TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/13 I421 2238930-1

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Veröffentlicht am 13.07.2021
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Entscheidungsdatum

13.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §17
GebAG §18

Spruch


I421 2238930-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde des Revisors des Oberlandesgerichts Innsbruck gegen den Bescheid der Präsidentin des Landesgericht XXXX vom 22.12.2020, Zl. XXXX XXXX , und der mitbeteiligten Partei XXXX , XXXX , XXXX , Schweiz, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid dahingehend abgeändert, sodass dem Zeugen XXXX für die Teilnahme an der Hauptverhandlung am 17.12.2020 beim Landesgericht XXXX nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes an Reisekosten EUR 92,-- zuerkannt werden. Hingegen wird sein Mehrbegehren auf Entschädigung für Verdienstentgang zur Gänze abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text




Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Herr XXXX aus XXXX Schweiz war im Verfahren des LG XXXX zu XXXX für den 17.12.2020 als Zeuge geladen und ist dieser Ladung auch nachgekommen.

Der Zeuge stellte Gebührenanspruch für Reisekosten und Verdienstentgang.

Im Beschwerdeverfahren ist lediglich die Position Verdienstentgang strittig.

Der Zeuge legte seinem Gebührenantrag zur Bescheinigung des Verdienstentgangs eine „Bestätigung Erwerbsausfall“ seines Dienstgebers, der Musikschule Region XXXX vom 26.11.2020 vor, in welcher bestätigt wird, dass der Zeuge auf Grund der Verhandlung am 17.12.2020 einen Lohnausfall für 5.75 Lektionen in Höhe von CHF 432,40 erleidet. Weiter legte der Zeuge eine Lohnabrechnung vom 1.12. bis 31.12.2020 datiert vom 17.12.2020 vor, in der unbezahlte Lektionsausfälle in der Zahl von 5.75 und im Betrag von 432.75 vom Unterrichtssalär abgezogen werden.

Die Präsidentin des Landesgerichts XXXX hat mit dem angefochtenen Bescheid dem Zeugen als Entschädigung für Zeitversäumnis (§§17-18 GebAG) für 5 Stunden und 45 Minuten tatsächlichen Verdienstentgang EUR 400,50 zuerkannt.

Dagegen wendet sich die fristgerechte Beschwerde des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 29.12.2020, in der beantragt wird, den bekämpften Bescheid in diesem Punkt abzuändern, sodass dem Zeugen kein Verdienstentgang zugesprochen werde.

Begründet wird dieses Begehren damit, dass Artikel 324a OR (Arbeitsrecht in der Schweiz) vorsehe, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bei einer unverschuldeten Arbeitsverhinderung aus Gründen, die in seiner

Person liegen, für eine beschränkte Zeit den darauf fallenden Lohn weiter zu entrichten habe, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen wurde.

Die Präsidentin des Landesgerichts XXXX , als belangte Behörde, legte den Gebührenakt mit bekämpften Bescheid und Beschwerde dem Bundeverwaltungsgericht mit Schriftsatz vom 19.01.2021 vor wo dieser in der zuständigen Gerichtsabteilung am 25.01.2021 einlangte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I wiedergegebene Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Behördenakt und kann somit als erwiesener Sachverhalt zu Feststellungen erhoben und der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

Der Mitbeteiligte ist Dienstnehmer der Musikschule Region XXXX , wo er nach wie vor als Gitarrenlehr tätig ist.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich wie ausgeführt aus dem Behördenakt.

Dass der Mitbeteiligte Dienstnehmer der Musikschule Region XXXX in der Schweiz ist, ergibt sich aus der von diesem vorgelegten Lohnabrechnung vom 17.12.2020 für den Zeitraum 1.12. bis 31.12.2020. In dieser ist ein Bruttolohn und ein Nettolohn, nach aufgeschlüsselten Abzügen enthalten.

Die Feststellung, dass der Mitbeteiligte nach wie vor Gitarrelehrer an der Musikschule Region XXXX in der Schweiz ist, ergibt sich aus der Einsicht in die Homepage dieser Musikschule am 13.7.2021 (www.musikschulebaden.ch).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die maßgeblichen Bestimmungen für die Entschädigung für Zeitversäumnis finden sich in §§ 17 und 18 Gebührenanspruchsgesetz – GebAG und lauten folgendermaßen:

„Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.
(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.“

Verdienstentgang gebührt dem Zeugen nur dann, wenn er auch tatsächlich einen solchen erleidet.

In der Beschwerde wird nunmehr aber zu Recht darauf verwiesen, dass der Zeuge eine gesetzliche Pflicht erfüllte in dem er der Ladung Folge leistete und er daher gemäß Schweizerischem Obligationenrecht als Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber Anspruch auf Lohnfortzahlung hat. Gemäß Art. 324 a OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, welcher ohne sein Verschulden aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, an der Arbeitsleistung gehindert ist, für eine beschränkte Zeit den darauf entfallenden Lohn zu entrichten, samt einer angemessenen Vergütung für ausfallenden Naturallohn, sofern das Arbeitsverhältnis mehr als drei Monate gedauert hat oder für mehr als drei Monate eingegangen wurde (Abs. l).

Da der Mitbeteiligte sohin Anspruch auf Lohnfortzahlung gegenüber seinem Dienstgeber hat ist er auf diesen Anspruch zu verweisen (siehe Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG – GebAG 4. Aufl. § 18 GebAG E 8) und war der Beschwerde Folge zu geben und der Antrag des Mitbeteiligten auf Verdienstentgang gänzlich abzuweisen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen. Im vorliegenden Fall lässt die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und die Notwendigkeit der Durchführung einer Verhandlung ist auch im Hinblick auf Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 GRC nicht ersichtlich (vgl. dazu auch VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305, wonach die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung/Einbringung von Gerichtsgebühren nicht erforderlich ist).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr konnte sich die belangte Behörde und der erkennende Richter an der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs orientieren.

Schlagworte

Auslandsbezug Bescheidabänderung Gebührenanspruch Mehrbegehren mündliche Verhandlung Reisekosten Verdienstentgang Zeitversäumnis Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2238930.1.00

Im RIS seit

16.09.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.09.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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