TE Bvwg Beschluss 2021/3/24 W193 2155743-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.03.2021
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.03.2021

Norm

AVG §13 Abs3
B-VG Art133 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs1 Z1
UVP-G 2000 §3
UVP-G 2000 §40 Abs1
VwGVG §17
VwGVG §24 Abs2 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch


W193 2155743-1/571E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Michaela RUSSEGGER-REISENBERGER über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21.02.2017, Zl. XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, den Beschluss:

A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Schreiben vom 04.04.2017 erhob der im Spruch genannte Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) als Nachbar iSd § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 gemeinsam mit einer Vielzahl an weiteren Personen, vertreten durch Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung als UVP-Behörde vom 21.02.2017, Zl. XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

I.2. Nach Behebung der diesbezüglich ergangenen Entscheidung des Bundesverwaltungs-gerichts vom 29.11.2017, W193 2155743-1/14E, durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. VwGH 11.12.2019, Ra 2019/05/0013-17) wurde das Verfahren neuerlich am Bundesverwaltungsgericht anhängig.

I.3. Mit Schreiben vom 01.07.2020 teilte die Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG mit, dass die Mandatsverhältnisse im gegenständlichen Beschwerdeverfahren beendet wurden.

I.4. Aufgrund der Vollmachtsbeendigung und der dadurch geänderten Zustellverhältnisse führte das Bundesverwaltungsgericht Ermittlungen zu den Wohnsitzangaben des BF durch. Dabei wurde festgestellt, dass der/die BF bei der Beschwerdeerhebung keinen Wohnsitz im Vorhabensgebiet hatte.

I.5. In weiterer Folge informierte das Bundesverwaltungsgericht den BF von den geänderten Vertretungsverhältnissen und über die Ergebnisse der Wohnsitzermittlungen. Unter Hinweis darauf, dass der nachträgliche Wegfall der Nachbareigenschaft zur Einstellung des Beschwerdeverfahrens führen kann, wurde dem BF die Möglichkeit eingeräumt zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens binnen 14 Tagen Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme des BF zu den Ermittlungsergebnissen erfolgte nicht.

I.6. Mit Schreiben vom 08.02.2021, dem BF zugestellt am 12.02.2021, erteilte das Bundesverwaltungsgericht den Auftrag, binnen 10 Tagen die Parteistellung des BF als Nachbar auszuführen und zu belegen. Auf die Folgen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG wurde hingewiesen. Dieser Aufforderung wurde keine Folge geleistet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Spruch genannte BF erhob als Nachbar gemeinsam mit einer Vielzahl an weiteren Personen, vertreten durch Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Schubertring 6, 1010 Wien, Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung als UVP-Behörde vom 21.02.2017, Zl. XXXX , mit dem festgestellt wurde, dass für das Entwicklungsvorhaben „Projekt Berresgasse“ keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

In Folge der mit Schreiben vom 01.07.2020 mitgeteilten Auflösung der bis dahin bestehenden Vertretungsverhältnisse durch die Wolff Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG hat das Bundesverwaltungsgericht Ermittlungen zu den Wohnsitzangaben des BF durchgeführt. Diese Ermittlungen haben ergeben, dass der Wohnsitz des BF schon im Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde nicht im Vorhabensgebiet situiert war.

Dem BF wurde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.02.2021, nachweislich zugestellt am 12.02.2021, aufgetragen zu seiner Parteistellung als Nachbar auszuführen und diese zu belegen. Auf die Folgen des § 13 Abs. 3 AVG wurde hingewiesen. Dem Mängelbehebungsauftrag wurde nicht nachgekommen.

Es wird daher insbesondere festgestellt:

Der BF ist seit 02.09.2016 im 18. Wiener Gemeindebezirk gemeldet. Sein gewöhnlicher Aufenthalt liegt außerhalb des Vorhabensgebiets; eine (denkmögliche) Betroffenheit durch das Vorhaben besteht nicht. Eine Gefährdung oder Belästigung des BF durch das Vorhaben kommt nicht in Betracht.

Dass der BF ein vom Vorhaben betroffener Eigentümer oder sonst dinglich Berechtigter wäre, konnte weder aus dem Verfahrensakt noch den Eingaben bzw. aufgetragenen Eingaben des BF festgestellt werden.

Der BF ist kein Nachbar iSd § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 in Bezug auf das ggstdl. Vorhaben.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Akten des Verwaltungs- und des Beschwerdeverfahrens und blieb sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren unbestritten. Die Feststellungen zum gewöhnlichen Aufenthalt des BF bzw. zu dessen Wohnsitz ergeben sich dabei insbesondere aus den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszügen aus den amtlichen Datenbanken (ZMR). Ebenso ergibt sich daraus, dass eine Eigentümereigenschaft oder eine sonstige dingliche Berechtigung des BF nicht festzustellen war und er dem gerichtlichen Auftrag zur Darlegung und zum Beleg seiner Parteistellung als Nachbar nicht nachgekommen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zuständigkeit und Allgemeines:

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG iVm § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 idF BGBl. I Nr. 95/2013 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt im Feststellungsverfahren Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG geregelt (§ 1). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, oder wenn es dies für erforderlich, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt – ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

II.3.2. Zu A)

Gemäß § 3 Abs. 9 UVP-G 2000 sind ua. Nachbarn iSd § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 berechtigt Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben, wenn die Behörde gemäß § 3 Abs. 7 UVP-G 2000 feststellt, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

Die Eigenschaft als Nachbar/Nachbarin bildet daher maßgebliche Voraussetzung für die Beschwerdelegitimation.

Gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 gelten als Nachbarn/Nachbarinnen Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind.

Im Anlassfall hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass der BF – entgegen den Ausführungen in der Beschwerde – durch die Errichtung, den Betrieb oder Bestand des Vorhabens nicht gefährdet oder belästigt werden könnte. Der BF hatte seinen Wohnsitz bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung fern ab des Vorhabensgebiets. Anhaltspunkte für eine Eigentümereigenschaft oder eine sonstige dingliche Berechtigung sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen, weshalb davon auszugehen war, dass der BF kein Nachbar iSd § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 des ggstdl. Vorhabens ist. Diesbezüglich mangelt es der Beschwerde an entsprechenden Ausführungen zur Parteistellung des BF als Nachbar des Vorhabens.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel in schriftlicher Anbringen die Behörde jedoch nicht zu deren sofortigen Zurückweisung. Vielmehr ist von Amts wegen deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung aufgetragen werden, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Eine Zurückweisung nach § 13 Abs. 3 AVG ist dabei nur dann rechtens, wenn ein dem Gesetz entsprechender Mängelbehebungsauftrag als Grundlage dafür gegeben ist (VwGH 26.04.2017, Ra 2016/05/0040). So ist die Zurückweisung eines Antrags gemäß § 13 Abs. 3 AVG nur dann zulässig, wenn die Behörde dem Antragsteller die Verbesserung der Mängel nachweislich aufgetragen hat (VwGH 14.11.1989, 89/05/0076). Im Verbesserungsauftrag hat die Behörde konkret anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (VwGH 30. 10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153). Gleichzeitig hat die Behörde ausdrücklich eine angemessene Frist für die Mängelbehebung zu setzen. Die Frist muss dabei ausreichend sein um bereits vorhandene Unterlagen vorzulegen, nicht jedoch um solche erst zu beschaffen (VwGH 06.10.2011, 2010/06/008; Hengstschläger/Leeb, AVG § 13, Rz 25 ff). Auf die Folgen der nicht rechtzeitigen Verbesserung ist gemäß § 13a AVG zudem hinzuweisen.

Dem BF wurde mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.02.2021, nachweislich zugestellt mit 12.02.2021, aufgetragen zu seiner Parteistellung als Nachbar gemäß § 3 Abs. 9 iVm § 19 Abs. 1 Z 1 UVP-G 2000 auszuführen und diese zu belegen. Dabei wurde dem BF eine großzügig bemessene Frist von 10 Tagen eingeräumt, um sich zu seiner Parteistellung zu äußern und diese entsprechend nachzuweisen. Ebenso erfolgte eine Belehrung dahingehend, dass seine Beschwerde nach ungenützten Ablauf der festgesetzten Frist zurückgewiesen wird.

Diesem Mängelbehebungsauftrag wurde vom BF weder innerhalb der Frist, noch bis zur Erlassung des gegenständlichen Beschlusses nachgekommen. Folglich war seine Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht als unzulässig zurückzuweisen.

II.3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab (vgl. die oben zitierte Judikatur des VwGH; insbesondere VwGH 26.04.2017, Ra 2016/05/0040; 14.11.1989, 89/05/0076; 30.10.2008, 2007/07/0075; 07.09.2009, 2009/04/0153; 06.10.2011, 2010/06/008) noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

angemessene Frist Beschwerderecht Mängelbehebung Nachbarrechte Parteistellung Umweltverträglichkeitsprüfung Unzulässigkeit der Beschwerde Verbesserungsauftrag Wohnsitz Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W193.2155743.1.04

Im RIS seit

18.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten