung kann daher nicht erfolgen.

Auf Grund des dargestellten Vorliegens von Gefahr im Verzug und der akut drohenden Verletzung der öffentlichen Interessen hinsichtlich der Wahrung des Wohles der Kranken und des Schutzes der Gesundheit durch gewissenhafte Betreuung oder Behandlung ist daher der Antrag abzuweisen und spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Mangels offener Rechtsfragen ist die Revision nicht zulässig.

Schlagworte

Arzt Ärztekammer Ärzteliste aufschiebende Wirkung - Entfall Berufsausübung Gefahr im Verzug öffentliche Interessen Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2241473.1.00

Im RIS seit

22.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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