TE Lvwg Erkenntnis 2021/7/26 LVwG-2021/15/1614-1

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Veröffentlicht am 26.07.2021
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Entscheidungsdatum

26.07.2021

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
40/01 Verwaltungsverfahrensgesetze

Norm

WRG 1959 §9
WRG 1959 §32
VStG 1991 §44a

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dünser über die Beschwerde von AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Z vom 06.05.2021, Zahl *** betreffend Übertretung nach dem WRG 1959,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren betreffend Übertretung nach § 9 Abs 1 WRG 1959 gemäß § 45 Abs 1 Ziffer 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

„Es wurde festgestellt, dass am 21.01.2021 um circa 17:20 Uhr (Zeitpunkt der Feststellung) zwei Mitarbeiter der CC GmbH mit zwei Traktoren samt Anhängern große Mengen Schnee im Bereich des Fußgängerweges zwischen den Gemeindegrenzen **** Y und **** X, südlich der Firma DD in **** Y, Adresse 2, abgeladen haben. Die Schneemengen wurden dabei südlich des Weges im Bereich der Böschung in Richtung EE abgeladen.

Eine wasserrechtliche Bewilligung hierfür lag zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht vor.

Durch das Abladen des Schnees im Bereich des Fußgängerweges zwischen den Gemeindegrenzen **** Y und **** X, südlich der Firma DD in **** Y, Adresse 2, ohne entsprechende wasserrechtliche Bewilligung haben Sie, AA, geboren am **.**.****, als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG 1991 zur Vertretung nach außen Berufener der CC GmbH folgende Verwaltungsübertretung begangen:

o        § 9 Abs 1 IVm § 137 Abs 2 Z 1 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 73/2018

Gemäß § 9 Abs 1 iVm § 137 Abs 2 Z 1 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 73/2018, wird gegen Sie, AA, wohnhaft in **** W, Adresse 3, eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,00 verhängt. Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 23 Stunden.

Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. 58/2018 -kurz VStG 1991-, haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens EUR 100,00 zu bezahlen.

Der Gesamtbetrag beträgt somit EUR 1.100,00.

Dagegen richtet sich das fristgerecht erhobene Rechtsmittel in welchem zusammenfassend ausgeführt wird, dass von ihm kein Auftrag zum Abladen von Schnee im beschriebenen Bereich erteilt worden sei. Es sei daher nicht feststellbar, dass Fahrzeuge wahrgenommen wurden, die dem Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers aus verwaltungsstrafrechtlich verantwortlichem Geschäftsführer zuzuordnen sei. Weiters wird ausgeführt, dass der von der belangten Behörde zugrunde gelegte Sachverhalt des Abladens von Schnee im Bereich eines Fußgängerweges nicht unter das Wasserrechtsgesetz falle. Bei einem Fußgängerweg handle es sich weder um ein Gewässer, noch um einen Teil desselben. Zudem sei auf den übermittelten Lichtbildern nicht erkennbar, dass der Schnee in irgendwelcher Weise verunreinigt gewesen wäre. Weiters folgen Ausführungen betreffend eine allfällige Einwirkung nach § 32 WRG, worauf mangels entsprechendem Vorhalt durch die belangte Behörde an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird.

Festgehalten wird, dass das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren auf einer Privatanzeige beruht. Demnach hat der Anzeiger vor der belangten Behörde ausgeführt, dass er einen Traktor wahrgenommen habe, welcher mit Schnee beladen gewesen sei. Dieser Traktor sei dem Beschwerdeführer zuzuordnen gewesen, zumal ihm der Fahrer eine Visitenkarte des Unternehmens, dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist, ausgehändigt habe. Weiters habe er im Zuge dessen festgestellt, dass ein anderer Traktor mit einem leeren Anhänger vom EE heraufgekommen sei. Er sei sodann dem mit Schnee beladenen Anhänger nachgefahren und habe festgestellt, dass dieser auf ein Betriebsgelände gelenkt wurde. Ein Abladen von Schnee hat der Zeuge allerdings selbst nicht wahrgenommen.

Festgehalten wird, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer lediglich einen Verstoß gegen § 9 Abs 1 WRG zur Last legt, wobei weder in einer Verfolgungshandlung, noch in der angefochtenen Entscheidung konkret dargelegt wird, wohin eine über den Gemeingebrauch hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer vorliegen soll.

Dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten bzw das Verhalten der Mitarbeiter des Unternehmens, für welche der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer einzustehen hat, durch ihre Handlungen eine Einwirkung auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigen, vorgenommen hätten, wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde zu keinem Zeitpunkt angelastet.

II.      Sachverhalt:

Dem Beschwerdeführer wird durch das angefochtene Straferkenntnis zur Last gelegt, dass er Schnee südlich eines Weges im Bereich einer Böschung abgeladen habe. Weshalb er dadurch allerdings gegen § 9 Abs 1 WRG 1959 verstoßen habe, wird von der belangten Behörde im Spruch des Straferkenntnisses nicht dargelegt. Auch sonst wird im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht ausgeführt, weshalb das Abladen von Schnee im vorliegenden Fall entgegen den Vorgaben des WRG 1959 erfolgt sei.

III.     Beweiswürdigung:

Die maßgeblichen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde.

IV.      Rechtslage:

„Wasserrechtsgesetz

§ 9.

(1)  Einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde bedarf jede über den Gemeingebrauch (§ 8) hinausgehende Benutzung der öffentlichen Gewässer sowie die Errichtung oder Änderung der zur Benutzung der Gewässer dienenden Anlagen. Auf Antrag hat die Behörde festzustellen ob eine bestimmte Benutzung eines öffentlichen Gewässers über den Gemeingebrauch hinausgeht

...

VStG

§ 44a

Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.   die als erwiesen angenommene Tat;

2.   die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3.   die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4.   den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5.   im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten.

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.   die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.   der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.   Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.   die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.   die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.   die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

V.       Erwägungen:

§ 44a Z 1 VStG stellt das Erfordernis der Angabe der als verwiesen angenommenen Tat auf. Nach § 44a Z 1 VStG ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1.   die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die

2.   die Identität der Tat unverwechselbar feststeht

(vgl VwGH 13.06.1984, 82/03/0265 zur insofern vergleichbaren Bestimmung des § 44a VStG 1950).

Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn

a.   im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

b.   der Spruch geeignet ist, den Beschwerdeführer rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltes nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden

(vgl VwGH 03.10.1985, 85/02/0053).

Das angefochtene Straferkenntnis genügt diesen Vorgaben nicht: So wird dem Beschwerdeführer in der Beschreibung der Tat angelastet, dass er Schnee im Bereich eines Radweges auf einer Böschung abgekippt habe. Dass Schnee direkt in ein Gewässer eingebracht wird, wird dem Beschwerdeführer allerdings nicht vorgehalten. Überhaupt legt die belangte Behörde nicht dar, weshalb durch das Abladen von Schnee eine Überschreitung der über den Gemeingebrauch hinausgehende Benützung öffentlicher Gewässer vorliegen sollte. Der Tatvorwurf ist daher im Hinblick auf die von der belangten Behörde angeführte Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden sei, nicht nachvollziehbar.

Hingewiesen wird vor diesem Hintergrund, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auch zu keinem Zeitpunkt vorgehalten hat, dass der Sachverhalt allenfalls unter § 32 WRG 1959 zu subsumieren sei, insbesondere, dass durch das Abladen von Schnee eine Einbringung von Stoffen in Gewässer erfolgt wäre, welche erst nach Erteilung einer entsprechenden wasserrechtlichen Bewilligung zulässig wäre.

Angemerkt sei an dieser Stelle weiters, dass auch kein unmittelbarer Zeuge dafür vorliegt, dass mit einem auf das Unternehmen, für welches der Beschwerdeführer einzustehen hat, zugelassenen Fahrzeug Schnee im fraglichen Bereich abgelagert worden wäre. So hat der einzige Belastungszeuge lediglich angeführt, dass er einerseits einen mit Schnee beladenen Traktor wahrgenommen hätte, bei welchem er allerdings ein Abladen von Schnee nicht feststellen konnte. Weiters hat er einen Traktor mit leerem Anhänger wahrgenommen. Feststellungen dazu, dass der Traktor mit leerem Anhänger zuvor noch mit Schnee beladen gewesen wäre und dieser Schnee im fraglichen Bereich durch diesen Traktor abgeladen worden wäre, wurden im Verfahren nicht getroffen. Weiters wird festgehalten, dass auch nicht ersichtlich ist, wem dieses Verhalten tatsächlich zuordenbar wäre. So wurde beispielsweise auch nicht geklärt, ob allenfalls diese Schneeräumung- und entsorgung durch einen Dritten beauftragt worden wäre. Zu beachten gilt dabei, dass eine Strafbarkeit im vorliegendem Zusammenhang grundsätzlich bei demjenigen liegt, der eine entsprechende Handlung in Auftrag gibt (vgl dazu etwa VwGH 26.04.2007, 2004/07/0105).

Vor diesem Hintergrund konnte gemäß § 44 Abs 2 VwGVG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dazu wird auf die in der Entscheidung zitierte Judikatur verwiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dünser

(Richter)

Schlagworte

mangelnde Konkretisierung; Abkippen von Schnee allenfalls nach W 32 WRG zu beurteilen; Folge gegeben; Einstellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2021:LVwG.2021.15.1614.1

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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