TE Lvwg Erkenntnis 2021/6/30 LVwG-2021/22/1422-2

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Veröffentlicht am 30.06.2021
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Entscheidungsdatum

30.06.2021

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des AA, geb. **.**.****, Adresse 1, **** Z, v.d. Rechtsanwalt BB, Adresse 2, **** Y,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 21.4.2021, ***, wegen einer Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.   Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

„1. Datum/Zeit: 06.03.2021, 14:30 Uhr

Ort:                      Z, Adresse 3

Sie haben als Obmann des Vereins "Moscheen Errichtungs-, Erhaltungs- und Verwaltungsverein Z" in **** Z, Adresse 3 folgende Übertretung der Gewerbeordnung zu verantworten.

Der genannte Verein hat am 6.3.2021 14:30 Uhr auf dem Standort **** Z, Adresse 3 eine Grillveranstaltung abgehalten und für die Speisen einen mittels Aushang festgesetzten Betrag verlangt und dadurch das Gewerbe "Gastgewerbe § 94 Z 26 GewO iVm § 111 Abs 1 Z 2 GewO" selbständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, obwohl weder Sie noch die genannte Firma dafür eine Gewerbeberechtigung besitzt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1. §5 Abs 1 GewO iVm § 339 Abs 1 GewO iVm § 366 Abs. 1 Zif. 1 GewO 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt

Geldstrafe von

falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von

Ersatzfreiheitsstrafe von

Freiheitsstrafe von

Gemäß

1. €600,00

4 Tage(n) 0 Stunde(n)

0 Minute(n)

 

§ 366 Abs.1 GewO 1994

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 60,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 660,00.“

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des rechtsfreundlich vertretenen Beschuldigten, in der zusammengefasst vorgebracht wird, er habe die zur Last gelegte Tat nicht begangen.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol richtete folgendes, mit 23.6.2021 datiertes Schreiben an die belangte Behörde:

„Sehr geehrter Herr Anselm,

Im angefochtenen Straferkenntnis vom 21.4.2021 wurde dem Beschwerdeführer die Ausübung eines Gewerbes für einen konkreten Tag samt Zeitangabe (14:30 Uhr) zur Last gelegt. In der Begründung führen Sie aus: „Unabhängig von diesem Verfahren bleibt noch anzumerken, dass bekannt wurde, dass offenbar im Vorfeld bereits gleich geartete Tätigkeiten an den Wochenenden ausgeübt wurden“.

Im vorgelegten Akt kann ich dazu jedoch kein Ermittlungsergebnis finden. Bitte teilen Sie mir mit, worauf sich Ihre diesbezügliche Annahme stützt (Aussagen der Polizei oder anderer Zeugen etc.) und welche konkreten Tage davon betroffen sind.“

Dieses Schreiben wurde am selben Tage wie folgt beantwortet:

„Dieser Textteil stützt sich auf die mündliche Angabe von zwei Arbeitskollegen.

Aktenkundig habe ich dies nicht gemacht.

Konkrete Datumsangaben gibt es dazu keine, mitgeteilt wurde, dass dies des Öfteren an Wochenenden vorkommt.“

Beweis wurde weiters aufgenommen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.

II.      Rechtsgrundlagen

Die hier maßgebliche Bestimmung der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idF BGBl I 2018/45 lautet wie folgt:

㤠1.

(1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

(4) Auch eine einmalige Handlung gilt als regelmäßige Tätigkeit, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen wird der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten. Die Veröffentlichung über eine den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit in Registern gilt nicht als Ausübung, wenn die Veröffentlichung auf Grund von gesetzlichen Verpflichtungen erfolgt.

(5) Die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, liegt auch dann vor, wenn der Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil den Mitgliedern einer Personenvereinigung zufließen soll.

(6) Bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 liegt die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit sei es mittelbar oder unmittelbar auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Übt ein Verein gemäß dem Vereinsgesetz 1951 eine Tätigkeit, die bei Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fiele, öfter als einmal in der Woche aus, so wird vermutet, daß die Absicht vorliegt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.“

III.     Erwägungen

Der Beschwerdeführer bestreitet, gewerbsmäßig gehandelt zu haben. Damit ist er, in Bezug auf die konkret vorgeworfene Tat, im Recht. Im angefochtenen Straferkenntnis wird ihm die Ausübung des Gastgewerbes für einen konkreten Tag mit Tatzeitangabe 14:30 Uhr vorgehalten.

Nun kann, wie in § 1 Abs 4 erster Satz GewO 1994 ausgeführt, auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gelten, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert. Das ist hier aufgrund des konkreten Tatvorwurfes nicht der Fall. Der in Rede stehende Verein hat, so die im Akt einliegenden Ankündigungen sowie Fotos, für genau diesen Tag (6. März 2021) auf dem Parkplatz vor einer Moschee Tische/Bänke und Gerätschaften zum Grillen aufgestellt und verlautbart, dass hier Grillspezialitäten abgeholt („to go“) werden können.

Anders als bei sog. „Freizeit- und Kulturvereinen“, die oftmals gleich einem Gastgewerbebetrieb ausgestattet sind (Getränkeautomaten, Kochgelegenheiten, Stühle und Tische, Fernsehgeräte etc.) und die bei genauer Prüfung nur dazu dienen, den Mitgliedern verbilligt die Konsumation von Speisen und Getränken anzubieten (genau derartige Vereine hat ja auch der Gesetzgeber im § 1 Abs 6 GewO 1994 im Auge – siehe etwa Stolzlechner/Müller/Seider/Vogelsang/Höllbacher, Kommentar zur Gewerbeordnung 19944 (2020) § 1 Rz 42 mit zahlreichen Beispielen), ist dieses äußere Erscheinungsbild hier nicht in dieser Intensität gegeben. Geht man wiederum vom Tatvorwurf aus, wurde hier – wie bereits oben beschreiben – an einem Tag lediglich eine „Grillstation“ vor einer Moschee aufgebaut. Ein Vorgang, wie er bei unzähligen Vereinen wie Feuerwehren, Schützen oder Musikkapellen laufend erfolgt. Daraus allein kann noch nicht auf eine Gewerbsmäßigkeit geschlossen werden, insbesondere dann nicht, wenn nur ein konkreter Tag mit Zeitangabe zur Last gelegt wird.

Daran ändert auch nichts, wenn die vorgefundene „Preisliste“ tatsächlich auf eine Gewerbsmäßigkeit hinweist und so ein Widerspruch zu den Angaben vor der Polizei, es hätte sich nur um freiwillige Spenden gehandelt, vorliegt.

Die Behörde deutet nun im angefochtenen Straferkenntnis auf Seite 5 oben vage an, dass gleichartige Tätigkeiten schon an anderen Wochenenden stattgefunden hätten. Ungeachtet des diesbezüglichen Vorhaltes durch das erkennende Gericht ist die belangte Behörde aber nicht in der Lage, dazu konkrete Angaben zu machen.

Zusammenfassend kann in der gegenständlichen Fallkonstellation nicht davon ausgegangen werden, dass hier eine gewerbsmäßige Tätigkeit gegeben ist. Dem Beschwerdeführer ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Grenze zur Gewerbsmäßigkeit jedenfalls dann überschritten wird, wenn weitere Umstände vorliegen, die auf eine Wiederholung der Tätigkeit schließen lassen, wie insbesondere die Durchführung weiterer derartiger „Grillpartys“.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Schutzausrüstung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.22.1422.2

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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