TE Vwgh Beschluss 2021/9/2 Ra 2021/20/0151

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Veröffentlicht am 02.09.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §11 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des M A in W, vertreten durch Mag. Thomas Klein, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 21, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2021, W183 2212575-1/28E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger kurdischer Volksgruppenzugehörigkeit, stellte am 3. Jänner 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, er sei wegen Grundstücksstreitigkeiten seines Vaters angegriffen und entführt worden. Weiters sei er als Sympathisant der Kurdischen Demokratischen Partei Iran (KDPI) in seinem Herkunftsland nicht sicher.

2        Mit Bescheid vom 10. November 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Mit Beschwerdevorentscheidung vom 20. Dezember 2018 wies das BFA die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

4        Nach rechtzeitiger Einbringung eines Vorlageantrages wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - als unbegründet ab, wies den in der Beschwerde gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurück und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        Soweit die Revision eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung darin erblickt, dass das BVwG von (näher angeführter) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Asylrelevanz exilpolitischer Tätigkeit abgewichen sei, entfernt sich ihr Vorbringen (wonach der Revisionswerber über „politisches Sympathisieren hinaus 2018 Mitglied der DPK in Österreich“ geworden sei, an Sitzungen und öffentlichen Veranstaltungen teilnehme, Propaganda für die DPK betrieben habe und von den iranischen Revolutionsgarden aktiv gesucht werde) von den Feststellungen des BVwG. Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, wird schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. VwGH 15.5.2020, Ra 2020/14/0176, mwN).

10       Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 15.3.2021, Ra 2021/20/0043, mwN). Mit ihrer Kritik an einzelnen Teilen der Beweiswürdigung gelingt es der Revision nicht, aufzuzeigen, dass die (in der Beweiswürdigung näher begründete) Schlussfolgerung des BVwG, dass der Revisionswerber möglicherweise „mit den Zielen der KDPI sympathisiert“, dies jedoch nicht „offen zur Schau getragen“ habe und es vor dem Hintergrund der Länderberichte „möglich, jedoch nicht maßgeblich wahrscheinlich“ sei, dass der Revisionswerber von den iranischen Sicherheitsbehörden verfolgt werde, unvertretbar wäre. Der zur Rechtskontrolle berufene Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. auch dazu VwGH Ra 2021/20/0043, mwN).

11       Soweit die Revision ihre Zulässigkeit damit begründet, dass es das BVwG unter Heranziehung einer „antizipativen Beweiswürdigung“ unterlassen habe, sich mit näher genannten Beweismitteln und „krass mangelhaften Übersetzungen“ auseinanderzusetzen, und weitere Ermittlungen zu den Einstellungen des Revisionswerbers, seiner familiären Situation und seinen Aktivitäten in sozialen Medien verabsäumt habe, vermag ihr Vorbringen eine Rechtsfrage im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG schon deswegen nicht aufzuzeigen, weil darauf in den Revisionsgründen nicht mehr zurückgekommen wird (vgl. VwGH 25.5.2021, Ra 2021/20/0081, mwN).

12       Wenn die Revision rügt, das BVwG habe die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nicht geprüft, übersieht sie, dass das BVwG von einer Rückkehr in den Herkunftsort des Revisionswerbers ausging, hinsichtlich dessen es eine maßgebliche Verfolgungsgefahr verneinte.

13       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 2. September 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200151.L01

Im RIS seit

23.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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