TE Bvwg Erkenntnis 2021/6/28 W207 2238833-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.06.2021
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Entscheidungsdatum

28.06.2021

Norm

BBG §40 Abs1
BBG §41 Abs1
BBG §42 Abs1
BBG §45 Abs1
BBG §45 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W207 2238833-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren XXXX , gegen den gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid des Sozialministeriumservice, Landstelle Niederösterreich, OB: XXXX , vom 11.01.2021, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1, § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) als unbegründet abgewiesen.

Der Grad der Behinderung beträgt 60 von Hundert (v.H.).

Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Das (vormalige) Bundessozialamt, Landstelle Niederösterreich (nunmehr: Sozialministeriumservice, in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) stellte dem Beschwerdeführer am 17.02.2009 einen Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) und der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ aus. Dies erfolgte unter Zugrundelegung eines medizinischen Sachverständigengutachtens vom 06.02.2009, in dem die Funktionseinschränkungen 1. „Wiederkehrende Neubildungen der Harnblase“, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 50 v.H. nach der Positionsnummer II/b/252 der Richtsatzverordnung, 2. „Bluthochdruck“, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer III/c/323 der Richtsatzverordnung, und 3. „Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule“, bewertet mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 20 v.H. nach der Positionsnummer I/f/190 der Richtsatzverordnung, sowie ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt wurden. Diesbezüglich wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden nicht erhöht wird, da deren funktionelle Relevanz zu gering ist. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „D 3“ vorliegen.

Am 13.10.2020 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass, in dem er als geltend gemachte Gesundheitsschädigungen „Schmerzen beim Gehen und Stehen“ anführte. Diesem Antrag legte er medizinische Unterlagen und ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt, Landstelle Niederösterreich, betreffend die Leistungshöhe aus der Invaliditätspension vom 15.05.2020 bei.

Am 09.11.2020 übermittelte der Beschwerdeführer der belangten Behörde ein Passfoto.

Das Sozialministeriumservice holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung vom 04.01.2021 ein, in welchem auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.12.2020 sowie der vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen Folgendes, hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben, ausgeführt wurde:

„…

Anamnese:

mikrochirurg. Diskektomie und Sequesterektomie L3/4 von links 6.5.2019

interlaminäre mikrochirurg. Dekompression L3/4 rechts 6.3.2020

Eine CT-gezielte Infiltration sei geplant gewesen, wurde aber vom AST wegen eines Urologentermins verschoben (das soll nun 02/2021 nachgeholt werden)

Zustand nach N. vesicae - in den letzten Jahren keine Rezidive.

KHK: PTCA und Stent ad LAD 28.12.2009 (KH XXX)

DM II

Derzeitige Beschwerden:

v.a. leichte Schwäche linkes Bein - ziehende Beschwerden Vorderseite linkes Bein bis Knie.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Atorvastatin, Betmiga, Concor, Ezetimib, Finasterid, Ibuprofen, Insulatard 14 IE abends, Metformin, Oleovit, Pronerv, Ramipril, Sirdalud, Tamsulosin, TASS, Victoza

Sozialanamnese:

verheiratet, 2 Kinder, pensionierter LKW-Fahrer

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Dr. R. H., OP-Freigabe, 12.2.2020:

KHK - Zustand nach PTCA mit Stent ad LAD 12/2009, diastolische Linksventrikelfunktionsstörung

KH XXX, Neurochirurgie, 5.3.-10.3.2020:

Vertebrostenose mit Facettengelenkszyste L3/4 rechts - interlaminäre mikrochirurg. Dekompression L3/4 re am 6.3.2020.

Zustand nach Sequesterektomie und Dekompression L3/4 links am 6.5.2019.

MRT LWS, 5.10.2020, Radiolog. Gruppenpraxis XXX:

L2/3: Diskusprotrusion mit linksbetonter Facettengelenksdegeneration, Duralsackeinengung von li lateral, Einengung des linkslateralen Recessus.

L3/4: Zustand nach Laminektomie, erstgradige Spondylolisthese um 4mm, hochgradige Foraminalstenose re mit vermutlich Irritation von L3 re intraforaminell. Auch das kontralaterale Foramen ist zumindest mittelgradig stenosiert, der Nerv abgeflacht.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

gut

Ernährungszustand:

adipös

Größe: 174,00 cm Gewicht: 95,00 kg Blutdruck:

Klinischer Status – Fachstatus:

Rechtshänder,

Herz und Lungen auskultatorisch frei,

HWS: F 25-0-25, R 70-0-70

übrige WS: Seitneigen nach links 1/2, nach rechts endlagig gering eingeschränkt, Rotation endlagig eingeschränkt, Lasegue bds. negativ, blande OP-Narbe lumbal, Oberkörper ganz diskret vorgeneigt.

OE und UE frei beweglich

Fußpulse bds. tastbar, keine Ödeme,

motorisch leichte Schwäche linke Hüftbeugung KG 4/5.

Abdomen weich, kein DS, keine Resistenzen.

Gesamtmobilität – Gangbild:

jeder LW selbstständig, mühelos durchführbar, freier Stand sicher

Gangbild nicht beeinträchtigt, flüssig, sicher.

Status Psychicus:

allseits voll orientiert, Auffassung, Konzentration und Merkfähigkeit nicht beeinträchtigt, Stimmung ausgeglichen, Gedankengang geordnet und zielführend, Sprache nicht beeinträchtigt.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Aufbrauchzeichen im Achsenskelett, leichte motorische Schwäche Hüftbeugung links

Unterer Rahmensatz unter Berücksichtigung der leichten motorischen Einschränkung.

02.01.03

50

2

Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Koronargefäßdehnung und Monostentimplantation (ad LAD) 2009, Hypertonie Unterer Rahmensatz bei guter Pumpfunktion

05.05.02

30

3

Insulinpflichtiger Diabetes bei stabiler Stoffwechsellage

Unterer Rahmensatz bei kombinierter Abendinsulingabe mit GLP 1 Analoga und oraler Medikation

09.02.02

30

4

Zustand nach rezidivierenden Urothelkarzinomen und TUR-Blasen- Behandlungen mit BCG-Instillationen. Drangsymptomatik.

1 Stufe über unterem Rahmensatz bei jahrelanger Tumorfreiheit und nur geringen Beschwerden.

08.01.06

20

Gesamtgrad der Behinderung  60 v. H.

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Das führende Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden um 1 Stufe erhöht, da das Gesamtbild maßgeblich negativ beeinflusst wird.

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Erhöhung des Wirbelsäulenleidens. Herabsetzung des urologischen Leidens. Neu anerkannte KHK und neuer Diabetes mellitus.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Dadurch wird der Gesamt-GdB von 50 auf 60vH erhöht.

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und

Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und

warum?

Keine, da keine maßgebliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit oder Gangsicherheit vorliegt. Das Stufensteigen erfolgt sicher und die oberen Extremitäten können ohne Einschränkung zum Anhalten und Abstützen herangezogen werden. Die kardiale Leistungsfähigkeit ist nicht maßgeblich eingeschränkt. Insgesamt ist eine kurze Wegstrecke von 300 bis 400 Metern problemlose zu bewältigen.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein

Folgende Gesundheitsschädigungen im Sinne von Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung liegen vor, wegen:

[X] JA  Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie, Aids, Phenylketonurie oder eine vergleichbare schwere Stoffwechselerkrankung nach Pos. 09.03.

GdB: 30 v.H.

[X] JA  Erkrankungen des Verdauungssystems
GdB: 30 v.H.

Begründung:

D1 – Diabetes

D3 – KHK

…“

Mit Schreiben vom 06.01.2021 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer aufgrund seines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass vom 13.10.2020 mit, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 60 v.H. festgestellt worden sei. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragungen „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ und „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ würden vorliegen. Der Behindertenpass im Scheckkartenformat, welcher unbefristet ausgestellt werde, werde in den nächsten Tagen übermittelt werden. Das eingeholte Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer gemeinsam mit diesem Schreiben übermittelt.

Mit Begleitschreiben samt Rechtsmittelbelehrung vom 11.01.2021 wurde dem Beschwerdeführer der Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 60 v.H. übermittelt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.

Gegen diesen in Form eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid vom 11.01.2021 brachte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 19.01.2021 fristgerecht eine Beschwerde folgenden Inhalts – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben – ein:

„…

In Sachverständigungsgutachten Seite 2 (Zusammenfassung relevante Befunde) Siehe Markierung in Anhang. Gibt es unterschiedliche Interpretationen im Bereich L3/L4

1) In Magnetresonanz befund steht Pseudospondylolisthese Siehe Markierung in Anhang Wurde bei Sachverständigungsgutachten mit Spondylolisthese bezeichnet.

2) In Magnetresonanz befund steht Höchstwahrscheinlich

Wurde bei Sachverständigungsgutachten mit Vermutlich bezeichnet.

Ob die Zwei oben beschriebene Punkte eine relevante Auswirkung in die Auswertung der Behinderungsgrades eine Rolle spielen. Kann ich nicht beurteilen.

Daher bitte Ich Sie Höflichst als sachverständiger die Zwei Punkte zum Abklären.

3) In Magnetresonanz befund steht. Das es in die Intraspinale- facettengelenk eine etwa 5 mm Zyste zu sehen ist. Das ist ein Rezidive Zyste.

Im Sachverständigungsgutachten stecht überhaupt nichts davon.

Es steht zwar in die Sachverständigungsgutachten ein Facettengelenkszyste L3/4 rechts das ist die Alte und wurde operativ entfernt.

Beim Behindertengrad Untersuchung, fragen wegen Beschwerden, habe ich geantwortet mit Starke-ziehende Schmerzen bis zum Knie und weiter bis zum Wade im Linken Bein. Ich habe noch dazu erwähnt das ich öfters unerklärlich am Boden gestürzt bin ohne stolpern oder sonst eine Hindernis. Das Treppen steigen ist unmöglich ohne Händestützung und nur mit dem rechten Bein voran möglich. Mit dem linken Bein voran kann ich keine Treppen steigen.

Das Rechte Bein ist auch schwach! Die Muskeleigenreflexe PSR Rechts mittellebhaft, links erloschen. (Siehe Anhang Ärztliche Entlassungsbrief)

Allgemeinzustand: GUT

Es ist bitte zum Beachten das ich dreimal am Tag Ibuprofen 600mg einnehmen muss, natürlich im ersten Blick, bei einen ganz kurzem Untersuchung und leichten Belastung ist nicht was anderes zu Beurteilen.

Das Rausgehen läuft zwar schon aber nur unter schmerzten und nicht so lange.

Laut meine Krankengeschichte und Aktuellen Gesundheitlichen Zustand bitte und ersuche ich um ein Höheres Behinderungsgrad damit ich eine gehbehinderten Ausweis zubekommen. Das Parken je näher an einem Geschäft zu sein ist eine große Erleichterung da nur ich einen Lenkerberechtigung besitze.

Mit Freundlichen Grüßen

Name des Beschwerdeführers“

Der Beschwerde wurden bereits vorgelegte medizinische Unterlagen und ein Auszug aus dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.01.2021 beigelegt.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 21.01.2021 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

In einem Telefonat vom 27.01.2021 wurde mit dem Beschwerdeführer bezüglich des Inhalts der Beschwerde Rücksprache gehalten. Dieser führte aus, dass er mit der Höhe des Grades der Behinderung nicht einverstanden sei und zusätzlich einen „Parkausweis“ wolle. Der Beschwerdeführer wurde darüber informiert, dass kein Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO aktenkundig ist und diesbezüglich daher auch kein Bescheid erlassen wurde, weshalb eine entsprechende Antragstellung beim Sozialministeriumservice erforderlich wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Das Bundessozialamt (nunmehr: Sozialministeriumservice) stellte dem Beschwerdeführer am 17.02.2009 einen unbefristeten Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. und der Zusatzeintragung „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ aus.

Am 13.10.2020 stellte der Beschwerdeführer beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung im Behindertenpass.

Der Beschwerdeführer hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer leidet unter folgenden objektivierten Funktionseinschränkungen:

1.       Aufbrauchzeichen im Achsenskelett, leichte motorische Schwäche der Hüftbeugung links, mit leichten motorischen Einschränkungen;

2.       Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Koronargefäßdehnung und Monostentimplantation (ad LAD) 2009, Hypertonie, bei guter Pumpfunktion;

3.       Insulinpflichtiger Diabetes bei stabiler Stoffwechsellage, bei kombinierter Abendinsulingabe mit GLP 1 Analoga und oraler Medikation;

4.       Zustand nach rezidivierenden Urothelkarzinomen und TUR-Blasen- Behandlungen mit BCG-Instillationen, Drangsymptomatik, bei jahrelanger Tumorfreiheit und nur geringen Beschwerden.

Der Gesamtgrad der Behinderung des Beschwerdeführers beträgt zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt 60 v.H.

Festgestellt wird, dass im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2009 und zum damals rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren aktuell eine Verschlechterung des Wirbelsäulenleidens eingetreten ist und dieses nunmehr als führendes Leiden geführt wird. Bei dem ehemals führenden Leiden 1 des Vorgutachtens („wiederkehrende Neubildungen der Harnblase“) ist hingegen eine Verbesserung eingetreten. Die Leiden „koronare Herzkrankheit“ und „Diabetes mellitus“ sind im Vergleich zum Vorgutachten neu hinzugekommen und wurden im nunmehrigen Gutachten erstmals eingeschätzt.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen und deren Ausmaß sowie der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen in dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.01.2021, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen, dass dem Beschwerdeführer am 17.02.2009 ein unbefristeter Behindertenpass mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H. ausgestellt wurde, sowie zum verfahrenseinleitenden Antrag des Beschwerdeführers vom 13.10.2020 auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass gründen sich auf den Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet ergibt sich aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Behördenanfrage aus dem zentralen Melderegister und ist im Übrigen unbestritten.

Die festgestellten Funktionseinschränkungen und der Gesamtgrad der Behinderung gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.01.2021, beruhend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers. Darin wird unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß schlüssig und nachvollziehbar eingegangen. Die diesbezüglich getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage der Einschätzungsverordnung, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers und auf den vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen in der Beschwerde wird keine Rechtswidrigkeit der vom medizinischen Sachverständigen vorgenommenen einzelnen Einstufungen der festgestellten Leiden ausreichend substantiiert behauptet und ist eine solche auch von Amts wegen nicht ersichtlich. Das von der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten schlüsselt konkret und umfassend auf, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer vorliegen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden. Aufgrund der vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen und auf Grundlage der Ergebnisse der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers konnte gegenwärtig kein höherer Grad der Behinderung als 60 v.H. objektiviert werden.

Führendes Leiden des Beschwerdeführers sind Aufbrauchzeichen im Achsenskelett mit einer leichten motorischen Schwäche der Hüftbeugung links. Der beigezogene Gutachter ordnete diese Funktionseinschränkung nachvollziehbar und zutreffend der Positionsnummer 02.01.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu, welche Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule schweren Grades betrifft. Die Zuordnung zum unteren Rahmensatz erweist sich unter Berücksichtigung der (lediglich) leichten motorischen Einschränkungen als nicht zu gering bewertet und als nicht zu beanstanden.

Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde auf vermeintliche Diskrepanzen zwischen den von ihm vorgelegten Befunden und der Wiedergabe dieser durch den Sachverständigen in seinem Gutachten hinweist, konkret die Bezeichnung einer „Pseudospondylolisthese“ als „Spondylolisthese“ und die Bezeichnung des Vorliegens einer Irritation der austretenden neuralen Struktur als „vermutlich“ statt als „höchstwahrscheinlich“, ist festzuhalten, dass es sich hierbei lediglich um allenfalls nicht ganz exakte Wiedergaben handelt, die jedoch keine Auswirkungen auf den – im Rahmen der persönlichen Untersuchung – erhobenen Status und auf die sich daraus ergebenden vom medizinischen Sachverständigen festgestellten tatsächlichen und damit entscheidungserheblichen funktionellen Auswirkungen und Einschränkungen (im Sinne der festgestellten Beweglichkeit und Belastbarkeit) haben, zumal eine sogenannte Pseudospondylolisthese (das leichte Vor- oder Rückwärtsgleiten eines Wirbels aufgrund einer Bandscheibenabnutzung) ähnliche Symptome wie eine Spondylolisthese (das so genannten Wirbelgleiten, die Wirbelgelenke sind instabil und es kommt zur Verschiebung der Wirbel zueinander) verursacht und der beigezogene medizinische Sachverständige sogar die medizinisch ungünstigere Variante zu Grunde legte.

Bezüglich der weiteren Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde, dass der Sachverständige in seinem Gutachten eine intraspinale-facettengelenksassoziierte Zyste unerwähnt gelassen habe, ist dem Beschwerdeführer zwar insofern beizupflichten, als aus dem ärztlichen Entlassungsbrief vom 10.03.2020 ersichtlich ist, dass bei der im Gutachten erwähnten Zyste eine interlaminäre mikrochirurgische Dekompression stattgefunden hat und im vorgelegten Magnetresonanz-Tomographie-Befund vom 05.10.2020 anschließend eine neu aufgetretene intraspinale-facettengelenksassoziierte Zyste im Bereich L3/L4 angeführt wird, die in dem von der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten nicht ausdrücklich erwähnt wird. Dieser Einwand des Beschwerdeführers ist jedoch ungeachtet dessen, dass der Sachverständige in seinem Gutachten das Vorliegen dieser Zyste in der Zusammenfassung relevanter Befunde nicht ausdrücklich wiedergegeben hat, nicht dazu geeignet, das vorliegende Sachverständigengutachten zu entkräften, weil für die Einschätzung des konkreten Leidens 1 nicht das Vorliegen einer Zyste ansich, sondern sich daraus allenfalls ergebende Funktionseinschränkungen relevant sind. Wie oben bereits dargelegt, stufte der Gutachter das gegenständliche Leiden entsprechend der vorliegenden – im Rahmen der persönlichen Untersuchung objektivierten – Funktionseinschränkungen ein; dass nun damit maßgeblichere Einschränkungen im Alltag, die über die bereits festgestellten leichten motorischen Einschränkungen hinausgehen, verbunden wären, hat der Beschwerdeführer selbst gar nicht vorgebracht und ist dies auch nicht ersichtlich.

Die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde geschilderten subjektiv empfundenen Einschränkungen bzw. Beschwerden (stark-ziehende Schmerzen im linken Bein, Stürze, Unmöglichkeit des Stiegensteigens, Schwäche im rechten Bein, Schmerzen beim Rausgehen), konnten im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers nicht objektiviert werden. Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde auch keine neuen Befunde vor, die derartige Beschwerden belegen würden. Die im Rahmen der persönlichen Untersuchung festgestellte und objektivierte leichte motorische Schwäche und Einschränkung wurde unter Berücksichtigung des vorliegenden Ausmaßes entsprechend der Anlage der Einschätzungsverordnung durchaus nicht unvorteilhaft für den Beschwerdeführer eingeordnet. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Ausführungen des Beschwerdeführers, dass sich sein Allgemeinzustand nur als gut darstelle, weil er Ibuprofen einnehme, darauf hinzuweisen, dass die Einnahme von Ibuprofen im Gutachten des Sachverständigen und in der Beurteilung mitberücksichtigt wurde. Dieser Einwand vermag das Gutachten daher ebenfalls nicht zu entkräften, zumal der Beschwerdeführer damit selbst dartut, dass eine höhere Einstufung des führenden Leidens 1 unter der Positionsnummer 02.01.03 der Anlage zur Einschätzungsverordnung, konkret mit 60 v.H. oder mehr, nicht in Betracht kommt, weil er damit selbst ausführt, dass eine einfache analgetische Therapie – die für eine Einstufung mit 60 v.H. nicht mehr ausreichend sein dürfte - jedenfalls aktuell durchaus wirksam ist.

Auch die Einordnung der übrigen Leiden (Koronare Herzkrankheit, Zustand nach Koronargefäßdehnung und Monostentimplantation (ad LAD) 2009, Hypertonie / Insulinpflichtiger Diabetes bei stabiler Stoffwechsellage / Zustand nach rezidivierenden Urothelkarzinomen und TUR-Blasen-Behandlungen mit BCG-Instillationen. Drangsymptomatik) erfolgte korrekt nach den Bestimmungen der Anlage zur Einschätzungsverordnung und ist nicht zu beanstanden. Die Zuordnungen wurden im Übrigen vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Beschwerde nicht substantiiert bestritten und wurden auch keine abweichenden – dem Gutachtensergebnis widersprechenden – Befunde vorgelegt. Auch die im Vergleich zum Vorgutachten aus dem Jahr 2009 vorgenommene Herabsetzung des vormaligen Leidens 1 und nunmehrigen Leidens 4 ist in Anbetracht der jahrelangen Tumorfreiheit und der nur geringen Beschwerden nicht als rechtsunrichtig zu erkennen.

Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Ausführungen des Arztes für Allgemeinmedizin in seinem Gutachten vom 04.01.2021, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden aufgrund einer maßgeblich negativen Beeinflussung des Gesamtbildes um eine Stufe erhöht wird, weshalb der Gesamtgrad der Behinderung mit 60 v.H. angenommen wurde, nicht zu beanstanden sind.

Insoweit in der Beschwerde aber in inhaltlicher Hinsicht auf die Frage der Ausstellung eines Parkausweises und somit auf die Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass Bezug genommen wird, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde (die Stellung eines solchen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ist im Übrigen nicht aktenkundig) mit dem angefochtenen – gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen – Bescheid nicht über die Vornahme einer solchen Zusatzeintragung im Behindertenpass, sondern über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass abzusprechen hatte und auch nur über diesen Antrag abgesprochen hat. Die Klärung der Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenpass ist daher auch nicht Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht. Das diesbezügliche Vorbringen in der Beschwerde geht daher ins Leere und vermag nicht zum Erfolg zu führen.

Es wurden in Anbetracht obiger Ausführungen des Beschwerdeführers auch keine medizinischen Unterlagen vorgelegt, die die vom beigezogenen medizinischen Sachverständigen vorgenommenen Einstufungen widerlegen oder diesen entgegenstehen würden. Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens des Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.01.2021. Dieses medizinische Sachverständigengutachten wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

…“

Die Beschwerde richtet sich gegen den in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheid der belangten Behörde, konkret erachtet der Beschwerdeführer eine höhere Einstufung als 60 v.H. für gerechtfertigt. Dies ist aber nicht der Fall. Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 04.01.2021 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des Beschwerdeführers aktuell 60 v.H. beträgt. Die getroffenen Einschätzungen auf Grundlage der Anlage der Einschätzungsverordnung, basierend auf den im Rahmen der Antragstellung vorgelegten medizinischen Unterlagen und einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.

Der Beschwerdeführer ist den Ausführungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen, denen das Bundesverwaltungsgericht folgt, nicht substantiiert entgegengetreten, er hat im Rahmen der Beschwerde kein Sachverständigengutachten bzw. keine sachverständige Aussage vorgelegt, in welcher die Auffassung vertreten worden wäre, dass die Annahmen und Schlussfolgerungen des beigezogenen medizinischen Sachverständigen unzutreffend oder unschlüssig seien und er hat auch sonst im Rahmen des Verfahrens keinerlei Unterlagen vorgelegt, die ein zusätzliches Dauerleiden belegen würden oder aber Hinweise auf eine wesentliche Änderung gegenüber den bereits im Verfahren vor der belangten Behörde berücksichtigten Leidenszuständen ergeben würden.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, erfüllt.

Wie bereits erwähnt, war die Klärung der Frage der Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass weder Gegenstand des vom Beschwerdeführer angefochtenen Bescheides vom 11.01.2021, noch ist sie Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung wurde unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen medizinischen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im Übrigen hat auch weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf die oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Grad der Behinderung Neufestsetzung Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W207.2238833.1.00

Im RIS seit

11.08.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.08.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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