TE Bvwg Erkenntnis 2021/3/25 W236 2173980-2

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Veröffentlicht am 25.03.2021
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Entscheidungsdatum

25.03.2021

Norm

AsylG 2005 §70
AVG §57
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §53 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs2a
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W236 2173980-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.01.2021, Zl. 1031376610/14968269, zu Recht:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Ukraine, stellte in Österreich am 13.09.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem sie am 14.09.2014 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt wurde.

2. Am 21.06.2017, von 09:00 Uhr bis 12:10 Uhr fand die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin im Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl statt, in welcher sie zu ihren persönlichen Lebensumständen und den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaates sowie die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz befragt wurde.

3. Mit Bescheid vom 21.09.2017, 1031376610/14968269 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz vom 13.09.2014 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005, als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ab, erteilte ihr gemäß § 57 AsylG 2005 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, stellte gemäß § 52 Abs. 9 FPG fest, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin gemäß § 46 FPG in die Ukraine zulässig sei und legte gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2020, W247 2173980-1/14E, bezüglich der Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten, der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten und der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen; im Übrigen wurde der Beschwerde stattgegeben, ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und der Beschwerdeführerin eine „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

5. Mit Bescheid vom 13.07.2017, ZI. 1031376610/170747197, bestimmte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die für die Tätigkeit der genannten Person als Dolmetsch am 21.06.2017 von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr zustehenden und mit Gebührennote fristgerecht geltend gemachten Gebühren nach dem Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG), BGBl. Nr. 136/1975, mit 95,20 Euro.

6. Mit Mandatsbescheid vom 12.10.2020, zugestellt am 14.10.2020, ZI. 1031376610/14968269, sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG iVm § 57 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, aus, dass die Beschwerdeführerin dem Bund die entstandenen Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt 95,20 Euro zu ersetzen habe. Gegen diesen Mandatsbescheid wurde am 27.10.2020 Vorstellung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erhoben.

7. Mit Schreiben vom 02.12.2020, ZI. 1031376610/14968269, forderte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Beschwerdeführerin zur Abgabe einer Stellungnahme auf und führte aus, dass aufgrund der Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 21.06.2017 zum Verfahren 1031376610/170747197 (Verfahren zur Durchsetzung und Effektuierung einer Ausreiseentscheidung) Dolmetschkosten entstanden seien. Die Beschwerdeführerin sei an diesem Tag zu dem genannten Verfahren mithilfe eines Dolmetschers in der Zeit von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes niederschriftlich einvernommen worden und habe ein Formblatt in ukrainischer Sprache befüllt. Dabei handle es sich nicht um Kosten, die aufgrund des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin entstanden seien, sondern um Dolmetschkosten nach dem 8. Hauptstück des FPG.

7. Mit oben genanntem, gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 12.01.2021, Zl. 1031376610/14968269, zugestellt am 15.02.2021, sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG aus, dass die Beschwerdeführerin dem Bund die entstandenen Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt 95,20 Euro zu ersetzen habe.

Begründend wird im Wesentlichen dargelegt, dass die Beschwerdeführerin am 21.06.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Verfahren 1031376610/170747197 mit Hilfe eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen worden sei. Am 07.07.2017 sei eine Kostennote bezüglich der dadurch entstandenen Dolmetschkosten eingelangt; diese Kosten seien mit Gebührenbestimmungsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2017 festgestellt worden. Dem Bund seien durch die gegen die Beschwerdeführerin gesetzten Maßnahmen Kosten entstanden (Kosten für die entstandenen Dolmetschleistungen), welche nunmehr der Beschwerdeführerin im ordentlichen Verfahren vorgeschrieben würden.

8. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 25.02.2021 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Begründend wird insbesondere vorgebracht, dass es sich bei der am 21.06.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erfolgten Einvernahme um eine Amtshandlung handle, die im Rahmen des Asylverfahrens nach dem AsylG 2005 stattgefunden habe; somit sei § 70 AsylG 2005 als lex specialis anwendbar. Es sei zu keinem Zeitpunkt eine gegen die Beschwerdeführerin rechtskräftig erlassene Rückkehrentscheidung aufrecht gewesen und habe somit auch kein Anlass für eine Verfahrenshandlung nach dem 7. und 8. Hauptstück des FPG bestanden. Es bestehe keine Rechtsgrundlage für die gegenständliche Kostenvorschreibung. Die von der Behörde angeführte Eingabegebühr in Höhe von 30,00 Euro würde für die Beschwerdeführerin, die über kein regelmäßiges Einkommen verfüge, eine unverhältnismäßige Härte bedeuten; es werde daher der Antrag auf Nachsicht der Abschreibung wegen Unbilligkeit gemäß § 236 Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, gestellt und in eventu angeregt, die Abgabenbehörde möge gemäß § 206 Abs. 1 lit. b BAO von der Festsetzung der Abgabe Abstand nehmen bzw. die Abgabenschuldigkeit von Amts wegen gemäß § 235 Abs. 1 BAO durch Abschreibung löschen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin führt die im Kopf dieser Entscheidung ersichtlichen Personalien und ist Staatsangehörige der Ukraine.

Am 13.09.2014 stellte die Beschwerdeführerin in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem sie am 14.09.2014 von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt und am 21.06.2017 (Dauer 09:00 Uhr bis 12:10 Uhr) vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen wurde. Mit Bescheid vom 21.09.2017, 1031376610/14968269, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag der Beschwerdeführerin sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte ihr gemäß § 57 AsylG 2005 keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung samt Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Ukraine und legte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobene Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.09.2020, W247 2173980-1/14E, bezüglich der Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten, der Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten und der Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen; im Übrigen wurde der Beschwerde stattgegeben, ausgesprochen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und der Beschwerdeführerin eine „Aufenthaltsberechtigung“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

Mit Bescheid vom 12.01.2021, Zl. 1031376610/14968269, sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 53 Abs. 1 BFA-VG aus, dass die Beschwerdeführerin dem Bund die entstandenen Dolmetschkosten in der Höhe von insgesamt 95,20 Euro zu ersetzen habe und begründete dies damit, dass die Beschwerdeführerin am 21.06.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Verfahren 1031376610/170747197, mit Hilfe eines Dolmetschers niederschriftlich einvernommen worden sei. Es sei eine Aufforderung zur Stellungnahme ergangen, worin angeführt worden sei, worauf sich die geforderten Kosten beziehen würden (Verfahren zur Durchsetzung und Effektuierung einer Ausreiseentscheidung; die Beschwerdeführerin sei am 21.06.2017 in der Zeit von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Hilfe eines Dolmetschers zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes niederschriftlich einvernommen worden und habe ein Formblatt in ukrainischer Sprache befüllt). Gegen diesen Bescheid wurde am 25.02.2021 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Es steht nicht fest, dass die Beschwerdeführerin am 21.06.2017 von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes niederschriftlich einvernommen wurde. Fest steht, dass die Beschwerdeführerin am 21.06.2017 ein Formblatt in ukrainischer Sprache befüllt hat.

Eine Befragung der Beschwerdeführerin und/oder ein Ausfüllen von Formblättern durch die Beschwerdeführerin zum Zweck der Einholung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes während des beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängigen Verfahrens über den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz waren nicht notwendig.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat nicht von seiner Ermächtigung, bei der für die Beschwerdeführerin zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1 FPG) auszustellen, Gebrauch gemacht.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsakt der Behörde, ZI. 1031376610/14968269, den gegenständlichen Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2020, W247 2173980-1/14E, betreffend das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin, das Zentrale Melderegister, das Zentrale Fremdenregister und das Grundversorgungs-Informationssystem.

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin ergeben sich aus dem Inhalt des gegenständlichen Verwaltungsaktes in Verbindung mit Einsichtnahmen in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2020, W247 2173980-1/14E, das Zentrale Fremdenregister und das Zentrale Melderegister.

Die Feststellungen zum Verfahren über den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ergeben sich aus einer Einsichtnahme in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2020, W247 2173980-1/14E, und das Zentrale Fremdenregister.

Die Feststellungen zum gegenständlichen Bescheid und der fristgerechten Beschwerdeerhebung ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Dass nicht feststeht, dass die Beschwerdeführerin am 21.06.2017 von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes niederschriftlich einvernommen wurde, jedoch ein Formblatt in ukrainischer Sprache befüllt wurde, ergibt sich aus nachstehenden Erwägungen:

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bezieht sich sowohl im angefochtenen Bescheid als auch im dazu eingeräumten Parteiengehör auf das Verfahren der Beschwerdeführerin zur Verfahrenszahl 170747197 und die in diesem stattgefundene Einvernahme der Beschwerdeführerin am 21.06.2017 von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich, in welcher die Beschwerdeführerin mit Hilfe eines Dolmetschers zwecks Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes „niederschriftlich einvernommen“ worden sei und ein Formblatt in ukrainischer Sprache befüllt habe (AS 51 und 81f). Ein Protokoll dieser Befragung findet sich jedoch weder im gesamten Verwaltungsakt der Beschwerdeführerin noch konnte ein solches auf Urgenz des Bundesverwaltungsgerichtes vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelt werden. Im vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bei Beschwerdevorlage übermittelten Verwaltungsakt liegen lediglich folgende Unterlagen ein:

-        Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2017, ZI. 1031376610/170747197, mit welchem Dolmetschkosten für die Tätigkeit am 21.06.2017 von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr in der Höhe von 95,20 Euro bestimmt werden (AS 11f);

-        Gebührennote „zu IFA-Zahl 1031376610/14968269 + HRZ Befragung“ am 21.06.2017 von 09:00 Uhr bis 13:30 Uhr (AS 15);

-        Beiblatt zur Gebührennote, auf welchem eine Einvernahme der Beschwerdeführerin zur Zahl 1031376610/14968269 mit dem Vermerk „Inh Verfahren“ von 09:00 Uhr bis 12:15 Uhr und eine Einvernahme der Beschwerdeführerin (mit durchgestrichenem Nachnamen der Beschwerdeführerin) zur Zahl 1031376610/DEF (samt handschriftlichem Vermerk der Zahl 170747197) mit dem Vermerk „HRZ“ von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr angeführt sind (AS 17).

Der genannte Kostenbestimmungsbescheid vom 13.07.2012 erging – wie oben ersichtlich – zur Verfahrenszahl 170747197 (AS 11f), auf welche sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im gegenständlich angefochtenen Bescheid bezieht (Verfahren zur Durchsetzung und Effektuierung einer Ausreiseentscheidung, AS 81); der gegenständlich angefochtene Bescheid erging allerdings zur Verfahrenszahl 14968269 (AS 79), somit dem Asylverfahren der Beschwerdeführerin. Eine Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister hat überdies ergeben, dass in diesem nur die Verfahrenszahl 14968269 des Asylverfahrens der Beschwerdeführerin, nicht aber eine Verfahrenszahl 170747197 protokolliert ist. Auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes um Vorlage des Einvernahmeprotokolls vom 21.06.2017, 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr, übermittelte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Bundesverwaltungsgericht auf Aufforderung zunächst mit E-Mail vom 15.03.2021 das Protokoll der Einvernahme der Beschwerdeführerin vom 21.06.2017 zur Zahl 1031376610/14968269, Dauer von 09:00 Uhr bis 12:10 Uhr, im Verfahren über den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz (OZ 3), und in weiterer Folge nach erneutem telefonischen Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes um Übermittlung des Einvernahmeprotokolls vom 21.06.2017, von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr betreffend das Heimreisezertifikatsverfahren der Beschwerdeführerin, lediglich ein Formblatt, aus dem zwar (in kyrillischer Schrift) das Datum „21. Juni 2017“ ersichtlich ist, jedoch nicht hervorgeht, dass dies nicht im Rahmen der Einvernahme von 09:00 Uhr bis 12:10 Uhr ausgefüllt worden wäre. Ein Einvernahmeprotokoll habe laut Auskunft der Referentin beim Bundesamt jedoch nicht übermittelt werden könne, da ein solches nicht vorhanden sei (Aktenvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.03.2021, W236 2173980-2/4, sowie E-Mail des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.03.2021 – OZ 4). In einer Gesamtbetrachtung – insbesondere unter Berücksichtigung der Umstände, dass sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im gegenständlich angefochtenen Bescheid ausdrücklich auch auf eine niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin zur Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes bezieht, jedoch keine derartige Niederschrift sondern lediglich ein befülltes Formblatt in kyrillischer Schrift existiert, sowie der Erlassung des gegenständlich angefochtenen Bescheides zur Verfahrenszahl betreffend das Asylverfahren der Beschwerdeführerin – steht daher nicht fest, dass die Beschwerdeführerin am 21.06.2017 von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes niederschriftlich einvernommen wurde und dabei Dolmetschkosten entstanden wären, die der Beschwerdeführerin nunmehr aufzuerlegen seien.

Darüber hinaus erwies sich eine Befragung der Beschwerdeführerin zum Zweck der Einholung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes während des beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängigen Verfahrens über den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz als nicht notwendig; dies aus folgenden Überlegungen:

Aus einer Einsichtnahme in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2020, W247 2173980-1/14E, in Verbindung mit Einsichtnahmen in das Zentrale Melderegister und das Zentrale Fremdenregister ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin im September 2014 in das österreichische Bundesgebiet einreiste, ihren ersten und einzigen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte und seit 17.09.2014 durchgehend meldebehördlich gemeldet ist. Die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz fand am 21.06.2017 statt (siehe mit E-Mail des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.03.2021 übermittelte Niederschrift – OZ 3), eingangs welcher festgehalten wurde, dass „[d]er Antragsteller […] seinen ukrainischen Inlandsreisepass eh463707“ in Vorlage gebracht habe und die Beschwerdeführerin weiters eine Heiratsurkunde, eine Scheidungsurkunde und eine Geburtsurkunde vorlege (vgl. auch S 12 des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.09.2020, W247 2173980-1/14E). Der Niederschrift zum Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ist weiters zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin abgesehen von der Vorlage der genannten Dokumente auch detaillierte Angaben zu ihren Familienangehörigen und ihrer letzten Wohnadresse in der Ukraine machte, die an sie gerichteten Fragen beantwortete und zu den Gründen für das Verlassen ihres Herkunftsstaats befragt angab, dass einer der wichtigsten Gründe der gerade aufflammende Krieg gewesen sei; die Bombenschläge seien noch immer da und weil die russischen Gesetze gelten würden, würden die Zeugen Jehovas nicht akzeptiert werden und sie dürften keine Versammlungen abhalten. Der Niederschrift ist hingegen in keiner Weise zu entnehmen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Anschluss an die Befragung bereits beabsichtigte, den Antrag der Beschwerdeführerin abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung gegen die Beschwerdeführerin zu erlassen. Gegen die Beschwerdeführerin bestand dem Akteninhalt und dem Zentralen Fremdenregister zufolge nie eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung; der Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den ihren Antrag auf internationalen Schutz abweisenden und eine Rückkehrentscheidung verfügenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.09.2017, 1031376610/14968269, wurde auch die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen, dass die Beschwerdeführerin für die Behörden nicht jederzeit greifbar gewesen wäre. Insbesondere angesichts der identitätsbezogenen Vorlagen und Angaben der Beschwerdeführerin im Verfahren über ihren Antrag auf internationalen Schutz sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der behaupteten Befragung der Beschwerdeführerin samt Befüllung von Formblättern zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes eine Beabsichtigung der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht ersichtlich war, geschweige denn eine (wenn auch nicht durchsetzbare) aufenthaltsbeendende Maßnahme vorlag, war daher festzustellen, dass eine Befragung der Beschwerdeführerin und/oder ein Ausfüllen von Formblättern durch die Beschwerdeführerin zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes in einem Verfahren zur Durchsetzung und Effektuierung einer Ausreiseentscheidung während des beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängigen Verfahrens über den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz nicht notwendig waren.

Dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht von seiner Ermächtigung, bei der für die Beschwerdeführerin zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1 FPG) auszustellen, Gebrauch gemacht hat, ergibt sich aus dem Akteninhalt. Es sind (unter Berücksichtigung obiger Erwägungen) keine Hinweise ersichtlich, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl jemals konkret geplant oder versucht hat, tatsächlich ein Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument für die Beschwerdeführerin einzuholen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Beschwerde ist zulässig und rechtzeitig.

3.2. Zu A.) Abweisung der Beschwerde:

3.2.1. Rechtsgrundlagen:

Der mit „Abschiebung“ betitelte § 46 FPG des 7. Hauptstücks des FPG („Abschiebung und Duldung“) lautet auszugsweise:

„§ 46. […]

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

[…]“

Der mit „Kostenersatz“ betitelte § 53 BFA-VG lautet auszugsweise:

㤠53. (1) Es sind folgende Kosten, die dem Bund entstehen, von dem Fremden Рsoweit dem nicht Art. 30 Dublin-Verordnung entgegensteht Рzu ersetzen:

1.       Kosten, die bei der Durchsetzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück des FPG entstehen,

2.       Dolmetschkosten im Rahmen von Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG.

[…]

(4) § 79 AVG ist sinngemäß anzuwenden. Kosten gemäß Abs. 1, die uneinbringlich sind, trägt der Bund.“

Der mit „Gebühren“ betitelte § 70 AsylG 2005 lautet:

„§ 70. Die in Verfahren nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Eingaben, Vollmachtsurkunden, Niederschriften, Zeugnisse und ausländischen Personenstandsurkunden sowie die Verlängerung von Aufenthaltsberechtigungen sind von den Gebühren befreit. Weiters sind für Amtshandlungen auf Grund oder unmittelbar für Zwecke dieses Bundesgesetzes Verwaltungsabgaben des Bundes sowie Barauslagen nicht zu entrichten. Die Befreiung von Gebühren, Verwaltungsabgaben und Barauslagen gilt auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht.“

§ 53 BFA-VG entspricht im Wesentlichen dem geltenden § 113 FPG. (ErläutRV 1803 BlgNR 24. GP 33).

§ 113 Abs 1 FPG 2005 normiert – inhaltlich ebenso wie davor § 103 Abs 1 FrG 1997 und vor diesem § 79 Abs 1 FrG 1993 – eine Pflicht des Fremden zum Ersatz der bei der Durchsetzung eines gegen ihn bestehenden und nicht befolgten Aufenthaltsverbotes entstandenen Kosten. Es kann kein Zweifel bestehen, dass nur „notwendige Kosten“ zu ersetzen sind. Bei Beurteilung der Frage, welche Maßnahmen zur Durchführung einer Abschiebung erforderlich sind, sodass sich die dabei angefallenen Kosten in diesem Sinn als „notwendig“ erweisen, kommt der Behörde aber ein weiter Spielraum zu (VwGH 20.11.2008, 2007/21/0488).

Eine ersatzlose Behebung eines Bescheid(spruchs) ist eine Entscheidung in der Sache selbst (VwGH 21.03.2018, Ro 2018/18/0001). Die ersatzlose Behebung des verwaltungsbehördlichen Bescheids hat zur Folge, dass die Verwaltungsbehörde über den Gegenstand nicht mehr neuerlich entscheiden darf (VwGH 30.09.2020, Ra 2020/10/0026).

3.2.2. Anwendung auf den gegenständlichen Fall:

Zunächst steht, wie aufgezeigt, nicht fest, dass die Beschwerdeführerin am 21.06.2017 von 12:15 Uhr bis 12:30 Uhr vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Zweck der Erlangung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes niederschriftlich einvernommen wurde und in dieser Einvernahme das Formblatt in ukrainischer Sprache befüllt hat.

Zudem waren, wie oben dargelegt, eine Befragung der Beschwerdeführerin und/oder ein Ausfüllen von Formblättern durch die Beschwerdeführerin zum Zweck der Einholung eines Heimreisezertifikates bzw. Reisedokumentes während des beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl anhängigen Verfahrens über den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz nicht notwendig und hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht von seiner Ermächtigung, bei der für die Beschwerdeführerin zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1 FPG) auszustellen, Gebrauch gemacht.

Es ist daher nicht zu erkennen, dass dem Bund im Fall der Beschwerdeführerin Dolmetschkosten im Rahmen von (notwendigen) Verfahrenshandlungen gemäß dem 7. und 8. Hauptstück des FPG entstanden sind.

Der angefochtene Bescheid hätte damit nicht ergehen dürfen und ist somit ersatzlos zu beheben.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach die von der Behörde angeführte Eingabegebühr in Höhe von 30,00 Euro für die Beschwerdeführerin, die über kein regelmäßiges Einkommen verfüge, eine unverhältnismäßige Härte bedeuten würde und daher der Antrag auf Nachsicht der Abschreibung wegen Unbilligkeit gemäß § 236 BAO gestellt werde, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht die zuständige Abgabenbehörde ist. Die Beschwerdeführerin hat keinen Antrag auf Verfahrenshilfe gestellt.

3.2.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Im gegenständlichen Fall konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aufgrund der Aktenlage zweifelsfrei feststeht, es auf den persönlichen Eindruck des Beschwerdeführers hier nicht ankommt, eine Verhandlung keine weiteren Erkenntnisse erwarten lässt und im gegenständlichen Verfahren lediglich eine nicht komplexe Rechtsfrage zu klären war. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von den Verfahrensparteien auch nicht beantragt.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

aufenthaltsbeendende Maßnahme Barauslagen Behebung der Entscheidung Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Dolmetschgebühren Einvernahme Ermächtigung Ermächtigungsnorm ersatzlose Behebung Kassation Kostenbestimmungsbescheid Kostenbestimmungsbeschluss Mandatsbescheid notwendige Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W236.2173980.2.00

Im RIS seit

20.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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