TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/21 97/18/0027

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Veröffentlicht am 21.02.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AufG 1992 §10 Abs1 Z6;
AufG 1992 §5 Abs1;
AuslBG §9 Abs2 litb;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §17 Abs4;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. November 1996, Zl. SD 1061/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. November 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer, erstmals im April 1992 polizeilich in Wien angemeldet, habe vom 21. Mai 1992 bis 31. Jänner 1994 Sichtvermerke und in der Folge eine Aufenthaltsbewilligung bis 26. Juli 1995 erhalten. Danach habe er das Bundesgebiet verlassen und sei zuletzt am 10. Dezember 1995 mit einem vom 7. Dezember 1995 bis 6. Jänner 1996 gültigen Touristensichtvermerk eingereist. Seither halte er sich unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Der Umstand, daß er im Zeitraum vom 7. September 1992 bis 6. Jänner 1996 bzw. vom 14. März 1994 bis 19. November 1996 über eine Beschäftigungsbewilligung verfügt habe, vermöge daran nichts zu ändern. Denn entgegen der offenbaren Meinung des Beschwerdeführers setze die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht das Vorliegen einer Aufenthaltsberechtigung voraus. Abgesehen davon behaupte der Beschwerdeführer nicht einmal, daß er derzeit tatsächlich einer Beschäftigung nachgehe. Er lege auch nicht dar, auf welche Grundlage sich die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes stützen könnte.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, so liege aufgrund des insgesamt relativ langen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers sowie im Hinblick darauf, daß er mit einer österreichischen Staatsbürgerin in Gemeinschaft lebe, ein mit dieser Maßnahme verbundener Eingriff in sein Privatleben vor. Dessen ungeachtet sei die Ausweisung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, im besonderen auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten. Der seit 7. Jänner 1996 unrechtmäßige Aufenthalt beeinträchtige die öffentliche Ordnung in hohem Maß. Hinzu komme, daß einer Antragstellung nach dem Aufenthaltsgesetz vom Inland aus die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG entgegenstehe. Eine Abstandnahme von der Ausweisung würde dem Beschwerdeführer entgegen den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes den tatsächlichen, jedoch nicht rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens zuwiderliefe. Somit erweise sich die Ausweisung des Beschwerdeführers auch nach § 19 FrG als zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleiben die maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen unbestritten. Der auf dieser Sachverhaltsannahme gründenden Rechtsansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer (seit 7. Jänner 1996) unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, er somit - vorbehaltlich der Zulässigkeit nach § 19 FrG - gemäß § 17 Abs. 1 FrG auszuweisen sei, vermag die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegenzusetzen.

2.1. Die Ansicht, daß aufgrund der für den Beschwerdeführer erteilten Beschäftigungsbewilligungen "extensiv interpretiert angenommen werden (muß), daß sohin auch Aufenthaltsbewilligungen vorlagen", findet im Gesetz keine Deckung. Die Tatsache, daß für den Beschwerdeführer zu einem Zeitpunkt eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, zu dem er über eine Bewilligung zum Aufenthalt nach dem Aufenthaltsgesetz verfügte, führt nicht dazu, daß nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Aufenthaltsbewilligung die in zeitlicher Hinsicht darüber hinausreichende Beschäftigungsbewilligung die fehlende Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz zu ersetzen vermag. Vielmehr kann bei Fehlen der Aufenthaltsbewilligung die Beschäftigungsbewilligung aus wichtigen Gründen in der Person des Ausländers widerrufen werden (§ 9 Abs. 2 lit. b AuslBG; vgl. dazu Schnorr, Ausländerbeschäftigungsgesetz3, Wien 1995, § 4 Rz 29).

Vom Beschwerdeführer vermißte Ermittlungen darüber, inwieweit die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gerechtfertigt gewesen sei, bzw. warum eine solche für ihn erteilt worden sei, waren demnach entbehrlich.

2.2. Daß der Beschwerdeführer - laut Beschwerde - nach Ablauf der Gültigkeitsdauer seines Touristensichtvermerkes mit 6. Jänner 1996 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt hat, ist im gegebenen Zusammenhang ohne rechtliche Relevanz, da die bloße Antragstellung die Erteilung der angestrebten Bewilligung nicht ersetzt. § 17 Abs. 4 FrG kommt entgegen der Beschwerdemeinung vorliegend deshalb nicht zum Tragen, weil diese Norm einen rechtzeitig gestellten Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz voraussetzt, der vom Beschwerdeführer seinem Vorbringen zufolge im Anschluß an den Touristensichtvermerk eingebrachte Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz aber jedenfalls kein rechtzeitig gestellter Antrag auf Verlängerung seiner mit 26. Juli 1995 befristet gewesenen Aufenthaltsbewilligung ist.

2.3. Der Beschwerde gelingt es auch nicht, in Ansehung der von der belangten Behörde vorgenommenen Zulässigkeitsprüfung gemäß § 19 FrG eine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat unter Zugrundelegung des mehr als vierjährigen, allerdings nur teilweise rechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich sowie seiner Lebensgemeinschaft einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben angenommen. Wenn sie unbeschadet dessen zu dem Ergebnis gelangt ist, daß diese Maßnahme im Grunde des § 19 FrG zulässig sei, weil im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 MRK notwendig, so begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken, wurde doch das nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/18/0435, mwN) aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens (an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch die Normadressaten) durch den bereits nahezu einjährigen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich in gravierender Weise beeinträchtigt - eine Beeinträchtigung, die durch die rechtliche Unmöglichkeit einer Legalisierung des Aufenthaltes im zeitlichen Anschluß an einen Touristensichtvermerk vom Inland aus (§ 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG) noch an Gewicht gewinnt.

2.4. Die Beschwerdebehauptung, die belangte Behörde habe Art. 1 des 7. ZPMRK mißachtet, demzufolge es dem Beschwerdeführer gestattet werden müsse, "seinen Fall prüfen und sich vor der Behörde vertreten zu lassen", ist nicht zielführend. Abgesehen davon, daß damit die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes geltend gemacht wird, worüber zu befinden der Verfassungsgerichtshof zuständig ist, tut der Beschwerdeführer nicht dar und ist derartiges auch nicht erkennbar, daß dem Beschwerdeführer die Prüfung seines Falles und seine Vertretung vor der zuständigen Behörde zu diesem Zweck nicht gestattet, also verwehrt worden wäre.

2.5. Was das als Verfahrensmangel gerügte Versäumnis der Behörde anlangt, keine Ermittlungen darüber angestellt zu haben, "ob ich im Besitz eines gültigen Reisepasses bin, der meine Identität dokumentiert", so geht dieser Vorwurf schon deshalb ins Leere, weil die belangte Behörde keine Zweifel an der Identität des Beschwerdeführers gehegt hat.

3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was schon der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997180027.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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