TE Bvwg Beschluss 2021/7/12 W129 2243892-1

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Veröffentlicht am 12.07.2021
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Entscheidungsdatum

12.07.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
UG §64
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W129 2243892-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD über die Beschwerde des XXXX B.Eng. gegen den Bescheid des Vizerektors für Studium und Lehre der Technischen Universität Wien vom 02.03.2021, Zl. 20028.00/29/21:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Absatz 3 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) behoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Vizerektor für Studium und Lehre der Technischen Universität Wien zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 02.01.2021 einen Antrag auf Zulassung zum Masterstudium Architektur an der Technischen Universität Wien und verwies hinsichtlich der allgemeinen Universitätsreife (für ein Masterstudium) auf sein an der Hochschule Darmstadt am 08.07.2020 abgeschlossenes Bachelorstudium Architektur.

2. Mit Stellungnahme vom 04.02.2021 führte stv. Studiendekan Prof. XXXX aus, dass das vom Beschwerdeführer absolvierte Bachelorstudium zwar grundsätzlich gleichwertig sei, zur Herstellung der vollen Gleichwertigkeit seien jedoch (näher ausgeführte) Ergänzungsprüfungen im Gesamtausmaß von 27 ECTS erfolgreich zu absolvieren.

Mit Mail vom 05.02.2021 wurde dem Beschwerdeführer eine Auflistung der Ergänzungsprüfungen zum Parteiengehör übermittelt.

Der Beschwerdeführer erklärte sich mit den (nicht näher begründeten) Auflagen nicht einverstanden und übermittelte eine Gegenüberstellung der Beschreibung der Auflagenprüfungen an der TU Wien mit der Beschreibung jener Bildungsinhalte der Hochschule Darmstadt, von denen der Beschwerdeführer ausführte, sie seien inhaltlich deckungsgleich mit den Auflagen.

3. Mit Mail vom 19.02.2021 teilte der Studiendekan der TU Wien dem Beschwerdeführer wörtlich mit: „Die Fachhochschüler*innen bekommen immer knapp 30 ECTS Auflagen, Sie diejenigen, die für die FH Darmstadt vorgesehen sind. Im Falle eine Änderung werden diese durch andere ersetzt. Die Auflagen gleichen Mengenungleichheiten, Fehlbestände und Unterschiede (ja, Sie haben Baurecht gelernt – aber nicht österreichisches) und die Tatsache aus, dass es an der TU Wien kein Praktikum gibt. Im Einzelfall können keine Sonderlösungen vereinbart werden, keine sofortige Zustimmung zu den Auflagen verzögert die Zulassung um 14 Tage, die wir in diesem Fall mit der Bescheidausstellung warten müssen.“

4. Mit Bescheid des Vizerektors für Studium und Lehre der Technischen Universität Wien vom 02.03.2021, Zl. 20028.00/29/21, wurde dem Antrag auf Zulassung zum Masterstudium stattgegeben, jedoch unter der Auflage der erfolgreichen Absolvierung jener Prüfungen, die in der Stellungnahme vom 04.02.2021 enthalten waren.

Der Bescheid wurde am 03.03.2021 der Österreichischen Post AG übergeben (Zustellung ohne Zustellnachweis).

5. Mit Beschwerde vom 29.03.2021 (Poststempel 31.03.2021) erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Auf das Wesentlichste zusammengefasst und sinngemäß monierte er das Unterlassen einer ordentlichen Prüfung der eingereichten Unterlagen sowie das Fehlen einer eindeutigen und nachvollziehbaren Begründung im angefochtenen Bescheid, warum gerade diese Auflagen von ihm nachgeholt werden müssten.

6. Mit internem Mail vom 19.04.2021 ging stv. Studiendekan Prof. XXXX auf die Unterschiede zwischen den Lehrinhalten der Auflagenprüfungen und den (vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme als gleichwertig bezeichneten) Inhalten der an der Hochschule Darmstadt erbrachten Studienleistungen ein.

7. Auf telefonische Anforderung durch die Leiterin der Studienabteilung übermittelte der Beschwerdeführer mit Mail vom 21.04.2021 unter anderem das Modulhandbuch des Fachbereichs Architektur der Hochschule Darmstadt.

8. Der Senat der Technischen Universität Wien beschloss in seiner Sitzung vom 21.06.2021, sich „der Entscheidung der belangten Behörde einstimmig und vollinhaltlich“ anzuschließen.

9. Mit Begleitschreiben vom 24.06.2021 legte die belangte Behörde die gegenständliche Beschwerde sowie die Verfahrensakten dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 02.01.2021 einen Antrag auf Zulassung zum Masterstudium Architektur an der Technischen Universität Wien und verwies hinsichtlich der allgemeinen Universitätsreife (für ein Masterstudium) auf sein an der Hochschule Darmstadt am 08.07.2020 abgeschlossenes Bachelorstudium Architektur.

2. Mit Stellungnahme vom 04.02.2021 führte stv. Studiendekan Prof. XXXX aus, dass das vom Beschwerdeführer absolvierte Bachelorstudium zwar grundsätzlich gleichwertig sei, zur Herstellung der vollen Gleichwertigkeit seien jedoch Ergänzungsprüfungen im Gesamtausmaß von 27 ECTS erfolgreich zu absolvieren.

Konkret wurde die Absolvierung folgender Prüfungen zusätzlich während des Masterstudiums als notwendig erachtet:

?        Bau- und Planungsrecht (VO, 2 ECTS)

?        Baudurchführung und AVA (VO, 2 ECTS)

?        Architekturtheorie 2 (VO, 2 ECTS)

?        Österr. Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts (VO, 2 ECTS)

?        Denkmalpflege (VO, 2 ECTS)

?        Methodologie der Architekturwissenschaft (RV, 1 ECTS)

?        Wahlseminar (SE, 4 ECTS)

?        Dreidimensionales Gestalten (VO, 1 ECTS)

?        Dreidimensionales Gestalten (UE, 5,5 ECTS)

?        Stadtentwicklung (VO, 1,5 ECTS)

?        Grundlagen der Landschaftsarchitektur (VU, 4 ECTS)

3. Mit Mail vom 19.02.2021 teilte der Studiendekan der TU Wien dem Beschwerdeführer wörtlich mit: „Die Fachhochschüler*innen bekommen immer knapp 30 ECTS Auflagen, Sie diejenigen, die für die FH Darmstadt vorgesehen sind. Im Falle eine Änderung werden diese durch andere ersetzt. Die Auflagen gleichen Mengenungleichheiten, Fehlbestände und Unterschiede (ja, Sie haben Baurecht gelernt – aber nicht österreichisches) und die Tatsache aus, dass es an der TU Wien kein Praktikum gibt. Im Einzelfall können keine Sonderlösungen vereinbart werden, keine sofortige Zustimmung zu den Auflagen verzögert die Zulassung um 14 Tage, die wir in diesem Fall mit der Bescheidausstellung warten müssen.“

4. (Erst) mit internem Mail vom 19.04.2021 ging stv. Studiendekan Prof. XXXX auf die Unterschiede zwischen den Lehrinhalten der Auflagenprüfungen und den (vom Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme als gleichwertig bezeichneten) Inhalten der an der Hochschule Darmstadt erbrachten Studienleistungen ein.

Die Ausführungen wurden dem Beschwerdeführer weder zur Kenntnis gebracht, noch wurde ihm Gelegenheit gegeben, sich zu diesen Ausführungen im Wege des Parteiengehörs zu äußern.

5. Der Senat der Technischen Universität Wien beschloss in seiner Sitzung vom 21.06.2021, sich „der Entscheidung der belangten Behörde einstimmig und vollinhaltlich“ anzuschließen

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen. Der verfahrensmaßgebliche Sachverhalt entspricht dem oben angeführten Verfahrensgang und konnte auf Grund der vorliegenden Aktenlage zweifelsfrei und vollständig festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Bescheidbeschwerden in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Ziffer 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Ziffer 2).

3.2. § 28 Absatz 3 Ziffer 2 VwGVG bildet die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn „die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen“ hat.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung – d.h. im Tatsachenbereich – zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen (vergleiche VwGH 19.01.2009, 2008/07/0168; VwGH 23.05.1985, 84/08/0085; sowie Lehofer, die Grenzen der Zurückverweisung durch das Verwaltungsgericht, ÖJZ [2014], S 705f), etwa auch dann, wenn die die Behörde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder geeignete Ermittlungsschritte unterlassen hat oder bloß ansatzweise ermittelt hat (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

3.3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Abkommens zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich, BGBl. III Nr. 6/2004, lauten:

Artikel 1

(1) Hochschulen im Sinne dieses Abkommens sind
1.         staatliche Bildungseinrichtungen, die in der Bundesrepublik Deutschland nach den Rechtsvorschriften der Länder oder in der Republik Österreich nach deren Rechtsvorschriften Hochschulen sind;
2.         nicht staatliche Bildungseinrichtungen, die in der Bundesrepublik Deutschland nach den Rechtsvorschriften der Länder oder in der Republik Österreich nach deren Rechtsvorschriften als Hochschulen oder als Fachhochschul-Studiengänge staatlich anerkannt sind.

(2) Die Ständige Expertenkommission gemäß Artikel 6 sorgt für die laufende Dokumentation und Veröffentlichung der Listen der Hochschulen gemäß Absatz 1, auf deutscher Seite durch die Hochschulrektorenkonferenz, auf österreichischer Seite durch das österreichische Nationale Informationszentrum für die akademische Anerkennung (NARIC AUSTRIA).

Artikel 2

(1) Deutsche Hochschulgrade sind von einer deutschen Hochschule gemäß Artikel 1 Absatz 1 als Abschluss eines Studiums verliehene Grade (Diplom-, Bakkalaureus-/Bachelorgrad, Magister-/Mastergrad, Grad eines Magister Artium, Lizentiatengrad) sowie der Doktorgrad und der Grad eines habilitierten Doktors.

(2) Österreichische akademische Grade sind von einer österreichischen Hochschule gemäß Artikel 1 Absatz 1 als Abschluss eines Studiums verliehene akademischen Grade (Bakkalaureats-, Master-, Magister-, Diplom- und Doktorgrad).

Artikel 3

(1) Studien- und Prüfungsleistungen in einschlägigen Fächern an Hochschulen gemäß Artikel 1 werden auf Antrag im Rahmen eines Studiums an Hochschulen im jeweils anderen Staat anerkannt, gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Kreditpunkten im Rahmen des European Credit Transfer System (ECTS) oder sonstiger Kreditpunktsysteme. Die Einschlägigkeit wird von der aufnehmenden Hochschule festgestellt. Einschlägige österreichische Universitätslehrgänge, denen der Abschluss eines Hochschulstudiums voraus geht, sind als Entsprechung der deutschen Zusatz-, Aufbau- und Ergänzungsstudiengänge anzusehen.

(2) Bei der Zulassung zu Staatsprüfungen gelten die in diesem Abkommen vorgesehenen Anerkennungen nach Maßgabe des innerstaatlichen Prüfungsrechtes.

(3) Die Absätze 1 und 2 schließen nicht aus, dass Hochschulen im Rahmen bilateraler oder multilateraler Vereinbarungen weiter gehende Anerkennungen festlegen oder in diesem Abkommen nicht genannte Leistungen und Qualifikationen anerkennen.

Artikel 4

(1) Hochschulgrade und akademische Grade im Sinne des Artikels 2 Absätze 1 und 2 sowie Zeugnisse über gleichrangige Staatsprüfungen eröffnen den Zugang zu einem weiterführenden beziehungsweise einem weiteren Studium oder zu Studien mit dem Ziel der Promotion im jeweils anderen Staat in dem Ausmaß, in dem dies im Herkunftsstaat möglich ist, gegebenenfalls nach weiterer Maßgabe der für die Hochschulen im Aufnahmestaat geltenden Regelungen. Die Ständige Expertenkommission gemäß Artikel 6 kann hierzu allgemeine Empfehlungen aussprechen.

(2) Artikel 3 Absatz 3 gilt sinngemäß.

[…]

3.3.2. Nach § 64 Abs 1 bis 3 Universitätsgesetz (Abs 3 in der für das Sommersemester 2021 anzuwendenden Fassung, vgl. § 143 Abs 79 UG) gilt:

Allgemeine Universitätsreife

§ 64. (1) Die allgemeine Universitätsreife ist durch eine der folgenden Urkunden nachzuweisen:
1.         ein österreichisches Reifeprüfungszeugnis, ein österreichisches Reife- und Diplomprüfungszeugnis oder ein österreichisches Zeugnis über die Berufsreifeprüfung, sowie diesen durch völkerrechtliche Vereinbarung gleichwertige Zeugnisse,
2.         ein österreichisches Zeugnis über die Zuerkennung der Studienberechtigung für eine bestimme Studienrichtungsgruppe an einer Universität, Pädagogischen Hochschule oder Fachhochschule,
3.         eine Urkunde über den Abschluss eines mindestens dreijährigen Studiums (auf Vollzeitbasis oder 180 ECTS-Anrechnungspunkte) an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung,
4.         eine Bestätigung über die positiv beurteilte Zulassungsprüfung in den künstlerischen Studien,
5.         ein „IB Diploma“ nach den Bestimmungen der „International Baccalaureate Organization“ oder
6.         ein Europäisches Abiturzeugnis gemäß Art. 5 Abs. 2 der Vereinbarung über die Satzung der Europäischen Schulen, BGBl. III Nr. 173/2005.

(2) Die allgemeine Universitätsreife kann darüber hinaus durch eine ausländische Qualifikation nachgewiesen werden, wenn kein wesentlicher Unterschied zur allgemeinen Universitätsreife gemäß Abs. 1 Z 1 besteht. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedenfalls nicht, wenn
1.         die Qualifikation im Ausstellungsstaat Zugang zu allen Sektoren von Hochschulen vermittelt,
2.         die Dauer der Schulzeit mindestens zwölf Jahre beträgt und
3.         allgemeinbildende Ausbildungsinhalte überwiegen, was durch die Absolvierung von sechs allgemeinbildenden Unterrichtsfächern (zwei Sprachen, Mathematik, ein naturwissenschaftliches, ein geisteswissenschaftliches sowie ein weiteres allgemeinbildendes Unterrichtsfach) in der Sekundarstufe II nachgewiesen wird.

Beträgt die Schulzeit gemäß Z 2 nur elf Jahre oder fehlen Ausbildungsinhalte gemäß Z 3, kann das Rektorat insgesamt bis zu vier Ergänzungsprüfungen vorschreiben, die vor der Zulassung abzulegen sind.

(3) Die allgemeine Universitätsreife für die Zulassung zu Masterstudien ist durch den Abschluss eines fachlich in Frage kommenden Bachelorstudiums oder eines fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-Bachelorstudienganges oder eines anderen gleichwertigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung nachzuweisen. Wenn die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, ist das Rektorat berechtigt, die Feststellung der Gleichwertigkeit mit der Auflage von Prüfungen zu verbinden, die während des jeweiligen Masterstudiums abzulegen sind. Das Rektorat kann festlegen, welche dieser Prüfungen Voraussetzung für die Ablegung von im Curriculum des Masterstudiums vorgesehenen Prüfungen sind.

3.4. Das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren ist – jedenfalls im Endergebnis – in wesentlichen Punkten mangelhaft.

Vorab ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer an einer staatlichen Hochschule in Deutschland den Bachelorstudiengang "Architektur“ absolviert und ihm dafür mit Urkunde vom 08.07.2020 der akademische Grad "Bachelor of Engineering“ (B.Eng.) verliehen wurde.

Mit dem Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich, BGBl. III Nr. 6/2004, (im Folgenden: Abkommen über Gleichwertigkeiten) wurde ein im innerstaatlichen Rechtsbereich unmittelbar anwendbares Abkommen geschaffen, dessen Ziel es ist, die Gleichwertigkeiten im Hochschulbereich, das heißt, die gegenseitige Anerkennung von Studienabschlüssen, Prüfungen und akademischen Graden in bestimmten Aspekten festzulegen (vgl. RV 12 BlgNR 22. GP). Die Bestimmungen dieses Abkommens über Gleichwertigkeiten stellen eine lex specialis zu den Bestimmungen des UG dar.

3.5. Im vorliegenden Fall steht unbestritten fest, dass dem Beschwerdeführer von der Hochschule Darmstadt, einer deutschen Hochschule iSd oben genannten Abkommens über Gleichwertigkeiten, der akademische Grad "Bachelor of Engineering" als Abschluss des Bachelorstudienganges "Architektur“ verliehen wurde. Dieser akademische Grad eröffnete dem Beschwerdeführer daher iSd Art. 4 Abs. 1 des Abkommens über Gleichwertigkeiten den Zugang zu dem von ihm angestrebten Masterstudium "Architektur" an der TU Wien, wenn der Abschluss des von ihm absolvierten Studienganges ihn in Deutschland zu einem Masterstudium berechtigt, das dem von ihm an der TU Wien angestrebten Masterstudium entspricht. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dabei nicht, ob der erworbene akademische Grad den Zugang zu einem Masterstudium bzw. -studiengang an sich eröffnet, sondern ob er in Deutschland zu einem Masterstudium bzw. -studiengang berechtigt, der dem vom Beschwerdeführer in Österreich angestrebten Studium entspricht (vgl. VwGH 15.12.2011, 2010/10/0148).

3.6. Von der belangten Behörde wäre daher zunächst zu prüfen gewesen, ob der in Deutschland erworbene akademische Grad den Beschwerdeführer in Deutschland zu einem Masterstudium bzw. -studiengang berechtigt, der dem in Österreich angestrebten Masterstudium "Architektur" entspricht. Dazu wäre einerseits zu ermitteln gewesen, ob in Deutschland ein Masterstudium oder -studiengang existiert, der dem Masterstudium "Architektur" entspricht und bejahendenfalls weiters zu ermitteln gewesen, ob der dem Beschwerdeführer verliehene akademische Bachelorgrad ihn zu diesem Masterstudium oder -studiengang (ohne weitere einschränkende Zugangsregelungen) berechtigt.

3.7. Da die belangte Behörde im gegenständlichen Verfahren das Abkommen über Gleichwertigkeiten, überhaupt nicht berücksichtigte, wurden ihrerseits auch die erforderlichen Ermittlungsschritte und zur rechtlichen Beurteilung notwendigen Feststellungen nicht getätigt. Im Hinblick auf das Abkommen über Gleichwertigkeiten hat die belangte Behörde daher jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen.

Erst wenn die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren (auf Basis ausreichender Ermittlungen und Feststellungen) in rechtlicher Hinsicht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Beschwerdeführer mit dem in Deutschland erworbenen akademischen Grad gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens über Gleichwertigkeiten der Zugang zum Masterstudium "Architektur“ an der TU Wien nicht eröffnet ist, ist eine Prüfung nach den (fallbezogen subsidiären) Bestimmungen des UG möglich und erforderlich.

3.8. Zulassungsvoraussetzung für die Zulassung zum Masterstudium ist nach § 64 Abs 3 UG der Abschluss eines fachlich in Frage kommenden Bachelorstudiums oder eines fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-Bachelorstudiengangs oder eines anderen gleichwertigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung. „Im Sinne einer interdisziplinären Fortbildung soll die Zulassung nicht nur bei Absolvierung des entsprechenden, sondern auch bei Absolvierung eines anderen fachlich in Frage kommenden Bakkalaureatsstudiums möglich sein“ (ErlRV 1997 BlgNR 20. GP 15 – zur entsprechenden Bestimmung des UniStG). Für die Prüfung der Facheinschlägigkeit und der Gleichwertigkeit ist aus der Sicht des beantragten Masterstudiums zu beurteilen, ob ein Bachelorstudium als fachlich in Frage kommend zu qualifizieren ist, dh ob in qualitativer wie quantitativer Hinsicht die fachlichen Grundlagen für das beantragte Masterstudium vermittelt werden, oder ob ein Studium vorliegt, das einem Studium, das für ein bestimmtes Masterstudium fachlich in Frage kommt, gleichwertig ist (VwGH 15. 12. 2011, 2010/10/0148; 18. 4. 2012, 2009/10/0033; 8. 10. 2014, 2012/10/0171).

3.9. Bereits in den Materialien zum Universitäts-Studiengesetz, BGBl. I Nr. 48/1997, wird dargelegt, dass bei der Beurteilung der Gleichwertigkeit des "anderen in- oder ausländischen Studiums" ein anderer Maßstab als bei den Anerkennungen gemäß § 59 UniStG (nunmehr § 78 UG) und der Nostrifizierung gemäß § 71 UniStG (nunmehr § 90 UG) anzulegen ist. Denn das Ergebnis der Beurteilung der Gleichwertigkeit ist in diesem Fall keine unmittelbare Erwerbung eines akademischen Grades ohne zusätzliche Leistungen, sondern die Zulassung zu einem weiterführenden Studium. Die Beurteilung der Gleichwertigkeit ist dabei im Hinblick auf die Zulassung zu einem weiterführenden Studium vorzunehmen. Auf eine Kurzformel gebracht bedeutet dies: "Nicht gleichwertig womit, sondern gleichwertig wofür" (RV 588 BlgNR 20. GP. 84). Diese Überlegungen zur Gleichwertigkeit hinsichtlich der Zulassung zu Doktoratsstudien können - nach der Umstellung auf das Bologna-System - wegen des insofern gleichen Wortlautes des nunmehrigen § 64 Abs. 3 UG auch für die Prüfung der Gleichwertigkeit im Hinblick auf Masterstudien herangezogen werden.

Durch die UG-Nov 09 wurde auch für Masterstudien die Möglichkeit eingeräumt, die volle Gleichwertigkeit durch Ablegung von Ergänzungsprüfungen herzustellen, wenn die grundsätzliche Gleichwertigkeit gegeben ist. Der Nachweis der allgemeinen Universitätsreife gilt durch den Nachweis dieser Zulassungsvoraussetzung jedenfalls als erbracht. Das Rektorat kann festlegen, welche dieser Prüfungen Voraussetzung für die Ablegung von im Curriculum des Masterstudiums vorgesehenen Prüfungen sind (Perthold-Stoitzner in: Perthold-Stoitzner, UG 3.01, § 64 Rz 7).

3.10. Im Fall der Prüfung des gegenständlichen Sachverhaltes nach den Bestimmungen des UG wird die belangte Behörde dem Beschwerdeführer auch Gelegenheit zu geben haben, nicht nur zu einer (bloßen) Aufzählung von Ergänzungsprüfungen Stellung zu nehmen, sondern auch zu den näheren inhaltlichen Ausführungen des stellvertretenden Studiendekans im Rahmen seiner rein internen Stellungnahme (nämlich zu den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde).

3.11. Schon vorab wird darauf hingewiesen, dass die im Mail des stv. Studiendekans vom 19.09.2021 angedeutete Praxis „Die Fachhochschüler*innen bekommen immer knapp 30 ECTS Auflagen. Im Falle eine Änderung werden diese durch andere ersetzt.“ in dieser – offenbar über die Wiedergabe eines Erfahrungswertes hinausgehenden – Schärfe weder dem Inhalt noch der Intention der Zulassungsregelungen des Universitätsrechts entspricht.

3.12. Angesichts der Notwendigkeit, die offenen Fragen gemeinsam mit dem Beschwerdeführer und den internen Fachvertreterinnen und –vertretern zu erörtern, und angesichts der hohen Expertise im akademischen Umfeld der belangten Behörde kann nicht gesagt werden, dass ein Nachholen der notwendigen Ermittlungen durch das Verwaltungsgericht rascher und kostensparender ist als im Wege durch die belangte Behörde.

3.13. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben. Da der maßgebliche Sachverhalt im Fall des Beschwerdeführers noch nicht feststeht und vom Bundesverwaltungsgericht auch nicht rasch und kostengünstig festgestellt werden kann, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Vizerektor für Studium und Lehre der Technischen Universität Wien zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Absatz 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

allgemeine Universitätsreife ausländischer Studienabschluss Ergänzungsprüfung Ermittlungspflicht Gleichwertigkeit Kassation mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Sachverhaltsfeststellung Parteiengehör Studienzulassung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W129.2243892.1.00

Im RIS seit

18.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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