TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/7 I419 2152428-4

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Veröffentlicht am 07.06.2021
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Entscheidungsdatum

07.06.2021

Norm

AVG §57 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §53 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


I419 2152428-4/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Tomas JOOS über die Beschwerde von XXXX , StA. ÄGYPTEN, vertreten durch Verein LEGAL FOCUS, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 16.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer beantragte erfolglos internationalen Schutz, wobei das BFA 2017 zusammen mit der Abweisung keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilte, eine Rückkehrentscheidung erließ und die Zulässigkeit einer Abschiebung nach Ägypten feststellte. Die Beschwerde dagegen wies dieses Gericht ab (17.09./11.10.2019, I408-2152428-1/36E).

2. Eine für 28.10.2019 geplante Abschiebung scheiterte, weil der Beschwerdeführer untergetaucht war. Die entstandenen Kosten von € 3.060,20 schrieb das BFA ihm zunächst mit Mandatsbescheid, gegen den er Vorstellung erhob, dann mit Bescheid am 09.03.2021 vor, die Beschwerde dagegen wies dieses Gericht ab (06.05.2021, I412 2152428-2/3E).

3. Die Kosten für einen weiteren, am 03.10.2020 gescheiterten Abschiebeversuch schrieb das BFA dem Beschwerdeführer zunächst mittels Mandatsbescheid mit € 4.487,03 vor, den es am 21.10.2020 behob, da wegen stornierter Buchungen ein neuer Betrag vorzuschreiben sei. Zugleich erließ es einen Mandatsbescheid über € 753,84, wogegen eine als Beschwerde bezeichnete Vorstellung erhoben wurde, aufgrund derer der neue Mandatsbescheid außer Kraft trat.

Mit dem nun bekämpften Bescheid schrieb das BFA dem Beschwerdeführer gemäß § 53 Abs 1 BFA-VG diese Kosten im ordentlichen Verfahren in unveränderter Höhe, also mit € 753,84 vor.

4. Beschwerdehalber wird dagegen vorgebracht, der Beschwerdeführer habe bereits eine Kostenvorschreibung in der genannten Höhe erhalten und dagegen Rechtsmittel erhoben. Die Behörde schreibe Kosten doppelt vor. Da der Beschwerdeführer im Alltag deutsch spreche, frage sich, warum das BFA einen Dolmetscher beigezogen habe. Der Ersatz der Kosten des Flugtickets sei „unverhältnismäßig“, weil es nicht in der Sphäre des Beschwerdeführers liege, ob die Botschaft ein Reisedokument ausstelle. Die Kosten seien durch „ungeschicktes Vorgehen“ des BFA entstanden, das „keine oder allenfalls nur geringe Kosten“ vorzuschreiben hätte. Es werde beantragt, die Vorschreibung „in Höhe von 336,11 Euro“ als unzulässig zu beheben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zunächst wird der unter Punkt I dargestellte Verfahrensgang festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ägyptens und Inhaber eines bis 21.06.2021 gültigen Reisepasses.

Das BFA hat nach der am 04.11.2020 erhobenen Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 21.10.2020 eine Strafregisterabfrage vom 05.11.2020 zum Akt gegeben, ferner einen Datenausdruck vom 30.11.2020 aus dem Zentralen Fremdenregister, in dem Personen- und Verfahrensdaten des Beschwerdeführers aufscheinen.

Der Beschwerdeführer und drei Polizeibeamte als Eskorte waren auf dem Flug OS 863 am 03.10.2020 von Wien nach Kairo gebucht, für die Beamten waren am Zielort ferner Hotelzimmer reserviert.

Da sich die Crew der Fluggesellschaft Austrian Airlines (OS) wegen des Verhaltens des Beschwerdeführers weigerte, ihn zu befördern, wurden die Genannten auf einen Flug der Egypt Air am selben Tag umgebucht, die dann aus demselben Grund die Beförderung verweigerte.

Infolge dieses Ablaufs entstanden folgende Kosten:

Flugpreis Austrian Beschwerdeführer laut Rechnung XXXX : € 933,84
minus Gutschrift XXXX nach Umbuchung:         € 865,27 -
Rest         € 68,57 (a)
Umbuchung Beschwerdeführer laut Rechnung XXXX :         € 44,17 (b)
Flugpreis Eskorte Austrian laut Rechnung XXXX :         € 3 421,11
minus Gutschrift XXXX nach Umbuchung:         € 3 202,31 -
Rest         € 218,80 (c)
Umbuchung Eskorte laut Rechnung XXXX :         € 290,22 (d)
Personenänderung Eskorte laut Rechnung XXXX :         € 73,08 (e)
Stornierung Hotelreservierung laut Rechnung XXXX :         € 9,00 (f)
Verpflegung Beschwerdeführer („Zehrgeld“) laut Bekanntgabe BFA (OZ 3):         € 50,00 (g)

In Summe (a bis g) verursachte die gescheiterte Abschiebung des Beschwerdeführers dem nach Kosten in Höhe von € 753,84 (68,57 + 44,17 + 218,80 + 290,22 + 73,08 + 9 + 50).

Der Beschwerdeführer war damals und ist weiterhin nicht willens, seiner Ausreisepflicht freiwillig nachzukommen.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsakts des BFA sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes und aus den Erkenntnissen in den vorherigen Verfahren sowie den Akten dazu.

Das Gericht verkennt nicht, dass die vorgelegten Rechnungen teils Datumsangaben aufweisen, die vor der letztgenannten Transaktion liegen (z. B. die Hotelstornierung das Datum 25.09.2020). Aus dem übereinstimmenden Buchungscode (K70QRF) ist aber ersichtlich, dass es sich um ein- und denselben Reisevorgang handelt, sodass aus diesem Grund den Angaben des BFA zu folgen war. Betreffend die Verpflegungskosten (das „Zehrgeld“ von € 50,--) findet sich im Akt zwar nur die Anweisung vom 25.10.2019, die ihrem Betreff nach auf die (erste gescheiterte) Abschiebung am 28.10.2019 bezogen ist, allerdings ist es naheliegend, dass beim zweiten Versuch ebenso „Zehrgeld“ angewiesen wurde, sodass auch in diesem Punkt die Feststellung gemäß den Angaben des BFA (AS 114, OZ 3) getroffen werden konnte.

Bereits im Erkenntnis vom 06.05.2021 hat dieses Gericht festgehalten, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen. Nach den Feststellungen zum Untertauchen und zur bisherigen Missachtung der Ausreisepflicht des Beschwerdeführers bis hin zur Vereitelung der zwei weiteren Abschiebeversuche am 03.10.2020 kann kein Zweifel bestehen, dass das weiterhin zutrifft.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Der Mandatsbescheid vom 21.10.2020 ist außer Kraft getreten, weil in der Strafregisterabfrage vom 05.11.2020 keine Einleitung des Ermittlungsverfahrens über die entstandenen Abschiebungskosten binnen zwei Wochen nach Einlangen der Vorstellung (§ 57 Abs. 3 AVG) erblickt werden kann. Für eine solche wäre entscheidend, dass die Behörde eindeutig zu erkennen gibt, dass sie sich nach Erhebung der Vorstellung durch Anordnung von Ermittlungen mit der den Gegenstand des Mandatsbescheides bildenden Angelegenheit befasst. (VwGH 23.03.2004, 2004/11/0008 mwN)

Es mag daher dahinstehen, ob es sich bei den geltend gemachten Forderungen des BFA um „Geldleistungen nach einem gesetzlich, statutarisch oder tarifmäßig feststehenden Maßstab“ handelt, wie sie § 57 Abs. 1 AVG als Voraussetzung eines Mandatsbescheids vorsieht.

Nach § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung durchsetzbar ist, von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des BFA (u. a. dann) zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z. 2) oder auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen. (Z. 3) Nach den Feststellungen trifft beides zu.

Das beschwerdehalber erstattete Vorbringen geht teils am Sachverhalt vorbei (wenn es Dolmetscherkosten anspricht), teils verkennt es die Rechtsnatur eines Mandatsbescheids und die remonstrative Natur einer Vorstellung dagegen (wenn eine Doppelvorschreibung eingewendet wird). Die weiteren Argumente (des „ungeschickten“ behördlichen Vorgehens, der fehlenden Aufschlüsselung der Kosten und der Unverhältnismäßigkeit des Kostenersatzes für den Flug) entbehren einer nachvollziehbaren Begründung, zum Flug speziell schon deshalb, weil es bei den Flugbuchungen nicht um den Beförderungspreis geht, sondern (nur) um Umbuchungs- und Stornokosten. Nicht ersichtlich ist auch, wofür ein Betrag von € 336,11 zu Unrecht vorgeschrieben worden sein soll, wie in der Beschwerde behauptet.

Gemäß § 53 Abs. 1 Z. 1 BFA-VG hat der Fremde Kosten, die dem Bund bei der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG entstehen, soweit zu ersetzen, wie dem nicht Art. 30 Dublin-Verordnung entgegensteht (nach dessen Abs. 3 Überstellungskosten nicht den nach dieser VO zu überstellenden Personen auferlegt werden).

Wie bereits im Erkenntnis vom 06.05.2021 mit Hinweis auf die Rechtsprechung des VwGH (23.01.2020, Ra 2020/21/0007 mwN) ausgeführt, sind die geltend gemachten Kosten für die (missglückten) Reisen des Beschwerdeführers und seiner Begleiter Kosten einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG („Aufenthaltsbeendende Maßnahmen gegen Fremde“).

Demnach erfolgte die Kostenvorschreibung im nunmehrigen ordentlichen Verfahren zu Recht, weshalb die Beschwerde wie geschehen als unbegründet abzuweisen war.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zum Umfang der Kosten der Durchsetzung der Abschiebung und deren Ersatz. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage(n) kamen nicht hervor.

4. Zum Unterbleiben einer Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Eine Verhandlung kann unterbleiben, wenn der für die rechtliche Beurteilung relevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

Die genannten Kriterien treffen in diesem Fall zu. Der Sachverhalt ist durch das BFA vollständig erhoben und weist - weil sich an den Beträgen zwischen der Entscheidung durch die belangte Behörde und jener durch das Gericht nichts änderte - die gebotene Aktualität auf.

Das Gericht musste sich auch keinen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer verschaffen, da es sich um einen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist (vgl. VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422 mwH).

Die Abhaltung einer Verhandlung konnte demnach unterbleiben.

Schlagworte

Abschiebung aufenthaltsbeendende Maßnahme aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Kostenbestimmungsbescheid Kostenbestimmungsbeschluss Kostenersatz Kostenvorschreibung Mandatsbescheid Stornogebühr Untertauchen Vereitelung Vorstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I419.2152428.4.00

Im RIS seit

14.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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