TE Lvwg Erkenntnis 2021/6/21 LVwG-2021/15/1410-1

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Veröffentlicht am 21.06.2021
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Entscheidungsdatum

21.06.2021

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

Verordnung des Landeshauptmannes vom 20. März 2020 nach §2 Z2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, LGBl Nr 35/2020 §1 Abs1
VStG §44a Z1
VStG §45 Abs1 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von Herrn AA, geb am xx.xx.xxxx, Adresse 1, ***** Z, Deutschland, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.04.2021, Zl ***, betreffend Übertretung nach § 1 Abs 1 iVm § 6 der Verordnung des Landeshauptmannes vom 20.03.2020, LGBl Nr 35/2020,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Tatzeit: 25.03.2020, 15.28 Uhr

Tatort:          **** X, Loipe beim westlichen W-Parkplatz, auf Höhe Adresse 2

Sie haben sich am 25.03.2020, um 15:28 Uhr in **** X, auf der Loipe beim westlichen W-Parkplatz, aufgehalten und sohin im Landesgebiet von Tirol einen öffentlichen Ort betreten, obwohl zur Verhinderung der weiteren Verbreitung von COVID-19 das Betreten öffentlicher Orte im gesamten Landesgebiet nach Maßgabe; der §§ 2 bis 5 unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit und des freien Warenverkehrs für alle Gemeinden verboten ist. Sie haben zur angeführten Zeit, am angeführten Ort einen Gleitschirm bedient.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 1 Abs. 1 i.V.m. § 6 der Verordnung des Landeshauptmannes vom 20.03:2020, LGBI. Nr. 35/2020“

Aus diesen Grund wurde über den Beschwerdeführer auf Grundlage von § 6 der Verordnung LGBl Nr 35/2020 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 70,00, Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden, verhängt. Außerdem wurde er zur Bezahlung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens verpflichtet.

Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel, in welchem der Beschwerdeführer sich gegen die Bestrafung wendet.

II.      Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer wird im angefochtenen Straferkenntnis zur Last gelegt, einen öffentlichen Ort betreten zu haben, obwohl zur Verhinderung der weiteren Verbreitung von COVID-19 das Betreten öffentlicher Orte im gesamten Landesgebiet nach Maßgabe der §§ 2 bis 5 der Verordnung verboten gewesen sei.

Die Behörde konkretisiert allerdings nicht, weshalb – insbesondere nach welcher Maßgabe der §§ 2 bis 5 der Verordnung – das Betreten eines öffentlichen Ortes im vorliegenden Fall nicht zulässig gewesen sei. Sie führt dazu ausschließlich aus, dass er zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort einen Gleitschirm bedient habe.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich bereits aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses.

IV.      Rechtslage:

Verordnung des Landeshauptmannes vom 20. März 2020 nach § 2 Z 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, LGBl Nr 35/2020

„Auf Grund von § 2 Z 2 des Covid-19-Maßnahmengesetzes, BGBl I Nr. 12/2020, wird verordnet:§ 1

(1) Zur Verhinderung der weiteren Verbreitung von COVID-19 ist das Betreten öffentlicher Orte im gesamten Landesgebiet nach Maßgabe der §§ 2 bis 5 unter Gewährleistung der Versorgungssicherheit und des freien Warenverkehrs für alle Gemeinden verboten.

(2) Durch diese Verordnung werden die für die Gemeinden des Paznauntals und die Gemeinde St. Anton am Arlberg mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck, Bote für Tirol vom 14. März 2020, Stück 10b, Nr. 128, sowie für die Gemeinde Sölden mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Imst, Bote für Tirol vom 18. März 2020, Stück 11a, Nr. 155, nach dem Epidemiegesetz 1950 verordneten verkehrsbeschränkenden Maßnahmen nicht berührt.

§ 2

(1) Österreichische Staatsbürger und Staatsangehörige anderer Staaten, die nicht über einen Wohnsitz in Tirol verfügen, haben das Landesgebiet unverzüglich zu verlassen, sofern sie nicht einer beruflichen Tätigkeit zur Aufrechterhaltung von kritischer Infrastruktur oder der Versorgungssicherheit nachgehen.

(2) Österreichischen Staatsbürgern und Staatsangehörigen anderer Staaten, die über einen Wohnsitz in Tirol verfügen und sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung nicht im Landesgebiet aufhalten, ist die Einreise gestattet. Dies gilt auch für Personen, die im Landesgebiet einer beruflichen Tätigkeit zur Aufrechterhaltung von kritischer Infrastruktur oder der Versorgungssicherheit nachgehen.

(3) Österreichischen Staatsbürgern und Staatsangehörigen anderer Staaten, die nicht über einen Wohnsitz in Tirol verfügen, ist abweichend von Abs. 2 die Einreise in das Landesgebiet gestattet, wenn dies zur Besorgung wichtiger und unaufschiebbarer persönlicher Verpflichtungen (z.B. Begräbnis, Obsorgeverpflichtungen) unbedingt notwendig ist.

(4) Österreichischen Staatsbürgern und Staatsangehörigen anderer Staaten, die über einen Wohnsitz im Landesgebiet verfügen und sich im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung im Landesgebiet aufhalten, ist das Verlassen des Landesgebietes untersagt; sie haben sich unverzüglich zu ihrem Wohnsitz zu begeben. Das Verlassen des Landesgebietes ist bei Vorliegen von triftigen Gründen zur Deckung von Grundbedürfnissen im Sinn des § 4 Abs. 5 gestattet, zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit jedoch nur zum Zweck der Aufrechterhaltung von kritischer Infrastruktur oder der Versorgungssicherheit; diese Einschränkung gilt nicht für Personen, die zur Ausübung einer beruflichen Tätigkeit die Felbertauernstraße passieren müssen.

(5) Abweichend von Abs. 1 bis 4 ist die Durchreise durch das Landesgebiet ohne Zwischenstopp auf der kürzest möglichen Route zulässig, sofern die Ausreise sichergestellt ist.

(6) Als Wohnsitz im Sinn dieser Verordnung gelten der Hauptwohnsitz, der Nebenwohnsitz oder der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts im Landesgebiet.

§ 3

(1) Die Zufahrt zu und die Abfahrt aus den Gemeinden im Landesgebiet werden verboten.

(2) Abs. 1 gilt nicht für:

a)

(Einsatz-) Fahrten der Blaulichtorganisationen,

b)

Allgemeine Versorgungsfahrten durch Zulieferer (z.B. Lebensmitteltransporte) und Fahrten zur Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der Daseinsvorsorge (z.B. Straßendienst, Müllabfuhr, Dienstleistungsbetriebe, öffentlicher Verwaltungsdienst, öffentlicher Kraftfahrlinien- und Schienenverkehr) und im Bereich der versorgungskritischen öffentlichen Infrastruktur (z.B. Strom- und Wasserversorgung),

c)

Fahrten zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsfürsorge und Alten- und Krankenpflege, insbesondere individuell unaufschiebbare Fahrten (z.B. Dialyseversorgung, Bestattung nächster Angehöriger), und

d)

Fahrten aus triftigen Gründen zur Deckung von Grundbedürfnissen im Sinn des § 4 Abs. 5.

(3) Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit und des freien Warenverkehrs ist das Durchfahren der Gemeinden im Landesgebiet erlaubt.

§ 4

(1) Das Verlassen des eigenen Wohnsitzes (§ 2 Abs. 6) ist verboten.

(2) Ausgenommen vom Verbot nach Abs. 1 ist das Verlassen des eigenen Wohnsitzes aus triftigen Gründen zur Deckung von Grundbedürfnissen. Das Verlassen des eigenen Wohnsitzes ist dabei auf ein zeitlich und örtlich unbedingt notwendiges Minimum zu beschränken.

(3) Ab dem Verlassen des eigenen Wohnsitzes ist, abgesehen von Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, gegenüber anderen Personen ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Bei der Benützung von Kraftfahrzeugen zu nicht privaten Zwecken, die außer dem Lenkplatz Plätze für mehr als vier Personen aufweisen, oder bei Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist ein Abstand von mindestens einem Meter gegenüber anderen Personen einzuhalten.

(4) Beim Verlassen des eigenen Wohnsitzes aus triftigem Grund zur Deckung von Grundbedürfnissen ist das Überschreiten der Grenze des jeweiligen Gemeindegebietes verboten. Ein Übertreten der Grenzen des Gemeindegebietes zu dem im § 3 Abs. 2 lit. d genannten Zweck ist nur dann zulässig, wenn nachweislich die Grundbedürfnisse nicht innerhalb der Grenzen des Gemeindegebietes gedeckt werden können. Dies ist im Falle von Kontrollen durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes glaubhaft zu machen.

(5) Triftige Gründe zur Deckung von Grundbedürfnissen, die ein Verlassen des eigenen Wohnsitzes rechtfertigen, sind die Ausübung beruflicher Tätigkeiten, die Inanspruchnahme medizinischer und veterinärmedizinischer Versorgungsleistungen (z.B. Arztbesuch, medizinische Behandlungen, Therapie), sonstige Handlungen zur Versorgung der Grundbedürfnisse (z.B. Lebensmitteleinkauf, Gang zur Apotheke oder zum Geldautomat, Besuch bei Alten, Kranken oder Menschen mit Einschränkungen in ihrem jeweiligen privaten Bereich) und Handlungen zur Versorgung von Tieren. Diese triftigen Gründe sind im Falle von Kontrollen durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes glaubhaft zu machen.

§ 5

Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die Beschränkungen zu überwachen und gegebenenfalls sicherheitspolizeilich einzuschreiten.

§ 6

Wer dieser Verordnung zuwiderhandelt, begeht gemäß § 3 Abs. 3 COVID-19-Maßnahmengesetz eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von bis zu 3.600,- Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen.

§ 7

(1) Diese Verordnung tritt mit 21. März 2020 in Kraft, soweit in den Abs. 2, 3 und 4 nicht anderes bestimmt wird.

(2) Für die Gemeinde St. Anton am Arlberg treten § 1 Abs. 2, § 4 Abs. 1, 2, 3 und 5 sowie in Bezug auf diese Bestimmungen die §§ 5 und 6 mit 21. März 2020 in Kraft, die übrigen Bestimmungen mit 29. März 2020.

(3) Für die Gemeinden im Paznauntal treten § 1 Abs. 2 und § 4 sowie in Bezug auf diese Bestimmungen die §§ 5 und 6 mit 21. März 2020 in Kraft, die übrigen Bestimmungen mit 29. März 2020.

(4) Für die Gemeinde Sölden treten § 1 Abs. 2, § 4 Abs. 1, 2, 3 und 5 sowie in Bezug auf diese Bestimmungen die §§ 5 und 6 mit 21. März 2020 in Kraft, die übrigen Bestimmungen mit 3. April 2020.

(5) Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des 13. April außer Kraft.

(6) Die Verordnung des Landeshauptmannes nach § 2 Z 2 des COVID-19-Maßnahmengesetzes, LGBl. Nr. 33/2020, in der Fassung der Verordnung LGBl. Nr. 34/2020, tritt mit dem Ablauf des 20. März 2020 außer Kraft.“

VStG

„§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.       die als erwiesen angenommene Tat;

2.       die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.       die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.       den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.       im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.       die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.       der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.       Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.       die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.       die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.       die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

(2) Wird die Einstellung verfügt, so genügt ein Aktenvermerk mit Begründung, es sei denn, daß einer Partei gegen die Einstellung Beschwerde beim Verwaltungsgericht zusteht oder die Erlassung eines Bescheides aus anderen Gründen notwendig ist. Die Einstellung ist, soweit sie nicht bescheidmäßig erfolgt, dem Beschuldigten mitzuteilen, wenn er nach dem Inhalt der Akten von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wußte“

V.       Erwägungen:

Die belangte Behörde wirft dem Beschwerdeführer vor, gegen § 1 Abs 1 der Verordnung des Landeshauptmannes LGBl Nr 35/2020 verstoßen zu haben. Im Spruch des Straferkenntnisses führt sie ausdrücklich aus, dass das Verbot des Betretens öffentlicher Orte nach besagter Verordnung „nach Maßgabe der §§ 2 bis 5“ der genannten Verordnung gegolten hat. Das in § 1 Abs 1 der Verordnung LGBl Nr 35/2020 normierte Verbot steht sohin unter der näheren Einschränkung, dass sich dieses auf einen Sachverhalt nach den §§ 2 bis 5 der angeführten Verordnung bezieht.

Die Verordnung LGBl Nr 35/2020 enthält unterschiedliche (teilweise vom Verfassungsgerichtshof bereits behobene) Tatbestände, welche für die Frage des Betretens öffentlicher Orte maßgeblich gewesen sind. So sieht § 2 der Verordnung beispielsweise vor, dass österreichische Staatsbürger und Staatsangehörige anderer Staaten, die nicht über einen Wohnsitz in Tirol verfügen, das Landesgebiet unverzüglich zu verlassen haben, in § 3 der Verordnung wird die Zufahrt und die Abfahrt aus den Gemeinden im Landesgebiet verboten, in § 4 das Verlassen des eigenen Wohnsitzes.

Der Vorschrift des § 44 a Z 1 VStG ist nach der Judikatur des VwGH (vgl dazu VwGH 03.10.1985, 85/02/0053) dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44 a Z 1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder als rechtswidrig erscheinen lässt.

Zumal das Verbot des Betretens öffentlicher Orte nach § 1 Abs 1 der Verordnung LGBl Nr 35/2020 nach Maßgabe der §§ 2 bis 5 der genannten Verordnung verhängt wurde, ist für eine Bestrafung nach der vorliegenden Verordnung zur Wahrung der in der angeführten Entscheidung des VwGH genannten Interessen erforderlich, dass einer der in §§ 2 bis 5 der Verordnung angeführten Sachverhalte als die als erwiesen angenommene Tat im Spruch des Straferkenntnis sachverhaltsbezogen ausgeführt wird.

Im vorliegenden Fall käme nach dem Sachverhalt auf Grund des Wohnsitzes des Beschwerdeführers in Deutschland allenfalls eine Übertretung nach § 2 der Verordnung in Betracht. Ein derartiger Sachverhalt wurde dem Beschwerdeführer allerdings nicht innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr zur Last gelegt.

Da dem Beschwerdeführer sohin innerhalb der gesetzlichen Verfolgungsverjährungsfrist von einem Jahr eine konkrete Tat nicht vorgehalten wurde, war das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren aufgrund eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

Konkretisierungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.15.1410.1

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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