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Verfahren vor dem VwGHNorm
VwGG §34 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann und Dr. Wetzel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Tobola, in der Beschwerdesache 1. der Firma G Gesellschaft m.b.H. und 2. des MG, alle in L, beide vertreten durch Dr. Leo Häusler, Rechtsanwalt in Leibnitz, Schmiedgasse 30, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark vom 31. Juli 1985, Zl. B 108-3/84, betreffend Verspätungszuschlag in einer Umsatzsteuerangelegenheit, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgezogen.
Begründung
Wie dem von den Beschwerdeführern in Ablichtung vorgelegten angefochtenen Bescheid zu entnehmen ist, ist dieser nicht an die Beschwerdeführer, sondern an eine Firma G & Co Kommanditgesellschaft in L (in der Folge: KG) gerichtet worden. Die Beschwerdeführer scheinen weder im Spruch noch an anderer Stelle des Bescheides als Adressaten der Erledigung auf. Auch findet sich in diesem Bescheid kein Hinweis darauf, daß die belangte Behörde den Beschwerdeführern den angefochtenen Bescheid zugestellt hat oder zustellen wollte. Die Erstbeschwerdeführerin leitet ihre Beschwerdeberechtigung aus ihrer vermeintlich gegebenen Stellung als „Gesamtrechtsnachfolger“ der KG ab. Der Zweitbeschwerdeführer beruft sich auf seine Stellung als seinerzeitiger Komplementärgesellschafter derselben Personenhandelsgesellschaft.
Laut den der Beschwerde in Ablichtung beigeschlossenen Unterlagen wurde mit Notariatsakt vom 19. Oktober 1983 der Betrieb besagter KG samt allen Rechten und Verbindlichkeiten als Gesamtsache auf der Grundlage der Bilanz zum 28. Februar 1983 unter Verzicht auf eine Liquidation in das Unternehmen der Erstbeschwerdeführerin eingebracht. Mit Generalversammlungsbeschluß der Erstbeschwerdeführerin ebenfalls vom 19. Oktober 1983 stimmten die Gesellschafter der Erstbeschwerdeführerin dieser Einbringung zu. Mit Beschluß vom 7. November 1983 wurde daraufhin die Firma der KG im Handelsregister des Landesgerichtes Graz (als Handelsgericht) gelöscht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch eine Personenhandelsgesellschaft unbeschadet ihrer Auflösung mit Gesellschafterbeschluß laut Sacheinlagevertrag weiterhin solange Träger bestimmter Rechte und Pflichten und damit in ihrer Partei- und Prozeßfähigkeit nicht beeinträchtigt, als ihre Rechtsverhältnisse gegenüber Dritten noch nicht abgewickelt sind (vgl. z. B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1984, Zlen. 84/15/0146, 0147, und die dort bezogene Vorjudikatur).
Eben dieser zuletzt umschriebene Fall liegt aber gegenständlich vor. Mangels Beendigung des Abgabenschuldverhältnisses zum Abgabengläubiger ging der angefochtene Bescheid auch nicht ins Leere und war die KG durchaus zur Erhebung einer Beschwerde dagegen an den Verwaltungsgerichtshof berechtigt.
Die Erstbeschwerdeführerin ist hingegen zur Beschwerdeführung deshalb nicht legitimiert, weil die Einbringung eines Betriebes einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft nur als Sacheinlage verstanden werden kann, bei der das Vermögen durch Übertragung der einzelnen Vermögensgegenstände und Rechte übergeht. Es handelt sich hier um einen Fall der Einzelrechtsnachfolge und nicht um eine Gesamtrechtsnachfolge (vgl. Helbich, Umgründungen auf der Grundlage des Strukturverbesserungsgesetzes, Band 1 der Schriften zum österreichischen Abgabenrecht3, S. 340 f). Für Fälle der vorliegenden Art ordnet auch das Strukturverbesserungsgesetz keine Gesamtrechtsnachfolge an (vgl. Helbich, a.a.O., S. 324 f).
Solange aber die KG noch nicht beendet ist, konnte auch der Zweitbeschwerdeführer in deren Rechtsstellung noch nicht eintreten. Der Zweitbeschwerdeführer war daher ebenfalls nicht berechtigt, im eigenen Namen Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid zu erheben.
Da - die bisherigen Ausführungen zusammenfassend - der angefochtene Bescheid also weder an die Beschwerdeführer gerichtet war oder diesen gegenüber wirkt noch auch der Fall einer Gesamtrechtsnachfolge oder eines gesetzlichen Eintrittes in die Parteistellung der KG vorliegt, fehlt es im Beschwerdefall an der Möglichkeit, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt wurden. Der vorliegenden Beschwerde beider Beschwerdeführer haftet sohin der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung an.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen. Dies hatte gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. a VwGG im Dreiersenat zu geschehen.
Im Hinblick darauf erübrigte sich eine Erledigung des Antrages der Beschwerdeführer, ihrer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 7. Oktober 1985
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des EinschreitersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1985:1985150296.X00Im RIS seit
10.09.2021Zuletzt aktualisiert am
10.09.2021