TE Vwgh Erkenntnis 1997/2/26 95/01/0215

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Veröffentlicht am 26.02.1997
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;
82/05 Lebensmittelrecht;

Norm

LMG 1975;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Bachler, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 17. Mai 1995, Zl. MA 61/IV-B 94/95, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 17. Mai 1995 wies die belangte Behörde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers damit begründet, daß dieser die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6

2. Fall StbG, nicht erfülle. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei, der seit 1982 ununterbrochen seinen ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet aufweise und Gesellschafter sowie Geschäftsführer der O.M. Gesellschaft m. b.H. sei, sei in der Zeit von November 1986 bis Dezember 1993 vom Strafbezirksgericht Wien insgesamt achtmal wegen Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz zu Geldstrafen in näher dargestellter Höhe verurteilt worden, wobei alle Verurteilungen noch nicht getilgt seien. Weiters seien in der Zeit von 1986 bis 1991 insgesamt 36 Verwaltungsstrafen wegen Übertretungen im Zusammenhang mit der Gewerbeausübung gegen den Beschwerdeführer verhängt worden. Der Beschwerdeführer habe dem im Verwaltungsverfahren entgegengehalten, im hohen Maße integriert zu sein, über ausgezeichnete Deutschkenntnisse zu verfügen und mit seinem Unternehmen hohe Umsätze zu erzielen. Die Verurteilungen seien alle auf Grund fahrlässig begangener Delikte erfolgt, wobei seit Dezember 1993 keine weiteren Verstöße gegen das Lebensmittelgesetz erfolgt seien. Die belangte Behörde habe auf Grund der acht Verurteilungen wegen einschlägiger Delikte zu dem Schluß kommen müssen, daß der Beschwerdeführer keine Gewähr dafür biete, keine Gefahr für die öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu bilden.

Der Beschwerdeführer macht in der Beschwerde insbesondere geltend, aus der Begründung des angefochtenen Bescheides sei nicht erkennbar, warum die belangte Behörde zu einer für den Beschwerdeführer negativen Prognose hinsichtlich seines künftigen Verhaltens gelangt sei. Diese negative Prognose sei auch unrichtig, weil die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, daß der Beschwerdeführer als Lebensmittelgroßhändler jährlich mehrere tausend Tonnen Lebensmittel importiere und somit im Vergleich zu einem Normalbürger einem vielfach größerem Risiko ausgesetzt sei, gemäß dem Lebensmittelgesetz strafgerichtlich verurteilt zu werden. Da es sich immer nur um fahrlässig begangene Delikte gehandelt habe, sei eine schädliche Neigung des Beschwerdeführers nicht erkennbar. Daraus, daß er sich seit seiner letzten Verurteilung im Dezember 1993 wohlverhalten habe, sei auch erkennbar, daß er seine Verurteilungen sehr ernst nehme und die erforderlichen Kontrollmechanismen zur Hintanhaltung weiterer Verstöße gegen das Lebensmittelgesetz in seinem Betrieb verwirklicht habe. Es könne zusammenfassend nicht auf eine generell negative Einstellung des Beschwerdeführers gegen zur Hintanhaltung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Sicherheit der Allgemeinheit erlassenen Gesetzen geschlossen werden.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darf die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur dann verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bildet. Bei der gemäß der angeführten Gesetzesstelle vorzunehmenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist - wie die belangte Behörde richtig ausgeführt hat - vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches durch das sich aus den von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt ist, auszugehen. Hiebei stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern ist es lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit erlassene Vorschriften mißachten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0118, und die dort zitierte Judikatur).

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist dem angefochtenen Bescheid entnehmbar, aus welchen Gründen die belangte Behörde zu einer für ihn ungünstigen Prognose gekommen ist. So hat die belangte Behörde sowohl die acht gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers wegen Verstößen gegen das Lebensmittelgesetz als auch die gegen ihn verhängten 36 Verwaltungsstrafen in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführt und insbesondere aus den gerichtlichen Verurteilungen den Schluß auf das Vorliegen des Verleihungshindernisses gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG gezogen.

Der Argumentation des Beschwerdeführers, er trage infolge seines Berufes als Lebensmittelgroßhändler ein erhöhtes "berufliches Risiko strafgerichtlicher Verurteilungen" nach dem Lebensmittelgesetz, ist entgegenzuhalten, daß gerade beim gewerbsmäßigen Handel mit Lebensmitteln mit besonderer Sorgfalt vorzugehen und alles vorzukehren ist, um gesundheitliche Gefahren für die Allgemeinheit hintanzuhalten. Daß der Beschwerdeführer dieser ihn treffenden erhöhten Verantwortung nicht gerecht geworden ist, erweist sich aus den angeführten gerichtlichen Verurteilungen. Daran vermag auch der ins Treffen geführte Umstand, daß es sich ausschließlich um fahrlässig begangene Delikte gehandelt habe, nichts zu ändern. Ebensowenig kann auch aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei auch dann strafrechtlich verantwortlich, wenn es aus dem Verschulden eines seiner Mitarbeiter zu einem Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz komme, etwas für ihn gewonnen werden, weil es - wie er in der Beschwerde selbst zugesteht - seine Aufgabe ist, für derartige Fälle entsprechende Kontrollmechanismen vorzusehen.

Das in der Beschwerde angeführte Wohlverhalten seit der letzten Verurteilung am 3. Dezember 1993 hat die belangte Behörde im Hinblick auf die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst verstrichenen etwa eineinhalb Jahre zu Recht nicht als Anhaltspunkt dafür herangezogen, daß aus diesem Umstand bereits auf ein auch künftig zu erwartendes Wohlverhalten des Beschwerdeführers geschlossen werden könnte.

Soweit der Beschwerdeführer unter Zitierung von Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes die Ansicht vertritt, das ihm entgegengehaltene Einbürgerungshindernis komme nur dann in Frage, wenn Verstöße auf verschiedenen Rechtsgebieten vorlägen oder diese auf verschiedenen schädlichen Neigungen beruhten, ist ihm zu erwidern, daß in den diesen Erkenntnissen zugrundeliegenden Beschwerdefällen wohl der jeweilige Sachverhalt dieser Darstellung entsprochen hat. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, daß in Fällen, in denen durch Straftaten, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen, gegen immer dem selben Rechtsgebiet zuzuordnende Vorschriften verstoßen wurde, die Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG nicht in Betracht komme. Vielmehr muß die in der achtmaligen Verurteilung wegen Verstößen gegen das selbe Gesetz zum Ausdruck kommende Beharrlichkeit des Beschwerdeführers bei der Begehung derartiger Straftaten als besonders schwerwiegender Gesichtspunkt für die Beurteilung seines Gesamtverhaltens gewertet werden. Wenn daher die belangte Behörde ausgehend von den angeführten, teilweise erst kurze Zeit zurückliegenden, vielfachen Verstößen des Beschwerdeführers gegen die Rechtsordnung zu der Auffassung gelangt ist, der Beschwerdeführer biete keine Gewähr dafür, keine Gefahr für die öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu bilden, so erweist sich die auf das Vorliegen des Einbürgerungshindernisses des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG gestützte Abweisung des Ansuchens um Verleihung der Staatsbürgerschaft als frei von den vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen.

Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995010215.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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