TE Bvwg Erkenntnis 2021/7/1 W170 2240949-1

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Veröffentlicht am 01.07.2021
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Entscheidungsdatum

01.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
ZDG §12 Z2

Spruch


W170 2240949-1/20E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Gregor WINKELMAYR, MBA, LL.M. (Essex), gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 01.03.2021, Zl. 462878/17/ZD/0321, zu Recht:

A) Der Bescheid wird gemäß §§ 28 Abs. 2 VwGVG, 12 Z 2 ZDG ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zum Verfahren:

Die Beschwerde des XXXX (in Folge: Beschwerdeführer) gegen den Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 01.03.2021, Zl. 462878/17/ZD/0321, wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 31.03.2021 vorgelegt, in der Vorlage hat die Behörde die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt.

Das Gutachten der Sachverständigen Dr. Marianne PEICHL wurde den Parteien mit verfahrensleitendem Beschluss („Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“) vom 20.04.2021, W170 2240949-1/12Z, übermittelt und den Parteien mitgeteilt, dass, wenn diese nicht die mündliche Erörterung des Gutachtens im Rahmen einer mündlichen Verhandlung beantragen, das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass auf die Durchführung einer solchen Verhandlung verzichtet wird.

Seitens des Beschwerdeführers wurde ein solcher Antrag nicht gestellt.

Seitens der Zivildienstserviceagentur wurde durch E-Mail vom 04.05.2001 eine mündliche Verhandlung beantragt, um das Gutachten zu erörtern und den Beschwerdeführer zu befragen.

1.2. Zum Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 01.03.2021, Zl. 462878/17/ZD/0321, dem Sekretariat der Landesleitung der Lebenshilfe Oberösterreich zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen, wobei dieser Hilfsdienste bei der Betreuung, Förderung und beim Transport behinderter Menschen, im untergeordneten Ausmaß Kraftfahr- und Verwaltungsdienstes sowie Reinigungs- und Gartenarbeiten umfassen sollte. Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 04.03.2021 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtete sich die am 24.03.2021 bei der Behörde eingebrachte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer, vor allem mit Gutachten und einer ärztlichen Bestätigung unterlegt, vorbrachte, auf Grund psychischer Erkrankungen nicht in der Lage zu sein, den Zivildienst anzutreten.

Der Beschwerdeführer leidet an einer psychischen Erkrankung, nämlich einer derzeit leicht- bis mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung, aus der Einschränkungen der Motivation, des Antriebes als auch der psychosozialen Kompetenzen und der emotionalen Verfassung folgen. Auf Grund dieser Einschränkungen ist der Beschwerdeführer derzeit nicht in der Lage, die oben angeführten Leistungen bei der Lebenshilfe Oberösterreich zu erbringen. Es kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die Absolvierung des Zivildienstes zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers und insbesondere zu einer Kurzschlusshandlung in Form einer suizidalen Handlung führen würde.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage, die Feststellungen zur Erkrankung des Beschwerdeführers und zu den Folgen für die Zuweisung zum Zivildienst ergeben sich aus dem schlüssigen und vollständigen Gutachten der (allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten) Sachverständigen Dr. Marianne PEICHL.

Die Parteien sind diesem Gutachten nicht entgegengetreten, es ist auch kein Grund zu sehen, warum dieses nicht schlüssig und vollständig sein soll. Daher war es der Sachverhaltsfeststellung zu Grunde zu legen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 8 Abs. 1 1. Satz ZDG ist ein Zivildienstpflichtiger von der Zivildienstserviceagentur einer gemäß § 4 anerkannten Einrichtung zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes durch Bescheid zuzuweisen. Gemäß § 12 Z 2 ZDG sind von einer Zuweisung Zivildienstpflichtige, die geistig oder körperlich zu jedem Zivildienst dauernd oder vorübergehend unfähig sind und bei denen die Herstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist, für die Dauer der Dienstunfähigkeit ausgeschlossen.

Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der Zivildienstserviceagentur vom 01.03.2021, Zl. 462878/17/ZD/0321, der Lebenshilfe Oberösterreich zur Leistung des ordentlichen Zivildienstes zugewiesen. Der Beschwerdeführer leidet derzeit aber an einer psychischen Erkrankung, nämlich einer derzeit leicht- bis mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung, aus der Einschränkungen der Motivation, des Antriebes als auch der psychosozialen Kompetenzen und der emotionalen Verfassung folgen. Auf Grund dieser Einschränkungen ist der Beschwerdeführer derzeit nicht in der Lage, die Leistungen, für die er der Lebenshilfe Oberösterreich zugewiesen wurde, zu erbringen. Es kann derzeit auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Absolvierung des Zivildienstes zu einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers und insbesondere zu einer Kurzschlusshandlung in Form einer suizidalen Handlung führen würde. Auch ist eine Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.

Daher ist der Bescheid ersatzlos zu beheben, d.h. die Zivildienstserviceagentur darf bei unveränderter Sach- und Rechtslage keinen Nachfolgebescheid erlassen (VwGH 16.11.2015, Ra 2015/12/0044); sie ist aber befugt, etwa durch eine ärztliche Untersuchung, zu prüfen, ob sich die Sachlage verändert hat und dann gegebenenfalls einen neuen Zuweisungsbescheid erlassen.

Soweit die Zivildienstserviceagentur durch E-Mail die Befragung der Sachverständigen und des Beschwerdeführers „beantragt“ hat, ist sie darauf zu verweisen, dass gemäß § 1 Abs. 1 letzter Satz BVwG-EVV ein E-Mail ist keine zulässige Form der elektronischen Einbringung von Schriftsätzen im Sinne dieser Verordnung; ein mittels E-Mail eingebrachter Schriftsatz vermag keine Rechtswirkungen zu entfalten (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/01/0061).

Daher wurde dieser Antrag nicht gültig gestellt und konnte ohne Durchführung einer Verhandlung entschieden werden, zumal das gegenständliche Gutachten hinreichend ist, um den entscheidungsrelevanten Sachverhalt festzustellen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es ist keine grundsätzliche Rechtsfrage zu erkennen, daher ist die Revision nicht zulässig.

Schlagworte

Dienstunfähigkeit ersatzlose Behebung Gesundheitszustand ordentlicher Zivildienst psychische Erkrankung Zuweisungsbescheid

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W170.2240949.1.01

Im RIS seit

18.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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