TE Bvwg Beschluss 2021/6/1 W208 2242149-1

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Veröffentlicht am 01.06.2021
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Entscheidungsdatum

01.06.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
GebAG §17
GebAG §18
GebAG §3
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W208 2242149-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von Leopold XXXX , vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft KG Dr. Karl CLAUS & Mag. Dieter BERTHOLD, 2130 MISTELBACH, Hauptplatz 1, gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichts XXXX vom 12.03.2021, Zl. 9C 525/20v, wegen Zeugengebühren beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Vorsteher des Bezirksgerichts zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Mitbeteiligte, Dr. Gerald XXXX , wurde in der vom Bezirksgericht XXXX (im Folgenden: BG) am 11.03.2021, 13:00 Uhr zur Zl. 9 C 525/20v durchgeführten Verhandlung in einer Zivilrechtssache als Zeuge - auf Grund einer Ladung vom 18.01.2021) vernommen. Die beschwerdeführende Partei (im Folgenden: bP) war in diesem Verfahren klagende Partei.

Mit dem im Akt einliegenden Formular „Gebührenbestimmung und Zahlungsanweisung“ beantragte der Zeuge am 11.03.2021 Gebühren. Wobei auf dem Formular das Wort „Reisekosten“ und die Wortgruppe „Entschädigung für Zeitversäumnis“ unterstrichen, aber keine Beträge angeführt sind.

Weiters wurde vom Zeugen offenbar eine Honorarnote der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Christa XXXX , datiert mit 10.03.2021, „für Vertretungstätigkeiten am 11. März 2021 (3 Stunden a 150€) […] Euro 450 (incl. 0 % UST)“ mit der Bitte um Überweisung auf eine angeführte Kontonummer vorgelegt.

2. Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 12.03.2021 wurden dem Antragsteller – ohne weiteres Ermittlungsverfahren – von der zuständigen Kostenbeamtin im Namen des Vorstehers des BG die folgenden Gebühren zuerkannt:

Reisekosten HOLLABRUNN – MISTELBACH und retour, einfache Fahrt € 10,70 gesamt € 21,40

Verdienstentgang für Vertretungstätigkeit für 3 Stunden lt. Honorarnote € 450,--

Begründend wurde lediglich ausgesprochen, dass der Zeuge am 11.03.2021 geladen worden wäre und eine Honorarnote für seine Vertretung für 3 Stunden vorgelegt hätte. Dem Zeugen sei daher – wie beantragt – der Verdienstentgang zu ersetzen.

Bemerkenswert ist, dass der Bescheid (lt. auf dem am Bescheid angebrachten Stempel) offenbar von den zuständigen Revisoren geprüft und auf ein Rechtsmittel verzichtet wurde.

3. Am 24.04.2021 brachte die bP gegen den ihr am 30.03.2021 zugestellten Bescheid Beschwerde beim BG ein und brachte sinngemäß vor, dass der Verdienstentgang iHv EUR 450,-- angefochten werde. Zusammengefasst wurde angeführt, dass die Zeugengebühr weder dem Grunde nach noch nach der Höhe nachvollziehbar sei. Weder die Notwendigkeit der Vertretungstätigkeit (der Zeuge sei ihres Wissens nach Wahlarzt) noch die angeführte Zeit von drei Stunden sei ausreichend bescheinigt. Der Zeuge habe nur 10 Minuten ausgesagt, die Wegzeit betrage etwa 35 Minuten für eine Fahrt und sei daher allenfalls eine Abwesenheit von 80 Minuten zu rechtfertigen, weil es dem Zeugen zumutbar gewesen sei, nach der Aussage in seine Ordination zurückzukehren. Es werde daher beantragt, dem Zeugen lediglich die Reisekosten von EUR 21,40 zuzuerkennen.

4. Mit Schreiben vom 29.04.2021 wurden die Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten dem BVwG – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – zur Bearbeitung vorgelegt, wo sie am 05.05.2021 einlangte.

5. Da die vorlegende Justizverwaltungsbehörde es verabsäumte den Parteien eine Beschwerdemitteilung gemäß § 10 VwGVG zu machen, wurde diese durch das BVwG am 06.05.2021 unter Setzung einer zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme nachgeholt.

6. Während sich die anderen Parteien verschwiegen, brachte der mitbeteiligte Zeuge eine Stellungnahme ein. Er führte darin zusammengefasst das Folgende an:

Er sei kein Wahlarzt, sondern niedergelassener Kassenarzt und zur möglichst kontinuierlichen Versorgung der Patienten verpflichtet; es sei von ihm kein Verdienstentgang beantragt worden, sondern seien die Kosten für die Vertretung weitergereicht worden; die Wegstrecke betrage 48 km unter Berücksichtigung des Verkehrsaufkommens und der gesetzlichen Geschwindigkeiten sei daher für eine Strecke eine Zeitdauer von 50 Minuten einzuplanen gewesen; die Tagsatzung habe verspätet begonnen und habe seine Einvernahme daher nicht schon um 13:10 Uhr geendet. Er habe die Rechnung seiner Ordinationsvertretung ordnungsgemäß vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter I. festgestellten Verfahrensgang und Sachverhalt ausgegangen.

Im behördlichen Verfahren wurden notwendige Ermittlungen des Sachverhalts überhaupt nicht geführt.

Es steht nicht fest, ob die Vertretungstätigkeit für drei Stunden notwendig war, ob das verrechnete Honorar von € 150,--/Stunde angemessen ist und insbesondere, ob der Zeuge Dr. Gerald XXXX es tatsächlich an seine Vertretung Dr. Christa XXXX (das Verwandtschaftsverhältnis ist unklar) bezahlt hat.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum sonstigen rechtserheblichen Sachverhalt konnten aufgrund der Aktenlage nicht erfolgen.

Die belangte Behörde hat es verabsäumt den relevanten Auszug des Verhandlungsprotokolls dem Akt beizulegen und die Dauer der tatsächlichen Inanspruchnahme des Zeugen festzustellen. Sie hat auch keine Feststellungen zur notwendigen Fahrtzeit, inklusive der Zeitpuffer für die Parkplatzsuche, Sicherheitskontrolle und Zeitreserve zu treffen.

Insbesondere hat sie dem Zeugen keinen Verbesserungsauftrag dahingehend erteilt, seine damaligen Ordinationszeiten offenzulegen und nachvollziehbare Bescheinigungsmittel dafür vorzulegen, dass er nicht in der Lage war, die Ordination einen Nachmittag lang zuzusperren bzw die Auslastung der Ordination (etwa durch Vorlage der anonymisierten Patiententermine im Monat der Verhandlung oder Einvernahme der Ordinationshilfe) und damit die Unverschiebbarkeit von Terminen ohne einen Verdienstentgang zu erheben, woraus sich indirekt die Notwendigkeit der Bestellung einer Vertretung ergibt. Letztlich fehlen auch Bescheinigungsmittel für die Angemessenheit der Höhe des Vertretungshonorars pro Stunde und ob dieses auch tatsächlich ausbezahlt wurde (Auszüge aus der Buchhaltung, Kontoauszug etc). Die bloße Vorlage der Honorarnote sagt noch nichts über deren Begleichung aus, insbesondere dann, wenn der Name der Vertreterin ein Verwandtschaftsverhältnis nahegelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Gemäß § 20 Abs 4 GebAG sind – soweit im GebAG nichts anderes angeordnet ist – auf das Verfahren zur Bestimmung der Zeugengebühr vor der Justizverwaltungsbehörde das AVG und die §§ 89a bis 89i Gerichtsorganisationsgesetz, RGBl 1896/217 (GOG) – umfasst im Wesentlichen die Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr – anzuwenden.

§ 28 VwGVG lautet (Hervorhebungen durch BVwG):

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.“

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG Abstand genommen werden, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

3.2. Zuständigkeit der belangten Behörde

Die Gebühr ist im Justizverwaltungsweg gemäß § 20 Abs 1 GebAG vom Leiter des Gerichts zu bestimmen, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte.

Da es sich im Beschwerdefall um keinen aus dem Ausland geladenen Zeugen handelt, konnte der Leiter des Gerichts gem. § 20 Abs 1 GebAG eine geeignete Bedienstete des Gerichts ermächtigen, in seinem Namen zu entscheiden (hier: die Kostenbeamtin).

Gegen die Entscheidung über die Gebühr kann ua die zum Ersatz verpflichtete Partei im Zivilverfahren gemäß § 22 Abs 1 iVm § 21 Abs 2 GebAG Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erheben. Ebenso hätte dies die Revisorin oder der Revisor gekonnt, da die bestimmte Gebühr € 200,-- überstieg. Warum dies im vorliegenden Fall –trotz der gravierenden Feststellungsmängel unterblieb – ist nicht nachvollziehbar. Vor Erlassung des Bestimmungsbescheides wäre ein Ermittlungsverfahren durchzuführen gewesen und den in § 21 Abs 2 GebAG genannten Parteien Gehör zu den Ergebnissen einzuräumen.

Zu A) 3.3. Zurückverweisung der Beschwerde

3.3.1. Strittig ist im vorliegenden Fall die mit dem angefochtenen Bescheid bestimmte Gebühr hinsichtlich der Zuerkennung der Entschädigung für die Vertretungstätigkeit.

3.3.2. Die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen sind die §§ 3, 16 und 17 GebAG (Auszug Hervorhebungen durch BVwG):

„Umfang der Gebühr

„§ 3. (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. […]

2. die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet.

[…]

Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 17. Die Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 3 Abs. 1 Z 2) bezieht sich, vorbehaltlich des § 4, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 18. (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen

1. 14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,

2. anstatt der Entschädigung nach Z 1

a) beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,

b) beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,

c) anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,

d) die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Abs. 1 Z 1 hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Abs. 1 Z 2 auch dessen Höhe zu bescheinigen.“

Dabei ist folgende Rechtsprechung des VwGH zu beachten:

Unter einem Stellvertreter im Sinne des § 18 Abs 1 Z 2 lit c GebAG 1975 kann nach dem Regelungszusammenhang nur eine Person verstanden werden, die den Zeugen während der Zeit seiner Abwesenheit von seinem Betrieb, seinem Unternehmen, seiner Kanzlei etc. vertritt. Diesbezüglich bedarf es konkreter Angaben über die Erforderlichkeit einer derartigen Vertreterbestellung (Hinweis E 18. September 2001, 2001/17/0054; VwGH 28.04.2003, 99/17/0207).

Soweit sich der Zeuge in diesem Zusammenhang auf unaufschiebbare Termine beruft, liegt es an ihm, diese behauptete Tatsache der Unaufschiebbarkeit näher zu erläutern (Hinweis E 18. September 2001, 2001/17/0054; VwGH 28.04.2003, 2000/17/0065).

Die Bestellung des Stellvertreters muss notwendig sein (VwGH 07.10.2005, 2005/17/0207).

Es ist im konkreten Fall Sache des Zeugen (hier: Zahnarzt), nicht nur den auf der Hand liegenden Einnahmenausfall an den Tag der Zeugeneinvernahmen darzulegen, sondern - sollte dies zutreffen - jedenfalls zu behaupten und zumindest glaubhaft zu machen, dass die Einnahmen verloren gingen, weil die Vornahme der Behandlung nur an diesem Tag und nicht auch an einem anderen Termin möglich war (VwGH 25.02.1994, 93/17/0001).

Der selbständig Erwerbstätige ist für die Erfüllung seiner Zeugenpflicht nicht nach den für ihn sonst geltenden Honorarsätzen oder in Anlehnung an sein sonstiges Einkommen zu ENTLOHNEN, sondern lediglich für einen konkreten Einkommensentgang zu ENTSCHÄDIGEN (Hinweis Krammer, Neuerungen im Gebührenanspruchsrecht, Der Sachverständige 1989, Heft 3, Seite 4; VwGH 15.04.1994, 92/17/0231).

3.3.3. Für die rechtliche Beurteilung fehlen allerdings im vorliegenden Fall die vorne angeführten notwendigen Feststellungen.

Die aufgezeigten fehlenden Feststellungen können nicht ohne Durchführung von ergänzenden Ermittlungen getroffen werden. Aufgrund des Unterbleibens der oben genannten Ermittlungen und Feststellungen im behördlichen Verfahren zu diesen hier bedeutsamen Fragen im Tatsachenbereich, steht der für eine Entscheidung des BVwG in der Sache erforderliche Sachverhalt fallbezogen nicht fest.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG kommt bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken in Betracht, insbesondere dann, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Fallbezogen liegen besonders schwerwiegende Mängel des behördlichen Verfahrens bei der Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes im diesem Sinne vor, weil die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat.

Es kann nicht gesagt werden, dass die unmittelbare Beweisaufnahme durch das BVwG bei einer Gesamtbetrachtung zu einer – erheblichen – Ersparnis an Zeit und Kosten führen würde. Eine Ermittlungstätigkeit durch die belangte Behörde ist, da im behördlichen Verfahren das Unmittelbarkeitsprinzip nicht gilt – jedenfalls kostengünstiger und können auch die sonstigen notwendigen Feststellungen (Recherchen Verhandlungsprotokoll, Ordinationszeiten, Auszahlungsbestätigungen) dort getroffen werden, dem Zeugen und den Parteien gemäß § 21 Abs 2 GebAG im Rahmen des rechtlichen Gehörs schriftlich zur Kenntnis gebracht und sodann ein neuer – ausreichend begründeter – Bescheid erlassen werden.

Alternative wäre eine mündliche Verhandlung des BVwG in WIEN anzuberaumen - zu der alle Parteien zu laden wären (Unmittelbarkeitsgrundsatzes Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2018) Anm. 12 zu § 25 Abs. 6 VwGVG) - welche insgesamt wesentlich teurer käme (zu den Gebührenansprüchen von Zeugen und Beteiligten vergleiche § 26 VwGVG) und auch nicht zu einer rascheren Entscheidung führen würde, weil diese aufgrund der hohen Auslastung erst frühestens im Herbst möglich wäre.

Vor dem Hintergrund verwaltungsökonomischer Überlegungen und der Effizienzkriterien des § 39 Abs 2 AVG war daher von der Möglichkeit des Vorgehens nach § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG Gebrauch zu machen und der angefochtene Bescheid an die belangte Behörde zur Durchführung der genannten Ermittlungen und Erlassung eines neuen Bescheides zurückzuverweisen.

Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsbehörde (lediglich) an die rechtliche Beurteilung des gemäß § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG aufhebenden und zurückverweisenden Beschlusses des Verwaltungsgerichtes gebunden ist (s. § 28 Abs 3 dritter Satz VwGVG); durch eine Zurückverweisung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hatte (Wirkung der Aufhebung ex tunc, s. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2018) Anm. 14 zu § 28 VwGVG; vgl. auch VwGH 22.05.1984, 84/07/0012), sodass die belangte Behörde das im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erstattete weitere Parteivorbringen zu berücksichtigen und dafür Sorge zu tragen hat, dass dieses Vorbringen ergänzt bzw. durch Vorlage der notwendigen Bescheinigungsmittel vervollständigt wird.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (zur den Voraussetzungen eines Vorgehens nach der Bestimmung des § 28 Abs 3 zweiter Satz VwGVG s. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ermittlungspflicht Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung Notwendigkeit Stellvertreter Zeitversäumnis Zeugengebühr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W208.2242149.1.00

Im RIS seit

23.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

23.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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