TE Vwgh Beschluss 2021/8/27 Ra 2021/09/0195

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Veröffentlicht am 27.08.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
30/01 Finanzverfassung
40/01 Verwaltungsverfahren
82/02 Gesundheitsrecht allgemein

Norm

B-VG Art131 Abs3
B-VG Art132
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §8 Abs2 Z1
COVID-19-MaßnahmenG 2020 §8 Abs2 Z2
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012
VwGG §25a Abs4
VwGG §25a Abs4 Z1
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §38
VwRallg

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2021/09/0196

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die Revisionen des A B in C, gegen 1. das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. Juni 2021, Zl. LVwG-700992/3/KLi, betreffend Übertretung des COVID-19-Maßnahmengesetzes (protokolliert zu Ra 2021/09/0195; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz) und 2. den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. Juni 2021, Zl. LVwG-700992/2/KLi, betreffend Ordnungsstrafe (protokolliert zu Ra 2021/09/0196), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem erstangefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. Juni 2021 wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. März 2021, mit dem der Revisionswerber einer Übertretung gemäß § 3 Abs. 1 und 2 iVm § 8 Abs. 2 Z 1 COVID-19-Maßnahmengesetz iVm § 3 der 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe von 100 Euro (im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden) verhängt worden war, als unbegründet abgewiesen.

2        Nach § 8 Abs. 2 COVID-19-Maßnahmengesetz wird die in Rede stehende Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe von bis zu 500 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche bestraft.

3        Mit dem zweitangefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. Juni 2021 wurde über den Revisionswerber gemäß § 34 Abs. 2 und 3 AVG iVm § 24 VStG iVm § 38 VwGVG eine Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise in der genannten Beschwerde gegen das Straferkenntnis vom 24. März 2021 in der Höhe von 200 Euro verhängt.

4        Die mit Eingaben vom 8. Juli 2021 dagegen erhobenen Revisionen sind unzulässig:

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig ist, wenn das anzufechtende Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand hat. Dementsprechend bestimmt § 25a Abs. 4 VwGG, dass eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig ist, wenn in einer Verwaltungsstrafsache eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.

6        Bei der im Sinne des § 25a Abs. 4 Z 1 VwGG in der Strafdrohung vorgesehenen „Freiheitsstrafe“ muss es sich um eine primäre Freiheitsstrafe handeln (vgl. VwGH 14.4.2021, Ra 2021/16/0020, mwN). Eine solche ist hinsichtlich der vorgenannten Übertretung des § 8 Abs. 2 Z 1 COVID-19-Maßnahmengesetzes nicht vorgesehen.

7        Dem Begriff „Verwaltungsstrafsachen“ iSd Art. 131 Abs. 3 bzw. 132 B-VG (alt) wurde in der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein umfassender Bedeutungsinhalt beigemessen: Danach schließt der genannte Begriff auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen mit ein, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, und erstreckt sich auf alle Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen einschließlich der Verfahren über Wiederaufnahme- und Wiedereinsetzungsanträge. Der umfassende Begriff „Verwaltungsstrafsache“ in Art. 132 B-VG schließt auch die Verhängung einer Ordnungsstrafe in einem Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung mit ein (vgl. VwGH 30.6.2016, Ra 2016/11/0024, VwSlg. 19400 A, mwN). Diese Judikatur zum weiten Verständnis der „Verwaltungsstrafsache“ ist auch nach der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit beachtlich (vgl. VwGH 12.2.2020, Ra 2019/02/0179, mwN). Demnach handelt es sich auch bei der Verhängung einer Ordnungsstrafe in einem Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung, das unter die Ausnahmebestimmung des § 25a Abs. 4 VwGG fällt, ebenfalls um eine Verwaltungsstrafsache im Sinne dieser Bestimmung.

8        Da die Voraussetzungen des § 25a Abs. 4 VwGG somit erfüllt sind, waren die Revisionen gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss als absolut unzulässig zurückzuweisen, womit die den Revisionen anhaftenden formellen Mängel auf sich beruhen können (vgl. nochmals VwGH 14.4.2021, Ra 2021/16/0020, mwN).

Wien, am 27. August 2021

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021090195.L00

Im RIS seit

17.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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